Der Kommentar

Die "Zitronen" sterben nie

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Der eine oder andere Leser dieser Zeitschrift erinnert sich vielleicht noch an die "Zitrone des Monats". Vor nun schon über 20 Jahren gab es in der Neuen Landschaft eine Serie von besonders schlechten Ausschreibungstexten. In Anlehnung an die Silberne Zitrone, die der ADAC jährlich für negativ aufgefallene Pkw verlieh, erhielten schlechte Leistungstexte und Vertragsbedingungen in der Neuen Landschaft eine Antiauszeichnung.

Nun steht der Landschaftsbau als Branche deutlich besser da als vor 20 Jahren und ist durch das Wachstum im Verbrauchermarkt nicht mehr so stark auf Ausschreibungen angewiesen. Ob sich auf der Seite der Ausschreibenden etwas gebessert hat, kann keiner genau sagen. Ausgestorben ist das Phänomen jedenfalls nicht. Ich habe immer noch eine stetig wachsende Sammlung von "Zitronen". Manchmal ist es Ahnungslosigkeit manchmal aber auch Bösartigkeit.

Dass bei bestimmten Bauträgern schlechte Ausschreibungen Teil der Strategie sind, lässt sich kaum verhindern. Dass aber Fachbauämter und selbst Landschaftsarchitekten immer noch keine Vorstellung haben, welche Risiken für sie selbst aus mangelhaften Leistungsbeschreibungen erwachsen, ist überraschend. Wer sich die Mühe macht, den Abschnitt 0 der ATV (VOB/C) wirklich durchzuarbeiten und zu beachten, ist auf dem richtigen Weg. Wer dann noch STLB-Bau und Vergabehandbuch des Bundes verwendet, ist eigentlich schon bei neunzig Prozent. Da eine einhundertprozentig richtige Ausschreibung auch Illusion ist, wäre ein Ausschreibender mit diesen Hilfsmitteln schon gut ausgestattet.

Bleibt die Frage der Ingenieur-Ausbildung. Die Tiefen des Vergaberechts zu verstehen, ist nicht die Aufgabe von Ingenieuren, zumal es sich schneller ändert als die Studierenden in den Job kommen können. Trotzdem müssen die Grundsätze richtigen Ausschreibens in mehr als einer Vorlesung vermittelt werden. So achten die Architektenkammern peinlich genau darauf, dass die Vorgaben über den Umfang im Bereich Gestaltung strikt eingehalten wird, das Thema Vertragswesen jedoch ist nicht zwingend. In der Folge gibt es durchaus Studiengänge, bei denen die Studierenden, ganz ohne jemals etwas über die Anforderungen an Vergabeunterlagen gehört zu haben, das Studium beenden.

Positiv ist die Entwicklung im BDLA, dem Bund Deutscher Landschaftsarchitekten. Zunehmend beteiligt sich der Verband an der Regelwerksarbeit, im BDLA-Präsidium haben technische Themen wieder mehr Gewicht und nicht zuletzt haben die erfolgreichen BDLA-Bauleitergespräche (die eigentlich "Objektüberwachergespräche" heißen müssten) einen regelrechten Wissenssog bei den Landschaftsarchitekten erzeugt. Ein Leistungsverzeichnis ohne Baugrunduntersuchung, ohne Urgeländeplan und ohne fertiggestellte Ausführungsplanung wird es, zumindest von den Teilnehmern dieser informativen Tagung, nicht mehr geben. Da besteht doch Hoffnung, dass die "Zitrone des Monats" nicht wieder aufleben muss, oder?

Ihr Martin Thieme-Hack

NL-Stellenmarkt

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Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

Hochschule Osnabrück University of Applied Sciences

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