Immer mehr Schutzsuchende wollen noch während des Asylverfahrens arbeiten

Kommen die Flüchtlinge und der GaLaBau zusammen?

Geflüchtete GaLaBau
Gewinn für beide Seiten: Asylbewerber Solomon Mengestab absolviert ein Praktikum im Gartenbaubetrieb. Unser Foto zeigt ihn mit Vorarbeiterin Nina Hinsemann und (dahinter, v. l.) Elisabeth und Helmut Kaltefleiter sowie Elisabeth Kentrup. Foto: Roland Thöring

Die ersten Flüchtlinge sind im Garten- und Landschaftsbau angekommen. Solomon Mengestab aus Eritrea ist zurzeit Praktikant bei der Verler Gartenbau GmbH, will in der grünen Branche aber mehr erreichen. Wie er suchen viele Asylbewerber Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Werden der GaLaBau und die Schutzsuchenden zusammenfinden?

Der Asylantrag des 23-Jährigen, der in seiner Heimat als Christ verfolgt wurde und über das Mittelmeer nach Sizilien kam, wird noch geprüft. Mengestab hat deshalb als Praktikant begonnen. Eine Arbeitserlaubnis braucht er dafür nicht. Auf dem Schreibtisch seines Chefs Helmut Kaltefleiter liegt aber bereits ein unterschriftsreifer Arbeitsvertrag für eine unbefristete Stelle als Gartenbauhelfer. Sobald der Asylantrag des jungen Mannes positiv beschieden ist, kann er im Garten- und Landschaftsbau durchstarten. Kaltefleiter freut sich über die neue Arbeitskraft.

Solomon Mengestab ist GaLaBau-Praktikant

In der wirtschaftlich starken Region des Kreises Gütersloh sei es für Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe inzwischen schwierig geworden, Auszubildende zu bekommen. Der Unternehmer lockt den Berufsnachwuchs inzwischen sogar mit dem Versprechen, ein Auto zur Verfügung zu stellen. Mit Mengestab sind er und seine Mitarbeiter sehr zufrieden. "Er sieht sofort, wo Arbeit ist", sagt Vorarbeiterin Nina Hinsemann. Morgens steht er um 5.30 Uhr auf, kommt dann mit dem Fahrrad zur Arbeitsstelle. Kaltefleiter hätte Mengestab auch als Azubi eingestellt, doch die Sprachkenntnisse waren noch zu schwach.

Anträge von 55688 Flüchtlingen

Für den GaLaBau sind engagierte Menschen wie Mengestab ein Geschenk des Himmels. Spätestens seit 2012 gibt es massive Rekrutierungsprobleme bei Mitarbeitern mit Berufsausbildung. In einer Umfrage der IW Consult im Auftrag des Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) meldeten 66 Prozent der GaLaBau-Betriebe Schwierigkeiten, solche Fachkräfte zu gewinnen. Wenn Aufträge mangels Mitarbeitern nicht angenommen werden können, kann das zu Umsatzeinbußen führen. Der BGL hat sich deshalb auf eine "sachliche Willkommenskultur" festgelegt, will künftig mit einem Lotsen die Integration der Flüchtlinge in den GaLaBau vorantreiben.

Eine Fachkraft ist Mengestab noch nicht, aber er könnte eine werden. So wie viele Schutzsuchenden, die auf den deutschen Arbeitsmarkt drängen. Immer mehr Flüchtlinge wollen noch während ihres Asylverfahrens, arbeiten. Die Anzahl ihrer Anträge auf eine Arbeitsmarktzulassung hat sich im vergangenen Jahr mehr als vervierfacht. 55 688 Asylbewerber und Geduldete haben eine entsprechende Erlaubnis beantragt, meldet die Bundesagentur für Arbeit (BA), die meisten davon in Bayern (13147), Baden-Württemberg (12420) und Nordrhein-Westfalen (9300). Vor zwei Jahren waren es bundesweit erst 12387 gewesen.

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Eine Flüchtlingszuwanderung von jeweils einer Million Personen im Jahr 2015 und 2016 würde das Erwerbspersonenpotenzial mittelfristig um knapp 600000 erhöhen, hat das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg errechnet. Grafik: IAB

Das Problem mit der Ausbildung

70,3 Prozent der Anträge konnten bundesweit genehmigt werden. Weniger als zehn Prozent waren abzulehnen, weil die gesetzlich vorgesehene Vorrangprüfung ergab, dass ein Arbeitnehmer aus Deutschland oder der Europäischen Union sich für den Arbeitsplatz beworben hatte. Die Bundesagentur für Arbeit hält es allerdings für problematisch, dass viele Asylbewerber direkt auf den Arbeitsmarkt drängen, statt Zeit in Ausbildung oder Qualifizierung zu investieren. Auch wenn hohe Schulden bei Schleppern oder die Sorge um eine mittellose Familie im Heimatland drücken, ist die Ausbildung der vielen jungen Flüchtlinge ein Muss, wenn der Fachkräftemangel gelindert werden soll. Eine Hauptrolle bei der Ausbildung von Flüchtlingen spielen Deutschlands 1559 Berufsschulen. In allen Bundesländern haben sie Förderklassen für Flüchtlinge ab 16 Jahren eingerichtet, die neben dem Erwerb der deutschen Sprache auch Orientierung zur regionalen Kultur und Lebenswelt sowie zum Berufs- und Arbeitsleben geben. Dazu wurden Verordnungen und Handreichungen erarbeitet sowie Hunderte neuer Lehrer eingestellt und fortgebildet. Seit Oktober vergangenen Jahres haben die Förderklassen ihre Arbeit aufgenommen.

Online-KompetenzChecks und Pilotprojekte

In Bayern erarbeitet der Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (VGL) mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) zusätzlich einen Online-"KompetenzCheck". Ab Pfingsten soll er Flüchtlingen mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit auch auf syrisch-arabisch, die Möglichkeit geben, zu prüfen, welche persönlichen berufsfachlichen Qualifikationen vorliegen. Unter vier Branchentests wird auch einer für den Garten- und Landschaftsbau sein. In Nordrhein-Westfalen hat der VGL mit der Deula Westfalen-Lippe in Warendorf ein Pilotprojekt für junge Flüchtlinge gestartet. Acht Monate lang können sie Deutsch lernen und sich gezielt auf die Arbeit in GaLaBau-Betrieben vorbereiten.

In Thüringen wurde vom GaLaBau-Verband ein ähnliches Vorhaben mit dem Institut für Berufsbildung und Sozialmanagement in Erfurt angeschoben.

Die Landschaftsgärtner hatten frühzeitig damit begonnen, direkte Kontakte zu jungen Asylbewerbern zu knüpfen.

Was man selbst tun kann

Viele GaLaBau-Landesverbände sammeln Angebote für Praktika, bei denen junge Flüchtlinge Erfahrungen in Mitgliedsbetrieben erwerben können. Wer einen oder mehrere Praktikumsplätze in seinem Unternehmen anbieten will, sollte sich jetzt beim zuständigen GaLaBau-Landesverband melden oder direkt Kontakt mit einer regionalen Berufsschule aufnehmen. Am besten eignen sich dafür jene Berufsschulen, die der GaLaBau-Nachwuchs besucht. Ist solch eine Schule aber zu weit entfernt, lassen sich auch Berufsschulen kontaktieren, die keine gartenbaulichen Angebote haben. Auch sie können GaLaBau-Praktika in Flüchtlingsklassen vermitteln. cm

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