Erfahrungen am AELF Miesbach mit neuen Bautechniken für die Böschungssicherung im forstlichen Wegebau

Neue Techniken beim Wegebau im Flysch

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Wer mit Wegebau und Wegeunterhalt im Flysch zu tun hat, kennt die Problematik von Böschungssicherung, Böschungs-Wiederherstellung und Hangsicherungen. In der Regel werden solche Verbauungen als Krainer-Bauwerke oder Böschungssicherungen mit Gesteinsblöcken ausgeführt. Krainer-Verbauungen haben das Problem der begrenzten Lebensdauer, die Böschungssicherung mit Bruchsteinen hat den Nachteil, dass eine Rückverankerung nicht gegeben ist.

Nachdem im regenreichen Sommer 2010 ein Teilstück eines Forstweges von etwa 10 m Länge im 70 Prozent steilen Gelände im Blomberg-Gebiet in der Gemeinde Wackersberg (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) abgerutscht war, konnte der Weg, der insgesamt 175 ha Bergwald erschließt, ab hier nicht mehr mit LKWs befahren werden. Die Fahrbahnbreite betrug gerade noch 2,70 m, die "neue" talseitige Böschung fiel mit über 100 Prozent sehr steil nach unten ab. Um in solchen Fällen wieder eine den Sicherheitsstandards entsprechende Fahrbahnbreite zu erhalten, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

Böschungssicherung im System "Bewehrte Erde mit temporärer Schalung"

  • Verlegung der Fahrbahn zur Bergseite hin
  • Aufbau eines neuen Wegekörpers auf bestehendem festem Untergrund, wobei der neu zu erstellende Böschungswinkel steiler sein wird, als der ursprüngliche.

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Eine Verlegung bergwärts kam wegen der ohnehin schon sehr steilen und hohen bergseitigen Böschung nicht in Frage. Daher entschied man sich also für die zweite Variante. Üblicherweise wurden im Bereich des AELF Miesbach derartige Fälle mit einem zweireihigen Krainer-Bauwerk gelöst.

Im beschriebenen Fall wurde stattdessen das relativ neue Verfahren "Bewehrte Erde" erprobt.Mit diesem System, bei dem zur Bewehrung und Rückverankerung ein flexibles und dehnungsarmes Geogitter zum Einsatz kommt, können Böschungswinkel von 60° hergestellt werden. Bei zusätzlicher Verwendung vorgefertigter Baustahlmatten als verlorener, also nicht mehr ausgebauter Schalung sind sogar Böschungswinkel bis zu 80° möglich. Nachdem im Falle unseres beschädigten Forstweges eine 60°-Böschung ausreichend war, wurde die kostengünstigere Variante ohne den Einbau der Baustahlmatten gewählt.

Zunächst musste - ebenso wie es beim Krainer-Verbau nötig ist - die Schadstelle auf kompletter Wegebreite bis in eine Tiefe von etwa 5 m ausgehoben werden. Der lehmige Bodenaushub, der sich für den Wiedereinbau nicht eignete, wurde abtransportiert. Die untere Böschungskante wurde dann mit einer Reihe Wasserbau-Bruchsteinen angesetzt, hinter der die erste Lage Geogitter rechtwinklig zur Fahrtrichtung über die gesamte Breite des Aushubs mit einer seitlichen Überlappung von 10 cm verlegt wurde. Die jeweils 6m langen Bahnen hingen zirka 1,50 m über die Steinreihe hinaus (Abbildung 1, links). Diese 1,5 m wurden nach der Verfüllung mit Schroppen (sehr grober Schotter) und anschließender Verdichtung der Lage zurückgeschlagen.

Nun konnte die nächste Lage Geogitter ausgelegt werden. Als temporäre Schalung dienten Aluleitern, über die das Geogitter zunächst wieder herabhing, bis es nach erfolgter Verfüllung mit einer Schichtdicke von circa 50 bis 60 cm wieder zurückgeschlagen wurde (Abbildung 1, Mitte). Auf diese Weise wurde mit insgesamt zehn Lagen weiter gearbeitet, bis das Fahrbahnniveau erreicht war (Abbildung 1, rechts). Zum Einsatz kam Geogitter mit der Zugfestigkeit von 80 kN (Kilo-Newton) in Längsrichtung. Wichtig ist, dass zumindest die unterste Lage wasserdurchlässig ist und eine baldige Begrünung der Böschung stattfindet, da das Geogitter vor UV-Strahlung geschützt werden muss, um dauerhaft seine Funktion erfüllen zu können. Die unterste Lage wurde deshalb mit einer Reihe Wasserbausteine "verblendet", um gleichzeitig Wasserdurchlässigkeit und Beschattung dauerhaft zu gewährleisten.

Die Kosten für diese Maßnahme beliefen sich auf rund 10 500 Euro netto, wobei der größte Teil des Betrages (ca. 6500 EUR) für den Abtransport des Aushubmaterials und die Anfuhr des Materials für die Wiederverfüllung anfiel. Die reine Bauzeit betrug vier Tage

System "Bewehrte Erde mit verlorener Schalung"

Im Herbst 2012 wurde der ebenfalls im Flysch liegende Forstweg in das Kesselbachtal (Landkreis Miesbach) auf 3,6 km Länge zum schwerlastbefahrbaren Forstweg ausgebaut. Der seit langem existierende Weg verläuft im Talbereich entlang eines Gebirgsbaches und stellte daher hohe Anforderungen an die Entwässerung und an die Böschungssicherung (über 65 % Querneigung). An einer Stelle des Weges, in einem Bereich einer ehemals aktiven Rutschung, kam während der Erdarbeiten bei Probeschürfungen ein alter, im Zerfall begriffener Krainer-Verbau zum Vorschein. Das anstehende Ausgangsmaterial war durch die ehemalige Rutschung mehrmals überlagert und bestand aus lehmig-toniger Flyschverwitterung in tiefblauer Farbe. Wegen des enormen Gewichts der Bruchsteinmauern und der fehlenden Rückverankerung im Wegekörper musste damals wie auch heute eine im Wegeuntergrund integrierte Befestigung eingesetzt werden. Aufgrund sehr guter Erfahrungen in Wackersberg (s. oben) entschied sich die Bauleitung in Abstimmung mit dem Bauausschuss, den maroden Holzverbau in diesem Wegeabschnitt auf gesamter Länge durch das System "Bewehrte Erde" zu ersetzen. Auf Empfehlung eines Herstellers von Geotextilien wurde eine Ausführung mit verlorener Schalung in Form von abgewinkelten Baustahlmatten gewählt, die in acht Schritten zu bewerkstelligen war.

  • Aushub des alten Wegekörpers auf 25 m Länge bis gut über die Wegemitte und bis auf etwa 4,5 m Tiefe mit leicht talwärts geneigter Sohle (bis zum gewachsenen Boden); getrennte Lagerung des noch verwertbaren Aushubes.
  • Bei extrem wassergesättigtem Untergrund kann zur Trennung der Bodenschichten ein Geo-Vlies verlegt werden.
  • Setzen einer Reihe möglichst quaderförmiger Bruchsteine am Böschungsfuß und Verlegen der untersten Lage des Geogitters mit 80 kN Zugkraft in Längsrichtung. Das Gitter reichte circa 4 m vom zukünftigen Böschungsfuß in die Sohle des Aushubes hinein und hing etwa 2 m für den späteren Umschlag vorne über.
  • Einbau von abgewinkelten Baustahlelementen als verlorene Schalung (Elemente 2,20 x 1,30 m; Biegungswinkel 60°) auf der Bruchsteinreihe am Böschungsfuß (Abbildung 2, oben).
  • Verfüllen der ersten Lage der Bewehrung mit wasserdurchlässigem Material (Schroppen) mit circa 60 cm Einbauhöhe und Verdichtung der Lage.
  • Umschlag des überhängenden Geogitters über die Schalung möglichst unter leichter Spannung. Das umgeschlagene Geogitter wurde anschließend mit Füllmaterial leicht überhäuft, um die Spannung zu fixieren.
  • Verlegung und Einbau der weiteren Lagen des Geogitters analog zur ersten Lage, bis die gewünschte Einbauhöhe erreicht ist (hier sechs Lagen).
  • Begrünung

Der Wegeabschnitt konnte mit Unterbrechungen durch Schlechtwetter in eineinhalb Wochen vollständig gesichert werden (Abb. 2, unten). Die Gesamtkosten betrugen 7500 Euro netto inklusive Aushub des nicht tragfähigen Bodens sowie Anfuhr und Einbau von Bruchsteinen, Geogitter und Füllmaterial.

Technische Hangsicherung durch rückverankerte Spritzbetonschale

Zurück in die Gemeinde Wackersberg zu einer besonderen Situation: An einer Stelle eines Forstweges im Flysch war im Frühjahr 2011 zu beobachten, dass die Fahrbahnoberfläche des Weges auf einer Länge von etwa 10 m wellig geworden war. Die Hangneigung in diesem Bereich beträgt circa 75 Prozent. Die erste Vermutung war, dass der talseitige Auftrag bei der Steilheit des Geländes zu wenig Verzahnung mit dem gewachsenen Boden aufweist und gerade bei niederschlagsreichen Witterungsverhältnissen der Schwerkraft folgend talwärts wandert. Als sich nach wenigen Wochen dann ein Riss von 35 m Länge in der Deckschicht gebildet hatte, wurde - wie schon oben beschrieben - der Wegekörper bis zum vermeintlich stabilen gewachsenen Untergrund ausgekoffert und im System "Bewehrte Erde" mit einem Böschungswinkel von 60° wieder aufgebaut.

Im Spätsommer stellte sich dann heraus, dass die Ursache für die Hangbewegung etwa 30 m unterhalb durch austretendes Hangwasser begründet lag, welches einen Grundbruch des Geländes auf einer Breite von 35 m und in einer talseitigen Ausdehnung von circa 100 m verursachte. Die neu entstandene Geländeoberfläche fiel nun von der verbauten Stelle mit einem Böschungswinkel von 70° nach unten ab, der Wegekörper selbst war wegen der "Bewehrten Erde" stehen geblieben. In den folgenden Tagen erodierte das Gelände stetig weiter, so dass die unterste Lage auf einer Länge von 7 m bis zu einen Meter überhängend war, d.h. es war höchste Eile geboten, um den Schaden in Grenzen zu halten. Nach mehreren Ortsterminen mit zahlreichen Spezialisten entschied man sich für eine Sicherung des Hanges durch eine 4 bis 5 m hohe, 20 cm dicke zweireihig rückverankerte bewehrte Spritzbetonschale nach dem System Ischebeck (Abb. 3). Wegen Gefahr im Verzug wurden die Arbeiten in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ohne Ausschreibung an eine Spezialtiefbau-Firma vergeben. Zusätzlich wurde ein Ortstermin mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt vereinbart, welches das Vorgehen in seiner Stellungnahme bestätigte: "Infolge der bereits erfolgten Rutschung besteht die Gefahr, dass nicht nur die Straße, sondern die gesamte Füllung der bergwärtigen Geländemulde (...) abrutschen könnte. Eine umgehende Einleitung von Maßnahmen ist deshalb dringlich."

Wie muss man sich nun dieses Ischebeck-Verfahren vorstellen? Das von der Firma Friedrich Ischebeck GmbH entwickelte Verfahren beruht auf selbstbohrenden Injektionsankern, die so weit in den Baugrund getrieben werden, bis ein stabiler Untergrund vorhanden ist. Bohrstab und Bohrkrone verbleiben im Bohrloch. Durch das Ankerrohr (= Bohrstab) wird dann eine Zementsuspension gepumpt, damit eine feste Verbindung zwischen Anker und umgebendem Baugrund (Fels) hergestellt wird.

In unserem Fall musste bei fast allen 42 Ankerbohrungen 9 m tief in den Berg vorgedrungen werden, bis belastbarer Baugrund angetroffen wurde. Nachdem die Anker belastet werden konnten (frühestens acht Stunden nach der Injektion) wurden Abschnittsweise die Drainagematten verlegt, bevor die mit Baustahlmatten bewehrte Spritzbetonschale aufgebracht werden konnte.

Es war ein Glücksfall, dass die im Landkreis ansässige Firma nicht nur so flexibel war, die Arbeiten unverzüglich aufzunehmen sondern, auch mit einem selbst entwickelten Spezialbagger von der Fahrbahn aus bohren und somit die Baustelle schnell und kostengünstig einrichten konnte. Insgesamt fielen für das Bauwerk 87.000 Euro netto an. Bei 150 m² Fläche entspricht das einem Betrag von 580 Euro je m² Spritzbetonschale.

Die Maßnahme konnte als "Neubau einer Anlage" gefördert werden, was zwar den Nachteil hatte, dass die Unterschriften sämtlicher 45 am Weg beteiligter Waldbesitzer eingeholt werden mussten, jedoch blieben durch den höheren Fördersatz für Neubau die Kosten für die Anlieger in vertretbarem Rahmen.

Fazit

Das aufwendige Verfahren der Böschungssicherung mit Spritzbeton wird sicherlich nur in absoluten Spezialfällen zur Anwendung kommen. Mit dem System "Bewehrte Erde" mit oder ohne verlorener Schalung lassen sich in zeit- und kostensparender Weise problemlos bis zu 80° steile Böschungen herstellen. Gegenwärtig wird daher an einer Aufnahme dieser Methode der Böschungssicherung im Leistungskatalog Forst für den forstlichen Wegebau gearbeitet. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob sich die "Bewehrte Erde" auch in der Praxis bewährt.

Autor

Dipl.-Forstingenieur

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