Sedum & Co. - Studien zur extensiven Begrünung von Betongleitwänden mit Vegetationsmatten

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Sicherheit im Straßenverkehr hat oberste Priorität. Auf Bundesautobahnen sollen Mittelstreifen mit Betongleitwänden zur Vermeidung schwerer Unfälle beitragen. Auf der Suche nach einer pflegeleichten und widerstandsfähigen Begrünung beschreitet der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen neue, richtungsweisende Wege. Zwei Studien an der Hochschule OWL begleiteten die Vorhaben und liefern nun erste Ergebnisse.

Die überdurchschnittliche Zunahme vor allem des Schwerlastverkehrs auf den Autobahnen zu Beginn der 1990er Jahre und die damit verbundenen Belastungen und Gefährdungen haben erhöhte Sicherheitsansprüche ausgelöst und sich letztendlich in den europaweit geltenden Festlegungen für den passiven Schutz an Straßen niedergeschlagen. Dies hat auch in Deutschland dazu geführt, dass es seither zum vermehrten Einsatz der Betonbauweisen in Form von Betonschutz- beziehungsweise -gleitwänden, vor allem im Mittelstreifen und im Seitenbereich gekommen ist (vgl. Rendchen, 2008).

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Mehr Sicherheit und pflegeleichtes Grün auf Autobahnen

Auch der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) stellt in seinem Leitfaden zur Mittelstreifenbegrünung unter anderem fest, dass der geringere Reparaturaufwand sowie die hohe Durchbruchsicherheit vor allem bei Lkw-Unfällen bei hoch belasteten Streckenabschnitten für die Verwendung von Betongleitwänden sprechen (vgl. Straßen.NRW, 2008: 2). Dabei spielt die Begrünung der Trogsysteme zunächst eine nachgeordnete Rolle. In den Einsatzempfehlungen für Fahrzeug-Rückhaltesysteme (Stand 07/2015) wird festgestellt, dass eine Bepflanzung aus Sicht der Verkehrssicherheit nicht erforderlich ist. "Bei Trogsystemen ist eine Einbindung in die Landschaft durch Bepflanzung aber möglich. Die Bepflanzung (…) kann jedoch dazu führen, dass die mögliche Haltesichtweite eingeschränkt wird. Darüber hinaus führt die Bepflanzung zu einem erhöhten Pflegeaufwand und damit verbundenen Verkehrsbeeinträchtigungen. (…) Sofern eine Bepflanzung von Trogsystemen aus gestalterischen Gründen gewünscht ist, sollten die Trogsysteme mit niedrigen, möglichst schwachwüchsigen und möglichst dornenfreien Sträuchern mit geringem Pflegeaufwand bepflanzt werden. Die Beschaffenheit der Hinterfüllung darf den Pflanzenwuchs nicht übermäßig fördern. Bepflanzte Trogsysteme erhöhen den betrieblichen Unterhaltungsaufwand" (Bundesanstalt für Straßenwesen, 2015).

In den Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA), herausgegeben von der Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen (2008), finden sich ähnliche Aussagen zur Bepflanzung von Mittelstreifen. Die daraus abgeleiteten Folgerungen für die Art der Bepflanzung und Standortbedingungen (Substrate, Material der Hinterfüllung) bleiben allerdings sehr allgemein, da Erfahrungen mit verschiedenen Begrünungsvarianten noch weitgehend fehlen.

Bundesweit sind bis auf wenige Ausnahmen (Ansaat, Staudenmischpflanzungen, Vergleich hierzu Marzini, 2015 & Witt, 2012) keine Versuche mit adäquaten und innovativen Begrünungsansätzen bekannt. In der Praxis werden Mittelstreifen aus Betongleitwänden nach der Verfüllung mit unterschiedlichen Materialien meist der spontanen Sukzession überlassen, in der Hoffnung, damit ruderale Pflanzengesellschaften zu begründen, die einerseits einen ökologischen Nutzen haben und anderseits keine Folgekosten verursachen.

Allerdings sind auch in diesem Fall viele Fragen noch offen beziehungsweise bedürfen einer systematischen Erforschung:

  • Wie entwickeln sich ruderale Pflanzengesellschaften in unterschiedlichen Füllsubstraten?
  • Wie beständig sind ruderale krautige Stadien im Sukzessionsprozess?
  • Wie verhindert man den Aufwuchs von Gehölzen?
  • Welche Pflegemaßnahmen sind zur Stabilisierung bestimmter Entwicklungsstadien oder zur Verkehrssicherheit notwendig?
  • Gibt es einen signifikanten ökologischen Nutzen ruderaler Fluren im Mittelstreifenbereich?
  • Wie ist die Akzeptanz des optischen Erscheinungsbildes?

Es wird davon ausgegangen, dass neben den ungeklärten Fragen der Vegetationsentwicklung vor allem die Erwartung einer naturnahen, sich selbst regulierenden Begrünung ohne Pflegeaufwand nicht erfüllt werden kann. Vor diesem Hintergrund hat der Arbeitskreis Leitfaden Mittelstreifengestaltung von Straßen.NRW zahlreiche Vorschläge zur Begrünung von Betongleitwänden entwickelt und festgeschrieben, dass jedes neue, "im Leitfaden nicht abgedeckte" Verfahren in einem Pilotprojekt zu erproben und wissenschaftlich zu begleiten sei (Straßen.NRW, 2008: 15). Dabei stellten sich Möglichkeiten der Begrünung mit Vegetationsmatten als zunächst erfolgsversprechendes Verfahren dar. Bei den nachfolgenden Versuchen mit vorkultivierten Vegetationsmatten sollte vor allem geklärt werden, wie homogen sich das Artengefüge entwickelt beziehungsweise ob die Zielvegetation über einen längeren Zeitraum gegen Fremdbewuchs geschützt ist und damit den Anforderungen hinsichtlich Pflegeleichtigkeit entspricht.

Bauweisen und Begrünungsmöglichkeiten mit Test

Als bundesweit einmalig müssen in diesem Zusammenhang die von Straßen.NRW initiierten und durchgeführten Versuche und Maßnahmen mit verschiedenen Vegetationsmatten angesehen werden. Im Frühjahr 2008 wurden erstmals im Mittelstreifen mit Betongleitwänden auf Versuchsflächen an der A 2 bei Beckum Vegetationsmatten der Firma Isatis eingesetzt (vgl. Straßen.NRW, 2008). Eine Beurteilung der Entwicklung dieses Versuchs findet sich bei Seyfang & Bouillon (2012).

2009 startet der Landesbetrieb Straßen.NRW mit seinen wissenschaftlich begleiteten Pilotversuchen zur Umsetzung einer extensiven Begrünung von Mittelstreifen auf der A 2 nahe Hamm. Hierbei kamen Mattensysteme, die normalerweise in der Dachbegrünung eingesetzt werden, und sogenannte Samenverbundmatten, in die engere Auswahl. Zu ihnen gehörten vier Mattentypen mit Stauden der Firma Xeroflor:

  • Samenverbundmatte heimisch
  • Sedum-Moos-Matte XF 309, vorkultiviert
  • Moos-Sedum-Matte Typ 323, vorkultiviert
  • Samenverbundmatte Kräuter-Sedum

Während sich die Artenzusammensetzungen der vorkultivierten Matten durch eine Mischung verschiedener Sedum- und Moos-Arten in wechselnden Mengenanteilen auszeichnen, weisen die Samenverbundmatten zum Zeitpunkt der Etablierung noch keine grünen Pflanzen, sondern nur Samen von verschiedenen Kräutern, Gräsern und Sedum auf, die in ein Trägermaterial eingewoben sind. Anders als bei der Dachbegrünung liegen für die neuen Begrünungskörper auf Autobahnen bislang keine Empfehlungen über den Aufbau und die Beschaffenheit der Vegetationstragschicht vor, so dass bei der geplanten Versuchsanordnung auch andere Substrate, als in der Branche üblich, getestet werden sollten. Vor diesem Hintergrund wurden die oben genannten Mattentypen auf folgende vier Substratvarianten ausgelegt:

  • Recyclinggemisch 0/45
  • Oberboden
  • Folienabdeckung, mit dem Betontrog verklebt
  • Asphaltgranulat (ohne Angabe der Korngrößen)

In einer begleitenden Untersuchung des Fachgebietes Freilandpflanzenkunde und Pflanzenverwendung an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe wurde für diese 16 Varianten über einen Zeitraum von drei Jahren die Entwicklung der Zielvegetation dokumentiert, Fremdaufwuchs erfasst und ein eigenes Bewertungsschema für den Grad des Etablierungserfolges entwickelt.

Der sehr unterschiedliche Begrünungsverlauf der verwendeten Mattensysteme und das Ausmaß des Aufwuchses von Fremdvegetation erlaubten nach wenigen Jahren bereits Rückschlüsse auf geeignete Kombinationen unter den 16 Versuchsvarianten (Seyfang & Bouillon, 2012). Dabei zeigten sich die vorkultivierten Mattentypen deutlich wuchsfreudiger als die Samenverbundmatten und wiesen auf den drei Standortvarianten Folienabdeckung, Recyclinggemisch und Asphaltgranulat die besten Ergebnisse auf (vgl. Tab. 1). Einschränkend muss allerdings vermerkt werden, dass von jeder Variante nur eine einzige Fläche angelegt werden konnte.

Etablierung von Moos-Sedum-Matten im Mittelstreifen auf der A 33 und A 1

Bereits im Herbst 2012 werden auf der A 33 in der Nähe von Bielefeld auf einer Länge von rund 6 km Moos-Sedum-Lavasandmatten Typ XF 323 auf Asphaltgranulat im Mittelstreifen eingebaut und damit den Ergebnissen aus der voran gegangenen Pilotstudie Rechnung getragen. Zwei Jahre später, 2014, erfolgt die Etablierung weiterer Moos-Sedum-Matten auf Streckenabschnitten der A 1 bei Münster.

Die Beschaffenheit des unter der Vegetationstragschicht anstehenden Füllbodens und sein möglicher Einfluss auf die Entwicklung der Zielvegetation wurden bei den ersten Begrünungsversuchen 2009 nicht ausreichend bedacht. Um eine dauerhaft gute Wasserdurchlässigkeit im gesamten Profil zu gewährleisten, wurden daher bei der Umsetzung auf der A 1 und A 33 grobkörnige Böden (Sand)

nach ZTV E-StB 09, den Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau (Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), 2009), verfüllt. Asphaltgranulat 8/32 als Vegetationstragschicht eingebaut und abgewalzt. Die Matten wurden auf der A33 bündig und auf der A 1 5 cm unter Oberkante des Betontroges verlegt.

Die Erfahrungen bei der Umsetzung auf der A 33 zeigten, dass Lieferung und passgenaues Verlegen der Matten zeitlich aufeinander abgestimmt und gut vorbereitet sein müssen. Lange Lagerzeiten auf der Baustelle führen zu Ausfällen in der Vegetation. Bis zur Abnahme der Begrünung verging in der Regel ein Jahr. Die Fertigstellungspflege beschränkte sich im Folgejahr auf die einmalige Gabe von organisch-mineralischem Dünger im Frühjahr und diente dazu, einen möglichst raschen Vegetationsschluss auf den Matten zu erzielen. In der Dachbegrünung stellt das Ausmaß der Gesamtdeckung von Vegetationsmatten eines von mehreren Kriterien zur Feststellung des Anwuchserfolges beziehungsweise zur Überprüfung des abnahmefähigen Zustandes nach der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL, 2008) dar. Der hierbei von der FLL formulierte Deckungsgrad liegt bei >75 % und lässt sich hier anwenden.

Weiterführende Untersuchungen

2015, ein beziehungsweise zwei Jahre nach der Etablierung von Vegetationsmatten auf der A 1 beziehungsweise A 33 wurde die Hochschule Ostwestfalen-Lippe ein zweites Mal von Straßen.NRW mit einer begleitenden Studie betraut, allerdings in geringem Umfang und von kürzerer Dauer als beim ersten Mal. Innerhalb einer einzigen Vegetationsperiode, sollten auf den beiden Streckenabschnitten auf der A 33 und A 1 insbesondere der Fremdbewuchs unter die Lupe genommen und Aussagen zur weiteren Entwicklung der Mattenvegetation getroffen werden. Im sechsmonatigen Untersuchungszeitraum, zwischen April und September 2015, wurde daher die Vegetationsentwicklung der Sedum-Moos-Matten dreimal sowohl an der A33 als auch an der A 1 fotografisch und beschreibend dokumentiert. Parallel dazu wurde die Versuchsfläche der Pilotstudie an der A 2 erneut bonitiert und beurteilt (vgl. hierzu Seyfang & Bouillon, 2012).

Aufgrund des hohen zeitlichen und sicherheitstechnischen Aufwandes wurden die beiden Strecken nicht flächendeckend, sondern an ausgewählten Teilabschnitten stichprobenartig untersucht. Ausschlaggebend für ihre Auswahl waren in erster Linie eine mögliche Sicht von oben oder eine gute Zugänglichkeit der Flächen auf Straßenniveau und am Rand der Fahrbahnen. Daher war die Anzahl der Stichproben auf der A 33 deutlich höher als auf der A 1 (Tab. 2).

Entwicklung der Mattenvegetation auf der A 33 und A 1

Die Dokumentation der Vegetationsentwicklung auf beiden Streckenabschnitten beschränkte sich auf stichprobenartige Beschreibungen des phänologischen Erscheinungsbildes und des jeweiligen Arteninventars der Ziel- und Fremdvegetation.

Im April 2015 zeigten die Flächen auf der A33 an allen beobachteten Abschnitten eine weitgehend geschlossene Vegetationsdecke, die von Sedum album dominiert wird, das eine starke Rotfärbung aufweist. Daneben traten die grünlaubigen Sedum-Arten nur vereinzelt und unregelmäßig auf. Ende Juni wurde der optische Eindruck geprägt von überwiegend flächig blühenden Beständen von Sedum album, unterbrochen von grünlaubigen und gelblühenden Sedum-Arten, die in einzelnen Horsten und Gruppen unregelmäßig verteilt, deutlicher in Erscheinung traten. Zusammen mit eingebetteten Moospolstern aus Tortula muralis bildeten sie ein abwechslungsreiches Mosaik. Insgesamt zeigten sich die Matten im September durch ihren Reichtum an unterschiedlichen Texturen und vielfältige Laubfarben sowie vereinzelten Blüten von Sedum spurium und Sedum kamtschaticum optisch ansprechend. Zwischen dem rot verfärbten Laub von Sedum album hatten sich frischgrüne Polster von Tortula muralis ausgebreitet.

Insgesamt trat die Fremdvegetation auf der A33 im April optisch nicht auffällig in Erscheinung, sieht man einmal von offenen Stellen am Ausbauende ab, wo gehäuft Arten wie Tussilago farfara, Epilobium angustifolium, Solidago spec., Cirsium arvense, Tanacetum vulgare, Artemisia vulgare etc. sowie einige Grasarten auftraten. Auf den Matten selbst konnten vereinzelt Senecio inaequidens an den Rändern und Stößen sowie Tussilago farfara an Störstellen und Rändern festgestellt werden. In einigen Abschnitten waren sowohl vereinzelt als auch mehr oder weniger flächig wachsende Grasbestände zu sehen. Dabei handelte es sich in erster Linie um Arten wie Poa annua, Dactylis glomerata, Holcus lanata, Bromus inermis und Vulpia myuros. Im Juni fielen vor allem vermehrt blühenden Exemplare von Senecio inaequidens und stellenweise auch von Senecio jacobaea und Dactylis glomerata stärker auf. Im Herbst war über weite Strecken die Fremdvegetation kaum zu erkennen, was auf durchgeführte Pflegemaßnahmen (Jäten) der Autobahnmeisterei zurückzuführen war. Dennoch fallen in einzelnen Abschnitten verstärkt blühende Horste von Senecio inaequidens auf.

Anders als auf der A 33 wurden die Matten auf der A1 parallel zum Fahrbahnrand verlegt. Die Matten präsentierten sich nach einem Mäh,- Herbizid- und Düngeeinsatz Mitte April in einem einheitlichen Patchwork-Muster: Die Mattenkanten und -ansätze waren klar erkennbar; farblich hoben sich Sedum album (Rottöne) und Gräser (beige) voneinander ab. Aufgrund der oben genannten Pflegemaßnahmen konnten zu diesem Zeitpunkt keine spezifischen Aussagen zur Fremdvegetation gemacht werden. Allerdings verweist der hohe Anteil (über 70 %) der beige gefärbten Flächen auf einen entsprechend hohen Besatz mit unerwünschten Gräsern hin. Dabei war erkennbar, dass der Grasaufwuchs nicht gleichmäßig über die gesamte Strecke, sondern nur auf bestimmten Mattenabschnitten auftrat. Das Patchwork-Muster zeichnete sich auch im Juni noch deutlich ab. Die Gräser hatten nach dem Herbizideinsatz im April neu ausgetrieben und bildeten mit ihren abgestorbenen Halmen eine rund 20 cm hohe, zweite Vegetationsschicht. In den immer noch rötlich gefärbten Flächen von Sedum album zeichnen sich einzelne Horste und Tuffs von Sedum-Arten mit frischgrüner Belaubung sowie Moospolster ab. Am Ende des Streckenabschnitts konnte auf einem breiteren Mittelstreifen ein verstärktes Vorkommen von Cirsium arvense, Conyza canadensis, Lactuca serriola, Papaver rhoeas, Senecio inaequidens, Sonchus asper und Tripleurospermum maritimum subsp. inodorum nachgewiesen werden. Bei den Gräsern dominierten Bromus sterilis und Lolium perenne.

Insgesamt traten die abgestorbenen Gräser im September optisch stärker zurück, waren jedoch immer noch klar zu lokalisieren und fanden sich konzentriert auf dem rechten Mattenstreifen. Hier war nun auch ein gehäuftes Vorkommen von Senecio inaequidens festzustellen. Die Sedum-Arten präsentierten sich zu diesem Zeitpunkt in guter Vitalität. Auffällig war der überraschend starke Besatz mit Senecio inaequidens in voller Blüte mit stattlichen Exemplaren, rund 30 bis 40cm hohe Horste, in ungleichmäßiger Verteilung. Darüber hinaus war ein gehäuftes Auftreten von blühenden Crepis capillaris, Conyza canadensis, Taraxacum Sect. Ruderalia und Rumex acetosella zu beobachten.

Fremdvegetation auf der A 33 und A 1

Vereinfacht lassen sich die Lebensbedingungen in einem Betontrog mit dem eines natürlichen Extremstandortes vergleichen und sind daher ideal für Pflanzenarten, die natürlicherweise in nährstoffarmen, trocken bis wechseltrockenen Lebensräumen zuhause sind, Wind und Sonne trotzen und mit sehr wenig Wasser überleben können. Die optimale Anpassung an ständigen Stress, an minimale Lebensbedingungen macht Sedum und Co zu spezialisierten Arten im Vergleich zu Pflanzen auf besser versorgten Standorten. Das Arteninventar der vorkultivierten Matten ist mit ihren zahlreichen Sedum-Arten und einigen Moosen gut gewählt und bestens vorbereitet. Für anspruchsvollere Arten allerdings, so die Theorie, dürfte es dort keine geeigneten Wuchsorte auf Dauer geben.

Die Untersuchungen belehren uns eines Besseren. Die 2015 auf den genannten Streckenabschnitten auf der A 33 und A 1 erfassten Pflanzenarten zeichnen ein differenziertes Bild und verändern die mehr oder weniger einschichtigen Matten in arten- und strukturreichere "Sedumrasen", aus denen deutlich höherwüchsige, neue Arten hervortreten. Zu den sich spontan ansiedelnden Arten gehören vor allem Gräser und Kräuter, aus Grünland- und Ruderalgesellschaften. Sie sind ein Hinweis darauf, dass der Standort doch nicht so extrem sein kann wie angenommen und dass sich den etablierten Arten hier optimale Keimbedingungen bieten.

Optimale Bedingungen finden ebenso Arten, die an die eingangs skizzierten Standortbedingungen in den Betontrögen hervorragend angepasst sind und sich dadurch intensiv ausbreiten können: Zu ihnen gehören das Schmalblättrige Greiskraut (Senecio inaequidens), ein Halbstrauch aus Südafrika und der Mäuseschwanz-Federschwingel (Vulpia myuros), eine heimische, einjährige Art artenarmer und kurzlebiger Rasengesellschaften.

Insgesamt wurden 60 verschiedene Fremdarten auf beiden Streckenabschnitten erfasst. Davon sind die meisten Arten krautig. Gehölzsämlinge und Einjährige bilden die Ausnahme. Auf den Matten der A 33 konnten sich allein innerhalb von zweieinhalb Jahren 56 verschiedene Arten etablieren. Dazu gehören drei Gehölzarten und zwei Kulturpflanzen. Neun dieser Arten wachsen nur auf den Matten, die auf den Seitenstreifen der A 33 ausgelegt wurden. Das Verhältnis von Kräutern zu Gräsern beträgt 2:1. Auf den zwei Jahre jüngeren Matten auf der A 1 beträgt das Verhältnis von Kräutern zu Gräsern 4:1. Es besteht aus 16 verschiedenen Kräutern und vier Gräsern. Bis auf drei Arten, Klatsch-Mohn (Papaver rhoeas), Weicher Storchschnabel (Geranium molle) und Frühlings-Hungerblümchen (Erophila verna), stimmt das Artenspektrum mit dem der A 33 überein.

Den überwiegenden Anteil an der Spontanvegetation nehmen Stauden ein, sie sind mit 34 Arten vertreten, die Einjährigen mit 18 Arten. Die Einjährigen stellen von den 20 Arten, die auf beiden Autobahnen vorkommen, mit 14 Arten die größte Gruppe dar. Für die Beurteilung der Fremdvegetation wurden vorrangig die Aufnahmen auf den Teilabschnitten der Teststrecken zugrunde gelegt, die auf Augenhöhe beziehungsweise Straßenniveau erfolgten. Nur hier war eine eindeutige Ansprache der Arten möglich. Eine Schätzung des Deckungsgrades der einzelnen Arten erfolgte aus Zeitgründen nicht.

Insbesondere das Artenspektrum der Fremdvegetation wurde nach einer Reihe von Kriterien ausgewertet. Zu ihnen gehören die pflanzensoziologische Eingruppierung, die Zeigerwerte nach Ellenberg (Ellenberg et al., 1991) und Salzverträglichkeit, Lebensform und Ausbreitungsverhalten, Strategietypen nach Grime (Grime 1979 & 2001) und die Mahdverträglichkeit der eingewanderten Arten. Die beiden letztgenannten Kriterien sind insbesondere im Hinblick auf eine zielgerichtete Pflege von Bedeutung. Alle dafür erforderlichen Informationen wurden aus Flora Web (BFN 2016a) und insbesondere aus Bioflor entnommen (Klotz et al., 2002).

Eine Auswertung der Zeigerwerte der Fremdvegetation ergab auf beiden Autobahnen, dass der Standort als trocken bis frisch und mäßig stickstoffreich einzuschätzen ist und die Bodenreaktion als mäßig bis schwach sauer eingestuft werden kann. Das Vorkommen der Fremdvegetation lässt also den Schluss zu, dass der Standort bei weitem nicht so extrem trocken und nährstoffarm ist wie vermutet.

Zielvegetation versus Fremdvegetation

Art und Umfang der Spontanvegetation werden im Hinblick auf die Konkurrenz und die Gesamtentwicklung der Mattentypen als sehr bedeutsam angesehen und entscheiden letztendlich über den Erfolg der Begrünung. Die hohe Anzahl an ausdauernden Arten mit ihren unterschiedlichen Ausbreitungsstrategien wird als problematisch für die weitere Entwicklung der Moos- Sedum-Matten angesehen. Zum einen sind es die Arten, die ein hohes Samenpotential oder ein hohe Reproduktionsrate aufweisen und offenbar zwischen den Sedum-Polster und in vorhandenen Lücken geeignete Keimbedingungen vorfinden. Zum anderen sind es die Arten, die Ausläufer ausbilden und sich mit ihren vegetativen Organen zwischen den Sedum-Sprossen ausbreiten oder diese mit ihren Trieben überlagern. Hierbei sind es vor allem die wuchsstarken und höherwüchsige Arten, die sich auf die matteneigenen, lichtbedürftigen Sedum-Arten durch zunehmenden Schattendruck vitalitätsmindernd beziehungsweise verdrängend auswirken werden. Die bereits vorhandenen Moose sind vermutlich in der Lage, flexibler zu reagieren und sich an geeigneten, wechselfeuchten Stellen einzufinden.

Mit der Zielsetzung, die Mattenvegetation zu fördern und die Ausbreitung und die Neuansiedlung von unerwünschten Arten zu verhindern, liegt es nahe, über das Entwicklungspotential der vorhandenen Arten nachzudenken und dies mit Hilfe der Strategietypen nach Grime (Grime 1979 & 2001) zu skizzieren.

Die Zuordnung von Pflanzenarten zu diesem Modell verrät, vereinfacht ausgedrückt, etwas über das artspezifische Verhalten unter Konkurrenzbedingungen, unter anderem in der Ausbreitungsstrategie, der Lebensdauer und der Anpassungsfähigkeit, und äußert sich in spezifischen morphologischen und physiologischen Eigenschaften der Pflanzen. Insgesamt wird zwischen drei Primärstrategen (C-, S- und R-Strategen) und vier Zwischenstufen (CR-, CS-, SR- und CSR-Strategen) unterschieden.

Die Mattenvegetation setzt sich, wie eingangs bereits erwähnt, aus Sedum-Arten beziehungsweise -Sorten und verschiedenen Moosarten zusammen. Sedum gehört zu den sogenannten Stress-Strategen (S-Strategen), die sich an ungünstige Standortbedingungen optimal angepasst haben und trotz Nährstoff- und Wassermangel wachsen können. Solche Pflanzengemeinschaften aus Spezialisten zeichnen sich durch eine geringe Produktivität und lange Bestandsdauer aus. Konkurrenz bleibt dabei so lange fern wie die Ressourcen knapp bleiben und der Extremstandort nicht von außen gestört und dadurch verändert wird. Moose können im Vergleich zu Sedum auf Veränderungen des Standortes etwas flexibler reagieren, da sie in der Lage sind, längere Trockenphasen zu überstehen, Wasser zwischen ihren Blättern im Inneren zu speichern und zudem eine höhere Vermehrungsrate aufweisen. Sie werden den Stress-Ruderal-Strategen (S-R-Strategen) zugeordnet. Dem gegenüber gehören die Fremdarten zu anderen Strategietypen, die aufgrund ihrer Eigenschaften und ihrer Anpassungsstrategie auf eine erhöhte Produktivität des Standorts verweisen.

Zwei Drittel der Fremdvegetation auf der A33 zeichnen sich durch Arten aus, die auf schwach bis mäßig produktive Standorte verweisen (CSR- und CR-Strategen). Davon ist die Hälfte an Störungen, zum Beispiel durch Mahd, bestens angepasst (z. B. das Schmalblättrige Greiskraut (Senecio inaequidens). Sie finden sich in Lücken zwischen den Sedumpolstern (z. B. der Kompasslattich (Lactuca serriola). Anders verhält es sich mit den Konkurrenz-Strategen (C-Strategen), zum Beispiel das Jakobs-Greiskraut (Senecio jacobae), die etwa ein Drittel der Fremdvegetation auf der A 33 ausmachen und ein hohes Anpassungsvermögen und eine breite Standortamplitude aufweisen. Sie sind in der Lage, auf zunehmend produktiven Standorten, auch kurze Trockenperioden zu überstehen und konkurrenzschwächere Arten zu verdrängen.

Die fast zwei Jahre jüngeren Matten auf der A 1 zeichnen sich durch eine deutlich geringere Artenzahl und weniger Strategietypen aus. Konkurrenz-Ruderal-Strategen (CR-Strategen) dominieren, während Konkurrenz-Strategen noch vollständig fehlen. Mit nur vier Arten ist auch die Gruppe der Intermediären Strategen wesentlich kleiner, so dass davon ausgegangen wird, dass die Produktivität des Standorts noch geringer ist als auf der A 33. Diese Annahme kann durch das Vorhandensein von zwei Stress-Ruderal-Strategen (SR-Strategen) gestützt werden. Zu diesen ruderalen Arten gehört der Mäuseschwanz-Federschwingel (Vulpia myuros), der auf den Matten der A 1 in ausgedehnten Beständen vorgefunden wurde.

Es ist davon auszugehen, dass weitere Veränderungen der Mattenvegetation auf den Autobahnabschnitten eintreten, möglicherweise sich noch mehr spontane Arten, insbesondere auf der A 1, etablieren werden. Wie schnell die bereits begonnene Sukzession voranschreiten wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden.

Erklärungsmuster

Auf der Suche nach Gründen für den hohen Fremdartenbesatz bietet sich als Erklärung das Zusammenspiel von mehreren Faktoren an. Es wird davon ausgegangen, dass die meisten der aufgelaufenen Arten zum einen aus den an die Autobahnen angrenzenden Vegetationsbeständen stammen und/oder mit dem Verkehr auf die Mittelstreifen gelangt sind. Das Spritzwasser vorbeifahrender Fahrzeuge bringt nicht nur Diasporen auf die Mittelstreifen, sondern trägt vermutlich in gewissem Umfang Nährstoffe ein. Ebenso erhöhen Fahrtwind und Verwirbelungen den Samendruck auf die Flächen.

Die in der Regel eher lockerwüchsigen Polster der Sedum-Arten ermöglichen es den spontanen Arten zwischen ihnen zu keimen und sich mit ihrem Wurzeln im Trägermaterial der Matte zu verankern. Ein Durchwachsen von Wurzeln in den anstehenden Untergrund beziehungsweise in die Vegetationstragschicht wurde bislang nicht festgestellt. Im Gegenteil: Die fleischigen Wurzeln des Huflattichs (Tussilago farfara) verlaufen parallel zwischen Matte und Asphaltgranulat.

Untersuchungen an der Hochschule OWL im Fachgebiet Technik des Garten- und Landschaftsbaus (Bartel, 2016) zu den bodenphysikalischen und -chemischen Eigenschaften der Tragschicht liefern dafür eine mögliche Begründung. Das als Vegetationstragschicht eingebaute Asphaltgranulat weicht durchaus von den, in der Dachbegrünungsrichtlinie der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL 2009) definierten Substratanforderungen, ab. Bei dem auf der A 33 eingebauten Asphaltgranulat 8/32 handelt es sich um ein mineralisches Schüttgut aus geschreddertem Asphalt, das sich durch seine Grobkörnigkeit auszeichnet, kaum Feinporen enthält, einen geringen Anteil an Sand aufweist und frei von organischer Substanz ist. Dies bescheinigt dem Substrat sowohl eine hohe Wasserdurchlässigkeit als auch eine geringe Wasserspeicherfähigkeit, Eigenschaften, die das Material für eine Tragschicht zwar günstig erscheinen lassen, für eine dauerhafte Besiedlung von Vegetation eher nicht geeignet sind.

Die geringe Wasserspeicherfähigkeit des Asphaltgranulats legt daher nahe, dass es bei starken Niederschlagsereignissen zu einer zeitweiligen und länger andauernden Wasseransammlung in der Vegetationsmatte kommt (kapillarer Bruch) und damit das Pflanzenwachstum anspruchsvoller Pflanzenarten ermöglicht wird. Eine konstante Durchlässigkeit aller drei, aufeinander aufbauenden Schichten zur Begründung eines Extremstandortes wäre an dieser Stelle wünschenswert.

Differenziertes Pflegemanagement als Lösungsweg

Der Zusammenhang zwischen Strategietypen und Standort führt vor Augen, dass eine Sicherung und optimale Entwicklung der Sedum-Moos-Matten nur bei geringer Produktivität und geringer Störung des Standorts gewährleistet werden kann. Das Auftreten von Fremdvegetation verweist bereits auf Veränderungen der ursprünglichen Standortbedingungen in den Betontrögen, ohne die Ursachen dafür im Detail zu kennen. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob der im Betontrog hergestellte Standort im Hinblick auf die Zielvegetation von Anfang an nicht extrem genug war. Eine Erhöhung der Produktivität könnte auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen sein: durch die anfängliche, Düngung im Zuge der Fertigstellungspflege, die Humusanreicherung auf den Mattens selbst und den Nährstoffeintrag durch die Luft und das Spritzwasser.

Angesichts des Fremdartenbestandes wird die auf den Matten erfolgte, in der Praxis übliche Düngung von Vegetationsmatten für Dachbegrünungen (vgl. FLL, 2008) für die Mittelstreifenbegrünung als zu hoch eingeschätzt. Es wird daher zu einem differenzierten und insbesondere reduzierten Vorgehen geraten, was die Menge und die Häufigkeit der Düngung auf den Mittelstreifen auf Autobahnen anbelangt. Um die pflanzliche Dynamik der unerwünschten Arten einzuschränken und die Zielarten dauerhaft zu halten, erscheint es sinnvoll, ein auf die Arten abgestimmtes Pflegemanagement für die Matten anzustreben. Das ist angesichts der artspezifischen Eigenschaften ein aufwendiges Unterfangen. Für einige Arten, die sich durch Aussaat vermehren, wird es als sinnvoll angesehen, diese vor der Samenreife zu mähen und, um die Produktivität des Standorts nicht weiter zu fördern, das Schnittgut beim Mähen direkt aufzunehmen. Um die Ausbreitung des Mäuseschwanz-Federschwingels (Vulpia myuros) einzuschränken, wäre das eine geeignete Maßnahme. Wegen seiner Konkurrenzschwäche wird allerdings davon ausgegangen, dass die Mattenvegetation durch sein Vorhandensein nicht verdrängt wird. Andere Arten wie das Schmalblättrige Greiskraut lassen sich, wie Erfahrungen aus der Naturschutzpraxis belegen, in ihrer Ausbreitung weder durch Mahd noch durch Herbizideinsatz eindämmen, sondern werden erst mit zunehmender Beschattung durch eine voranschreitende Sukzession nachhaltig auskonkuriert (vgl. Umweltbundesamt, 2000). Auch für die vielen, schnittverträglichen Grünlandarten wie Wiesen-Rispengras (Poa pratensis), Rot-Schwingel (Festuca rubra) und Weidelgras (Lolium perenne) wird sich Mahd nicht als erfolgversprechende Pflegemaßnahme erweisen.

Neben der Mahd stellt das manuelle Entfernen der Spontanvegetation eine weitere, denkbare Pflegemaßnahme dar. Die erhobenen Daten zum Pflegeaufwand auf der A 1 (2015) und A 33 (2014 und 2015) liegen deutlich unter denen für eine extensive Staudenpflanzung und können daher als äußerst gering bezeichnet werden. Sie liegen auf der A 33 bei 0,21 min/m² bzw. 0,37 min/m², auf der A 1 bei 0,3 min/m². Allerdings ist dabei der Zeitaufwand für die Sicherungsmaßnahmen im Bereich des Mittelstreifens nicht berücksichtig worden. Angesichts des hohen Personal- und Zeitaufwandes und den damit verbundenen Kosten wird das Jäten von Hand als unwirtschaftlich angesehen und verursacht zudem auf den Matten Störstellen, die wiederum Eintrittspforten für weitere Individuen/Arten darstellen.

Entwicklungschancen und Potentiale

In welchem Tempo und Ausmaß die Ausbreitung der Fremdvegetation auf den Mittelstreifen der A 1 und A 33 voranschreiten wird, ist schwierig zu prognostizieren. Es bleibt, auch aus den Beobachtungen an der A 2, festzustellen, dass die bereits angesiedelten Arten der Fremdvegetation das Potential aufweisen, sich weiter über Samen und ihre vegetativen Organe auszubreiten und sich außerdem neue Arten etablieren werden. Hierzu lassen sich zwei Szenarien entwickeln.

Würde in Zukunft die weitere Pflege der Matten unterbleiben, also eine Störung, zum Beispiel durch Mahd, ausbleiben, ist von einer schneller und stärker voranschreitenden Besiedlung durch die spontanen Arten auf Kosten der Mattenvegetation auszugehen. Die zunehmende Nährstoffanreicherung durch die höherwüchsige Vegetation würde die Produktivität des Standortes über die Zeit durch zunehmende Biomasse erhöhen und die Zielarten langfristig schwächen. Hinzu kommt eine stärker werdende Beschattung.

Beim zweiten Szenario werden die Matten in Zukunft, oberhalb der Mattenvegetation, weiter gemäht und das Schnittgut entfernt. Die Zielarten haben keine zunehmende Nährstoffzufuhr und Beschattung zu erwarten, die Sukzession wird deutlich verlangsamt, nicht jede konkurrenzstarke Art (C-Strategen) wird ihr Optimum erreichen.

Zielgerichtete Eingriffe durch pflegerische Maßnahmen sind daher notwendig und unabdingbar, um die standortverändernden Faktoren zu begrenzen und die Sukzession zu verzögern. Eine effektive Mahd setzt allerdings eine Beobachtung der Blütenphänologie voraus und erfordert die kurzfristige Umsetzung von Pflegeeinsätzen. Hierfür ist ein termingerechtes Eingreifen durch die zuständigen Autobahnmeistereien entscheidend. Für die Aufnahme des Schnittguts ist seitens des Naturschutzes eine Ausnahmereglung für die Mittelstreifen zu erteilen.

Insgesamt wird die Begrünung von Betontrögen im Mittelstreifen von Autobahnen als gut geeignete Alternative zu den anderen Begrünungsformen angesehen. Im Vergleich zu unbegrünten Varianten verzögern die Vegetationsmatten in der dargestellten Verwendung und Bauweise, ähnlich wie eine Mulchschicht, den schnellen Aufwuchs von höherwüchsigen Stauden wie Beifuß (Artemisa) und Melde (Atriplex) und im späteren Sukzessionsverlauf auch von Gehölzen. Vegetationsmatten erfüllen somit verschiedene Funktionen und tragen dazu bei, den Mittelstreifen auf Autobahnen vielfältiger und etwas bunter zu gestalten.

Literatur

Bartel, Yvonne-Christin (2016): Bericht zur Untersuchung von Asphaltgranulat als Vegetationsträger. Höxter: Hochschule Ost-Westfalen Lippe. Unveröffentlicht.

Bundesanstalt für Straßenwesen (2015): Einsatzempfehlungen für Fahrzeug-Rückhaltesysteme. Stand 07/2015.

Bundesamt für Naturschutz (BfN) (2016a): FloraWeb - Daten und Informationen zu Wildpflanzen und zur Vegetation Deutschlands. floraweb.de/index.html. 10.01.2016.

Ellenberg, H., Hieinrich E. Weber, Ruprecht Düll, Volkmar Wirth, Willy Werner und Dirk Paulißen (1991): Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa. Göttingen: Verlag Erich Goltze.

Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) (2008): Richtlinie für die Planung, Ausführung und Pflege von Dachbegrünungen - Dachbegrünungsrichtlinie. Bonn: Eigenverlag.

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 Yvonne Bouillon
Autorin

Hochschule Ost-Westfalen Lippe

 Frithjof Wagner
Autor

Landesbetrieb Straßenbau NRW

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