GaLaBau und Recht: Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Vertragskündigung durch Auftragnehmer - Eine Maßnahme, die man sich gut überlegen sollte

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In der Praxis werden Bauverträge viel häufiger von Auftraggebern als von Auftragnehmern gekündigt. Dies liegt an der unterschiedlichen Interessenlage der Vertragsparteien und hat auf Auftraggeberseite oft auch wirtschaftliche Gründe.

Sowohl die Bestimmungen des BGB als auch die der VOB gewähren dem Auftraggeber bezüglich der Kündigung des Vertrages weitergehende Rechte als dem Auftragnehmer. Ihm wird von beiden Vorschriften kein freies Kündigungsrecht zugebilligt wie es in § 649 BGB oder § 8 VOB/B vorgesehen ist. Der Auftragnehmer wird im Zweifel an dem einmal geschlossenen Vertrag festgehalten, auch wenn dessen Erfüllung für ihn ein herbes Verlustgeschäft darstellen sollte. Nur wenn ausnahmsweise ein wichtiger Kündigungsgrund vorliegt, hat der Auftragnehmer im speziellen Fall das Recht, sich durch Kündigung vom bestehenden Vertrag zu lösen.

Hohes Risiko einer Auftragnehmerkündigung

Dementsprechend selten sind die Auftragnehmerkündigungen, die im Übrigen mit erheblichen Risiken behaftet sind. Die Gefahr, dass bei einer Kündigung für den Auftragnehmer "der Schuss nach hinten losgeht", ist unverhältnismäßig groß. Liegt entgegen der Meinung des Auftragnehmers kein wichtiger Grund vor, besteht der Vertrag unverändert fort. Seine Kündigung wird von der Rechtsprechung als Vertragsverletzung angesehen. In einem solchen Fall ist der Auftraggeber seinerseits mit den einschneidenden Konsequenzen des § 8 Abs. 3 VOB/B zur Kündigung berechtigt. Praktisch wird der Auftragnehmer in einem solchen Fall vom Auftraggeber kaum noch Geld sehen. Dieser ist berechtigt, den noch nicht vollendeten Teil der Auftragnehmerleistung zu dessen Lasten durch einen Drittunternehmer ausführen zu lassen. Dem Auftraggeber bleiben zusätzlich seine Ansprüche auf Ersatz eines etwa entstandenen weitergehenden Schadens erhalten.

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Er ist sogar auch berechtigt, auf die weitere Ausführung der Leistung zu verzichten und Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen, wenn die Ausführung aus den Gründen, die zur Kündigung geführt haben, für ihn kein Interesse mehr hat (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/ B).

Was sind die wesentlichen Kündigungsgründe für den Auftragnehmer?

Zahlungsverzug des Auftraggebers

In der Praxis ist der häufigste Grund der Auftragnehmerkündigung, dass vom Auftraggeber kein oder nicht das erhoffte Geld gezahlt wird und sich aus diesem Grund der Auftraggeber in Zahlungsverzug befindet. Selbst dieser auf den ersten Blick eigentlich eindeutige Fall beinhaltet für den Auftragnehmer erhebliche Risiken, an die er bei seiner Kündigung oft nicht gedacht hat. Eine wirksame Kündigung des Auftragnehmers wegen ganz oder teilweise ausbleibender Vergütung setzt stets Verzug voraus. Wann ein Auftraggeber in Verzug gerät, hängt maßgeblich vom vereinbarten Vertragsinhalt ab. Wichtig ist dabei allerdings, dass dem Auftragnehmer eine fällige Forderung zusteht, mit der der Auftraggeber zum Beispiel durch Mahnung in Verzug geraten ist. Bei Inverzugsetzung durch Mahnung werden leider immer wieder Fehler gemacht. So wird zum Beispiel schon gemahnt, obwohl die Forderung aus der Abschlagsrechnung noch gar nicht fällig ist. Eine solche verfrühte Mahnung führt nicht zum Verzug des Auftraggebers. Gerade bei Verträgen mit wirksam vereinbarter VOB beachten Auftragnehmer bei Abschlagsrechnungen viel zu wenig die Fälligkeitsregeln des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B. Dabei kommt es nicht auf das Ausstellungsdatum oder den Zeitpunkt der Absendung der Abschlagsrechnung sondern nur auf den Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung beim Auftraggeber an. So wird bei einem VOB-Vertrag die Abschlagsrechnung nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B erst binnen 21 Tagen nach Zustellung fällig. Eine Frist die im GaLaBau-Bereich oft als zu lang empfunden wird. Hier sollten Auftragnehmer überlegen, kürzere Fristen zu vereinbaren. Beim BGB-Vertrag gibt es für Abschlagsrechnungen keine 21-tägige Frist. Sie werden sofort fällig, so dass es durchaus Sinn machen kann, mit dem Auftraggeber nicht die VOB zu vereinbaren.

Ungeduldige Auftragnehmer mahnen unter Missachtung der Fälligkeitsregelung des § 16 VOB/B oft viel zu früh, wodurch der Verzug des Auftraggebers nicht bewirkt werden kann. Ein Auftragnehmer sollte nur eine Kündigung aussprechen, wenn er wirklich sicher ist, dass sich der Auftraggeber auch tatsächlich in Verzug befindet.

Achtung Zurückbehaltungsrechte!

Hat der Auftragnehmer nach den vorstehenden Ausführungen alles richtig gemacht, muss mit seiner Mahnung dennoch kein Verzug eingetreten sein. Oft macht ihm die Bestimmung des § 641 Abs. 3 BGB einen Strich durch die Rechnung. Die Vorschrift lautet:

"Kann der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, so kann er nach der Fälligkeit die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern; angemessen ist in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten."

Diese Bestimmung im BGB gilt selbstverständlich auch für den VOB-Vertrag. Soweit aufgrund von Mängeln dem Auftraggeber ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, ist hinsichtlich der Auftragnehmerforderung keine Fälligkeit in Höhe des angemessenen Teils für die Mängelbeseitigung gegeben. In der Praxis wird die Höhe des Zurückbehaltungsrechts wegen Mängeln mit dem doppelten der Aufwendungen angenommen, die durch Beauftragung eines Drittunternehmers entstehen würden. Ist das Zurückbehaltungsrecht hoch genug, gibt es dann keine fällige Forderung folglich auch keinen Verzug und dementsprechend auch kein Kündigungsrecht wegen Verzuges.

Die Vorschrift des § 641 BGB gilt nur bei unwesentlichen Mängeln. Bei wesentlichen Mängeln besteht kein Anspruch auf Abschlagszahlung (§ 632a Abs. 1 S. 2 BGB). Damit fehlt es an der Fälligkeit der Werklohnforderung. Ohne Fälligkeit kann es auch keinen Verzug und damit auch keine Kündigung geben.

Unprüfbarkeit der Rechnung

Eine Abschlags- oder Schlussrechnung ist stets prüfbar aufzustellen (siehe § 14 Abs. 1 VOB/B). Ist die Rechnung für einen Auftraggeber nicht prüfbar, entsteht auch kein fälliger Anspruch auf Zahlung aus der Rechnung. Dementsprechend können dann auch nicht die für eine Kündigung erforderlichen Verzugsfolgen eintreten. Am häufigsten treten solche Fälle bei Pauschalverträgen auf. Eine Rechnung, die nur aus ein paar Zeilen besteht und zum Beispiel wie folgt lautet: "Gemäß von uns bereits erbrachter Leistungen erlauben wir uns . . . Euro (oder einen Prozentsatz des vereinbarten Werklohns) zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer zu berechnen", ist nicht prüfbar. Allerdings muss der Auftraggeber den Einwand der fehlenden Prüfbarkeit fristgerecht (zumeist 30 Tage) unter Angabe der Gründe erheben. Um dem Einwand der fehlenden Prüfbarkeit von vornherein zu begegnen, sollte gerade bei Pauschalpreisverträgen jeder Abschlagsrechnung eine prüfbare Aufstellung beigefügt werden, aus der sich eindeutig ergibt, dass die geltend gemachte Forderung auch berechtigt ist.

Vermeidung von Risiken durch Anwendung von § 648a BGB

Da für den Anspruch einer Bauhandwerkersicherheitsleistung nur die vereinbarte Höhe des Werklohns zuzüglich 10 Prozent für Nebenkosten zählt, ist das Verlangen einer solchen Sicherheit für den Auftragnehmer der einfachere und sicherere Weg. Wird die Sicherheit trotz Fristsetzung nicht gestellt, kann der Auftragnehmer den Vertrag nach § 648a Abs. 5 S. 1 BGB kündigen. Fehlende Prüfbarkeit einer Rechnung oder die Geltendmachung irgendwelcher Mängelrechte kann bei § 648a BGB nicht eingewandt werden. Wenn eine Kündigung auf Auftragnehmerseite beabsichtigt ist, sollte deshalb stets der wesentlich sicherere Weg wegen Nichtgewährung einer Zahlungssicherheit gewählt werden. Besonders empfiehlt es sich, die Kündigung auf "zwei Beine zu stellen", das heißt die Kündigung sowohl wegen Zahlungsverzuges als auch wegen nicht fristgerecht geleisteter Sicherheit zu erklären.

Kündigung wegen Annahmeverzuges des Auftraggebers

Weitaus schwieriger und für den Auftragnehmer gewagter ist die Kündigung des Vertrages wegen Annahmeverzuges des Auftraggebers zum Beispiel wegen Unterlassens einer Mitwirkungshandlung. Gründe können fehlende vom Auftraggeber zu stellende Pläne oder auch eine fehlende Baugenehmigung für Teilleistungen sein. Voraussetzung für einen derartigen Annahmeverzug des Auftraggebers ist stets die eigene Leistungsfähigkeit des Auftragnehmers, das heißt er muss in der Lage sein, die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen und ist nur durch den Auftraggeber hieran gehindert. Auch hier bedarf es auf alle Fälle einer Fristsetzung durch den Auftragnehmer. Erst nach Ablauf der Frist kann der Auftraggeber in Verzug geraten. Bei einem VOB-Vertrag ist nach der Rechtsprechung des BGH zusätzlich eine schriftliche Behinderungsanzeige notwendig, um den Auftraggeber in Annahmeverzug zu setzen. Erst wenn alle Voraussetzungen für einen Annahmeverzug gegeben sind, kann der Auftragnehmer die Kündigung aussprechen. Der Auftragnehmer sollte darauf achten, dass ihm ein Kündigungsgrund wegen unterlassener Mitwirkungshandlung nur zusteht, wenn er insgesamt außer Stande gesetzt wird, seine Vertragsleistung zu erbringen. Betrifft die unterlassene Mitwirkungshandlung nur einen Teil seiner Leistung, so muss der Auftragnehmer so weit wie möglich und zumutbar in den anderen Bereichen weiterarbeiten. Dies folgt aus § 6 Abs. 3 VOB/B.

Unterbrechung länger als drei Monate

Dauert am Bau eine Unterbrechung länger als drei Monate, so kann jeder Vertragspartner nach Ablauf dieser Zeit den Vertrag schriftlich kündigen. Diese Kündigungsmöglichkeit birgt für den Auftragnehmer wenig Gefahren. Auch hier kann der Auftraggeber normalerweise keine Gegenansprüche oder Einwendungen geltend machen. Es spielt auch keine Rolle, ob der Auftraggeber die Unterbrechung zu vertreten hat oder nicht. Umstritten ist nur der Fall, ob man als Auftragnehmer schon vor Ablauf der Drei-Monats-Frist kündigen kann, wenn mit Sicherheit abzusehen ist, dass die Arbeiten in den kommenden drei Monaten nicht weitergeführt werden können. Abweichend von der in der Literatur vertretenen Auffassung bin ich der Meinung, dass der Auftragnehmer stets die drei Monate abwarten und erst danach kündigen sollte. Unterlässt er nach Ablauf der drei Monate die Kündigung und wird ihm sodann nach dreieinhalb Monaten mitgeteilt, dass er sofort weiterarbeiten kann, hat der Auftragnehmer sein Kündigungsrecht "verspielt", das heißt er muss weiterarbeiten obwohl er zuvor nach § 6 Abs. 7 VOB/B hätte kündigen können.

Beachtung der Schriftform

Sowohl eine Kündigung des Vertrages nach § 9 VOB/B als auch nach § 6 Abs. 7 VOB/B hat schriftlich zu erfolgen. Der Verfasser empfiehlt die Kündigung vorab per Telefax und anschließend per Einwurf/Einschreiben oder per Einschreiben/Rückschein zu erklären, nicht jedoch per E-Mail. Die Rechtsprechung zur E-Mail ist immer noch nicht einheitlich, so dass man das Risiko einer Kündigung per E-Mail auf keinen Fall eingehen sollte. Der Gesetzgeber hat in letzter Zeit, wenn er eine Übermittlung von Willenserklärungen mittels E-Mail zulassen wollte, nicht mehr die Wortwahl "schriftlich" sondern "textlich" verwandt. Um sicher zu gehen, sei bei einem derart einschneidenden Schritt wie der Kündigung eines Vertrages tatsächlich die Schriftform einzuhalten.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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