Wanzen werden zur Stechplage

In diesem Sommer ist es in Deutschland erstmalig zu massenhaften Wanzenattacken auf Menschen gekommen. Das erstaunt umso mehr, da es sich bei dem Aggressor um die Weichwanzenart Psallus varians handelt, die sich normalerweise von Baumpollen und Blattläusen ernährt. Die an Buchen und Eichen beheimateten Wanzen haben vor allem Waldspaziergängern zugesetzt. Dutzende Meldungen über ein schwarmhaftes Auftreten der Insekten kamen bisher aus Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Verblüfft über dieses neuartige Phänomen zeigt sich der Zoologe Dr. Wolfgang Dorow vom Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt. Der Wanzenexperte hat zwar keine Erklärung für die Verhaltensauffälligkeit der Psallus varians. Aber er kann den Gestochenen Entwarnung geben: Die Wanze sei nicht als Überträgerin von Krankheiten bekannt. Jedoch hätten manche Betroffene darüber geklagt, dass die Stichwunden schmerzhafter als Mückenstiche seien und sich entzünden würden. Dorow bestätigt zwar, dass die Wanzenstiche durchaus schmerzhaft seien, aber die Entzündungen müssten in diesen Einzelfällen auf allergische Reaktionen zurückgeführt werden.

Die flächendeckende Wanzenaggression, die zuerst in Fulda dokumentiert wurde, soll nun auch international untersucht werden. Dorow möchte Forscher in anderen europäischen Ländern konsultieren und mit ihnen ergründen, woher das artfremde Verhalten der Psallus varians stammt. Einen Anfangsverdacht hat der Wissenschaftler bereits: Die Wetterkapriolen im Frühjahr könnten durchaus eine Rolle gespielt haben, da Insekten bei fortwährender Gewitterlage aggressiver werden. Ein anderes Szenario wäre, dass die Wanzen "eventuell einfach nur Flüssigkeit wollen", so Dorow. Was auch immer der Grund für die Stechplage sein mag: Der Lebenszyklus der Wanzen endet im Juli, sodass den Forschern ein ganzes Jahr bleibt, um Antworten zu finden. hb