Der Kommentar

Antikorruptionsregeln machen Bauen schwieriger

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Um nicht falsch verstanden zu werden: Korruption ist abscheulich. Die Frage ist nur, was ist schon Korruption und was ist noch nett gemeinte Höflichkeit? Darf es zur Tasse Kaffee noch ein Stück Kuchen sein, gibt es nach dem Abnahmetermin um 11:00 Uhr ein Essen, wenn ja in welchem Restaurant, mit wie viel Gängen? Darf es ein Kalender sein, ein Flasche Wein, eine Kiste oder gleich die Weinreise ins Bordeaux? Die Bauämter haben ihre Regelungen gefunden, meistens werden Sie eng ausgelegt. Da die meisten Mitarbeiter in Sorge um ihre Karriere sind, werden die Regeln auch eng gelebt. Unverständlich bleibt, warum der Minister zum Oktoberfest eingeladen wird und seine Mitarbeiter keine Tasse Kaffee mehr annehmen dürfen.

Im Grunde sind die strengen Regeln gut. Laut Transparency International ist die Bundesrepublik Deutschland auf Platz 13 von 174 des Corruption Perceptions Index 2012. Schlechter als Dänemark, Finnland, Neuseeland, Schweden, Singapur, Schweiz, Australien, Norwegen, Kanada, Island und Luxemburg, immerhin besser als Hongkong, Barbados, Belgien, Japan, Großbritannien, USA, Chile uva. Der Corruption Perceptions Index (CPI) von Transparency International listet Länder nach dem Grad auf, in dem dort Korruption bei Amtsträgern und Politikern wahrgenommen wird.

Nach dem die in den Bauämtern latent vorhandene Korruption sicher erfolgreich bekämpft worden ist und weiter bekämpft wird, geht etwas verloren, nämlich eine "Kultur des Bauens". Anders als in anderen Branchen ist am Bau der Auftraggeber immer ein Teil des Produktionsprozesses und - das ist sicher der ausschlaggebende Unterschied - er darf in diesen Prozess eingreifen. Das erfordert eine besonders partnerschaftliche Art der Zusammenarbeit. Auch wenn die Bauindustrie ein sogenanntes "Partnering-Vertrags-Modell" als Lösung präsentiert, Partnerschaft lässt sich nicht vertraglich vereinbaren. Partnerschaft muss durch persönliche Beziehung entstehen. Persönliche Beziehungen können aber nur entstehen, wenn sich die Menschen über Persönliches austauschen können, wenn sie höflich und fair miteinander umgehen. Wenn zur Besprechung der strittigen Punkte der Schlussrechnung im Bauamt nicht mal ein Getränk angeboten wird, kann das keine Partnerschaft fördern.

Ein öffentlicher Auftraggeber hat einmal mit einem Generalunternehmer drei Baustellenfeste vertraglich vereinbart. Verschwendung von Steuergeldern, hat anschließend der Rechnungshof geurteilt. Heute haben wir eine nicht endende Diskussion, was alles schief läuft bei der Elbphilharmonie, Stuttgart 21 und BER - vermutlich mussten die Vertragspartner wieder am Kaffee und an den Baustellenfesten sparen. Warum haben die Bauämter keinen Etat für die Bewirtung von Unternehmern? Partnerschaft ist auch, dass jeder mal die Rechnung bezahlt. Das befreit den Beamten aus der Rolle des Bittstellers, was den Kaffee angeht, und es hilft dem partnerschaftlichen Bauen. Wir können die Steuergelder natürlich auch für die Anwälte ausgeben. Ob das Kosten spart, weiß ich nicht, Spaß macht es auf jeden fall nicht.

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Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

Hochschule Osnabrück University of Applied Sciences

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