GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Ausgeführte Leistungen - aber keiner will sie bezahlen

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Architektenrecht Baustellen
Ausgeführte Aufgaben, die der Bauherr am Ende nicht bezahlen will, das kommt auf Baustellen öfter vor. Rechtlicher Ärger ist vorprogrammiert. Foto: Wiltrud, Lütge, Neue Landschaft

Recht häufig müssen wir uns als Rechtsanwälte mit dem Problem herumschlagen, dass an Baustellen Arbeiten ausgeführt wurden, die der Bauherr nicht bezahlen will. Um jeglichen Streit zu vermeiden, sei jedem Vertragspartner dringend angeraten, den Auftragsumfang und die dafür vorgesehene Vergütung präzise schriftlich festzuhalten. Das sollte allerdings nicht durch irgendwelche internen Vermerke geschehen, sondern ausschließlich in Papieren, die beide Vertragsparteien entsprechend akzeptieren und gegebenenfalls auch unterzeichnen.

Damit es nicht zu Missverständnissen kommt, sollten die in den Vermerken festgehaltenen zusätzlichen Arbeiten bereits rechtzeitig vor Ausführung schriftlich festgehalten werden. Selbst bei vorsichtigen Parteien kommt es immer wieder vor, dass ein Auftraggeber meint, etwas nicht oder nicht so bestellt zu haben, was er deshalb auch nicht oder nicht voll bezahlen will.

Weisungen des Architekten

Oft beruft sich der Auftragnehmer als Grund für seine zusätzliche Vergütungsforderung auf die Weisung des Architekten auf der Baustelle. Aus gutem Grund wollen Auftraggeber nicht, dass Architekten in ihr Portemonnaie regieren und sie zum Schluss Rechnungsforderungen ausgesetzt sind, die weit höher sind, als sich der Auftraggeber erträumt hat. Zumeist hat ein Auftraggeber für sein Bauvorhaben nur ein gewisses Budget zur Verfügung, so dass sich der Auftraggeber verständlicher Weise vor zusätzlichen Vergütungsforderungen schützen will. Auf der anderen Seite muss man den Auftragnehmer verstehen, der für zusätzliche Leistungen auch zusätzliches Geld haben will. In letzter Zeit liest man in Bauverträgen, die von Auftraggeberseite konzipiert sind, den Satz:

"Der Architekt ist nicht berechtigt Weisungen zu erteilen, die zu einer zusätzlichen Vergütungsforderung führen."

Der betrügerisch in Insolvenz geratene Baulöwe Dr. Jürgen Schneider hat in den von ihm verwandten Vertragstexten die Berechtigung des Architekten zur Vergabe von Zusatzaufträgen generell ausgeschlossen und die Beauftragung sich ausdrücklich persönlich vorbehalten. Um ganz sicher zu gehen, ergänzte er seinen Vertragstext mit dem Zusatz, dass der Architekt auch keine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht zur kostenpflichtigen Beauftragung besitzt. Wenn auch eine ganze Reihe Klauseln in den Vertragstexten von Schneider einer gerichtlichen Überprüfung nicht Stand gehalten hat, so hat ihn die Klausel, dass der Architekt keine vergütungspflichtigen Aufträge zu seinen Lasten erteilen darf, vor einer Reihe zusätzlicher Vergütungsforderungen geschützt. Die Gerichte wiesen Auftragnehmer oft darauf hin, dass man nach dem Vertragstext genau wissen müsse, dass nur Schneider selbst vergütungspflichtige Zusatzaufträge erteilen konnte und sonst niemand. Unternehmern sei deshalb dringend geraten, sich die Vertragstexte auf derartige Bestimmungen genau anzusehen und sich bei der Geltendmachung von Mehrforderungen an die vertragliche Regelung zu halten

Befugnisse des Architekten

  • Die Vergabe von Zusatz- oder Änderungsaufträgen.
  • Rechnungen des Auftragnehmers anzuerkennen oder hierüber Vergleiche zu schließen.
  • Der Architekt darf auch keine Aufträge an Sonderfachleute oder weitere Bauhandwerker vergeben.
  • Er darf keine Stundenlohnzettel anerkennen.
  • Er darf keine Vorbehaltserklärung für eine verwirkte Vertragsstrafe erklären, es sei denn er war ausdrücklich zur Durchführung einer Abnahme bevollmächtigt.
  • Er darf nicht auf Gewährleistungsansprüche des Bauherrn verzichten.
  • Er darf auch nicht auf vertraglich vereinbarte Fertigstellungstermine oder sonstige vertraglichen Bestimmungen verzichten.

Aber auch in den Fällen, in denen der Auftraggeber sich nicht durch derartige Vertragsklauseln geschützt hat, ist der Architekt durchaus nicht berechtigt, den Bauherrn so ohne weiteres zu Nachträgen zu verpflichten. Wenn ein Auftragnehmer erkennt, dass eine zusätzliche vergütungspflichtige Leistung für das Bauvorhaben anfällt, sollte er sich zeitnah darum kümmern, dass der Auftraggeber (insbesondere vor Ausführung der Leistung) Kenntnis davon erlangt. Von den am Bau tätigen Firmen wird viel zu wenig auf die Befugnisse des Architekten geachtet. Zumeist will man es sich mit dem Mann, der schließlich auch die Rechnungen prüft, sich nicht ohne Not verscherzen. Tatsächlich ist die originäre Architektenvollmacht nach der Rechtsprechung sehr eingeschränkt. Mit ihren Weisungen überschreiten Architekten oft die vom Gesetz und der Rechtsprechung eingeräumten Grenzen, so dass es mit dem Auftraggeber sehr leicht zum Streit kommt, ob tatsächlich alle Positionen der Schlussrechnung zu vergüten sind.

Die originäre Vollmacht des Architekten umfasst insbesondere nicht:

Die vorstehende Aufzählung, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, zeigt, wie wenig der Architekt vom Auftraggeber bevollmächtigt ist, es sei denn, der Auftraggeber hat ihn im Einzelfall zu gewissen Erklärungen ermächtigt.

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Der Auftragsumfang und die dafür vorgesehene Vergütung sollte stets schriftlich und präzise festzuhalten werden. Foto: Freedomz, Adobe Stock

Prüfvermerk des Architekten

Besonders häufig kommt es zum Streit über die Bedeutung des Prüfvermerks des Architekten auf der Schlussrechnung. Dort befindet sich häufig der Satz:

"Sachlich und rechnerisch richtig; festgestellt auf . . . Euro." Diesem Satz kommt kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zu (vgl. BGH Baurecht 2006, Seite 2040). Dies gilt selbst dann, wenn der Auftragnehmer die Schlussrechnung mit dem Prüfvermerk vom Architekten zugesandt erhält. Trotz des Prüfvermerks des Architekten können laut BGH (Baurecht 2003, Seite 1892) nach wie vor die Massen der Schlussrechnung in einem Rechtsstreit bestritten werden. In letzter Zeit musste ich mehrfach feststellen, dass Auftraggeber ihren Architekten untersagen, ohne deren Zustimmung Exemplare der geprüften Schlussrechnung dem Auftragnehmer zugänglich zu machen. Ein solches Verlangen des Auftraggebers ist durchaus statthaft. Auftragnehmer vergessen immer wieder, dass sie keinen Rechtsanspruch auf ein Exemplar der vom Architekten geprüften Schlussrechnung haben. Ich habe in der Vergangenheit sogar schon mehrfach erlebt, dass Auftragnehmer Klage angedroht haben, wenn sie kein Exemplar der geprüften Schlussrechnung erhalten würden. Auf meine Frage, woraus sie als Auftragnehmer das Recht auf den Erhalt einer geprüften Schlussrechnung herleiten, erhielt ich zumeist keine Antwort, weil man nicht wusste, wo so etwas geregelt ist. In der Tat gibt es keinen Rechtsanspruch des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber auf Aushändigung eines geprüften Exemplars der Schlussrechnung.

Was darf der Architekt

Ganz rechtslos ist der Architekt allerdings mit seiner originären Vollmacht nicht. Er darf durchaus kleine notwendige Zusatzaufträge vergeben, insbesondere dann, wenn kurzfristig eine Entscheidung getroffen werden muss. Er darf Stundenlohnzettel entgegennehmen, aber nicht anerkennen. Gleiches gilt für die Entgegennahme von Bedenkenanmeldungen, es sei denn, es handelt sich um Fehler, die dem Architekten anzulasten sind oder der Architekt verschließt sich den Bedenken des Unternehmers. Ebenso darf er Behinderungsanzeigen entgegennehmen und auch Weisungen auf der Baustelle erteilen, die nicht zu größeren Mehrkosten oder Umplanungen führen. Er ist auch berechtigt, ein gemeinsames Aufmaß durchzuführen.

Wie oben dargestellt, ist der Architekt eigentlich nicht berechtigt, die rechtsgeschäftliche Abnahme der Werkleistung des Unternehmers vorzunehmen. Fordert der Unternehmer allerdings den Auftraggeber zu einem förmlichen Abnahmetermin auf und entsendet der Auftraggeber zu diesem Termin den Architekten, so gilt dieser als bevollmächtigt, die Abnahme zu erklären beziehungsweise für den Auftraggeber in das Abnahmeprotokoll entsprechende Erklärungen aufzunehmen, wie zum Beispielen den Vorbehalt der Vertragsstrafe.

Haftung des Architekten für seine Weisungen

Wie die vorstehenden Ausführungen gezeigt haben, besteht für den Unternehmer in vielen Fällen das Risiko, ob die Weisungen des Architekten tatsächlich den Auftraggeber verpflichtet haben. Stellt sich heraus, dass zusätzliche Weisungen des Architekten Kosten ausgelöst haben, die von seiner Architektenvollmacht nicht gedeckt waren, und der Auftraggeber sich weigert, die zusätzlichen Leistungen zu vergüten, so ist der Unternehmer nicht chancenlos. Sind die Weisungen des Architekten unstreitig oder lassen sie sich beweisen, gibt es durchaus die Möglichkeit, den Architekten hierfür haften zu lassen. Die entsprechende Vorschrift für die Haftung eines Vertreters ohne vorhandene Vertretungsmacht findet sich in den §§ 177, 179 BGB. Verweigert der Vertretene die nachträgliche Genehmigung, so macht sich der vollmachtlose Vertreter schadenersatzpflichtig, d. h. ein Architekt, der über seine Vertretungsmacht hinaus handelt und Kosten verursacht, kann zur Schadenersatzpflicht herangezogen werden. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn dem Auftragnehmer bekannt ist, dass der Vertretene keine Vertretungsmacht besitzt. Bei den Verträgen des Baulöwen Schneider zum Beispiel war aufgrund des Vertragstextes von Anfang an allen Beteiligten klar, dass der Architekt über keine Vertretungsmacht verfügt. In einem solchen Fall könnte der Architekt auch nach den Vorschriften des BGB nicht zur Haftung herangezogen werden.

Bestehen auch nur die geringsten Zweifel an dem Umfang der Vertretungsmacht des Architekten, sollte der betroffene Unternehmer sich vor Ausführung der Leistungen Klarheit verschaffen, ob die durch die Weisung des Architekten ausgelösten Kosten tatsächlich auch vom Auftraggeber übernommen werden.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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