Ausgegraben

EIGENTLICH HATTE ICH immer geglaubt, dass der epische Kampf von Gut gegen Böse bloß in Fantasy-Romanen stattfinden würde. Doch nun zeigt sich: In der Natur spielt er sich mitunter ebenso packend ab wie etwa im „Herrn der Ringe“. In der Hauptrolle: Die Wasserhyazinthe. Während wir sie hierzulande als Zierpflanze für den Gartenteich kennen, terrorisiert ihr böser Zwilling am afrikanischen Victoria-See Mensch und Tier gleichermaßen.

Sicher, nett anzuschauen sind die Hyazinthen mit ihren blassvioletten Blüten und dunkelgrünen Blättern auch an den Ufern des riesigen Südwassersees. Damit haben sie den so bösen wie hässlichen Orks im „Herrn der Ringe“ etwas voraus. Hinsichtlich ihrer Zerstörungswut nehmen sie sich aber nichts. Während die Orks marodierend durch Mittelerde ziehen, klumpen die Hyazinthen zu riesigen Pflanzeninseln zusammen, die Flüsse, Seen und Kanäle verstopfen. Und nicht nur das: Sie entziehen den Gewässern Sauerstoff, wodurch viele Wasserbewohner elendig verenden.

Weshalb erscheinen uns die Hyazinthen hierzulande nun aber gar nicht „böse“, sondern – um bei Tolkiens Fantasy-Klassiker zu bleiben – eher wie die feinsinnigen Elben? Die Wahrheit ist: Auch in unseren Gefilden würden die Teichblumen wuchern, wenn man sie ließe. Tut man aber nicht. Das ist auch den Gärtnern zu verdanken. Denn sie hegen die Teichblumen fachgerecht in den Privatgärten der Republik ein. Das ist ihr Part in diesem Real-Life-Epos – ganz ohne Schwert und strahlende Rüstung.

Hendrik Behnisch