Klartext

Bäume und Viren – was lehrt uns Corona?

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Es ist eine Binsenweisheit, Bäume haben fast nur gute Seiten, wenn sie im Lebensbereich des Menschen fachgerecht verwendet werden und gesund bleiben. In diesen Corona-Tagen liebt sie jeder, sei es im eigenen Garten oder in öffentlichen Bereichen. Sie geben den Menschen die Geborgenheit, die viele gerade jetzt brauchen. Also eine Einladung für die grüne Branche! Aber wie ist das eigentlich mit Viren bei Bäumen? Sind sie Zwischenwirte für Viren, die wie von Wildtieren auf Menschen übergehen können? Also wie die Nerze, die in Dänemark alles vernichten? Sind wir zu sorglos? Kaum vorstellbar in Zeiten der Klimakrise!

Es ist vielfach in Praxis und Wissenschaft belegt, dass Viren auch bei Pflanzen große wirtschaftliche Schäden hervorrufen können, unter anderem Fehlentwicklungen, Schadsymptome, Absterben der Pflanzen, Ertragsverluste. Während hochwertige Qualitätsprodukte im Gemüse-, Obst- und Zierpflanzenbau ("zertifizierte Virusfreiheit") damit ein Problem haben, ist bei Gehölzen nur wenig bekannt. Es gilt noch immer, lieber nicht genau hingucken und weder Qualität definieren noch einfordern. Wohl auch deswegen gibt es kaum Studien zur Virus-Verseuchung von Gehölzen in der Stadt.

Aktuelle Studien lassen jedoch mehr als aufhorchen. Bei nennenswerten Schädlings-/Virusproblemen ist es ja von den betroffenen Akteuren leichter gleich nach einem Entschädigungsfonds zu rufen.

Aber lehrt nicht gerade Corona, dass die Eigenverantwortung in Gehölzproduktion, Grünplanung, Projektleitung, GaLaBau und Baumpflege gefordert sind? Das Einhalten der AHA-Regeln heißt doch unter diesem Aspekt, die Übertragung von Viren (u. a. durch Insekten) in allen Baum-Lebensphasen zu verhindern, Desinfektion von Geräten und Materialien in Betriebsabläufen zu standardisieren, infizierte Pflanzenbestände in Quarantäne zu nehmen, Gegenmittel (d. h. Pflanzenschutzmittel) zu entwickeln, zuzulassen und auch anzuwenden!

Seien wir ehrlich, wie fremd sind Grünplanern, Pflanzenverwendern und Auftraggebern diese Grundforderungen der Phytomedizin! Gebeutelt sind eher die Pflanzenproduzenten und die Lieferanten virusbelasteter Materialien, zum Beispiel von Pflanzsubstraten. Der Markt fordert aber dazu nichts ein. Dabei wäre es eine große Chance für Betriebe mit gesicherten Qualitätsnachweisen (Virusfreiheit) zu punkten. Merkwürdig, im Obstbau ist das längst gesetzlich verankert - und es funktioniert. Welche Potentiale für die funktionale Pflanzenverwendung.

Vielleicht benötigt es wie bei Corona einer breiten Forschungsinitiative, um eine zukunftsfähige Lösung zu finden. Oder müssen erst staatliche Regularien wie aktuell zur Bewältigung der Pandemie kommen? 2020 ist übrigens international das Jahr der Pflanzengesundheit! Zufall?

Ihr Prof. Dr. Hartmut Balder

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Prof. Dr. habil. Hartmut Balder
Autor

Professor für Phytopathologie und Pflanzenschutz im urbanen Bereich

Beuth Hochschule für Technik Berlin

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