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Bäume und Wahlprogramme

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Es ist wieder soweit: es ist Wahljahr und die Parteien präsentieren ihre individuellen Programme. Alle reden von Bevölkerungswachstum, Klimaentwicklung, Globalisierung, Umweltbelastungen, neuen Schädlingen, Biodiversität. Von daher ist es chic, werbewirksam einen Baum zu pflanzen. Aber wo sind die Inhalte? Im "Jahr des Weißbuchs Stadtgrün" wäre zu erwarten, dass die Parteien den Ball aufnehmen und sich mit klaren Aussagen zur Weiterentwicklung des Stadtgrüns positionieren würden. Doch weit gefehlt! Bei der Präsentation des Weißbuchs in Essen waren sich noch alle einig: Man muss für das Stadtgrün etwas tun! Doch wie geht es weiter? Etwas mehr finanzielle Unterstützung für die Kommunen gibt es bereits durch den Bund. Aus wissenschaftlicher Sicht geht es aber nicht primär um mehr Geld, sondern um eine inhaltliche Qualifizierung der Thematik auf breiter Front. Fragen der Ausbildung für die aktuellen Herausforderungen, effiziente Gestaltungskonzepte in moderner Architektur, verbesserte Pflanzensortimente, ökonomisch tragbare Pflegekonzepte oder funktionale Vegetationstechniken sind nur einige Themenfelder, die auf Fachtagungen diskutiert, aber in der Praxis nur kaum gefördert werden.

Wünschenswert wäre, dass es zu einem Schulterschluss zwischen Politik, Kommunen, Dienstleistern und Wissenschaft kommt. Dadurch könnte eine wahre Wertschöpfungskette von der Pflanzenproduktion bis hin zur Altbaumpflege gelebt werden. Das setzt wie in der Forstwirtschaft ein Denken und Handeln über Generationen voraus. Es kann weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll sein, mit großem finanziellen Aufwand die Verkehrssicherheit von Bäumen am Ende des Lebenszyklus Baum zu sichern, anstatt wie in der Pflanzenproduktion die Wachstumsbedingungen für Pflanzen von Beginn an zu optimieren und nachhaltig über die erwartete Standzeit zu sichern. Die Ausstattung und Ästhetik von urbanen Lebensräumen muss mehrjährig in den Fokus gerückt werden.

Es wäre von der Politik mutig, diese - zugegebenermaßen große - Herausforderung visionär anzupacken und die Stadtentwicklung analog zur Forstwirtschaft oder Landwirtschaft ganzheitlich zu verstehen. Der technische Bereich der Stadt darf nicht weiter von den biologischen Disziplinen separat gedacht werden. Grüne Infrastruktur bedeutet eben auch, die andere Seite ernsthaft zu akzeptieren und in das eigene Handeln zu integrieren. Vielleicht bessert ja noch eine Partei ihr Wahlprogramm auf und schlägt ein neues Ministerium mit dieser Zielsetzung vor.

Ihr Prof. Dr. Hartmut Balder

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Prof. Dr. habil. Hartmut Balder
Autor

Professor für Phytopathologie und Pflanzenschutz im urbanen Bereich

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