Besonderheiten des Wachstums der Rasengräser im Frühjahr

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1. Wachstumskurve der Kaltzonengräser in Mitteleuropa (nach Turgeon) Zeichnung: Ursula Knödler

Der Frühling ist da. Sind Sie darauf vorbereitet? Wichtig ist ein ausreichender Düngervorrat. So können Nährstoffe genau dann ausgebracht werden, wenn Sie gebraucht werden und Wirkung zeigen. Das gilt besonders für die Frühjahrsdüngung, wie hier erläutert werden soll.

Im Frühjahr werden die Voraussetzungen für einen funktionstüchtigen, dichten und attraktiven Rasen - für das ganze Jahr - geschaffen, die Visitenkarte jeden Gartens und auch Sportvereines.

Im zeitigen Frühjahr, je nach Region und Jahr von Ende Februar bis Mitte April, steht in der Regel noch ausreichend Winterfeuchte beziehungsweise Niederschlag zur Verfügung, so dass die Düngerkörner, man spricht von "Granalien", gut gelöst und die Nährstoffe schnell über die Wurzel aufgenommen werden können. Gräserwurzeln sind zu diesem Zeitpunkt bereits in aktivem Wachstum und nehmen Nährstoffe sofort auf. Während die Grasblätter noch kein Wachstum zeigen, streben die Wurzeln auf den Wachstumshöhepunkt zu.

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2. Das Chlorophyll-Molekül. Grafik: Yikrazuul, Wikimedia, Public Domain

Wurzeln haben ein geringeres Temperaturoptimum als Blätter oder Triebe. Stickstoffdüngung, insbesondere mit den direkt pflanzenverfügbaren, sofort aufnehmbaren Stickstoffformen Ammonium (NH4) und Nitrat (NO3) hat daher zu diesem Zeitpunkt kaum Blattwachstum zur Folge, da es dafür noch zu kalt ist. Aber schon nach wenigen Tagen wird die farbliche Veränderung der Blätter sichtbar. Das winterliche Gelbgrün weicht einem frischen, kräftigen Grün.

Diese Farbänderung wird durch den Stickstoff (N) verursacht und zeigt eine deutliche Erhöhung des Chlorophyllgehaltes im Grasblatt an, siehe Abbildung 3. Chlorophyll ist ein Molekül, ähnlich unserem roten Blutfarbstoff Hämoglobin, mit einem Magnesium-Zentralatom, siehe Abbildung 2.

Während des Spätherbstes und des Winters geht die Lichtintensität zurück. In der Folge baut die Graspflanze Chlorophyll ab, denn sie benötigt den Stickstoff zum Beispiel zur Einlagerung als Frostschutz in die Zellvakuolen um die Zellen vor dem Erfrieren zu schützen. Im Frühjahr mit steigendem Sonnenstand wird Zucker, das Produkt der Photosynthese, für die Pflanze wieder wichtiger und damit bekommt das Chlorophyll wieder Bedeutung. Zunächst wird der Zucker aus Vakuolen und den Reserven in den Blattscheiden aktiviert. Den Durchbruch im Frühjahr bringt jedoch die erste Stickstoffgabe mit verfügbaren Stickstoffformen. Andernfalls müssten die Gräser warten bis der Boden sich auf rund 12 °C erwärmt hat und Mikroorganismen und Bodenenzyme ihre Umsetzungsfunktionen im Boden beginnen und damit pflanzenverfügbaren Stickstoff liefern.

Frische, aktive Wurzeln nehmen Ammonium und Nitrat sofort auf und die Gräser synthetisieren in großen Mengen Chlorophyll. Damit steigt die Photosyntheseleistung erheblich an und somit steht für Wachstumsprozesse mehr Zucker zur Verfügung. Zunächst werden weitere Wurzeln gebildet, Grundlage für einen stressresistenten, vitalen Rasen. Mit steigenden Temperaturen folgen neue und leistungsstarke Blätter mit großer Photosynthesefläche. Das führt zu einem schnell steigenden Zuckerangebot in den Pflanzen und resultiert schließlich in der Bildung neuer Triebe. Krankheitsstellen verwachsen sich, Lücken und Winterschäden werden geschlossen und Unkräuter oder Moose durch die dichter werdende Grasnarbe verdrängt.

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3. Stickstoff fördert das Blattgrün. Foto: Martin Bocksch

Diese Entwicklung kann im zeitigen Frühjahr dadurch unterstützt werden indem alles, was im Laufe des Winters auf der Rasenfläche liegen geblieben ist, entfernt wird. Letzte Blätter des Herbstes, Äste und Zweige, Zapfen und Nadeln. Nichts soll den Lichteinfall auf die Rasengräser behindern. Nur so können die Gräser das Maximum aus der Sonneneinstrahlung "herausholen".

Im Garten erfolgt das mit einem kräftigen Eisenrechen (kein Fächerrechen). Auf dem Sportplatz kommt der Striegel zum Einsatz. Dass dabei manch gelbe Graspflanze herausgerissen wird braucht nicht zu bekümmern - im Gegenteil: es ist gewollt. Gesunde Pflanzen sind zu diesem Zeitpunkt fest verwurzelt, diese sind jedoch krank und stark geschädigt. Verbleiben sie, bilden sie die Infektionsherde für den nächsten Herbst und Winter. Und auch Moos, das sich im Laufe des milden Winters gut hat entwickeln können, wird dabei wirkungsvoll mechanisch vermindert. Das reduziert dessen Konkurrenzwirkung auf die Gräser, die sich die Flächen so leichter zurückerobern können.

Anschließend werden die Flächen gemäht, das Schnittgut gesammelt und entfernt. So werden kranke Blätter nicht zurück in die Narbe geführt. Nun wäre der beste Zeitpunkt für die oben angesprochene Stickstoffdüngerausbringung. Damit ist die belebende Frühjahrskur abgeschlossen.

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4. Vertikutiermesser. Foto: Martin Bocksch

Auf jeden Fall zu vermeiden ist eine andere Maßnahme, die vielfach bereits im zeitigen Frühjahr mit den ersten Sonnenstrahlen praktiziert wird: das Vertikutieren. Dabei schneiden vertikal arbeitende Messer durch die Grasnarbe. Die Schäden, die sie damit sowohl den einzelnen Pflanzen als auch der Grasnarbe insgesamt, zufügen, sind zu stark für diesen frühen Zeitpunkt im Jahr. Aufgrund der geringen Temperaturen ist noch kein Wachstum vorhanden, das diese Schäden verwachsen lassen würde. Möglicherweise dauert es noch Wochen bis die Narbe wieder dicht ist. Bis dahin können sich unerwünschte Gräser oder Kräuter, die nicht so hohe Temperaturansprüche für die Keimung stellen, längst in der Narbe etablieren.

Auch die entstandenen Wunden an den Gräsern verheilen im Mai viel besser und schneller. Krankheiten können die Pflanzen so nicht mehr schädigen. Im Mai ist auch das Wachstum der Gräser insgesamt am stärksten und Lücken in der Grasnarbe werden schon nach kurzer Zeit geschlossen. Unterstützt werden kann diese "Selbstheilung" der Rasengräser zusätzlich durch Zweierlei: Erstens eine gezielte Düngung der Rasenfläche zehn bis 14 Tage vor der geplanten Vertikutiermaßnahme. Das unterstützt das Wachstum und damit die Regeneration. Der Zeitpunkt eignet sich insgesamt gut für die zweite Düngergabe des Jahres. Verabreicht werden auf den wichtigen Stickstoff bezogen 5 g Stickstoff/m².

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5. Die Vertikutiermesser dürfen nicht in den Boden hineinarbeiten, sondern sollten ihn maximal anritzen. Foto: Martin Bocksch

Zweitens durch die Nachsaat der frisch vertikutierten Fläche. So können junge Gräser die Lücken füllen bevor dies unerwünschte Pflanzen tun. Zudem verbessert es die Narbenqualität, da das Saatgut neuer Sorten über bessere Eigenschaften in Bezug auf Stresstoleranz, Gesundheit sowie Regenerationskraft verfügt als die vorhandenen älteren Graspflanzen.

Ganz wichtig ist jedoch noch dieser Hinweis: nie in den Boden hinein vertikutieren! Die Messer sollten den Boden gerade berühren, nicht mehr. Sonst gelangen Sauerstoff und kurze Lichtreize in die oberen Bodenschichten hinein. Hier lagern viele Samen, denen genau diese beiden Schlüsselreize zum Keimen gefehlt haben. Nun keimen diese und tragen zu einer Verschlechterung der Qualitätsmerkmale und Leistungsfähigkeit der Grasnarbe bei.

Vitale, stressresistente, geschlossene Rasennarben im zeitigen Frühjahr sind der Schlüssel für ein gutes Rasenjahr. So in Form gebracht kann es losgehen: auf dichten, gesunden, schönen Rasenflächen.
Prof. Martin Bocksch
Autor

Diplom Agrarbiologe

Hochschule Geisenheim University

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