Zurück aufs Land

Binnenwanderung: Deutsche wollen wieder im Speckgürtel wohnen

Die Städte sind zu voll und zu teuer, die neue Devise heißt "Zurück aufs Land" - so ist es immer öfter zu hören und zu lesen. Tatsächlich verändern sich die Wohnvorlieben der Bundesbürger zwar, wie eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt. Die Provinz hat aber kaum etwas davon.

Neulich schrieb der "Tagesspiegel", das Hipsterdorf Gerswalde in der Uckermark habe regen Zulauf von Berliner Künstlern. Auch Städte wie Brandenburg an der Havel und Neuruppin erfreuten sich eines höheren Zuzugs aus Berlin, als es Einwohnerverluste zu beklagen gebe. Von München und Stuttgart ist ohnehin schon länger bekannt, dass das Umland den Städten auf der Beliebtheitsskala in nichts nachsteht.

Strebt ganz Deutschland zurück in die Provinz? Wer wissen will, in welche Richtung sich die Wohnvorlieben der Bundesbürger in der jüngeren Vergangenheit entwickelt haben, muss zunächst eines tun: die Zuwanderer aus dem Ausland ausklammern. Denn für die ist ganz Deutschland seit Jahren ein Magnet: Ob Stadt oder Land - Euro-Krisenflüchtlinge aus Spanien, Griechenland und Portugal, arbeitsuchende Osteuropäer sowie Asylbewerber aus Syrien und Afghanistan haben dafür gesorgt, dass die Einwohnerzahlen seit 2011 flächendeckend steigen: Immerhin 302 von insgesamt 401 Kreisen haben bis 2017 unterm Strich neue Bürger gewonnen. Um herauszufinden, wohin es Menschen zieht, die schon lange in Deutschland leben, hat sich das Institut der deutschen Wirtschaft die Binnenwanderung deutscher Staatsangehöriger angeschaut.

Die Ergebnisse sind eindeutig (Grafik): Seit dem Jahr 2014 verlieren alle 71 Großstädte Einwohner mit deutscher Staatsangehörigkeit an die übrigen Kreise - 2016 sind unterm Strich fast 19.000 mehr gegangen als gekommen.

Eine solche Phase gab es in Deutschland schon einmal: Von Mitte der 1990er-Jahre bis 2002 zog es per saldo noch weit mehr Bundesbürger aus den Großstädten fort als heute. Zurückzuführen war das unter anderem auf die damals gewährte Eigenheimzulage, die vor allem für junge Familien in ländlichen Regionen attraktiv war.

In der Folgezeit schlug das Pendel dann um und es entwickelte sich ein regelrechter Run auf die Städte - aus mehreren Gründen: Vor allem in den mittelgroßen Städten waren die Immobilienpreise und Mieten noch vergleichsweise niedrig, die Großstädte lockten mit ihrem kulturellen Angebot und die schicke Altbauwohnung löste das Eigenheim im Grünen als Statussymbol ab.

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Sogenannte Push-Faktoren vertreiben die Menschen aus den Städten. Vielerorts ist das Wohnen derart teuer geworden, dass sich gerade Familien den benötigten Wohnraum oft nicht mehr leisten können. Zu den Vorteilen, die ein hoher Verdichtungsgrad mit sich bringt, haben sich durch den Städtehype auch Unannehmlichkeiten gesellt, so etwa ständige Staus, übervolle Nahverkehrsmittel und soziale Brennpunkte. Dies lässt die beschaulicheren Vororte für viele inzwischen wieder lebenswerter erscheinen.

Pull-Faktoren sind Argumente, die für einen Umzug an den Stadtrand, in eine Kleinstadt oder gar aufs Land sprechen. Punkten können ländliche Gegenden vor allem, wenn sie eine gute Verkehrsanbindung, Versorgungszentren und ein gewisses kulturelles Angebot in petto haben - und sie zudem noch Natur und Ruhe bieten können.

Darüber hinaus spielt dem zentrumsnahen Umland die Digitalisierung in die Karten: Ob Homeoffice, Online-Shopping oder Netflix - digital lassen sich inzwischen viele vermeintliche Nachteile der größeren Entfernung zur Stadt überbrücken.

Bislang hat die abnehmende Beliebtheit der Metropolen aber noch keine neue Landlust ausgelöst, wie die Einwohnerentwicklung im Kreisvergleich zeigt (Grafik): Spitzenreiter ist das vor allem bei jungen Menschen angesagte Leipzig, dessen Bevölkerung in den Jahren von 2011 bis 2017 um gut 14 Prozent gewachsen ist.

Absolut gesehen haben Berlin, Hamburg und München zwar die meisten Einwohner gewonnen. In Sachen Wachstumstempo werden die Metropolen jedoch von ihren kleineren Nachbarstädten geschlagen. So ist die Einwohnerzahl von Potsdam, Landshut und Offenbach am Main seit 2011 um jeweils mehr als 10 Prozent gestiegen. Ähnlich gut haben sich die Landkreise Ebersberg und Dachau im Münchener Raum gemacht.

Zu den schnell wachsenden Kreisen zählen fast ausschließlich jene, die im Einzugsgebiet boomender Städte wie eben München, Stuttgart, Frankfurt am Main und Freiburg liegen - es gibt also eine Renaissance der Speckgürtel.

Die abgelegeneren Regionen, insbesondere in Ostdeutschland, stehen dagegen weiterhin auf der Verliererseite. Und nicht einmal der vermeintliche Hipsterstatus der Uckermark reicht bisher aus, um deren Einwohnerschwund zu stoppen.

Aber auch im Westen haben längst nicht alle Landkreise vom allgemeinen Bevölkerungswachstum profitiert. Ein kräftiges Einwohnerminus verzeichneten unter anderem Cochem-Zell und Südwestpfalz in Rheinland-Pfalz, Höxter und der Märkische Kreis in NRW sowie Holzminden und Northeim in Niedersachsen.

iwd

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