Junge Landschaft

Bitte keinen „Hausmeisterschnitt“! – Teil 2

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169. FOLGE: Unsere Serie für den Nachwuchs erläutert das wichtigste GaLaBau-Grundlagenwissen vom Abstecken bis zum Zaunbau: Diesmal geht es um das Thema Gehölzschnitt.

Der Gehölzschnitt ist eine jener Arbeiten im Bereich des Garten- und Landschaftsbaus, bei der die meisten Fehler gemacht werden. Ich will damit nicht sagen, dass die Fachleute aus Garten- und Landschaftsbaubetrieben keine Ahnung von ihrem Job haben. Vielmehr meine ich allgemein die Situation, dass in unseren Frei- und Grünanlagen viele Unwissende ihr Unwesen treiben. Leider habe ich da auch Fachfirmen erleben müssen, die frei nach dem Motto „Der Kunde ist König“ den Anweisungen des Auftraggebers gefolgt sind und seine Vorstellungen von einem Pflanzenschnitt in der Praxis umgesetzt haben. Über den ökonomischen Zwang, der hinter jeder Arbeit steht, darf man aber auch nicht die beratende Funktion auf unserem Fachgebiet vergessen.

Bauchschmerzen machen mir aber in erster Linie die vielen selbsternannten "Sägenschwinger", die glauben, Pflanzenschnitt kann jeder, der in der Lage ist, eine Astschere zu halten. Alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist, wird zur Kugel geschnitten und dann, oh Wunder, blüht das "Ding" nicht einmal.

Die hohe Fehlerquote ist zu beseitigen

Fehler zu vermeiden ist einfach, wenn man sich ein wenig mit der Materie beschäftigt. Das Ergebnis eines unsachgemäßen Gehölzschnittes können unliebsame Überraschungen sein. Dazu zählen unter anderem:

  • die Gehölze verkahlen
  • Ziersträucher bilden keine Blüten aus
  • Obstbäume entwickeln keinen Fruchtansatz.

Im Folgenden möchte ich die drei häufigsten Fehler deutlich machen.

1. Fehler: Hausmeisterschnitt bei Ziersträuchern

Spöttisch bezeichnet man das Resultat der Säbelei von schnittungeübten Laien als Hausmeisterschnitt. Dabei hat der "Spezialist" einfach alle Triebe wahllos in einer Höhe abgesäbelt oder den Gehölzen ohne Rücksicht auf ihren natürlichen Wuchs eine runde Form verpasst. Das wird natürlich jedes Jahr wiederholt, um auch zu garantieren, dass diese Pflanzen sich nicht natürlich entfalten können. Das sieht im ersten Jahr vielleicht noch ganz witzig aus, ein Formschnitt funktioniert aber nur bei Hecken und einigen Immergrünen.

Doch nicht jeder Strauch hat das Zeug zum Formgehölz. Die malträtierten Blütensträucher verzweigen sich nach dem Schnitt immer und immer wieder an derselben Stelle und werden sehr dicht. Das sieht aber nur von außen so aus. Ins Gehölzinnere dringt kein Licht mehr und die Pflanzen verkahlen oder bekommen morsche, krankheitsanfällig Triebe - der Strauch vergreist von Jahr zu Jahr immer mehr. Die Gehölze blühen nur noch sporadisch. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, einige Sträucher verkraften einen halbkugeligen Schnitt gut. Dazu gehören Blauraute (Perovskia), Fingerstrauch (Potentilla) oder Spierstrauch (Spiraea).

Was wäre hier der richtige Weg? Um Sträucher klein zu halten oder auszulichten, schneidet man ganze Äste oder Astpartien bis zum Stamm oder einem Seitenast zurück. Radikale Rückschnitte sind von Anfang März bis August verboten, leichte Eingriffe und Heckenschnitte nicht.

2. Fehler: Falscher Schnittzeitpunkt bei Frühlingsblühern

Im Winter hat man Zeit zum Schneiden und man sieht den Gehölzen im blattlosen Zustand genau an, wo man die Schere ansetzen muss. Beste Schnittzeit! Aber ganz so einfach ist das nicht, denn so ein Rundumschlag kostet viele Blütengehölze die gesamte Blütenpracht für eine Saison. Um diesen Fehler zu vermeiden, sollte man den richtigen Schnittzeitpunkt beachten.

Dieser richtet sich nach dem Blühverhalten der Gehölze: Frühlingsblüher wie zum Beispiel Forsythie (Forsythia x intermedia) beginnen im Sommer des Vorjahres mit der Blütenbildung. Durch den Schnitt im Winter schneidet man die Blütenansätze ab. Diese Pflanzen schneidet man daher alle zwei Jahre, und zwar direkt nach der Blüte. Dabei entfernen Sie gut ein Drittel der alten Triebe.

3. Fehler: Zu starker Rückschnitt bei Obstgehölzen

Ziel des Obstbaumschnittes ist es, einen hohen Fruchtansatz zu gewährleisten. Früchte wachsen am sogenannten Fruchtholz. Das sind die kurzen Astpartien, die an waagerechten Seitenästen entstehen, die direkt von den steiler stehenden Leitästen abzweigen. Beim Schnitt werden alle sich kreuzenden oder parallel wachsenden Äste weggeschnitten.

So weit, so gut - aber jetzt werden die Fehler gemacht. Denn weil man schon einmal eine Säge in der Hand hat, kann man doch sicher gleich den Baum noch einkürzen, da man sich im folgenden Erntezeitraum nicht mehr so hoch auf die Leiter stellen muss. Oder? Und schon greift man beherzt zur Säge - meistens zu beherzt. Da die meisten der alten Obstbäume auf einer stark wachsenden Unterlage veredelt sind, passiert Folgendes:

  • Ein zu starker Rückschnitt bringt nicht mehr Fruchtholz, sondern ein Gewirr aus dünnen Wasserschossern.
  • Die Wasserschosser lassen kaum Licht in die Krone.
  • Es bilden sich entweder gar keine Früchte oder diese fallen durch den Lichtmangel vom Baum.

Wasserschosser sind nichts Schlechtes, eher das Gegenteil, denn sie sind ein Überdruckventil, das die Natur sich "ausgedacht" hat. Da der Baum einen zu hohen Saftdruck von den Wurzeln erhält und damit nichts anzufangen weiß, sprießen die senkrechten Triebe.

Was macht man nun mit diesen Trieben? Folgender Rat schafft Abhilfe:

  • Obstbaumäste werden nicht wahllos in einer bestimmten Höhe gekappt.
  • Ganze Triebe werden so dicht wie möglich am Ast oder Stamm abgeschnitten.
  • Wenn man Wasserschosser entfernt, lässt man pro Schnittstelle zwei bis drei dieser Triebe stehen, die den Saftdruck abfangen.

Wie schneide ich Gehölze vor dem Pflanzen?

Vor dem Pflanzen ist ein Schnitt bei Gehölzen wichtig, um das Anwachsen zu sichern, da sonst die durch das Umpflanzen reduzierte Wurzel nicht in der Lage ist, die oberirdischen Pflanzenteile ausreichend zu versorgen.

Auch bei Containerpflanzen muss ein Pflanzschnitt erfolgen, wenn die Krone sehr gedrungen gewachsen oder übermäßig dicht ist. Bei Containerpflanzen ist ein Pflanzschnitt aber insgesamt weniger entscheidend als bei wurzelnackter Pflanzenware.

Vor allem wurzelnackte Gehölze benötigen einen Pflanzschnitt

Wurzelnackte Pflanzenware und Ballenpflanzen haben durch das Umpflanzen besonders viele Wurzeln verloren. Sie benötigen einen Ausgleich im Verhältnis zwischen Wurzelmasse und den Trieben beziehungsweise der Krone, und damit zur späteren Blattmasse, die durch das verringerte Wurzelsystem meist nicht mehr im vollen Umfang versorgt werden kann. Die Folge: Die Pflanzen kümmern ohne Schnitt nach dem Pflanzen im Frühjahr. Diesen Ausgleich schafft man durch einen Kronenschnitt, den man bei Pflanzung als Pflanzschnitt bezeichnet.

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Der Astring ist die wichtigste Stelle beim Schnitt

"Schneiden auf Astring", wie der Gärtner sagt, bedeutet, weder einen Haken stehen zu lassen, noch zu tief und damit den Astring wegzuschneiden. Der Astring ist eine leichte Wulst um den Ansatz sowohl junger als auch alter Triebe und sollte niemals weggeschnitten werden. Ebenfalls sollen keine "Kleiderhaken" geschnitten werden. Leider wird zu oft beides gemacht - zu flach oder zu lang geschnitten.

Schneidet man zu flach und damit den Astring weg, so kann der Baum die Wunde nicht mehr mit dem Kallus des Astrings überwallen. Die Stelle trocknet ein und reißt oder bricht unter Umständen sogar später. Man schneidet am besten von unten mit der Spitze einer guten Gartenschere die Äste in einem leichten spitzen Winkel zum Stamm weg. Das Gleiche gilt bei stärkeren Ästen für den Schnitt mit der Säge. Nicht einfach gerade runtersägen. Zudem sollten die Ränder aller Schnittstellen, die dicker sind als ein Daumennagel, mit einem scharfen Messer nachgeschnitten werden, damit die Schnittstellen gut verheilen können.

Man achtet darauf, immer mit der flachen Seite der Schere zum Baum zu schneiden. Ansonsten wird der Schnitt nicht sauber und die Gartenschere hinterlässt obendrein Quetschungen. Schnitte, bei denen die Klinge von oben in die Gabelung fasst, sind ebenfalls unangebracht, da sie meist zum Einreißen der Klinge und zum Klemmen der Gartenschere führen.

Schneidet man hingegen zu lang, so belässt man sogenannte "Kleiderhaken" am Baum, was fast ebenso schädlich ist, wie das Wegschneiden des Astrings. Die Kleiderhaken trocknen ein. Je dicker sie sind, desto länger dauert das. Der Stumpf eines Astes von beispielsweise 5 cm Durchmesser würde erst nach Jahren aus dem Stamm herausfaulen. In dieser Zeit wird der Baum versuchen, die Stelle zu überwallen, was aber aufgrund der Länge des Kleiderhakens nicht geht. Der Stumpf fällt dann schließlich nach langer Zeit aus und hinterlässt ein schönes rundes Loch, über das sich zwar die Vögel freuen, die darin nisten werden, nicht aber der Baum. Hier entsteht eine potenzielle Stelle, an der der ganze Stamm ausfaulen kann. Kleine Kleiderhaken am Baum fallen zwar schneller ab, aber diese Stumpen bieten dennoch Pilzen lange genug Zeit, um darauf zu siedeln und den Baum zu befallen.

Wuchsformen entstehen beim Schnitt

Zudem kann man bei Pflanzschnitt gleich die Wuchsform korrigieren beziehungsweise festlegen. Bei jungen Obstbäumen legt man hier schon fest, ob es eine Spindel, ein Spalier oder ein Hochstamm werden soll. Bei Gehölzen kann man dafür sorgen, dass er sich buschiger entwickelt und bei Bäumen einen Hochstamm freischneiden.

Schnitt der Wurzel

Aber auch das Wurzelwerk wurzelnackter Pflanzenware sollte auf die passende Länge gekürzt werden. Man kann hier schwerlich eine Regel anbieten. Je mehr Wurzeln die Pflanze hat, desto besser für sie. Allerdings sollten die Wurzeln auch in das Pflanzloch passen. Auf keinen Fall sollten sie dort jedoch verdreht sein oder gar mit den Enden nach oben gewölbt.

Ist das Wurzelwerk durch das Auspflanzen schon klein genug geworden, so sollte man zumindest gequetschte oder beschädigte Stellen entfernen und ausgefranste Wurzelenden sauber nachschneiden.

Quellen:

  • Gütebestimmungen für Gehölze (FLL e. V.) und den Gütebestimmungen für Stauden (FLL e. V.) (Forschungsanstalt Landesentwicklung Landschaftsbau e. V.)
  • Der Gärtner 1 (Martin Degen, Karl Schrader; Ulmer-Verlag)
  • Grundkurs Gehölzbestimmung (Lüder, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim)
  • Taschenlexikon der Gehölze (Schmidt/Hecker, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim)
  • International standard ENA 2010-2015 (M.H.A. Hoffmann, ENA’s European Plant Names Working Group)
  • DIN 18916 „Vegetationstechnik im Landschaftsbau – Pflanzen und Pflanzarbeiten“

Uwe Bienert

Nächsten Monat lesen Sie: "Wir pflanzen einen Baum".

 Uwe Bienert
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Landschaftsgärtner-Meister und Ausbilder

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