Käme eine neuen Wirtschaftskrise, würde es kritisch
Bundesregierung entzieht der Arbeitsagentur ihre Rücklagen
Trotz eines Defizits im ersten Halbjahr 2013 steht die Bundesarbeitsagentur finanziell solide da. Weil ihr der Bund aber Milliardenbeträge entzogen hat, kann die Agentur keine Rücklagen für künftige Krisen bilden.
Eine halbe Milliarde Euro mehr Beiträge
Der Chef der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, muss knapsen - die BA-Einnahmen werden in diesem Jahr laut Haushaltsplan um mehr als 5 Milliarden Euro geringer ausfallen als 2012. Und das, obwohl die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 2013 um 300.000 gegenüber dem Vorjahr steigen dürfte und die Beitragseinnahmen entsprechend sprudeln (Grafik): Von Januar bis Juni 2013 haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit 13,3 Milliarden Euro rund eine halbe Milliarde Euro mehr Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt als ein Jahr zuvor.
Verantwortlich für die schrumpfenden Einnahmen ist vielmehr der Bund: Er hatte 2007 die Mehrwertsteuer mit der Begründung erhöht, mit den zusätzlichen Einnahmen eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge zu finanzieren. Als Kompensation für die geringeren Beitragseinnahmen wurde die BA an den höheren Einnahmen aus der Mehrwertsteuer beteiligt. Doch bereits im Jahr 2011 hat der Bund diese Überweisungen nach Nürnberg gekürzt und im laufenden Jahr dann ganz gestoppt. Der Bundesagentur für Arbeit gehen durch den fehlenden Bundeszuschuss mehr als 7 Milliarden Euro pro Jahr verloren.
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7 Milliarden Euro pro Jahr verloren
Im Gegenzug muss die Bundesagentur zwar ab diesem Jahr keinen sogenannten Eingliederungsbeitrag mehr nach Berlin überweisen - bisher war die BA verpflichtet, jährlich die Hälfte der Aufwendungen für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und die Verwaltung der Arbeitslosengeld-II-Empfänger zu tragen. Dieser Beitrag war aber ohnehin systemwidrig, weil die Arbeitslosenversicherung nichts mit dem aus Steuermitteln finanzierten Arbeitslosengeld II zu tun hat. Außerdem betrug der Eingliederungsbeitrag zuletzt nur 3,8 Milliarden Euro und war damit gerade mal halb so hoch wie der weggefallene Zuschuss aus der Mehrwertsteueranhebung.
Immerhin kann die Bundesagentur für Arbeit in diesem Jahr auf einen ausgeglichenen Etat hoffen, blieben doch die Ausgaben im ersten Halbjahr 2013 um 600 Millionen Euro unter dem Haushaltsplan. Vor allem die Ausgaben für den Gründungszuschuss sind stark zurückgegangen. Denn die Existenzgründungsförderung wurde im vergangenen Jahr von einer Pflicht- zu einer Ermessensleistung. Das ließ die Anzahl der Geförderten von 122.000 im Jahr 2011 auf zuletzt gerade mal noch 19.000 sinken.
Haushaltsdefizit gefährdet Kurzarbeitergeld
Gegenwärtig verfügt die BA wegen der guten Arbeitsmarktlage zwar über ausreichende Mittel. Sie hat aber keinen Spielraum dafür, Reserven anzulegen. Im Fall einer neuen Wirtschaftskrise könnte die Agentur folglich nicht mehr in dem Maße zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes beitragen, wie sie es zum Beispiel während der Rezession von 2009 getan hat. Damals hatte die BA zur Abfederung der Krise vielen Beschäftigten Kurzarbeitergeld gezahlt - das unter anderem dadurch entstandene Haushaltsdefizit von rund 14 Milliarden Euro konnte die Agentur aus Rücklagen ausgleichen.
iwd