Bunte Firmengelände

von: ,
Gartengestaltung

Sparzwänge oder Naturverbundenheit - was bewegt Unternehmen, ihre Liegenschaften naturnah(er) zu gestalten? Elf Fallstudien in Unternehmen der Automobilindustrie, dem Wohnungswesen, der Nahrungsmittel- und Kosmetikindustrie zeigen Ansatzpunkte und Potenziale von standortbezogenem unternehmerischem Engagement für den Erhalt der biologischen Vielfalt auf dem Firmengelände und für die Unternehmen selbst.

Das Handlungsfeld Standort- und Liegenschaftsmanagement eignet sich für einen niederschwelligen Einstieg in das komplexe Thema Biodiversität. Vor Ort sind konkrete Maßnahmen mit relativ schnell vorzeigbaren Ergebnissen umsetzbar. Zu diesem Handlungsfeld gehören Firmengelände, Flächen für Wohnraum, Produktionsstätten beziehungsweise die Verortung von Dienstleistungen. Das Forschungsvorhaben "Naturwert - Naturnahe Firmengelände als Einstieg in biodiversitätsförderndes Umweltmanagement" fokussierte auf das Liegenschaftsmanagement von Unternehmen mit guten Beispielen für die naturnahe Gestaltung ihrer Außenanlagen, Fassaden- und Dachflächen.

Was ist naturnahe Gestaltung?

Blumenwiesen statt Rasenflächen! Auf naturnahen Firmengeländen sorgen bestimmte Gestaltungsprinzipien und Pflegeroutinen dafür, dass Lebens-, Nahrungs- und Schutzräume für Pflanzen und Tiere erhalten oder geschaffen werden. Die wichtigsten Prinzipien: Verwendung von heimischen und standortgerechten Pflanzen und Materialien und Verzicht auf Kunstdünger und Pestizide, Zulassen von "portionierter Verwilderung" auf einigen Flächen, indem Blumenwiesen nur teilweise (zum Beispiel ein Randstreifen), seltener und später im Jahr gemäht werden, Berücksichtigung von Brutzeiten bei Eingriffen wie Heckenschnitt. Ein optimiertes Regenwassermanagement ermöglicht eine Versickerung und/oder eine Rückhaltung des Regenwassers. Wichtig ist es, bei der Planung von den Eigenarten des Standortes auszugehen: die natürlichen Kreisläufe und lokalen ökologischen Prozesse sollten den Rahmen für Ideen geben.

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Gartenhelfer (w/m/d) für den Schlossgarten..., Heidelberg  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Anlässe und Ziele: Warum gestalten Unternehmen ihr Firmengelände naturnah?

Neue Gebäude am Firmensitz, ein Standortwechsel oder die Modernisierung des Gebäudebestands: all dies sind Anlässe, um über eine naturnahe Gestaltung der Außenanlagen nachzudenken. Einige Firmen haben Lust auf Neues und wollen etwas ausprobieren. Für Unternehmen, die aufgrund ihrer Firmenphilosophie bereits hohe Umweltstandards einhalten, ist die naturnahe Geländegestaltung selbstverständlicher Bestandteil einer nachhaltigen Unternehmensführung. Diesen Unternehmen dient das Gelände zur Kommunikation ihres nachhaltigen Geschäftsmodells nach außen - es ist ihre "grüne Visitenkarte". Die Praxis zeigt: viele Maßnahmen zur naturnahen Gestaltung können auch ohne besondere Anlässe und mit nur wenig Planung angegangen werden. In acht von elf Unternehmen ist der Schutz der biologischen Vielfalt ein explizites Umweltziel. Die Wohnungswirtschaft fällt hier heraus: die teilnehmenden Unternehmen berücksichtigen Biodiversität nur implizit. Dies bestätigte sich in den Interviews - die Diskussion um den Schutz der biologischen Vielfalt sei sehr weit weg vom Kerngeschäft von Wohnungsbaugesellschaften und spiele bisher keine Rolle.

Einige Unternehmen verbinden mit der Geländegestaltung den Anspruch, die Schönheit und Vielfalt der Natur zu vermitteln. Sie richten deshalb zusätzlich Informationszentren und Besuchergärten ein und bieten Naturführungen für Interessierte. So unterschiedlich die Motivation ist, aus der heraus Unternehmen ihre Areale naturnah gestalten, so breit gefächert sind auch die Ziele. Sie decken das gesamte Nachhaltigkeitsspektrum ab (siehe untenstehende Tabelle).

Häufig entscheidet das Engagement einer einzelnen Person darüber, ob eine Maßnahme initiiert wird. Diese Person aktiviert Befürworter/-innen und Unterstützer/-innen, auf Führungsebene und in der Mitarbeiterschaft. Dass die Umgestaltung nach einem "Masterplan" mit festen Zeitlinien erfolgt, kommt eher selten vor.

###table0###

Breites Spektrum an Maßnahmen - von niederschwellig bis anspruchsvoll

Ob mehrjährige Blühflächen, Fassadenbegrünung oder insektenfreundliche Außenbeleuchtung: Die Maßnahmen zur naturnahen Gestaltung des Firmengeländes unterscheiden sich teilweise erheblich hinsichtlich des Aufwands an Zeit, Organisation und Kosten, den sie verursachen. Wir möchten Ihnen diese Unterschiede veranschaulichen. Die Abbildung auf Seite 28 zeigt deshalb vereinfacht, welche Maßnahme wir in welchem Bereich des Spektrums von niederschwellig bis anspruchsvoll verorten. Ohne Masterplan heißt jedoch nicht irgendwie - insbesondere bei größeren Aktivitäten ist die Einbeziehung eines Fachmenschen angeraten, damit eine Umgestaltung wirklich naturnah wird. Die Erfahrung aus den Fallstudien zeigt, dass die Unternehmen bei diesem Thema nicht in Kostenkategorien denken, sondern eigene Ideen verfolgen. Diese werden zu Beginn nicht zwingend von allen unterstützt. Daher empfiehlt es sich, klein anzufangen, Demonstrationsflächen zu schaffen und Schritt für Schritt zu einem naturnahen Firmengelände zu gehen. Auf Basis der Fallstudien kann bestätigt werden: Die Begeisterung kommt mit dem Ausprobieren.

Warum gestalten Unternehmen ihre Gelände naturnah?

Zielkategorie

Beispiele aus den Naturwert-Fallstudien

Demonstration

den Handlungsspielraum von Unternehmen in Bezug auf die Gestaltung von Liegenschaften aufzeigen

Inspiration

die Schönheit der Natur wirken lassen

Informationen

das Thema Biodiversität für Besucher/-innen erfahrbar machen

Biodiversität auf demGelände bewahren/fördern

• der Natur etwas zurückgeben• verschiedenen Arten einen Lebensraum bieten• Artenvielfalt fördern• artgeschützte Pflanzen kultivieren

Image stärken

• Informationen zu den eigenen Produkten kommunizieren• den Bezug der Mitarbeiter/innen zu den Produkten stärken• die Marke stärken• grüne Visitenkarte

Sozialer Nutzen fürMitarbeiter/-innen

• den sozialen Auftrag gegenüber den Mitarbeiter/-innen erfüllen• die Aufenthaltsqualität für die Beschäftigten verbessern

Von außen gesetzte Ziele

verpflichtende Auflage(n) erfüllen

Direkte und indirekte Effekte mit Mehrwert für Unternehmen und Artenvielfalt

Zwar gab es kaum belastbare Daten zur Artenvielfalt und deren Veränderung durch die naturnahe Gestaltung, aber durchaus subjektive Einschätzungen zur Entwicklung des Artenreichtums, die in erster Linie auf Beobachtungen von Angestellten (insbesondere Gärtner/innen) basieren. Auf Basis solcher Beobachtungen gaben sieben Unternehmen an, die Artenvielfalt habe sich sowohl bei Pflanzen als auch Tieren erhöht. Acht Unternehmen sehen eine verbesserte Regulationsfähigkeit in Bezug auf Starkregenereignisse und Trockenperioden. Durch erhöhtes Nahrungsangebot für Insekten werden auf vielen Firmengeländen mehr Wildbienen, Libellen und andere Insektenarten beobachtet. Und schließlich gab rund die Hälfte der Unternehmen an, dass der Schadstoffeintrag sich im Vergleich zu konventioneller Bearbeitung verringert hätte.

Es zeigt sich, dass auch kleinere Maßnahmen einen Effekt haben können. Gerade in Gebieten, in denen das Nahrungsangebot für Tiere gering ist, erhöht sich dadurch die Chance auf Ansiedlung von Tier- und Pflanzenarten. Bieten die Gelände zusätzliche Lebensräume, kann man auch ohne bestätigendes Monitoring von einem Beitrag zur biologischen Vielfalt sprechen.

Die Untersuchungsergebnisse zeigen weiterhin: Ökologisch wertvolle Außenanlagen schaffen ein angenehmes Arbeitsumfeld mit hoher Aufenthaltsqualität für die Angestellten. Sie machen das komplexe Thema "Biodiversität" begreifbar und Mitarbeiter/-innen neugierig auf die Artenvielfalt. Informationstafeln an umgestalteten Grünflächen unterstützen die Kommunikation zum Artenschutz. Hier können ökologische Zusammenhänge erklärt, ein Bezug zur eigenen Rohstoffbeschaffung hergestellt und mögliche biodiversitätsfördernde Maßnahmen entlang der Lieferkette vorgestellt werden. Mit einem naturnahen Firmengelände präsentiert das Unternehmen seine nachhaltige Firmenphilosophie auch gegenüber Besucher/-innen wie Kund/-innen, Geschäftspartner/-innen und Lieferanten. Auch die Aufnahme des "Pilotprojekts" im Rahmen des Umweltmanagements nach EMAS oder ISO 14001 kann der internen und externen Kommunikation dienen. Engagement zum Schutz der Artenvielfalt lässt sich vielseitig zeigen: Webauftritt, Presseartikel, Berichte in Mitarbeiter- und Kundenzeitschriften bieten die Möglichkeit, das Firmengelände als gutes Beispiel hierfür zu präsentieren. Auch eine Teilnahme am Wettbewerb "FirmenGärten" der Stiftung "Die grüne Stadt" erhöht die Außenwahrnehmung.


Folgeaktivitäten: Wie geht es nach den ersten Erfahrungen mit naturnahem Liegenschaftsmanagement weiter?

Die Konzentration auf Liegenschaften soll nicht davon ablenken, dass Unternehmen in vielfältiger Weise in Ökosysteme eingreifen. Neben den unmittelbaren standortbezogenen Maßnahmen ist Biodiversitätsschutz vor allem ein Thema für das Lieferkettenmanagement und die Rohstoffbeschaffung. Biodiversitätsförderndes Lieferkettenmanagement wird von den Unternehmen als ein Prozess wahrgenommen, der kontinuierlich zu Verbesserrungen führt.

Die Unternehmen selbst weisen auf die Grenzen der Machbarkeit hin: Je komplexer die Lieferketten und Vorprodukte, desto schwieriger erscheint die Einführung verbindlicher Standards, die den Schutz der biologischen Vielfalt berücksichtigen.

Das Forschungsvorhaben "Naturwert"

Das Forschungsvorhaben "Naturwert - Naturnahe Firmengelände als Einstieg in biodiversitätsförderndes Umweltmanagement" wurde für die Dauer von knapp 2,5Jahren (11/2012 bis 12/2014) vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) gefördert. In Naturwert kooperierte das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) mit der Bodensee-Stiftung, dem Global Nature Fund und der 'Biodiversity in Good Company' Initiative. Im Naturwert-Projekt entstanden sind ein Informationsfilm zu Biodiversität und Möglichkeiten der naturnahen Gestaltung von Firmengeländen sowie die Broschüre "Wege zum naturnahen Firmengelände. 21 Ideen für mehr Artenvielfalt auf Unternehmensflächen: von einfach bis aufwendig."1) Abrufbar unter www.ioew.de/projekt/naturwert_naturnahe_firmengelaende_als_einstieg_in_biodiversitaetsfoerderndes_umweltmanagement

Literatur

1) Müller, Ria; Mohaupt, Franziska; Schulz, Sven; Boßmeyer, Carolin; Pracejus, Linda; Rohkemper, Meike im Auftrag des Bundesamts für Naturschutz (BfN) (Hrsg.) (2015): Wege zum naturnahen Firmengelände. 21 Ideen für mehr Artenvielfalt auf Unternehmensflächen: von einfach bis aufwendig, Broschüre, Bonn.

Warum gestalten Unternehmen ihre Gelände naturnah?

Zielkategorie

Beispiele aus den Naturwert-Fallstudien

Demonstration

den Handlungsspielraum von Unternehmen in Bezug auf die Gestaltung von Liegenschaften aufzeigen

Inspiration

die Schönheit der Natur wirken lassen

Informationen

das Thema Biodiversität für Besucher/-innen erfahrbar machen

Biodiversität auf demGelände bewahren/fördern

• der Natur etwas zurückgeben• verschiedenen Arten einen Lebensraum bieten• Artenvielfalt fördern• artgeschützte Pflanzen kultivieren

Image stärken

• Informationen zu den eigenen Produkten kommunizieren• den Bezug der Mitarbeiter/innen zu den Produkten stärken• die Marke stärken• grüne Visitenkarte

Sozialer Nutzen fürMitarbeiter/-innen

• den sozialen Auftrag gegenüber den Mitarbeiter/-innen erfüllen• die Aufenthaltsqualität für die Beschäftigten verbessern

Von außen gesetzte Ziele

verpflichtende Auflage(n) erfüllen

Dipl. Ing. Franziska Mohaupt
Autorin

Diplom-Ingenieurin für Technischen Umweltschutz

IÖW - Institut für ökologische Wirtschaftsforschung
Dipl. Ök. Ria Müller
Autorin

IÖW - Institut für ökologische Wirtschaftsforschung

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen