Controlling: Steuerung der Wirtschaftlichkeit oder Erbsenzählerei?

von:
Unternehmensführung
Systemkompass: ganzheitliches Controlling. Grafik: Werhausen AG

Wirtschaftlichkeit steuern: Für die meisten Unternehmen ein viel zu großer Aufwand, der sich scheinbar auch nicht rechnet, weil doch die Buchhaltung schon vorhanden ist und die Liquidität durch den Unternehmer täglich neu nachjustiert werden muss. Hinzu kommt, dass Controlling eher etwas für große Unternehmen zu sein scheint und der Steuerberater mit seiner Chefübersicht das gleiche Ergebnis verspricht. Wofür soll also "Controlling" überhaupt gut sein?

Unternehmenssteuerung ist nichts anderes als ein Synonym für Unternehmensführung. Unternehmensführung umfasst also deutlich mehr als nur die Beschäftigung mit Rentabilität, Liquidität und Kennzahlen. Und es ist immer schon eine originäre Aufgabenstellung für die Unternehmer gewesen. Und was viele übersehen: es ist eine Pflichtaufgabe.

Viele Geschäftsführer überlassen den gesamten Bereich Buchhaltung komplett einem Dienstleister oder angestellten Mitarbeitern. Es entbindet aber nicht von der Einhaltung gesetzlicher Pflichten. Diese sind im HGB (§238) geregelt. Dort heißt es zur Buchführungspflicht unter anderem: "Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann."

Dies ist aber allein mit der klassischen Buchführung, wie sie in den Betrieben vorherrscht, nicht leistbar. Wenn überhaupt wird nur ein sogenanntes externes Rechnungswesen geführt. Dieses hat das Ziel, die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens abzubilden. Was fehlt, ist das interne Rechnungswesen. Hierbei geht es um Planung von Maßnahmen und die Kontrolle der Umsetzung, letztlich also um die Steuerung der unternehmerischen Kernaufgaben. Ohne diesen weiteren Teil des Rechnungswesens ist es aber einem sachverständigen Dritten nicht möglich, die Situation des Unternehmens einzuschätzen. Und wenn dann die Qualität der Buchhaltung unterjährig nur eine reine Belegverarbeitung darstellt, werden die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Buchführung schlichtweg nicht eingehalten, mit all den Folgen, die daraus entstehen. Dieses ist für alle Betriebe zu unterstellen, welche nicht über ein funktionierendes Controlling verfügen. Das wiederum dürfte auf einen Großteil der Betriebe in der Branche zutreffen.

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Bachelor Fachrichtung Landschaftsarchitektur /..., München  ansehen
Sachbearbeiter*in Gewässerbau in der Abteilung..., Giessen  ansehen
Mehrere Baumpfleger m/w/d, Frankfurt/Main  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
Unternehmensführung
Controlling ist nichts für Erbsenzähler. Foto: Thinkstock

Das ist alles solange auch kein Problem, wie Geschäftsführer nicht Gefahr laufen, persönlich aufgrund einer möglichen Insolvenzverschleppung in die Haftung zu geraten. Dieses Problem kommt allerdings dann hoch, wenn ein Geschäftsführer noch Aufträge erteilt, obwohl er hätte erkennen müssen, dass die Gesellschaft, welche er vertritt, dieses nicht mehr bezahlen kann. Wie soll das aber ohne eine Transparenz geleistet werden können?

Steuerung: Planung und Realität

Controlling ist also im Kern Steuerung von Maßnahmen. Für eine gute Planung braucht es also zunächst konkrete Maßnahmen, welche dann hinsichtlich der Auswirkungen zu bewerten sind. Bei den Maßnahmen wird es für die meisten Unternehmer, welche keine klassische Wettbewerbsstrategie haben, schwierig. Intuitiv wird die einfachste Maßnahme herangezogen: "vom Gleichen immer mehr". Wer also Umsätze vermisst, plant mehr Umsätze. Und wer eine Ertragsschwäche feststellt, plant einfach weniger Kosten. Aber das geht natürlich nicht auf. Und wenn die Bank ein Konzept einfordert, am besten alles - also höhere Umsätze und geringere Kosten - einplanen und abwarten.

Grundsätzlich gilt: Wenn strategisch keine Neuaufstellung erfolgt, werden sich auch die Ergebnisse gegenüber den Vorperioden nicht wesentlich verändern. Warum sollte das auch gehen? Was an dieser Stelle vielen verborgen bleibt, ist der sogenannte pro-aktive Ansatz. Erst wenn erkannt wird, dass das wirtschaftliche Problem ein Abbild der Handlungen in der Vergangenheit und damit der falschen Vorgehensweisen ist, wird erkannt, dass diese zu verändern sind. Wird das nicht erkannt, setzt sich eine Negativspirale in Gang, ausgelöst von der Idee, dass nur Kosteneinsparungen helfen können. Faktisch wird aber nicht mehr investiert. Der Niedergang verläuft dann durchaus über mehrere Jahre.

Was kann/muss gesteuert werden?

Die richtigen Zahlen und die wesentlichen Zahlen ergeben zusammen das Bild, welches der Unternehmer für die Steuerung benötigt. Bei den "richtigen" Zahlen beginnt das Problem. Die Buchhaltung muss das Basismaterial für die Steuerung abbilden. Hier hakt es aber, wenn es um die Leistungsbewertungen geht. Diese geht immer einher mit der Einschätzung der Projektfortschritte. Halbfertige Arbeiten sind zu bewerten und werden irrigerweise fast immer auf Basis der Abschlagsrechnungen eingeschätzt. Der richtige Ansatz ist aber der sogenannte Fertigstellungsgrad der Projekte.

Vereinfacht ausgedrückt ist die Frage zu beantworten, wie viel Aufwand zum Bewertungsstichtag im Verhältnis zum Soll-Aufwand betrieben wird. In der Praxis kommt aber eine durchdachte Kalkulation als Basis für die Sollstellung zu kurz, weil die Herleitung der Eigenkosten unter dem Marktdruck selten gemacht wird. Allein die Frage nach den Marktpreisen scheint die einzig richtige zu sein. Projekte müssten viel intensiver durchdacht und über die Abwicklungsstadien hinweg abgebildet werden. Eine Vorkalkulation unterscheidet sich von einer Projektkalkulation als Basis für die Projektsteuerung, weil Projektbeschreibungen ebenfalls wenig mit dem späteren Projektergebnis zu tun haben. Alles verändert sich, nicht nur die Massen. Dieser Fertigstellungsgrad ist aber nur zu ermitteln, wenn die Planung als Geschäftsfeldplanung ausgeprägt ist und dann in unterschiedlichen Kalkulationsmodellen je Geschäftsfeld abgebildet wird. Und diese werden dann die Sollstellung für die Kalkulation, aus der heraus erst die Preismodelle entwickelt werden können.

Die Projektsteuerung ist aber nur ein kleiner Teil der Unternehmenssteuerung, zumal die Projektsteuerung sich aus der Gesamtplanung ergibt. Ein funktionierendes Controlling wird immer folgende Bereiche als Mindeststandard abbilden:

  • Marktbezogene Maßnahmen
  • Strukturbezogene Maßnahmen
  • Produktivitätsentwicklung
  • Rentabilitätsentwicklung
  • Liquiditätsentwicklung
  • Kapitalentwicklung.

Daten müssen sowohl als Ergebnis als auch über Kennzahlen deutlich gemacht werden. So reicht es nicht aus, einfach nur Soll/Ist-Entwicklungen aufzudecken. Viel wichtiger ist es, zum Beispiel schwache Monate hinsichtlich der nicht genutzten Ressourcen zu bewerten. Wenn beispielsweise Stunden aufgrund von Schlechtwetter nicht geleistet werden können und diese später abgeleistet werden, sind diese nicht genutzten Effekte im Controlling zu bewerten. Nur so ist es überhaupt möglich, unterjährig zu einer Einschätzung der Wirtschaftlichkeit zu kommen.

Unternehmensführung
Struktur der Unternehmerbilanz. Grafik: Werhausen AG

Überflüssig sind dann reine Kostenkennzahlen, wie sie von unerfahrenen Fachleuten gern als Standard eingesetzt werden. So sind viele Bilanzerläuterungen nur Zahlenkolonnen ohne Steuerungswert. Auch Kostenkennzahlen, welche im Controlling eingearbeitet werden, wie zum Beispiel der sogenannte WPK-Wert (Wertschöpfungs-Personalkosten-Koeffizient), haben nicht nur für die Branche keine Aussage. Sie sind für die Steuerung nicht relevant.

Es macht auch wenig Sinn, Controlling durch Tools zu ersetzen, in denen die Mitarbeiter ihre "Produktivstunden" eintragen, um sie dann in die Kostenrechnung zu übernehmen. Unabhängig davon, dass diese Tools einschließlich der Prämien für die Eintragungsbereitschaft durchaus kostenträchtig sind, haben sie keinen Wert. Nur, weil Stunden den Titeln entsprechend zugeordnet in der EDV zugeordnet werden, ergibt sich daraus noch kein Steuerungseffekt, zumal Bauteams fehlerhafte Preisbildungen und/oder fehlende Projektsteuerungen nicht zu vertreten haben. Die Steuerung muss von Verantwortlichen ausgeübt werden und bei den wirklich wichtigen Parametern ansetzen.

Wesentlich ist zunächst der Rohertrag, also das, was nach Fremdleistungen (Material und Nachunternehmer) für das Unternehmen zur Verfügung steht. Dieser Rohertrag/Abrechnungseinheit ist die "Urmutter" aller Kennzahlen, welcher als roter Faden von der Planung über die Steuerung bis hin zur laufenden Analyse für alle Unternehmensebenen die gleiche Sichtweise erzeugt.

Die Roherträge müssen die internen Kosten, Wagnisse und Gewinne abbilden. Die Steuerung über Kostenteile ergibt wenig Sinn, zumal die Reduzierung der Personalkosten als wesentlichste Kostengröße erhebliche (negative) Auswirkungen auf die Produktivität haben kann. Der Rohertrag ist im Rahmen der Preisbildung sicherzustellen. Gelingt das nicht, kann das Ertragsdelta selten über Kosteneinsparungen beseitigt werden.

Steuerung ist nichts für Erbsenzähler

Steuerung ist das permanente Nachjustieren auf wirtschaftlicher Ebene. Unternehmenszahlen, Geschäftsfelder und Projekte sind auf unterschiedliche Ebenen von verantwortlich denkenden und handelnden Führungskräften zu erkennen, zu analysieren und pro-aktiv zu verändern. Die Führungskräfte brauchen also die relevanten Informationen - interne und externe Datenaufbereiter müssen sich entsprechend als Dienstleiter verstehen. Schwierig wird es, wenn angestellte Controller glauben, allein über Kennzahlen Wirtschaftlichkeit steuern zu können und entsprechenden Einfluss bekommen. Das zwangsläufig einsetzende Kostensparen führt zu einer erheblichen Belastung des gesamten Betriebsklimas. So kann es nicht sein, dass Kalkulatoren als Teil des Steuerungsteams regelmäßig behaupten, die richtigen Werte abzubilden, aber auf den Baustellen zu viel Zeit verloren geht. Richtiger wäre, die Realität in der Vorkalkulation abzubilden und zu erkennen, ob und wie gegengesteuert werden kann, bevor Angebote abgegeben werden. Denn das allein ist die Aufgabenstellung der Kalkulation. Und zielführender wäre es auch zu erkennen, welche Projekte hohe Ertragspotenziale haben. Das ist die Aufgabenstellung einer Kalkulation.

Controlling muss die Zusammenhänge zwischen Marktentwicklung, Produktivität, Rentabilität und Kapital aufdecken und Alternativen bieten. Wenn das erreicht wird, sind Umsatzrenditen erreichbar, die deutlich über dem Branchendurchschnitt liegen.

Steuerung bringt ans Ziel. Aber wie geht Zielbildung?

Zum guten Ende stellt sich die Frage, wie Ziele überhaupt zu bilden sind. Steuerung im kybernetischen Sinne ist die planungssichere Vorgehensweise. Mir ist bewusst, dass viele Unternehmer das für undenkbar halten. Nicht im GaLaBau und erst recht nicht bei den vorherrschenden Betriebsgrößen. Und selbst wenn: Erträge sind nur über Kosten beinflussbar.

Wer die Ertragsgrößen der Branche kennt und gleichzeitig unterstellt, dass die Personalkostensteigerungen der kommenden Jahre überdurchschnittlich ausfallen werden, weil die Personalmärkte sich dramatisch verändern, der erkennt das kritische Potenzial für die Unternehmen. Überfällig ist im dynamischen Wettbewerbsumfeld eine Auseinandersetzung der Geschäftsführung mit den alternativen Wettbewerbsstrategien.

Zielbildungen scheinen für Unternehmer immer nur "von Innen" zu kommen. Das Wunschbild: Menschen sind motiviert - oder halt nicht. Es scheint also einfach zu sein, gute und schlechte Mitarbeiter-(potenziale) erkennen zu können. Der Unternehmer als Souverän, also als Gebieter über sein Unternehmen und seine Mitarbeiter, ist allerdings der limitierende Faktor, niemand anderes. Er allein bestimmt, wo es langgeht. Das war schließlich immer so und ist auch das unternehmerische Privileg. Bereits die aktuellen Entwicklungen werden dieser Denkweise schnell die Grenzen aufzeigen, wenn Erträge nicht mehr an die steigenden Kosten angepasst werden können und Banken sich verweigern, Verluste und/oder Kapitalbindungen zu finanzieren, welche entstehen, wenn Abschlagsrechnungen nur noch mit hohen Abzügen durchgesetzt werden können.

Die Auseinandersetzung mit echten Zielen ist das große Thema auch im Controlling. Ziele sind immer mit kontrollierbaren Maßnahmen unterlegt. Allein nur mehr Umsätze und weniger Kosten zu planen, ist aber keine Zielsetzung, die in die Zukunft führt. Es gilt also, aus der Wettbewerbsstrategie heraus die Maßnahmen abzubilden, und das Ganze nicht mit "Kostenstrategie" zu verwechseln.

Unternehmerbilanz: Das fehlende Glied in der Steuerungskette

Unternehmer analysieren intensiv die Liquiditätsseite ihres Unternehmens und verdrängen intuitiv das Thema Steuerung, wenn keine ausreichenden Daten zur Verfügung stehen. Selbst wenn diese Daten zeitnah auf dem Tisch liegen, fehlt immer noch ein wichtiges Glied in der Kette: die Unternehmerbilanz, welche aus übergeordneter Sicht des Unternehmers aufzeigt, wie der Vermögensaufbau gelingt und welche Schwachstellen noch vorhanden sind. Erst wenn diese Sichten aufgebaut sind, wird rechtzeitig klar, welche Risiken eingegangen werden, wenn allein in ein Unternehmen investiert wird, welches keine ausreichenden Renditen erzeugt. Die enge Verflechtung zwischen Unternehmen und Unternehmer wird auf Dauer kritisch, wenn es nicht gelingt, beide Bereiche sicherheiten- und kapitalseitig zu trennen. Wachstumsstrategien allein bringen eine große Abhängigkeit zur Vermögenssubstanz, welche frühzeitig wieder aufgelöst werden muss.

Für die Unternehmerbilanz ist die betriebliche Sphäre nur ein Teilbereich. Frühzeitig ist festzulegen, wie Unternehmenswerte aufzubauen und zu realisieren sind.

Die Zukunft ist Steuerung

Die alten Lösungen werden nicht mehr ausreichen. Gleich, in welchen Märkten die Unternehmen tätig sind: Maßnahmen müssen den Weg günstiger oder besser absichern. Für diesen "Wegebau" ist der Unternehmer verantwortlich, damit die Führungskräfte diese Wege auch gehen können. Banken werden Unternehmen zwingen, mehr Transparenz zu schaffen. Und das ist letztlich auch gut so. Denn nur die schwachen Unternehmen sind das Problem im Wettbewerb. Sie sind es, die unter Preis anbieten und damit kritische Benchmarks setzen.

 Wolfgang Werhausen
Autor

Werhausen AG

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen