GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Coronavirus: Auswirkungen auf Bauzeiten und Kosten

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Die Ansteckung mit dem Coronavirus hat Deutschland erwartungsgemäß nicht verschont. In weiten Bereichen hat man hier versucht, Vorsorge zu treffen. Im Bau- und Landschaftsbaubereich, stellt man sich immer häufiger die Frage, was passiert, wenn Mitarbeiter erkranken, örtlich eine Quarantäne angeordnet wird oder eine Baustelle im Quarantänebereich liegt. Die Rechtslage für den GaLaBau-Unternehmer als Auftragnehmer ist recht eindeutig.

Behinderung durch Infektion oder behördliche Anordnungen

Müssen einer oder mehrere Mitarbeiter einer Firma wegen Infektion mit dem Coronavirus zu Hause bleiben oder sogar stationär im Krankenhaus aufgenommen werden, trägt arbeitsrechtlich dieses Risiko prinzipiell, wie bei jeder anderen Erkrankung, der Arbeitgeber, das heißt, er muss bei Erkrankung eines Mitarbeiters, die sechswöchige Lohnfortzahlung übernehmen. Soweit es im Werkvertragsrecht um das Verhältnis eines Auftraggebers zum Auftragnehmer geht, hat die Erkrankung von Arbeitnehmern keinen Einfluss auf die Leistungspflicht des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber. Insbesondere kann ein Auftragnehmer sich gegenüber dem Auftraggeber nicht auf eine Behinderung im Sinne des § 6 VOB/B berufen. Die Infektion mit dem Coronavirus führt nicht zu einer Verlängerung der Bauzeit. Auch finanziell stehen dem Auftragnehmer keinerlei zusätzliche Ansprüche zu. Der GaLaBau-Unternehmer muss die Fehlzeiten seiner ausfallenden Mitarbeiter zu kompensieren versuchen. Die Infektion mit dem neuen Virus bringt keinerlei Sonderrechte für den Auftragnehmer eines Werkvertrages.

Quarantäne mehrerer Mitarbeiter

Kommt es durch behördliche Anordnung zu einer Quarantäne für einen oder mehrere Mitarbeiter, so fällt dieser Umstand ebenso in den Risikobereich des Auftragnehmers. Gesicherte höchstrichterliche Rechtsprechung zu dem Sachverhalt ist im Augenblick nicht ersichtlich. Auch wenn die Rechtslage wohl ziemlich eindeutig zu Lasten des Auftragnehmers ist, sei diesem angeraten, vorsorglich dem Auftraggeber eine Behinderungsanzeige zukommen zu lassen. Wenn sich die Infektion mit dem Coronavirus noch weiter ausbreitet, könnte es vielleicht doch in der Rechtsprechung zu einem für den Auftragnehmer günstigeren Ergebnis kommen.

Wird für die gesamte Belegschaft eines Auftragnehmers wegen der Befürchtung einer Infektion eine Quarantäne angeordnet, so dürfte das wahrscheinlich ein Fall der höheren Gewalt sein. Hierzu gibt es allerdings keine ausreichend gesicherte Rechtsprechung. Auf alle Fälle sollte man vorsorglich als Auftragnehmer eine Behinderungsanzeige schreiben und sich auf höhere Gewalt beziehungsweise auf nicht abwendbare Umstände berufen, um so zumindest eine entsprechende Verlängerung der Ausführungsfristen zu erreichen.

Baustelle im Quarantänegebiet

Wie man insbesondere aus dem Ausland hört (z. B. Italien), wurden ganze Landstriche zum Quarantänegebiet erklärt, so dass von dort fast niemand ausreisen und genauso wenig in dieses Gebiet einreisen darf. Die wohl herrschende Meinung zu diesem Problem sieht bei einem Werkvertrag, der vor Ort ausgeführt werden muss, das Risiko beim Auftraggeber. In einem solchen Fall würden zumindest die Ausführungsfristen verlängert. Vertragsstrafen dürften dann nicht mehr verwirkt sein. Auch in einem solchen Fall sollte der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber eine schriftliche Behinderungsanzeige machen. Ob es ratsam ist, bereits bei der Behinderungsanzeige auf die Geltendmachung von Mehrkosten hinzuweisen, muss der Auftragnehmer im Einzelfall entscheiden. Zwingend ist eine solche Anmeldung allerdings nicht.

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Verzögerungen durch den Auftraggeber

Sagt ein Auftraggeber oder dessen Vertreter Termine oder sonstige Entscheidungen ab oder verzögert er diese aus Angst vor einer Ansteckungsgefahr, so hat diese Verzögerung ausschließlich der Auftraggeber zu vertreten. In einem solchen Fall sollte unbedingt eine Behinderungsanzeige erfolgen. Hinsichtlich der Geltendmachung von Mehrkosten sei auf die Ausführungen im vorherigen Absatz verwiesen.

Der Abschluss von neuen Bauverträgen

Soll es zum Abschluss neuer Verträge kommen, sollte der Auftragnehmer an die Existenz des Coronavirus denken und die dadurch gegebenen Gefahren einkalkulieren. Der Auftragnehmer sollte auf keinen Fall Bauverträge mit engen Ausführungsfristen oder gar Vertragsstrafen abschließen, weil man ihm bei einem späteren Streit stets vorwerfen kann, dass er den Bauvertrag in Kenntnis der Umstände abgeschlossen und sich dementsprechend selbst in die missliche Situation gebracht hat. Bei Vertragsanbahnungen oder bei Vertragsschluss sollte der Auftragnehmer durchaus die Problematik Coronavirus ansprechen und gegebenenfalls eine entsprechende Klausel in den Vertrag aufnehmen, wonach Verzögerungen, verursacht durch Corona-Infektionen, den Auftragnehmer nicht belasten dürfen. Das gilt in einem solchen Fall auch für ausbleibende Materiallieferungen. Die Aufnahme eines kurzen Satzes in den Vertrag kann dem Auftragnehmer viel Geld und Ärger sparen.

Wie bei allen rechtlichen Angelegenheiten gilt immer der Satz: „Recht haben und Recht beweisen können, ist zweierlei“. Dem Auftragnehmer sei deshalb dringend empfohlen, rechtzeitig alle Unterlagen und Beweismittel zu sichern, so dass man im Streitfall die Auswirkungen des Coronavirus zu dem konkreten Vertrag nachweisen kann.

Ausblick

Vertrag kommt von Vertragen. Es bleibt zu hoffen, dass die Vertragsparteien, im Hinblick auf die bei Vertragsschluss noch nicht bekannte Corona-Infektionsgefahr, Vernunft zeigen und nicht die Rechtsposition bis ins Letzte ausnutzen. In der Tourismusbranche haben sich zum Teil schon die Reiseveranstalter mit ihren Kunden zugunsten der Reisenden arrangiert -insbesondere bei Kreuzfahrten wurden die Stornokosten und Fristen zum Teil deutlich verkürzt. Ein namhafter Veranstalter hat seine Stornofrist von 60 Tagen auf 22 Tage reduziert.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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