Große Blütenwogen und ein ausgeklügeltes Farbenspiel

Das große Blumenbeet der ega Erfurt

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Blumenbeete Historische Parks und Gärten
Sommerblumen: von Rudbeckia bis Verbena. Foto: Christine Orel

Mit knapp 6000 m² gilt das große Blumenbeet der ega Erfurt als die größte zusammenhängende, ornamental bepflanzte Fläche Europas und wird seit 1961 jährlich wechselnd gestaltet. In diesem Bundesgartenschaujahr findet auf den insgesamt fast 400 m langen Blumenbeeten der Leistungswettbewerb der Freilandschmuckpflanzen statt.

Zehn Gärtnereibetriebe aus vielen Bundesländern präsentieren dort ihre liebevoll kultivierten Pflanzen. Nach einem komplexen System hat das Planungsbüro Orel+Heidrich aus Herzogenaurach die Gestaltung und die Kulturlisten so konzipiert, dass jeder der Gärtner möglichst viele Bewertungsaufgaben des Wettbewerbes erfüllen kann. Große Blütenwogen schwingen über das gesamte Gelände, in einem steten Hin und Her von kalten und warmen Farbtönen und unterschiedlichen Höhenstaffelungen.

Nun, wie muss man sich diesen gärtnerischen Wettbewerb vorstellen, der letztendlich die Planungsabläufe definiert? Die sich beteiligenden Gärtner erhoffen für ihre Beiträge gute Wertungen, die zu guter Letzt in der Übergabe von Urkunden und Medaillen enden sollen. Damit aber im Gartenschaugelände gelieferte und gepflanzte Blumen bewertbar sind, ist ein umfassender Kriterienkatalog zu erfüllen. Nehmen wir einmal das Beispiel Stiefmütterchen: es gibt großblütige, kleinblutige, solche mit Auge, solche ohne Auge. Es gibt Stiefmütterchen mit einer Fahne, die eine andere Farbe trägt, als die restlichen Petalen und es gibt sogar Stiefmütterchen mit gewellten Blütenrändern. Nun all das will gewertet werden. Und dafür gibt es den sogenannten Aufgabenkatalog. Dieser regelt, welche jeweils unterschiedlichen Formen eine eigene Aufgabe darstellen und wie viele Stückzahlen davon gezeigt werden müssen, um für die Juroren eine sinnvolle Menge an Pflanzen zu zeigen, die wenn die Pflanzung in ihrer Gänze sichtbar ist, Rundgänge über das Gelände machen und jede einzelne Sorte betrachten. Auf der folgenden Seite als Beispiel die Tabelle 1 mit der Aufgabenliste für Viola.

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Der Farbplan für das große Blumenbeet. Abbildung: Christine Orel
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Ausschnitt der Fläche F, Frühjahrsflor. Einstreuer in der Fläche: Kronen-Anemone, Schöterich/Goldlack, Vergissmeinnicht und Rote Lichtnelke. Abbildung: Christine Orel
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Sommerblumen: von Rudbeckia bis Verbena. Foto: Christine Orel

Die Anzahl der Sorten pro Aufgabe beträgt in der Regel drei Sorten bei Gruppen mit großem Sortenumfang und zwei Sorten bei Gruppen mit nicht so großer Sortenanzahl. Bei Gruppen mit geringem Sortenumfang (Primula denticulata, hohe Myosotis) und planerisch schwierig zu verwendenden Pflanzen (mehrfarbige Violen) ist nur eine Sorte für die Aufgabenerfüllung angesetzt. Dadurch ist es für den Aussteller möglich, auch bei geringerer Ausstellungsfläche eine gewisse Anzahl von Aufgaben erfüllen zu können. Gleichzeitig kann die planerische Grundidee einer nicht zu großen Buntheit und Vielfaltigkeit mit teilweise sogar plakativer Gestaltung verwirklicht werden. Im Sommerflor verhält sich das nicht viel anders, nur dass dort die Artenvielfalt um ein Vielfaches größer ist und die Sache noch wesentlich komplexer wird. Das sei hier in Tabelle 2 am Beispiel von Rudbeckia bis Verbena gezeigt.

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Ausschnitt der Fläche A, Sommerflor. Einstreuer in der Fläche: Bischofskraut, Sommeraster, Rittersporn, Süßkartoffel, Rotes Lampenputzergras, Zartefedergras. Abbildung: Christine Orel
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Tab. 2: Sommerblumen, von Rudbeckia bis Verbena. Abbildung: Christine Orel

Nun möchte jeder Gärtner ein möglichst breites Sortiment darstellen. Da aber Tagetes meist gelb sind, die Begonien im Normalfall rot-rosa-weiß aber eigentlich überhaupt nicht mit Tagetes zusammenpassen, muss das Farbkonzept so aufgebaut sein, dass jeder Gärtner die ganze Bandbreite seines Sortimentes zeigen kann, aber gleichzeitig der Planer eine Pflanzung entwickeln darf, die hohen ästhetischen Ansprüchen gerecht wird. Häufig sind bei Gartenschauen sehr viele Einzelflächen an sehr vielen unterschiedlichen Standorten zu finden. Dort ist es höchst unkompliziert, die Vielfalt der Sortimente so zu verplanen, dass die Gärtner eine möglichst große Anzahl an Aufgabenerfüllung erhalten und der Planer glücklich mit seinem Konzept ist.

Beim großen Blumenbeet verhält sich das etwas anders. Hier sind die knapp 6000 m² ein kompletter großer Zusammenhang. Daher hat sich nun dieses auf und ab an Farben wie eine Welle von warm nach kalt und wieder zurück ergeben, die Übergangsfarbe immer wieder das neutrale Blau. So können die Gärtner große Vielfalt zeigen. Die Flächen sind Ihnen so zugewiesen, dass sie mal auf einem gelben Mal auf einem gelb-orangen, mal auf einem blau-roten Bereich sind. Und ganz wichtig für die Logistik des Pflanzungsablaufes und auch der Wertbarkeit: auf einer Fläche befindet sich bis auf ganz wenige Ausnahmen immer nur ein Gärtner.

Im Frühjahrsflor gliedern Bänder aus gemischten Tulpen und Laucharten sowie Camassia die über das gesamte Gelände sich erstreckende Blütenwoge. Locker eingestreute Narzissen lockern die Grundbepflanzung auf. Außerdem ziehen sich über das gesamte Gelände besondere Frühlingsblumen wie die Kronen-Anemone (Anemone coronaria) oder der Island-Mohn (Papaver nudicaule). All diese Einstreuerpflanzen wurden von einer wiederum eigenen Gärtnerei kultiviert, die dafür mit Sonderaufgaben in die Wertung geht. Sie ist es auch, die im Sommerflor die an derselben Stelle wie die Tulpenbänder stehenden großen Pflanzen, wie besondere Ziertabaksorten, Gräser, Duftnesseln (Agastache) und vieles mehr kultiviert.

Die große Begrüßungsfläche

Eine Rosa-Lila Woge

Das große Blumenbeet beginnt mit einer riesigen Pflanzfläche mit einer maximalen Ausdehnung von 35 x 25 m. Auf diesen rund 1500 m² ist es besonders wichtig, dass die großzügig schwingenden Blütenwogen markant gestaltet sind. Dabei leistet das indische Blumenrohr (Canna indica), das in den gliedernden Bändern auftaucht mit seinen großen Blättern eine wichtige Aufgabe. Im Kontrast dazu sind in den höhengestaffelten Begleitpflanzen viele Sommerblumen zu finden, die eine hohe Anziehungskraft für Bienen, Hummeln und andere Insekten haben. Eisenkraut (Verbena), Löwenmäulchen (Antirrhinum) oder Schmuckkörbchen (Cosmos) und vor allem Salbei (Salvia) bieten im Sommer ein ideales Feld für Insekten. Die Auswahl ist mit Rosa-Lila weitestgehend Ton-in-Ton gehalten, einige leuchtend rote Akzente wie die Kardinalslobelien (Lobelia) oder die schwarze Purpurperlhirse (Pennisetum glaucum 'Purple Majesty') ziehen den Blick an. Neben der Farbabstufung ist auch das Miteinander der Formen von großer Bedeutung. Aufrechte Blütenkerzen wie die des Rittersporns (Delphinium) durchdringen die Blütenbälle der Spinnenblume (Cleome).

Auch das Frühjahr zeigt den Rosa-Lila-Farbklang. Auf den Bändern ist dort eine spannende Vielfalt von Tulpen, Zierlauch (Allium) und Prärielilien (Camassia) zu bewundern, während sich in den Flächen eine Fülle von Stiefmütterchen verschiedenster Blütengröße als Dauerblüher hervortun. Im Sommer tanzen zartblütige Prachtkerzen (Gaura), das hohe Eisenkraut (Verbena bonariensis) und das Bischofskraut (Ammi visnaga) locker verteilt über den Gruppenpflanzen. Löwenmäulchen (Antirrhinum) und Zinnien (Zinnia) gesellen sich dabei zu Klassikern wie Eisbegonien (Begonia semperflorens) und Petunien (Petunia). Die mehlige Salvie (Salvia farinacea) ist dabei lang blühender Begleiter der Pflanzenkombinationen. Alle Gruppenpflanzen schwingen mit der Richtung der Blütenbänder mit und ergeben dadurch eine riesige Gesamtblumenwoge.

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Ausschnitt der Fläche C, Frühjahrsflor. Einstreuer in der Fläche: Island-Mohn, Schöterich/Goldlack, Vergissmeinnicht. Abbildung: Christine Orel
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Tab. 1: Frühjahrsblumen, Aufgabenliste für Viola. Abbildung: Christine Orel

Sonniges im Blütenjahr

So zeigen sich manche der gelben Bereiche

Eine kleine Frühjahrsblume tut sich hier ganz besonders hervor, der isländische Mohn (Papaver nudicaule). Er ist über die ganze Fläche verteilt in kleinen Gruppen eingestreut. Auf dünnen Stilen schweben über dem Stiefmütterchenteppich schmetterlingsgleich fast handtellergroße zarte Blüten, die ein wahrer Bienenmagnet sind. Im Kontrast dazu sind die Bänder aus dicht gesetzten Tulpen, Prärielilien (Camassia) und Zierlauch (Allium) gestaltet. Tulpen gibt es in einer unglaublichen Vielfalt, die sich auf diesen Bändern zeigt. Gefranste, lilienblütige, gefüllte, frühe, späte, einfache Blütenköpfe - gemeinsam sind sie ein gepflanzter Blumenstrauß. Auch im Sommerflor zeigen sich diese Flächen in sonnig heiterem Gelb-Orange. Zinnien (Zinnia), Studentenblumen (Tagetes), Sonnenhüte (Rudbeckia) aber auch Federbuschcelosien (Celosia) und Sonnenblumen (Helianthus) sorgen für eine lange Blüte und gute Bienenweide.

Manche der Sommerblumen entwickeln sich erst ab Ende Juni Anfang Juli, andere zeigen gleich Farbe. Dieses Miteinander sorgt für eine stete Abwechslung im Blumenbeet. Auch Fruchtstände von Blüten haben einen hohen zierenden Wert. Wird zunächst im Juli und August regelmäßig Verblühtes ausgeschnitten, um neue Blüten anzuregen, so dürfen ab September die schwarzen Knöpfe der Sonnenhüte oder die herbstfärbenden Garben der Gräser mit ihrer morbiden Schönheit zu Ästhetik dieser Pflanzflächen beitragen.

Wichtigstes Ziel einer Sommerblumenpflanzung ist, so kontinuierlich wie möglich Farbe zu zeigen. Daher sind in nicht allzu großer Stückzahl, aber dennoch deutlich spürbar Dahlien in den Sommerflor integriert. Sie zeigen ihre wahre Pracht erst ab Juli-August und bei regelmäßigem Ausknipsen verblühter Blüten bis weit in den Herbst hinein. Da sie ja mit runden Blüten aufwarten, sind sie besonders schön kombinierbar mit straff aufrecht wachsenden Blumen. Salbei (Salvia), mexikanische Duftnessel (Agastache) und Federbusch - Celosien (Celosia) eignen sich dafür besonders gut, da sie eine lange Blütezeit haben.

Die Anordnung der Pflanzen schwingt mit der Gesamtbewegung der Bänder und der Beetformen mit. Darüber hinaus sind sie so gruppiert, dass sie jeweils zum Rasenband hin und zu den Rändern hin niedriger werden. Zur Beetmitte wiederum nimmt die Höhe der geplanten Blumen und Gräser zu. So wird für den Besucher das Durchschreiten des großen Blumenbeetes ein Erlebnis, bei dem sich durch die Anordnung der Pflanzen immer wieder komplett neue Blicke und Perspektiven ergeben. Zu guter Letzt aber ist es so, dass egal wo jeder beliebige Ausschnitt wie ein gepflanzter Blumenstrauß wirkt, der zur Nachahmung im eigenen Garten einlädt. Denn so groß dieses Blumenbeet auch sein mag, es soll Beispiele für alle individuellen Möglichkeiten geben.

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Ausschnitt der Fläche E, Sommerflor. Einstreuer in der Fläche: Blattschmuck, Rotes Lampenputzergras, Witwenblume, Parakresse. Abbildung: Christine Orel
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Ausschnitt der Fläche E, Sommerflor. Einstreuer in der Fläche: Blattschmuck, Rotes Lampenputzergras, Witwenblume, Parakresse. Foto: Christine Orel
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Ausschnitt der Fläche E. Foto: Christine Orel
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Ausschnitt der Fläche E. Foto: Christine Orel

Im Zuge der Gartenschau wurde der Boden des Blumenbeetes aufgebessert. Durch die langjährige Bearbeitung haben sich Verdichtungshorizonte und Nährstoffprobleme geben. Durch den Einbau von Lava und verschiedener Zusatzstoffe im Sommer und Herbst 2020 erhofft man sich hier nun eine Besserung dieses Problems.

Aufgrund der Größe wurde die Arbeit für Pflanzung und Pflege dieser Fläche auf drei Gärtnereien aufgeteilt, um für die gesamte Gartenschau immer einen idealen Zustand der Pflanzung zu haben. Die Blumenzwiebeln wurden dabei im vergangenen November 2020 bereits gelegt, die Frühlingspflanzung findet weit vor Öffnung der Gartenschau ab Mitte März statt und der Wechsel vom Frühlingsflor auf den Sommerflor beginnt ungefähr Ende Mai. Echte Blütenhöhepunkte werden dabei sicherlich Mitte Mai beim Frühlingsflor sein und ab Mitte Juli beim Sommerflor. Doch die Pflanzenauswahl ist so gewählt, dass der Frühlingsflor bis zum Abräumen immer hohe Attraktivität zeigen wird.

Im Sommerflor sind viele Arten dabei, die bereits gleich nach der Pflanzung Farbe zeigen, sodass keine Blühlücke entsteht. Die Pflege wird selbstverständlich neben Wässern und Düngen das regelmäßige Ausknipsen verblühter Seitentriebe beinhalten, sodass stets ein Weitererblühen möglich ist. Doch ab einem gewissen Zeitpunkt baut sich die Pflanze nicht mehr neu auf, sodass auf Rückschnitt verzichtet wird und auf stattdessen die Schönheit welkender Pflanzenteile in den Fokus gestellt wird. Die schwarzen Türme der Sonnenhüte, der morbide Charme welkender Zinnien oder die Färbung so manchen Grases verleihen der Pflanzung im Herbst ihre ganz eigene Stimmung.

Dipl.-Ing. Anna-Carolina Kröner
Autor

Landschaftsarchitektin

Orel + Heidrich Landschaftsarchitekten
Dipl.-Ing. Christine Orel
Autorin

Landschaftsarchitektin

Orel + Heidrich Landschaftsarchitekten

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