Interview mit Bau-Staatssekretärin Anne Katrin Bohle

"Das Grün hat weiterhin einen festen Platz"

In der grünen Branche ist die Enttäuschung groß, dass das erst vor zwei Jahren aufgelegte Bund-Länder Förderprogramm "Zukunft Stadtgrün" bald nicht mehr existieren soll. Der GaLaBau hoffte auf eine Auflösung des Investi-tionsstaus bei urbanem Grün. Christian Münter sprach darüber mit Staatssekretärin Anne Katrin Bohle aus dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Die Entbürokratisierung der Städtebauförderung ist ihr ein großes Anliegen. Doch wie in dem Interview mit der Neuen Landschaft deutlich wird, liegen ihr zugleich die Grün- und Freiflächen besonders am Herzen. Das Gespräch führte Christian Münter.

Warum soll das Städtebau-Förderprogramm "Zukunft Stadtgrün" nur zwei Jahre nach seiner Einführung abgeschafft werden?

Anne Katrin Bohle: Von einer "Abschaffung" kann man nicht sprechen. Die Städtebauförderung ist eines der erfolgreichsten Instrumente, die wir für die Stadtentwicklung haben. Allerdings müssen wir das Instrument für diejenigen, die es am Ende des Tages umsetzen sollen, nämlich unsere Kommunen, etwas einfacher machen. Dazu gehört es, die Vielzahl der Förderprogramme zu verringern.

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Das bedeutet nicht, dass wir irgendeinen der Inhalte, die wir erfolgreich in der Stadtentwicklung implementiert haben, aufgeben werden. Ein ganz wesentliches Merkmal für Städtebauförderung ist nämlich, dass sie integriert gedacht wird. Und da war sicherlich das Programm "Zukunft Stadtgrün" eines, das ein bisschen die Glocke geläutet hat, um zu sagen: Denkt bitte in euren integrierten Stadtentwicklungskonzepten an Klimaanpassung, denkt an die öffentlichen Räume, die sehr häufig grüne Räume sind. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass sie Bestandteile echter integrierter Stadtentwicklung werden.

Ich weiß, dass die grüne Branche - darunter auch die Landschaftsgärtner, die Landschaftsarchitekten, die Baumschüler und die Staudengärtner - ein bisschen Sorge haben, dass sie in dem integrierten Denken einer Kommune nicht auf Augenhöhe mit anderen betrachtet werden. Ich kann aber aus meiner über zehnjährigen Erfahrung sagen, dass in den Kommunen die Gedanken von der Notwendigkeit städtischen Grüns und über die Kommunen hinausgehenden Grünzügen weit verbreitet sind. Und ich bin der festen Überzeugung: Im Rahmen von integrierten Konzepten hat das Grün weiterhin einen festen Platz.

Hätte man dem Programm nicht Zeit geben müssen, bei den Nutzern in den Kommunen bekannt zu werden? Hätte das Programm, wenn es länger gelaufen wäre, nicht mehr Nachfrage nach Mitteln erzeugt, als jetzt im Haushalt vorgesehen sind?

Anne Katrin Bohle: Wir haben aus Mitteln der Städtebauförderung viel, viel mehr als 50 Mio. Euro für städtisches Grün ausgegeben, lange bevor es das Programm "Zukunft Stadtgrün" gab. Beispielsweise im Förderprogramm "Stadtumbau": Dort hat die Wegnahme von Wohnungsbeständen im Allgemeinen dazu geführt, dass renaturiert wurde. Ein Muster dafür ist der Emscher-Grünzug in Nordrhein-Westfalen. Er wurde vor allem mit Geld aus den Förderprogrammen "Stadtumbau" und "Soziale Stadt" finanziert.

Vom Programm "Soziale Stadt" sind auch viele Mittel in das Grün der Ankommensstadtteile geflossen. Die Menschen brauchen dort öffentliche Flächen, die nicht nur der Erholung sondern auch der Begegnung dienen. Das sind Parks, Stadtwälder, begrünte Plätze oder auch Spielplätze. Das gute daran war, dass auf partizipative Prozesse gesetzt wurde. So haben sich die Menschen selbst mit der Notwendigkeit von Grün, Durchlüftung und Klimaanpassung auseinandergesetzt.

Wie soll es jetzt weitergehen? Der Bundestag hat die Bundesregierung in einem Beschluss zur Städtebauförderung bereits aufgefordert, im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel "die Grün- und Freiflächen als Element der nachhaltigen Stadtentwicklung weiter zu stärken". Auch die Länder müssen sicher beteiligt werden.

Anne Katrin Bohle: Das ist das Erfolgsrezept der Städtebauförderung: Wir sind in einer Partnerschaft von Bund, Ländern und Kommunen. Wir klären jährlich mit einer Verwaltungsvereinbarung die Schwerpunkte und die Spielregeln. Das ist in der Tat ein partnerschaftlicher Austausch, auch wenn wir, der Bund, als mit maßgeblicher Geldgeber, diese Spielregeln definieren. Und da werden wir das Ansinnen des Deutschen Bundestages sehr, sehr deutlich machen, welche Bedeutung Grün- und Freiflächen als Elemente städtebaulicher Entwicklung haben.

Es ist jetzt die Rede davon, dass die Grün- und Freiflächen in der Präambel der Städtebauförderung noch einmal erwähnt werden sollen, was bisher nicht der Fall war?

Anne Katrin Bohle: Ja. Die Frage ist, wo manifestieren wir es stärker. Ich kann mir durchaus auch eine doppelte Erwähnung vorstellen. Nicht nur in der Präambel auch innerhalb der Versäulung des Städtebauförderungsgesetzes könnte die Stärkung der Grün- und Freiflächen gesondert als Ziel definiert werden. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, Präambeln und Einleitungen werden von den Nutzern der Förderprogramme immer sehr genau gelesen. Denn die Kommunen wollen mit ihren Begehren reussieren. Und deshalb ist es gut und richtig, sich genau anzugucken, welche Zielsetzung verfolgt der Gesetzgeber, der Geldgeber, damit?

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Sybille Benning hat vorgeschlagen, von den gesamten verfügbaren Mitteln für die Städtebauförderung eine Quote von 15 Prozent für das Stadtgrün festzulegen. Würden sie soweit gehen wollen, dass man eine Quote nimmt, um die Umsetzungssicherheit zu gewährleisten?

Ich würde dringend davor warnen, die Mittel für das Grün auf 15 Prozent zu deckeln, weil wir de facto bereits heute deutlich mehr als diese 15 Prozent über alle Städtebauförderprogramme hinweg ausgeben. Wenn ich mir die Umsetzung der Städtebauförderprogramme in den Ländern angucke, dann kann ich guten Gewissens sagen, dass Anteile die deutlich über 15 Prozent liegen, im grünen Sektor landen.

Außerdem: Es wäre eine zusätzliche Aufgabe für die Kommunen, genau Buch über die Quote für das Grün zu führen. Das kann man einfacher tun. Und zwar durch Stichproben, wenn man sich genau die zu beschreibenden integrierten Maßnahmen ansieht. Die Länder müssen darüber berichten und die Programme werden am Ende des Tages vom Bund abgenommen.

Was in der Förderung bislang fehlen mag, ist die Pflege der Grünflächen. Städtebauförderung ist ein investives Programm, wir fördern nicht den Betrieb. Das ist eine Verantwortung, die in die jeweilige Kommune fällt. Ich glaube, es würde sich lohnen, dass wir ins Gespräch kommen: Wie gehen wir mit den Flächen um, die wir haben? Wie stellen wir sicher, dass sie bleiben? Denn auch da haben viele Kommunen unter dem Druck der Haushaltskonsolidierung nolens volens sparen müssen, was auch den einen oder anderen Zustand von öffentlichen Freiflächen erklärt. Ich glaube, darüber müssen wir uns Gedanken machen.

Grün ist für mich der ganz maßgebliche Faktor bei der Klimaanpassung. Wir wollen deshalb die Klimaanpassung durch Stadtgrün in der Begleitforschung genauer evaluieren lassen. Werben möchte ich bei allen Kommunen dafür, dass sie bei der Städtebauförderung alle Fachbereiche ihrer Stadt mit einbeziehen und insbesondere da natürlich auch diejenigen, die sich um Frei- und die Grünflächen in einer Stadt kümmern.

Was halten Sie von der vom Verbändebündnis Wohnungsbau vertretenen Auffassung, dass Auflagen für Dachbegrünungen ein "Kostentreiber für den Wohnungsbau" seien?

Anne Katrin Bohle: Ich glaube, dass in der Tat jegliche Form von Bauwerks- oder Dachbegrünung im Hinblick auf den Klimawandel eine große Bedeutung hat. Ob das Hitze ist, ob das Starkregen ist, ob das Feinstaub ist oder ob das Lärmbelastung ist. Gerade diese Elemente schlucken nicht nur, sondern können, wenn sie intelligent angewandt werden, erheblich zu einer viel größeren baulichen Dichte führen. Das ist auch wieder interessant für den Bereich des Wohnungsbaus und der Investitionen. Es ist aktuell Gegenstad unserer Forschung im BMI. Ich setze mich sehr stark dafür ein, dass wir insbesondere bei Liegenschaften des Bundes eine Vorbildfunktion einnehmen.

Ich habe die Hoffnung, dass Überzeugung, Argumente und Erfahrungen aller, auch mit dem Instrument zum Beispiel von Dachbegrünung, Fassadenbegrünung etc. in sich wirkt und nicht über Vorgabe gesteuert werden muss. Überzeugte Menschen machen engagierter und stärker mit, investieren auch lieber und das gehört auch zu unserer Verantwortung im Rahmen der Anforderungen an den Klimawandel.

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