GaLaBau und Recht: Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Der Anfall und die Vergütung von Tagelohnarbeiten - Immer wieder Gegenstand von Auseinandersetzungen

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Wenn es um die Vergütung von Tagelohnarbeiten geht, sind Auftraggeber und Auftragnehmer häufig unterschiedlicher Auffassung. Foto: reichdernatur, Fotolia

Wenn es um die Vergütung von Tagelohnarbeiten geht, sind Auftraggeber und Auftragnehmer häufig unterschiedlicher Auffassung. Damit es nicht zu einem der ungeliebten langwierigen Baurechtstreite kommt, geben Auftragnehmer oft nach und vergleichen sich über ihre Tagelohnforderung mit dem Auftraggeber.

Aus zahlreichen Fällen lässt sich ersehen, dass Auftragnehmer "des lieben Friedens willens" meistens weitaus mehr nachgeben, als sie aufgrund der vertraglichen Situation eigentlich müssten. Wegen eigener Versäumnisse schätzen Auftragnehmer ihre Rechtsposition schlechter ein, als sie tatsächlich ist und geben sich mit einem nachteiligen Vergleich zufrieden.

Die Regelung in BGB und VOB

Das BGB enthält im Werkvertragsrecht keine Regelung, die sich näher mit der Vereinbarung und Abrechnung von Tagelohnarbeiten befasst. Auch die zum 01.01.2018 in Kraft getretene umfangreiche Gesetzesreform zum Werkvertragsrecht lässt zur Tagelohnvergütung Regelungen vermissen, für die es für den Gesetzgeber durchaus genügend Anlass gegeben hätte.

Dagegen gibt es in der VOB in § 2 und in § 15 VOB/B Bestimmungen, die allerdings nur anwendbar sind, wenn die VOB zwischen den Vertragsparteien auch vereinbart ist und der schriftliche Vertrag keine abweichenden Regelungen enthält. § 2 Abs. 10 VOB/B bestimmt, dass Stundenlohnarbeiten nur vergütet werden, wenn sie vor Beginn der Arbeiten ausdrücklich vereinbart worden sind. Wie die Vergütung erfolgt und wie die Abwicklung mit den Tagelohnzetteln gehandhabt werden soll, regelt § 15 VOB/B näher.

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In einem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichts München vom 27.04.2016 (Az. 28 U 4738/03 Bau) ist es trotz aller vertraglichen Vorsicht des Auftraggebers zu dessen Verurteilung auf Zahlung der Stundenlohnrechnung gekommen. Foto: parallel_dream, Fotolia

Der Beitrag hier soll sich allerdings nur mit der Rechtslage befassen, wenn ein Auftraggeber eine geforderte Stundenlohnvergütung nicht bezahlen will.

§ 2 Abs. 10 VOB/B und Schriftformklauseln

Keinen allzu großen Schutz des Auftraggebers bietet § 2 Abs. 10 VOB/B. Die Rechtsprechung ist erfahrungsgemäß sehr großzügig mit der Vereinbarung einer Tagelohnabrede. Das gilt insbesondere dann, wenn der Richter erkennt, dass der Auftraggeber für die im behaupteten Tagelohn erbrachten Arbeiten eine sinnvolle Leistung erhalten hat. Um sich zu schützen, verlangen Auftraggeber in ihren Vertragstexten oder Bedingungen für die Vereinbarung von Tagelohn die Schriftform. Wenn man weiß, wie leicht derartige Schriftformklauseln nach der Rechtsprechung durch eigenes Handeln des Auftraggebers aufgehoben oder umgangen werden können, wird man der Schriftformklausel keine allzu große Bedeutung beimessen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Auftragnehmer zweifelsfrei nachweisen kann, dass der Auftraggeber mehrfach mündlich Tagelohnarbeiten auf der Baustelle angeordnet und später auch anstandslos bezahlt hat.

Neues Urteil des OLG München

In einem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichts München vom 27.04.2016 (Az. 28 U 4738/03 Bau) ist es trotz aller vertraglichen Vorsicht des Auftraggebers zu dessen Verurteilung auf Zahlung der Stundenlohnrechnung gekommen. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Beim Bau eines Gymnasiums enthält der Bauvertrag hinsichtlich des Tagelohns folgende Klausel: "Für anfallende Stundenlohnarbeiten, die nur auf besondere schriftliche Anordnung der Bauleitung ausgeführt werden dürfen, werden folgende Verrechnungssätze angeboten…".

Obwohl diese Klausel für einen Auftragnehmer verständlich und zweifelsfrei sein müsste, führte der Auftragnehmer von der Bauleitung des Auftraggebers mündlich angeordnete Stundenlohnarbeiten aus. In zweiter Instanz war es unstrittig, dass diese Arbeiten notwendig und sinnvoll gewesen sind. Obwohl die Bauleitung des Auftraggebers die Stundenlohnzettel zum Teil sogar unterschrieben hatte, erkennt der Auftraggeber wegen fehlender schriftlicher Beauftragung nur einen Teil der vereinbarten Verrechnungssätze an.

Das Oberlandesgericht München hält die vom Auftraggeber verwandte Schriftformklausel nicht als unangemessen. Sie sei aus Beweisgründen durchaus für beide Seiten sinnvoll. Das Fehlen der Schriftform für die Stundenlohnvereinbarung wird nach Meinung des Gerichts auch nicht durch die teilweise unterschriebenen Stundenlohnzettel geheilt. Die Unterschriften unter den Stundenlohnzetteln sollen die vereinbarte Schriftform nicht ersetzen können. Das Gericht vertritt in einem Zwischenergebnis die Meinung, dass für die ausgeführten Stundenlohnarbeiten der Auftragnehmer keine Vergütung nach Stundenlohngrundsätzen verlangen könne. Diese Meinung erscheint auch nicht unbillig, da der Auftragnehmer durchaus den Vertrag kannte und sich an die Schriftformklausel hätte halten müssen.

Das Gericht meinte in seinen weiteren Urteilsgründen sodann dennoch dem Auftragnehmer eine Vergütung zusprechen zu können, indem es auf § 2 Abs. 8 VOB/B in Verbindung mit § 670 BGB verweist. Für einen derartigen Anspruch bedarf es noch nicht einmal der Anordnung des Auftraggebers. Allein der Umstand, dass die im Tagelohn erbrachten Leistungen für die Erfüllung des Vertrages notwendig waren und dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen, soll ausreichen, um dem Auftragnehmer dem Grunde nach einen Vergütungsanspruch zuzusprechen. Maßgeblich ist dabei auch insbesondere die Vorschrift des § 670 BGB der wie folgt lautet: "Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrages Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet."

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Angefallenen Tagelohn im schlimmsten Fall gerichtlich geltend machen. Oft helfen die Gerichte beziehungsweise es kommt zu einem Vergleich, der allemal besser ist, als der Totalverlust der Tagelohnansprüche. Foto: Grecaud Paul, Fotolia

Das Oberlandesgericht München hat sodann dem Auftragnehmer die Vergütung für die geltend gemachten Tagelohnarbeiten in der Höhe zugesprochen, die nach Vertrag für andere Tagelohnarbeiten, die unstreitig beauftragt waren, gelten sollten.

Meinung des BGH zur Höhe der Vergütung

Abweichend von der Meinung des Oberlandesgerichts München hat der Bundesgerichtshof in einem lange zurückliegenden Rechtsstreit aus dem Jahr 1992 dem damaligen Auftragnehmer eine Vergütung in ortsüblicher Höhe zugesprochen, so wie es § 15 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B vorsieht, wenn die Parteien über die Höhe der Vergütung der Stundenlohnarbeiten keine Vereinbarung getroffen haben. Der Bundesgerichtshof begrenzt allerdings diesen Anspruch auf die Höhe der Vergütung, die bei ordnungsgemäßer schriftlicher Beauftragung dem Grunde und der Höhe nach vereinbart gewesen wäre. Das heißt, das Gericht will den Auftragnehmer nicht besser stellen, wie wenn der Auftragnehmer sich hinsichtlich seiner Forderungen an die Schriftform und damit an den Vertrag gehalten hätte.

Haftung des Bauleiters?

Wenn ein Bauleiter Aufträge im Tagelohn für seinen Bauherrn erteilt und der Bauherr im Nachhinein der Meinung ist, diese Aufträge seien mangels Vollmacht nicht wirksam erteilt worden, sollte ein anwaltlicher Vertreter des Auftragnehmers jeweils überlegen, ob er in einem Rechtsstreit nicht dem Bauleiter des Auftraggebers den Streit verkündet. Die Streitverkündung sollte unter Bezugnahme auf § 179 BGB erfolgen, da nach dieser Vorschrift ein Vertreter ohne Vertretungsmacht allzu leicht in die Haftung geraten kann. Eine solche dem Bauleiter des Auftraggebers vom Gericht zugestellte Streitverkündung übt auf alle Fälle Druck auf den Bauleiter aus. Aufgrund der Streitverkündung muss er mit seiner persönlichen Inanspruchnahme durch den Auftragnehmer rechnen. Dieser Druck verfehlt oft nicht seine Wirkung, den Auftraggeber zu veranlassen, mündlich erteilte Tagelohnarbeiten doch noch zu vergüten.

Kann der Text eines Tagelohnzettels weiterhelfen?

Nachdem Tagelohnzettel selbst, wenn sie unterschrieben sind, zumeist nicht ausreichen, um eine Tagelohnvergütung in jedem Fall durchsetzen zu können, sollte man sich überlegen, ob es nicht eine andere Möglichkeit gibt, den Auftraggeber oder einen anderen Dritten zur Zahlung der Tagelohnvergütung zu verpflichten. Ein erster Schritt könnte die Umformulierung des Textes der gebräuchlichen Tagelohnzettel sein. Wenn man einleitend auf dem Tagelohnzettel folgenden Text dann bringt: "Hiermit wird der erteilte vergütungspflichtige Auftrag bestätigt, es wurden am … folgende Leistungen erbracht: …"

Sodann können die Leistungen selbst und die aufgewandten Stunden in der für Tagelohnzettel üblichen Art und Weise aufgeführt werden. Derjenige, der den Tagelohnzettel unterzeichnet, bestätigt mit seiner Unterschrift zumindest erst einmal den Auftrag zum Tagelohn, so dass mit der Unterschrift unter einem solchen Text wohl zumindest für einen Richter die Vermutung gegeben ist, dass tatsächlich ein Tagelohnauftrag erteilt wurde. Dieser Text würde auch der Schriftform genügen. Gleichzeitig wäre damit auch klargestellt, dass der Unterzeichner des Tagelohnzettels einen Auftrag erteilt hat, so dass es deutlich schwieriger wäre, im Nachhinein jegliche Verpflichtung gegenüber dem Auftragnehmer abzustreiten. Ich bin mir bei meinem Vorschlag durchaus darüber im Klaren, dass eine solche Verpflichtung rechtlich nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Der Formulierungsvorschlag stellt allerdings einen Versuch dar, die bei Abrechnungsstreiten immer wieder gegebenen Schwierigkeiten wenigstens teilweise zu umgehen. Als jahrzehntelang ausschließlich auf dem Gebiet des zivilen Baurechts tätiger Rechtsanwalt, kann ich nur raten, angefallenen Tagelohn im schlimmsten Fall auch gerichtlich geltend zu machen. Oft helfen die Gerichte beziehungsweise es kommt zu einem Vergleich, der allemal besser ist, als der Totalverlust der Tagelohnansprüche.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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