Das "Stadtgrün" und die "grüne Infrastruktur" haben ausgedient

Der "Masterplan Stadtnatur" ist ein politischer Strategiewechsel

Ging es um öffentliche Grünflächen, hatte sich in den letzten zwei Jahren das Schlagwort "Stadtgrün" eingebürgert. Es stand für die Multifunktionalität von Freiräumen und ging in ein Grün- und ein Weißbuch sowie ein Städtebauförderprogramm ein. Im Mai beschloss die Bundesregierung einen "Masterplan Stadtnatur". Wir haben uns das Papier genauer angesehen und festgestellt, dass es einen politischen Strategiewechsel markiert. Ab jetzt gilt das Primat des Naturschutzes. Doch dem Bund fehlt es an Geld, ihn durchzusetzen.

Stadtnatur

Ein Schlagwort macht Karriere: Bis vor zwei Jahren stand "Stadtnatur" im Bundesamt für Naturschutz (BfN) noch für ein naturschutzgeprägtes Segment urbanen Grüns. Im neuen Masterplan ist aus dem Segment das strategische Ziel geworden: "Stadtnatur ist für die Menschen von hohem Wert und bietet vielfältige Nutzungsmöglichkeiten. Sie bedeutet Lebensqualität, Gesundheit, Erholung, Bewegung und Naturerfahrung." Sie umfasse alle Lebensräume einer Stadt, die für die Artenvielfalt von Bedeutung seien. "Damit reicht Stadtnatur vom Einzelbaum, über den insektenfreundlichen Garten bis hin zum renaturierten Bachlauf und naturnahen Stadtwald." Im Masterplan ist die "Stadtnatur" der beherrschende Begriff: Auf 24 Seiten kommt er 59 Mal vor.

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Stadtgrün und grüne Infrastruktur

Während das Schlagwort "Stadtnatur" im Masterplan aufsteigt, verlieren die Begriffe "Stadtgrün" und "grüne Infrastruktur" in dem Papier an Bedeutung. Sie kommen dort insgesamt noch 13 Mal vor. Sie haben ausgedient. "Stadtgrün" und "Stadtnatur" werden synonym verwendet, oft in der Kombination "Stadtnatur und Stadtgrün". Ähnlich ergeht es der "grünen Infrastruktur": Gleich auf den ersten Seiten des Masterplans wird klargestellt, "Stadtnatur ist damit grüne Infrastruktur". Begründung: Fehlanzeige.

Heimische Pflanzen

"Die Menschen sollen vor ihrer Haustür die Schönheit und Leistungsfähigkeit unserer heimischen Tier- und Pflanzenwelt erfahren und genießen können", heißt es im Masterplan. Es ginge "um eine Aufwertung des Grüns in unseren Städten im Hinblick auf eine höhere Vielfalt an heimischen Tieren und Pflanzen". Dass viele heimische Arten mit dem Klimawandel nicht zurechtkommen wird ignoriert.

Bäume und Wälder

Stadtbäume werden im Masterplan nur ein Mal erwähnt. Über sie soll mehr geforscht werden. Der Schwerpunkt des Papiers liegt bei naturnahen Stadtwäldern. Es soll künftig mehr von ihnen geben, denn sie dienen als Modellvorhaben für "naturbasierte Lösungen". Zu den Nöten der Straßenbäume im Klimawandel gibt das Papier gar keine Auskunft.

Öffentliches Grün

An öffentlichen Grünanlagen interessieren dem Masterplan zufolge vor allem "vielfältig und naturnah gestaltete Bereiche". Sie sollen "gemeinsam mit Stadtwäldern, Brachen mit Spontanvegetation, Strukturelementen wie Hecken und Säume an Agrarflächen sowie Gewässern mit deren Auen" ein Gerüst städtischer Vernetzung bilden. Gestaltetes Stadtgrün wird zwar freundlich erwähnt. Im Mittelpunkt der Förderung sollen jedoch "Maßnahmen zur naturnahen Gestaltung von Grünflächen" sowie "zur Erhaltung von Lebensräumen für stadttypische und gefährdete Tier- und Pflanzenarten" stehen.

Finanzierung

Wie die großen Vorhaben des Masterplans finanziert werden sollen, ist unklar. Keine Auskunft gibt das Papier zum Umfang der Mittel im geplanten Förderschwerpunkt Stadtnatur beim Bundesprogramm Biologische Vielfalt. Das Papier verweist zudem auf das Städtebauförderprogramm "Zukunft Stadtgrün". Vorsichtshalber gibt es den Hinweis, "Grünstrukturen erfüllen auch wichtige Ziele der weiteren Städtebauförderprogramme und sind somit auch dort förderfähig". Ein konkreter Betrag wird auch hier nicht genannt.

Die FLL wird nicht erwähnt

"Handlungsempfehlungen und Leitfäden, die auf den neuesten Erkenntnissen beruhen", sollen laut Masterplan unterstützt werden, doch die jahrzehntelange Arbeit der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) wird nicht erwähnt. Stattdessen soll ein "Dialog mit Berufsverbänden, Kammern und Hochschulen" eingeleitet werden, mit dem Ziel, die Fachkompetenzen in der Aus- und Weiterbildung rund um Stadtnatur zu erweitern". Die Bundesregierung behält es sich vor, künftig selbst einen "Werkzeugkasten" mit Handlungsempfehlungen und Leitfäden dazu vorzulegen.

Neue Verantwortlichkeiten

Die freiraumbezogenen Richt- und Orientierungswerte für die Grünausstattung der Städte liegen künftig liegen künftig in den Händen des Bundesamts für Naturschutz und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBR). Für das Regelwerk "Niederschlagsmanagement", einschließlich Schwammstadtprinzip, Hochwasservorsorge, Klimaanpassung und Gewässerökologie, ist die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) zuständig. Um die Identifikation von Entsiegelungspotenzialen und die Überprüfung der Rechtslage zu Entsiegelungsmaßnahmen kümmert sich das Umweltbundesamt.

Staatlich gelenkte Forschung

Für die "transdisziplinäre Forschung" zur Qualifizierung der Stadtnatur sind künftig das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), das Bundesamt für Naturschutz (BfN), das Umweltbundesamt und das Julius Kühn-Institut (JKI) zuständig. Der "angewandten Forschung aus den Umwelt-, Planungs- und Gartenbauwissenschaften sowie Erfahrungen aus der Praxis" wird lediglich die Aus- und Weiterbildung zugewiesen.

Naturschutz-Akteure

Das Bündnis "Kommunen für biologische Vielfalt" e. V. soll sich als kommunale Plattformen für Stadtnatur etablieren. Es hatte sich durch ein Stadtgrün-Projekt gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe empfohlen. Dafür bekommt es öffentliche Gelder und soll eine besondere Rolle beim Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die kommunale Praxis spielen. Die Kommunen werden angehalten, mit "zivilgesellschaftlichen Organisationen", unter anderem aus den Bereichen Naturschutz, Landwirtschaft, Gartenbau, Gartendenkmalpflege und Kunst, eine "vorbildliche Zusammenarbeit" zu praktizieren.

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