Der Weg in die Zukunft

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Glyphosat Pflanzenschutzforschung
Nematoden können auch zur Bekämpfung der Larven des Eichenprozessionsspinners eingesetzt werden. Foto: LWG

Der Trend hin zum biologischen Pflanzenschutz gewinnt zunehmend an Bedeutung. Einer der Hauptgründe dafür ist, dass der Einsatz von chemischen Mitteln, wie zum Beispiel Glyphosat, von den Verbrauchern immer kritischer gesehen wird. Im Gegensatz dazu stehen die vielen Vorteile des biologischen Pflanzenschutzes, auf die der Kunde bei Nahrungsmitteln und im Garten immer mehr Wert legt.

Einige dieser Möglichkeiten, beispielsweise die Bekämpfung von Schädlingen im Rasen, sind vielfach ohne Alternative. Wie der Einsatz von Nematoden zum Beispiel gegen die Larven des Buchsbaumzünsler oder des Eichenprozessionsspinners zeigt, bietet der biologische Pflanzenschutz zunehmend mehr Möglichkeiten.

Biologische Produkte wirken zudem sehr spezifisch. Sie greifen auf natürliche Gegenspieler von Schadorganismen sowie auf Naturstoffe zurück. Gerade auf mikrobiellen Antagonisten und Nützlingen beruhende biologische Verfahren zeichnen sich durch eine hohe Selektivität aus. Diese ist mit einer geringen Gefährdung für den Menschen und den Naturhaushalt verbunden. Das reduziert auch die Gefahr von Resistenzbildungen, die bei chemischen Produkten in der Vergangenheit häufig aufgetreten sind.

Früher stand der biologische Pflanzenschutz im Schatten des chemischen Pflanzenschutzes. Mittlerweile hat er sich aber zum Juniorpartner entwickelt und gehört inzwischen zum Standard eines modernen Schädlingsmanagements. Die Gründe dafür sind einerseits die Reduzierung der Wirkstoffe im Bereich des chemischen Pflanzenschutzes durch die EU und andererseits auch die Regelungen, die auf nationaler Ebene zum Beispiel durch den Nationalen Aktionsplan als Vorgabe dienen.

Hinzu kommt, dass chemische Pflanzenschutzmittel zunehmend ins Kreuzfeuer der Öffentlichkeit geraten. Ein Beispiel ist der Wirkstoff Glyphosat der bei Untersuchungen sowohl im Menschen als auch in Nahrungsmitteln festgestellt wurde. Eine weitere Zulassung durch die EU wurde daraufhin verzögert. So ist es wenig verwunderlich, dass der Trend in der Bevölkerung sich hin zum biologischen Pflanzenschutz entwickelt. Dieser Trend wird dadurch unterstützt, dass mittlerweile Nützlinge mit hohem Potenzial die Verwendungsmöglichkeiten erweitern.

Die industrielle Nutzung biologischer Prozesse gehört zurzeit mit zu den innovativsten Wissenschafts- und Wirtschaftszweigen. Zu diesem weiten Forschungsbereich gehören zum Beispiel die genetische Modifizierung von Nematoden, Mikroorganismen und Pilzen. So hat beispielsweise die Firma BASF im Zuge dieser Entwicklung im Oktober 2015 eine erweiterte Produktionsanlage in Großbritannien eröffnet. Auf Grund der beträchtlich verstärkten Nachfrage der letzten fünf Jahre wurde die Produktionskapazität bei nützlichen Nematoden verdoppelt. Mittlerweile stehen sechs verschiedene Arten von Nematoden zur Verfügung.

Was sind eigentlich Nematoden? Es handelt sich dabei um den sehr artenreichen (über 20.000 Arten) Stamm der Fadenwürmer ("nema": griech. = Faden), die sehr klein (<1mm) sind. Diese leben meist parasitär. Sie besitzen ein sehr großes Beutespektrum und können Krankheiten bei Pflanzen, Tieren und Menschen verursachen. Aus dieser Gruppe werden insektenparasitäre Arten insbesondere aus den Familien Steinernematidae und Heterorhabditidae zur Bekämpfung tierischer Schädlinge eingesetzt. Dabei dringen die Nematoden durch Körperöffnungen (Haut, Atemröhrensystem, Darm) in die Larve des Schädlings, zum Beispiel Dickmaulrüsslers, ein und geben Bakterien ab. Daraufhin stirbt die Larve, in der sich die Nematoden weiterhin vermehren und sich anschließend neue Wirte suchen. Der Vorteil der Nematoden besteht darin, dass sie keine Zulassung nach Pflanzenschutzrecht benötigen.

Als Nachteile werden oft genannt, dass bei der Ausbringung von Nützlingen Fachwissen vorliegen sollte, Geduld erforderlich ist und die Ausbringung teurer ist. Im Hinblick auf die Ausbringung von Nematoden stehen für kleinere Flächen (unter 50 m²) ein Gießbalken und für größere Flächen (über 50 m²) ein Dosiergerät (Düse mit Stellung Ne - für Nematoden), das direkt an die Wasserleitung angeschlossen wird und automatisch die richtige Konzentration an Nematoden zuführt, zur Verfügung. Die Vorteile überwiegen jedoch, da keine Resistenzen entstehen und keine chemischen Rückstände auf der Nahrung verbleiben - kurz gesagt keine Gefahr für Mensch und Tiere besteht. Nach der Einschätzung von Experten werden Biologika (Wirkstoffe, die aus natürlichen Materialien wie zum Beispiel Pflanzen, Bakterien oder Pilzen stammen) zunehmend an Bedeutung gewinnen. Es wird vermutet, dass der weltweite Markt für diese Mittel schneller wachsen wird als der für chemische Pflanzenschutzmittel. Diese Entwicklung unterstützt auch der "Nationale Aktionsplan zum nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln" (NAP). Dieser sieht einen verstärkten Einsatz biologischer Produkte für die Zukunft vor. Die folgenden Beispiele bieten nur einen kleinen Einblick in die Vielfalt der heutigen Möglichkeiten.

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HM-Nematoden gegen Dickmaulrüssler und Gartenlaubkäfer. Foto: Frank Angermüller
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Der gefräßige Dickmaulrüssler mit Larve und Puppe. Foto: LWG
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Nematoden befallen die Larve einer Trauermücke. Foto: LWG

Die Klassiker

Nematoden werden seit rund 15 Jahren verstärkt im Garten- und Landschaftsbau gegen verschiedene Larven im Boden eingesetzt. Bei der Bekämpfung der Larven von Dickmaulrüssler, Engerlingen, Erdraupen und der Tipula-Larven sind sie heute nicht mehr wegzudenken. Der Erfolg des Einsatzes von Nematoden hängt jedoch von den Kenntnissen über die Ausbringung (Schadorganismus, Zeitraum, Larvenstadium, Feuchtigkeit, Temperatur) ab.

Nematoden können mittlerweile nicht nur gegen die Larven, sondern auch gegen adulte Käfer (z.B. Dickmaulrüssler) eingesetzt werden. So gibt es im Handel Holzbretter mit Nuten zu kaufen, die in den Nuten in Gel eingelegte Nematoden (SF) enthalten. Versteckt sich der nachtaktive Käfer tagsüber unter den Brettern so kommt er in Kontakt mit den Nematoden. Eine Bekämpfung ist somit in der Regel von Mai bis September möglich. Über ein Refill (Wiederbefüllung) können die Nematoden wieder ergänzt werden.

Wissenswertes zur Ausbringung von Nematoden:

  • Bestimmung der Schadorganismen - Auswahl geeigneter Nematoden
  • Zeitpunkt der Ausbringung hängt vom Schadorganismus ab
  • Nach Lieferung Nematoden kühl lagern (nicht einfrieren!) - falls sie nicht sofort ausgebracht werden können
  • Ausbringung am frühen Morgen oder am Abend (da UV-empfindlich)
  • Fläche, die behandelt werden soll, gleichmäßig vorwässern
  • Mischung mit Dünger ist möglich
  • Mischung mit Fungiziden/Insektiziden (siehe Anwendungshinweise)
  • Fläche nach Ausbringung wässern
  • Boden sollte zwei bis drei Wochen nach der Ausbringung nicht austrocknen
  • Erfolgskontrolle unterschiedlich (zum Beispiel Rotfärbung der Larven beim Dickmaulrüssler)
  • Für den Menschen und Haustiere (Wirbeltiere) sind sie ungefährlich, da alleine schon eine Körpertemperatur von 36 °C für sie problematisch ist.
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Maikäfer mit Pilz infiziert. Foto: LWG

Die Newcomer

Nematoden gegen Schnecken

Für die Bekämpfung von Schnecken werden PH-Nematoden (Phasmarhabditis hermaphrodita) eingesetzt. Sie sind mit den bekannteren Gattungen Steinernema und Heterorhabditis verwandt. Auch ihre Wirkungsweise ist diesen sehr ähnlich. Die Nematoden dringen durch die Mantelhöhle der Schnecke ein und sondern dort ein Bakterium ab, das die Schnecke zersetzt. Die Nematoden ernähren sich rund sechs bis zehn Tage von der Schnecke und vermehren sich in ihr. Die befallene Schnecke stellt dabei bereits in den ersten drei Tagen ihre Fraßtätigkeit ein. Bei der Bekämpfung ist zu beachten, dass die Aufwandmenge von der Art der Schnecke abhängt. So kann die Ackerschnecke (Deroceras reticulatum) gut bekämpft werden, wohingegen die im Garten häufig vorkommende Wegschnecke (Arion spec.) schwierig zu bekämpfen ist. Die geschützte Weinbergschnecke (Helix pomatia) soll nicht erfasst werden.

Wissenswertes zur Bekämpfung von Schnecken mit Nematoden

- werden in Tonmineral geliefert

- Anwendung durch spritzen oder gießen

- optimale Bodentemperatur für die Ausbringung 10 bis 25 °C (aber bereits ab 5 °C möglich)

- die Lagerung ist bei 2 bis 8 °C etwa eine Woche möglich

Gegen Schnecken wurde Eisen-(III)-phosphat außerdem als Wirkstoff mit geringem Risiko bis 2030 zugelassen. Diese chemische Verbindung kommt auch von Natur aus im Boden vor. Sie bewirkt einen Fraßstopp und den Rückzug in Verstecke im Boden. Auf Grund des geringen Risikos besteht auch die Möglichkeit des Einsatzes auf Flächen für die Allgemeinheit (§ 17 PflSchG).

Nematoden gegen Ameisen

Die insektenparasitären Nematoden sind natürliche Feinde von Ameisen und töten bei direktem Kontakt sowohl Königinnen als auch Arbeiter. Daher meiden Ameisen in der Regel mit Nematoden besiedelte Böden und verlegen ihre Nester.

Wissenswertes zur Bekämpfung von Ameisen mit Nematoden

- "Ameisenmittel" mit viel Wasser in Nester und Gänge gießen (z. B. Terrassen, gepflasterte Flächen sowie auf Rasen)

- Behandlung nach sechs Wochen wiederholen (um dauerhafte Wirkung zu erzielen)

- Überdosierung ist nicht möglich

Nematoden gegen den Eichenprozessionsspinner

Die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners (Thaumetopoea processina) mit Nematoden erfolgt mit einem Mittel, das von einer holländischen und deutschen Firma entwickelt wurde. Es besteht aus SF-Nematoden (Steinernema feltidae) sowie einem Gel, das Feuchtigkeit abgibt. Das Gel ermöglicht den Nematoden bis zu drei Stunden auf den Raupen zu überleben und in diese einzudringen.

Wissenswertes zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners mit Nematoden

- Raupen müssen im Baum aktiv sein und vom Strahl der Sprühkanone getroffen werden

- ausgebrachte Wassermenge beträgt rund 10 l pro Baum

- Nematodeneinsatz, sobald Raupen geschlüpft sind

- Ausbringung abends ab 18 Uhr (um Gefahr einer Austrocknung zu minimieren)

- bei der Ausbringung sollte es windstill sein

- mindestens drei Stunden nach Ausbringung sollte es nicht regnen

- nach einer wiederholten Bekämpfung (nach etwa zehn Tagen) rund 70 Prozent Wirkungsgrad

Nematoden zur Bekämpfung des Buchsbaumzünslers

Für die Bekämpfung der Larven der Buchsbaumzünslers (Cydalima perspectalis) wurde ein spezielles Verfahren entwickelt. Ein Netz- und Haftmittel sowie ein Quellmittel, das das 300-fache seines Eigengewichtes an Wasser aufnehmen kann, sorgt dafür, dass die Nützlinge die durch ein Gespinst geschützten Raupen des Schädlings trotzdem erreichen. Um einen möglichst hohen Bekämpfungserfolg zu erzielen, wird eine dreimalige Ausbringung der Nematoden im Abstand von etwa vier Tagen empfohlen. Die Anwendung ist ab einer Temperatur von rund 12 °C, am Abend oder bei bedecktem Himmel möglich.

Der optimale Bekämpfungszeitpunkt ist rund zwei Wochen nach der Eiablage. Der Falterflug kann mit einer Pheromonfalle (z. B. Deltafalle mit Pheromonkapseln mit Leimboden und Zählraster) festgestellt werden. Eine direkte Bekämpfung ist durch diese Fallen nicht möglich.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit des Einsatzes von Schlupfwespen (Trichogramma) oder Bacillus thuringiensis (Bti), bei dem die Schädlinge im geeigneten Stadium getroffen werden müssen.

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Tabelle 1: Möglichkeiten des Einsatzes von Nematoden im Garten- und Landschaftsbau M-Nematoden (Heterorhabditis bacteriophora); PH-Nematoden (Phasmarhabditis hermaphrodita); SC-Nematoden (Steinernema carpocapsae); SF-Nematoden (Steinernema feltidae); SK-Nematoden (Steinernema kraussei)

Neue Ansätze im Bereich des Pflanzenschutzes

In vielen Bereichen des biologischen Pflanzenschutzes wird mittlerweile intensiv geforscht. Ein weiterer nicht mehr ganz so neuer Ansatz ist der Einsatz von entomopathogenen Pilzen. Darunter werden solche Pilze verstanden, die in der Lage sind, Insekten zu befallen und den Tod des Wirtes herbeizuführen. Ein Beispiel hierfür ist das Insektizid Met52 (Metarhizium anisopliae) gegen den Dickmaulrüssler im Freiland. Dabei handelt es sich um einen weltweit verbreiteten insektenpathogenen Pilz. Dieser kommt im Boden vor und befällt Stadien verschiedener Insekten. Nach der Infektion des Wirtes erfolgt dort die Vermehrung des Pilzes. Die Besiedlung, verbunden mit der Bildung von toxischen Metaboliten, führt zum Absterben. Da es sich bei dem Pilz um eine Wärme liebende Art handelt, liegt das Temperaturoptimum bei 25 bis 30 °C. In den Niederlanden (Universität Wageningen) untersucht man zum Beispiel, ob auch andere Pilzarten gegen Insektenlarven eingesetzt werden können.

Aber auch andere Naturstoffe können im Pflanzenschutz Bedeutung erlangen. So ist es Forschern gelungen, einen Natur-Mix aus Pflanzenstoffen gegen Spinnmilben im Labor herzustellen. Der Pflanzenextrakt aus dem mexikanischen Traubenkraut könnte zum Beispiel gegen Spinnmilben, Weiße Fliege oder Blattläuse eingesetzt werden. Dafür verantwortlich sind sekundäre Pflanzenstoffe (Terpene), die bewirken, dass die Haut der Insekten aufweicht. Dadurch kommt es zu Störungen der Zellfunktionen und dem Absterben des Schadorganismus. Ein Forschungsprojekt des Julius Kühn-Institutes untersucht, ob ein umweltfreundliches Bierhefepräparat gegen den Apfelschorf eingesetzt werden kann, da einerseits der Apfelschorf die Resistenzen moderner Apfelsorten zunehmend überwindet und andererseits der direkte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu aufwändig ist.

Beratungshilfe

Im Jahr 2015 hat der Dachverband der biologischen Pflanzenschutzmittelhersteller (IBMA) eine umfassende Beratungshilfe-Datenbank (www.ibma-da.org) für die Pflanzenschutzberatung zur Verfügung gestellt. Nach der Eingabe des Schädlings oder der Krankheit wird auf das entsprechende biologische Produkt (rund 600 ökologische Pflanzenschutzmittel) verwiesen und wo es erhältlich ist.

Literatur

Barth, M. (2013): Biologische Bekämpfung des Eichenprozessionspinners mit Nematoden; e-nema GmbH; Julius-Kühn-Archiv 440, S. 79.

e-nema (2015): Rasenflächen - Schädlinge im Rasen zu unterschiedlichen Jahreszeiten.

International Biocontrol Manufacturers Association D/A (IBMA) (2015): Schädlinge in Haus und Garten mit Bio-Pflanzenschutzmitteln wirksam bekämpfen; Pressemitteilung 3/2015.

Julius Kühn-Institut (2014): Statusbericht Biologischer Pflanzenschutz 2013 (Nr. 173).

Nationaler Aktionsplan zum nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (NAP).

Sautter & Stepper (2012): Biologischer Pflanzenschutz mit nützlichen Nematoden.

Sautter & Stepper (2015): Buchsbaumzünsler - Monitoring und Bekämpfung.

Dipl.-Fortsw. Frank Angermüller
Autor

Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau

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