Der Kommentar

Deutschland braucht ein Einwanderungsgesetz

von:

Die Willkommenslotsen im Garten- und Landschaftsbau sind äußerst erfolgreich. Das betrifft die Zahl der Vermittlungen von Flüchtlingen/Asylsuchenden in den Beruf des Landschaftsgärtners, auch im Vergleich zu anderen Branchen. So viel Eigenlob sei gestattet.

Die Erfolgsgeschichte ist um so erstaunlicher, weil die Mehrzahl der Berufsanfänger aus Gesellschaften stammt, in der der Beruf des Gärtners/Landschaftsgärtners nicht das größte gesellschaftliche Ansehen hat. Auch erwarten häufig die daheimgebliebenen Familien der Flüchtlinge finanzielle Unterstützung durch die "erfolgreich Geflüchteten". Eine duale Berufsausbildung nach mitteleuropäischem oder deutschem System ist aber eine Investition in die Zukunft. Das Geldverdienen kommt später. Die Willkommenslotsen haben an dieser Erfolgsgeschichte einen großen Anteil. Wo aber sind nun die Hürden?

Die 3+2 Regelung im Integrationsgesetz hat die Bereitschaft der Betriebe gefördert, sich in der Ausbildung von Flüchtlingen zu engagieren. Doch es bleibt die Schwelle der Ausländerbehörde auf Kreisebene. Hier ist nun einmal der Landrat oder der Oberbürgermeister Dienstherr, und der entscheidet wohl manchmal nach Parteibuchfarbe.

Eine nächste Hürde sind die Arbeitsdirektionen. Hier wird wieder einmal die alte Behördenabwehr "Datenschutzgesetz" aufgefahren. Es ist nicht einzusehen, warum nicht mit Hilfe der Willkommenslotsen der ausbildungswillige Betrieb, der ausbildungswillige Flüchtling und die örtlich zuständige Arbeitsagentur an einen Tisch zu bringen sind. Runde Tische haben schon manches Problem gelöst.

Wohl gemerkt: Es geht hier um den Mitarbeiterbedarf in klein- und mittelständischen Fachbetrieben, nicht um den Bedarf der Industrie (auch Gesundheitsindustrie). Auf die Industrie ist im Gegensatz zu den klein- und mittelständischen Betrieben beim Arbeitsmarkt kein Verlass.

Auch ist die Ungewissheit über die Weiterförderung des Bundes der Willkommenslotsen zurzeit hinderlich, diese Erfolgsgeschichte weiter zu führen. Man kann es manchen Willkommenslotsen nicht verdenken, wenn sie sich angesichts der ungewissen Zukunft anders orientieren. Damit gehen wertvolle Kontakte und Wissenvorsprünge verloren. Und es sollten Regelungen gefunden werden, die es im Betrieb und in der Gesellschaft sehr gut integrierten Asylbewerbern erlauben, ohne Wiedereinreise ein Arbeitsvisium mit Ziel der Einbürgerung zu erhalten.

Braucht Deutschland wieder Gastarbeiter? Der Bedarf an Pflegekräften scheint dies zu fordern. Vergessen sind anscheinend die Folgen der Gastarbeiterabkommen in den 50er bis in die 70er Jahre. Es konnten "Gastarbeiter" angeworben werden, um den Bedarf der Industrie in Deutschland an Hilfskräften zu decken. Aber entgegen den Erwartungen kehrten diese Menschen nicht einfach in ihre Heimat zurück, als die Industrie nur noch ein mittelmäßiges Interesse an ihrer Arbeitskraft hatte. Sie haben Familien nachgeholt oder hier im Land gegründet. Wir haben Arbeitskräfte gesucht, gekommen sind Menschen.

Der Microzensus von 2008 hat es ans Licht gebracht. 15,6 Millionen Bürger mit Migrationshintergrund leben in Deutschland, von denen immerhin 8,3 Millionen Bürger die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Was aber in sehr vielen Fällen nicht gelungen ist, ist die komplette Eingliederung der Mitbürger mit ausländischen Wurzeln in die deutsche Gesellschaft. Die Wahl von Erdogan hat uns das wieder einmal verdeutlicht.

Ein deutsches Einwanderungsgesetz ist also notwendig. Auch wenn CDU und CSU eigentlich kein Einwanderungsgesetz wollen. Der Passus Flüchtlingspolitik im aktuellen Koalitionsvertrag legt das nahe.

Andere Parteien wie SPD, FDP und Grüne würden eine Einwanderungspolitik begrüßen. Kanada wird als Vorbild genannt. Der kanadische Einwanderungsexperte Phil Triadafilopoulos hierzu: "Das System war immer eigennützig. Kanada holt Menschen ins Land, weil wir glauben, sie helfen, eine erfolgreiche Gesellschaft und Wirtschaft zu bilden".

Und was ist im Koalitionsvertrag vereinbart: "Deshalb werden wir ein Regelwerk zur Steuerung von Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und das damit verbundene Recht des Aufenthalts und der Rückkehr in einem Gesetzeswerk erarbeiten, das sich am Bedarf unserer Volkswirtschaft orientiert." Der Koalitionsvertrag geht von der Lüge aus, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei. Setzt sich hier die Geschichtsvergessenheit fort? Oder meinen sie, die "Gastarbeiter" im Nachkriegsdeutschland oder Ende des 19. Jahrhunderts wären alle in ihre alte Heimat zurückgekehrt?

In der Regierungskoalition in Berlin hat sich nun die Einsicht durchgesetzt, dass wir ein Einwanderungsgesetz oder Zuwanderungsgesetz brauchen. Bleibt der Wunsch, dass im Deutschen Bundestag recht bald ein solches Gesetz vorgelegt wird. Deutschland braucht hier klare Regelungen.

Jürgen R. Prigge

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Stadt- und Regionalplaner*in, Brake  ansehen
Abteilungsleiter (m/w/d) der Landschaftspflege /..., Worms  ansehen
Gärtner/-innen (m/w/d), Stuttgart  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
Autor

Ehemaliger Verbandsdirektor des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (VGL) Bayern

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen