Die Außenanlagen des Museums Barberini in Potsdam

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Freianlagen Historische Parks und Gärten
Palais Barberini, Innenhof. Foto: Georg von Gayl

Seit Januar 2017 hat Potsdam ein neues Kunstmuseum am neugestalteten Alten Markt mit Rathaus, Nicolaikirche und dem wiederaufgebauten Schloss, dem heutigen Landtag. Mit über 700.000 Besuchern seit Eröffnung hat sich das Museum Barberini zu einem Publikumsmagneten entwickelt, der pro Jahr mit vier großen Kunstausstellungen überregional auf sich aufmerksam macht.

Der im Barockstil erbaute Kopfbau entstand nach Plänen des Architekten Carl von Gontard in der Regierungszeit Friedrich des Großen in den Jahren 1771/72 nach dem Vorbild des Palazzo Barberini in Rom. In erster Linie diente das Bauwerk als attraktives Gegenüber zum Schloss quasi als Kulisse, ein Barockbau im wahrsten Sinne des Wortes. Es war nicht im klassischen Sinne ein Palais, sondern wurde als Wohnhaus mit verschiedenen Geschäften im Erdgeschoss genutzt und hatte in seinem Inneren keine repräsentativen Funktion zu erfüllen. Um den entsprechenden Maßstab zu erreichen, hat das Gebäude drei Etagen mit jeweils 8 m Höhe.

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Historische Ansicht vom Innenhof um 1935. Quelle: BLDAM Neg.-Nr. 22g27_1640_4

Mitte des 19. Jahrhundert entstanden nach Plänen der Architekten Ludwig Persius, Friedrich August Stüler und Ludwig Ferdinand Hesse die beiden Seitenflügel im Klassizistischem Stil und bildeten so einen Innenhof, der in einer Freitreppe zur Alten Fahrt, einem Seitenarm der Havel, und einer Pergola endete. Der damalige Innenhof war in seiner Erscheinung schlicht ausgestattet, mit gepflasterten Wegeflächen und einer mittig liegenden kleinen Beetpflanzung, wie eine Hofansicht um 1935 zeigt. Mit der Bombardierung Potsdams im April 1945 wurde das Palais Barberini komplett zerstört und nach dem Krieg bis auf die erhaltenen Grundmauern abgetragen.

Im Jahr 2010 entschied sich die Stadtverordnetenversammlung von Potsdam für einen historischen Wiederaufbau des Alten Marktes zu dem ebenfalls das Palais Barbarini gehörte. Mit dem Mäzen Hasso Plattner entstand die Idee, in den wieder aufzubauenden Barockbau mit seinen beiden Seitenflügeln ein Kunstmuseum für seine Gemäldesammlung beziehungsweise für Wechselausstellungen einzurichten. Dafür wurde im Frühjahr 2013 das Büro Hilmer & Sattler und Albrecht, Berlin beauftragt. Die vom B-Plan geforderte detailgetreue, materialgerechte Rekonstruktion der Fassaden, insbesondere des Kopfbaues, war möglich, da auf eine sehr genaue Fotodokumentation aus dem 1920er-Jahren zurückgegriffen werden konnte. Die Baumaßnahmen begannen 2014 und endeten mit einer fulminanten Museumseröffnung im Januar 2017.

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Historische Ansicht vom zerstörten Potsdamer Alten Markt mit Rathaus und Palais Barberini von 1945. Quelle: Bundesarchiv, Bild 170-378

Freianlagen

Die Freianlagenplanung des Büros Georg v. Gayl - Landschaftsarchitekten ist durch eine formale Gartengestaltung mit immergrünen Pflanzungen geprägt und wird so dem historischen Charakter des barocken Gebäudes, mit geschnittenem Buchsbaum und Eiben gerecht.

Der symmetrisch angelegte Innenhof besteht aus großzügigen Pflasterflächen, die von Hochbeeten aus Granit und Steinbänken flankiert werden. Die Mittelachse bildet der Eingang des Kopfbaues. Von hier erstreckt sich die Hoffläche bis zu einem schmiedeeisernen Tor an einer zum Wasser hinabführenden Freitreppe. Am Fuß der 18 m breiten Treppe schließt sich die ebenfalls neugebaute Promenade an der Alten Fahrt, einem Nebenarm des Havelflusses, an.

Der Innenhof ist tagsüber geöffnet und erlaubt so einen Durchgang von der Promenade durch die Museumseingangshalle auf den Alten Markt oder umgekehrt. So wurde eine öffentliche Wegeanbindung zwischen Wasser und dem Altem Markt ermöglicht.

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Für den Bau wurden sämtliche Materialien per Kran in den Innenhof gehoben: über 300 Tonnen Material, Kleinkräne und Geräte, Pflanzen – auch die Skulptur "Jahrhundertschritt" wurde 2016 so platziert. Foto: Georg von Gayl

In der Achse vor der Freitreppe steht der mächtige, 700 kg schwere "Jahrhundertschritt", eine Bronzeskulptur des Leipziger Künstlers Wolfgang Mattheuer. Die Skulptur symbolisiert die beiden Diktaturen des 20. Jahrhunderts in Form eines marschierenden Mannes, dessen rechte Hand zum Hitlergruß erhoben ist und der gleichzeitig die linke Hand zur kommunistischen Faust ballt. Der Standort der Skulptur ist ein gewollter Bruch vor den barocken und klassischen Fassaden des sonst vollständig historisch erscheinenden Museumsbaus.

Am östlichen Ende des Hofes, vor der Promenade, befinden sich weitere Bereiche von hoher Aufenthaltsqualität. Der nördliche Teil enthält ein kleines Hochbeet mit Rosen, die eine Buchsbaumhecke umfasst. Auf der südlichen Hofseite - gespiegelt im Grundriss des Rosenbeetes - steht ein verglaster Café-Pavillon mit kleiner Bar und Innensitzlätzen. Beide Bereiche werden komplett von einer Pergola mit rankendem Wilden Wein umfasst. Die Pergola bildet so einen geschützten Raum in der Nähe zum Wasser, von wo aus der Besucher auf die gegenüberliegende Freundschaftsinsel, einem Gartendenkmal von Karl-Foerster, schaut.

Darüber hinaus wird der Innenhof im Rahmen der Museumsnutzung als Ort für Empfänge und weitere Veranstaltungen genutzt. Gerade während der Sommermonate finden hier Yoga- und Malkurse statt oder werden Führungen für verschiedene Alters - und Interessentengruppen angeboten.

Pflanzen

Unter dem Innenhof befindet sich eine Tiefgarage von der aus die Museumsexponate im Untergeschoss in die Ausstellungsräume über Fahrstühle gelangen. Um auf der Tiefgaragendecke auch größere Pflanzen wachsen zu lassen, erweitern die Fassaden flankierenden Hochbeete den sonst viel zu geringen Wurzelraum. Gleichzeitig werden diese Einfassungen auch als Sitzgelegenheit von Besuchern genutzt. Die Bewässerung der Hochbeete erfolgt automatisch über Tropfschläuche. Für die Entwässerung der Hoffläche sorgen im Pflaster versteckte Schlitzrinnen sowie eine tiefer liegende Drainageschicht.

Zu den verwendeten Pflanzen gehören die beiden Buchssorten 'Blauer Heinz' und 'Elegantissima', die als geschnittene niedrige Hecken für ein immergrünes, geschlossenes Pflanzenbild sorgen. In den Beetflächen setzen geschnittene Eibenkugeln vertikale Akzente. Als Kletterpflanze wurde Wilder Wein 'Inversa' an den Pergolen Pfeilern eingesetzt.

Aufgrund eines hohen Schädlingsdrucks erfolgt seit der Pflanzung ein intensives Monitoring zur Pflanzengesundheit. Durch die häufige Besuchstaktung von Pflanzenschutzexperten können Schadorganismen sehr früh erkannt werden und entsprechend Maßnahmen durch den pflegenden Garten- und Landschaftsbau durchgeführt werden. Teils werden erkrankte Pflanzen ausgetauscht.

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Nachts zeigt sich das Museum prächtig illuminiert von seiner Uferseite an der Alten Fahrt, einem Seitenarm der Havel. Foto: Georg von Gayl

Beleuchtung

Die Planung der nächtlichen Inszenierung der Museumsfassade erfolgte durch das Büro Lichtkunst Licht. In den Außenanlagen wurde eine direkte Beleuchtung durch Fassadenstrahler vorgenommen, sogenannten Wallwasher, die in der Pflanzung stehen und in keinem Winkel den Besucher blenden. Ebenfalls dienen Fassadenstrahler der Präsentation der Pergolen Pfeiler, wie auch Punktstrahler für die Illumination des Jahrhundertschritts eingesetzt wurden.

Bauablauf

Die Baustellenlogistik gehörte für die ausführende Garten- und Landschaftsbaufirma (alpina AG, Ludwigsfelde) zu den größten Herausforderungen. Eine Baustellenanbindung über den Wasserweg wurde geprüft, aber nach einer Kostengegenüberstellung, Schiff versus Standkran, wieder verworfen. So wurden sämtliche Materialien über den Kopfbau per Kran in den Innenhof gehoben. Über 300 t Material, wie Unterbau, Substrate, Einfassungen und Pflastersteine wurden so transportiert aber auch Maschinen, Kleinkräne, weitere Geräte und Pflanzen waren Inhalt der Krantransporte. Die Baumaßnahmen wurden nach drei Monaten im Sommer abgeschlossen, um im Herbst 2016 die noch ausstehenden Pflanzungen vorzunehmen.

Dipl.-Ing. Georg von Gayl
Autor

Landschaftsarchitekt

Georg von Gayl Landschaftsarchitekten Planungsgesellschaft mbH

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