GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Die Rückgabe von vertraglich vereinbarten Sicherheiten, insbesondere Bürgschaftsurkunden

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Bürgschaften GaLaBau
Auf dem Gebiet des Baurechts wird kaum noch ein Vertrag geschlossen, bei dem es nicht auch um die Stellung von Sicherheiten geht. Bei der Rückgabe vertraglich vereinbarter Sicherheiten bestehen oft große Unsicherheiten. Foto: Moritz Lösch/Neue Landschaft
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Die meisten Probleme gibt es bei der Frage, wann eine Gewährleistungsbürgschaftsurkunde dem Auftragnehmer oder dem Bürgen zurückgegeben werden muss. Hier sollte man vorab die zwischen den Parteien getroffenen vertraglichen Regelungen genau prüfen. Foto: Lothar Johanning
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Die Bauprozesse an den Gerichten dauern zumeist lang und sind wegen der unvermeidlichen Beweisaufnahmen häufig teuer. Foto: Ansgar Koreng/ CC BY-SA 3.0
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Haben die Parteien in ihrem Werkvertrag die VOB vereinbart und gibt es zwischen ihnen keine spezielle vertragliche Regelung, hilft häufig die wenig bekannte Bestimmung des § 17 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B weiter. Foto: Neue Landschaft
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Im GaLaBau-Bereich kommen besonders folgende Bürgschaften vor: Vorauszahlungsbürgschaft, Vertragserfüllungsbürgschaft und Gewährleistungsbürgschaft. Foto: Rolf van Melis/pixelio.de

Heute wird auf dem Gebiet des Baurechts kaum noch ein Vertrag geschlossen, bei dem es nicht auch um die Stellung von Sicherheiten geht. Zwar können nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 232 BGB) Sicherheiten in vielfältiger Form gestellt werden (z. B. Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren, Verpfändung beweglicher Sachen, Bestellung von Grundpfandrechten etc.).

Heute werden aber von den Vertragsparteien der Bareinbehalt oder die Stellung von Bürgschaften einer Bank oder eines Kreditversicherers bevorzugt. Insbesondere die Stellung einer Bürgschaft ist weit verbreitet, da sie schnell und bequem zu handhaben ist und gegebenenfalls auch problemlos ausgetauscht werden kann.

Rückgabeklausel im Bürgschaftstext

In der Praxis wird die Bürgschaftsurkunde von den Parteien quasi wie ein Wertpapier behandelt, obwohl dies rechtlich eigentlich nicht zutreffend ist. Es mag vielleicht daran liegen, dass die von bürgenden Instituten ausgefertigten Urkunden für die Beendigung der Verpflichtung des Bürgen fast immer die Rückgabe der Urkunde vorsehen. Eine derartige Klausel macht bei unbefristeten Bürgschaften auch Sinn, weil der Bürge durch die Rückgabe der Originalbürgschaftsurkunde dann sicher sein kann, dass seine übernommene Verpflichtung mit der Rückgabe der Urkunde endgültig erloschen ist. Bei befristeten Bürgschaften macht eine Rückgabeklausel im Bürgschaftstext dagegen wenig Sinn, da die Bürgschaft mit Ablauf der genannten Frist automatisch erlischt.

Im Bau- und GaLaBau-Bereich kommen insbesondere folgende Bürgschaften vor, die fast immer unbefristet sein sollen:

  • Vorauszahlungsbürgschaft
  • Vertragserfüllungsbürgschaft
  • Ausführungsbürgschaft)
  • Gewährleistungsbürgschaft
  • Nacherfüllungsbürgschaft)

1. Vorauszahlungsbürgschaft

Von allen vorgenannten Bürgschaftsarten gibt es bei der Vorauszahlungsbürgschaft die wenigsten rechtlichen Probleme. Ein Auftraggeber, der vor Eintritt der Fälligkeit dem Auftragnehmer eine Vorauszahlung auf den noch nicht verdienten Werklohn leistet, verlangt verständlicherweise vom Auftragnehmer eine Sicherheit für die verlangte Zahlung, da er den Gegenwert in Form einer erbrachten Werkleistung erst später erhalten wird. Eine Vorauszahlungsbürgschaftsurkunde mit Rückgabeklausel ist demnach vom Auftraggeber an den Auftragnehmer dann zurückzugeben, wenn der Auftragnehmer wertmäßig in Höhe der Vorauszahlung die entsprechenden Leistungen auf der Baustelle erbracht hat und sie damit dem Auftraggeber zugutegekommen sind. Ist die Werkleistung nicht frei von Mängeln, so sind wertmäßig entsprechende Abschläge zu machen, die die Rückgabe der Bürgschaftsurkunde bis zur Mängelbeseitigung verzögern können. Streit gibt es bei der Vorauszahlungsbürgschaft eigentlich recht selten und dann meistens nur zu der Frage, ob die vom Auftragnehmer erbrachte Leistung dem Wert der Vorauszahlung entsprochen hat oder nicht.

2. Vertragserfüllungs-bürgschaft

Die Vertragsparteien können zur Absicherung der vertraglich versprochenen Leistungen jeweils die Stellung von Vertragserfüllungssicherheiten in Form von Bürgschaften vereinbaren. Das heißt, in der Praxis kommen sowohl von Auftraggeber- als auch von Auftragnehmerseite gestellte Vertragserfüllungsbürgschaften vor. Bei der vom Auftraggeber gestellten Bürgschaft soll der für den Auftragnehmer vereinbarte Werklohn ganz oder teilweise abgesichert werden.

Vom Auftragnehmer gestellte Ausführungsbürgschaft

Bei von Auftragnehmern gestellten Bürgschaftsurkunden gibt es immer wieder Streit, ob die Ausführungsbürgschaften auch noch für die Beseitigung von Mängeln haften, die vor oder bei einer förmlichen Abnahme im Abnahmeprotokoll vom Auftraggeber gerügt wurden. Weil es zwischen den Vertragsparteien oder auch mit dem Bürgen (insbesondere im Insolvenzfall des Auftragnehmers) bezüglich im Abnahmeprotokoll gerügter Mängel immer wieder Meinungsdifferenzen gibt, ob die Bürgschaft noch dafür haftet, sollte klarstellend in den Text der Bürgschaftsurkunde ein Satz aufgenommen, wonach die vom Auftragnehmer gestellte Ausführungsbürgschaft auch für bei der Abnahme gerügter Mängel noch haften soll.

Ansonsten wird häufig die Meinung vertreten, dass die Ausführungsbürgschaft mit der Abnahme der Werkleistung durch den Auftraggeber erlischt und dem Auftraggeber stattdessen nur noch Gewährleistungsansprüche zustehen. Kundige Auftraggeber versuchen derartige rechtliche Risiken zu umgehen, indem sie noch vor Abnahme der Werkleistung zur Wahrung ihrer Mängelrechte vorsorglich die Bürgschaft gegenüber dem Bürgen in Anspruch nehmen. Dies gilt insbesondere für den Fall, wenn der noch ausstehende Werklohn des Auftragnehmers für die Kosten der Mängelbeseitigung durch einen Drittunternehmer nicht ausreicht.

Wenn ein Auftraggeber eine Vertragserfüllungsbürgschaft wegen Abnahmemängel nicht zurückgibt, sollte er allerdings darauf achten, dass zu Lasten des Auftragnehmers keine Übersicherung eintritt. Der Vorschlag, eine vom Auftragnehmer gestellte Vertragserfüllungsbürgschaft textmäßig so zu formulieren, dass unter die Bürgschaftsverpflichtung auch noch Abnahmemängel zu rechnen sind, ist nach Auffassung des Verfassers durchaus legitim, da am Markt immer wieder Texte von Gewährleistungsbürgschaften Verwendung finden, wonach der Gewährleistungsbürge nur für Mängel haften will, die nach der Abnahme aufgetreten und dementsprechend insbesondere nicht im Abnahmeprotokoll enthalten sind. Für im Abnahmeprotokoll enthaltene Mängel will sich damit der Gewährleistungsbürge freizeichnen.

Sicherheit gemäß § 648 a BGB in Form einer Bürgschaft

Eine besondere Form der vom Auftraggeber zu stellenden Sicherheit ist dabei die vom Gesetzgeber nachträglich in das BGB aufgenommene Bauhandwerkersicherheit gemäß § 648 a BGB. Hier kann der Auftragnehmer in den gesetzlich vorgesehenen Fällen eine 100-prozentige Absicherung seines Werklohns verlangen, wobei dies zumeist in Form einer Bürgschaft geschieht. Für die dazu gehörigen Nebenforderungen kann der Auftragnehmer zusätzlich eine zehnprozentige weitere Absicherung, also insgesamt 110 Prozent des vereinbarten Werklohns, verlangen. Die Höhe der vom Gesetzgeber vorgesehenen 110-prozentigen Sicherheit macht manchem Auftraggeber erhebliche Schwierigkeiten, diese beizubringen. Insbesondere dann, wenn der Verkaufserlös für die Baumaßnahme zur Finanzierung des Werklohns benötigt wird. Wenn der Auftraggeber die Werklohnforderung nicht anerkennt, kann der Auftragnehmer von dem Bürgen nach § 648 a BGB nur dann eine Zahlung realisieren, wenn der Auftragnehmer gegen den Auftraggeber ein vorläufig vollstreckbares Urteil, das zur Zwangsvollstreckung berechtigt, erstritten hat. Liegen die Voraussetzungen vor, ist die Bürgschaftsurkunde dem Bürgen Zug um Zug gegen Zahlung der ausgeurteilten Beträge zurückzugeben.

3. Gewährleistungsbürgschaft (Nacherfüllungsbürgschaft)

Die meisten Probleme gibt es bei der Frage, wann eine Gewährleistungsbürgschaftsurkunde dem Auftragnehmer oder dem Bürgen zurückgegeben werden muss. Hier sollte man vorab stets die zwischen den Parteien getroffenen vertraglichen Regelungen genau prüfen. Oft findet sich dort ein Text, wonach eine solche Sicherheit für die gesamte Dauer der Gewährleistungsverpflichtung des Auftragnehmers zu stellen ist. Das heißt, bei Gewerken wie Flachdächern etc., bei denen oft eine zehnjährige Gewährleistungsfrist vereinbart wird, bleibt die Bürgschaftsurkunde dann auch zehn Jahre beim Auftraggeber ohne die Chance für den Auftragnehmer, die Bürgschaftsurkunde vorzeitig zurückzuerhalten. Ein Mandant des Verfassers konnte trotz vorhandenen Kapazitäten nicht alle ihm angetragenen Aufträge annehmen, weil sein Avalrahmen für die Bürgschaften bei seiner Hausbank erschöpft war - eine Konsequenz, an die der Mandant nicht gedacht hat.

Die Besonderheit des § 17 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B

Haben die Parteien in ihrem Werkvertrag die VOB vereinbart und gibt es zwischen ihnen keine spezielle vertragliche Regelung, hilft häufig die wenig bekannte Bestimmung des § 17 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B weiter. Die Regelung lautet:

"Der Auftraggeber hat eine nicht verwertete Sicherheit für Mängelansprüche nach Ablauf von zwei Jahren zurückzugeben, sofern kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart worden ist. Soweit jedoch zu diesem Zeitpunkt seine geltend gemachten Ansprüche noch nicht erfüllt sind, darf er einen entsprechenden Teil der Sicherheit zurückhalten."

Viel zu wenig machen Auftragnehmer von dieser Regelung Gebrauch, weil sie ihnen nicht bekannt ist. Selbst bei länger vereinbarten Gewährleistungsfristen kann nach § 17 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B die nicht verwertete Mängelsicherheit (z. B. Bürgschaft) schon nach zwei Jahren zurückverlangt werden, wenn nicht ausdrücklich vereinbart wurde, dass die Sicherheit erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist zurückzugeben ist.

Situation nach Ablauf der Gewährleistungsfrist

Wurde das Behaltendürfen der Sicherheitsleistung an die vertraglich vereinbarte Dauer der Gewährleistung geknüpft, gibt es immer wieder nach Ablauf der zumeist üblichen fünfjährigen Gewährleistungsfrist den Streit, ob die Sicherheitsleistung nach fünf Jahren tatsächlich zurückgegeben werden muss oder ob man die Bürgschaftsurkunde zu Recht noch weiter behalten darf, weil innerhalb der Gewährleistungszeit vom Auftragnehmer Nachbesserungen vorgenommen wurden.

Häufig berufen sich Auftraggeber darauf, dass hinsichtlich der nachgebesserten Leistungen die Gewährleistungsfrist neu in Lauf gesetzt worden und deshalb noch nicht gänzlich abgelaufen sei. Das Argument kann im Einzelfall durchaus zutreffend sein, so dass man einem Auftragnehmer nicht unbedingt raten kann, auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde zu bestehen.

Selbst wenn durch Anerkenntnisse, Nachbesserungen etc. noch Ansprüche über das eigentlich vereinbarte Gewährleistungsende hinaus bestehen sollten, existiert kein genereller vollumfänglicher Gewährleistungsanspruch mehr, sondern lediglich noch ein auf das Anerkenntnis bzw. die Nachbesserung beschränkter Anspruch, das heißt der Anspruch ist wertmäßig fast immer deutlich geringer einzuschätzen als der ursprünglich vereinbarte generelle Anspruch für das beauftragte Gesamtgewerk. Besteht lediglich noch ein derartiger Gewährleistungsrestanspruch, ist die Sicherheitsleistung entsprechend diesem Restanspruch anzugleichen. Maßstab für die Reduzierung der Sicherheitsleistungen und damit auch des Bürgschaftsbetrages ist der Wert der nachgebesserten Leistung im Verhältnis zum Gesamtauftragswert.

Anpassung der Sicherheitsleistung

Die Anpassung der Höhe der Sicherheitsleistung an die neuen Gegebenheiten bei noch nicht vollständig abgelaufenem Gewährleistungsanspruch erfolgt entweder durch Stellung einer reduzierten neuen Bürgschaftsurkunde Zug um Zug gegen Rückgabe der alten höheren Bürgschaftsurkunde. Um eine Neuausstellung der Bürgschaftsurkunde und den damit verbundenen Kosten zu vermeiden, wird oft auch mit einer Teilenthaftungserklärung des Auftraggebers gegenüber dem Bürgen gearbeitet.

Baumängelprozess als Voraussetzung zur Zahlung des Bürgen

Praktisch jeden Monat erfolgt in der Kanzlei des Verfassers die Inanspruchnahme einer Gewährleistungsbürgschaft gegenüber dem Bürgen. Dies geschieht zumeist nicht, weil der Auftragnehmer seinen vertraglich übernommenen Gewährleistungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen will, sondern überwiegend weil der Auftragnehmer bedauerlicherweise infolge Insolvenz nicht mehr leistungsfähig ist. In einem solchen Fall kommt es immer wieder zwischen Auftraggeber und dem Bürgen zum Streit über den Umfang der Gewährleistungsverpflichtung und die Kosten der Nachbesserung.

Im schlimmsten Fall wird der dann kaum zu vermeidende Baumängelprozess geführt, um festzustellen, ob und in welcher Höhe die Bürgschaftsurkunde wegen der vom Auftraggeber behaupteten Baumängel in Anspruch genommen werden darf oder nicht - eine Situation, die alle Beteiligten nach Möglichkeit vermeiden sollten. Bauprozesse dauern zumeist lang und sind wegen der unvermeidlichen Beweisaufnahmen häufig teuer.

Der längste Bauprozess, der in unserer Kanzlei leider immer noch betrieben werden muss, dauert wegen der Unzulänglichkeiten des zuständigen Gerichts nun schon 22 Jahre, ohne dass kurzfristig ein Ende absehbar ist.

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 Rainer Schilling
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Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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