Die starke Botschaft: Aspektpflanzungen sind Hingucker

von:

"Es kommt überall darauf an, dass das Auge sich nicht mühsam die Schönheiten zusammen betteln muss, sondern dass es von den Anblicken gesättigt wird." Karl Foerster (1874-1970)

Zu Recht werden Pflanzungen in spektakulären Farbnachbarschaften bewundert. Sie erfolgreich zu planen und umzusetzen braucht fundierte Pflanzenkenntnisse, Erfahrungen und Gestaltungskompetenz. Und immer besteht die Gefahr, dass Wirkungspotenziale sich im Viel zu Vielen erschöpfen. Deshalb sind Rangordnung und Rhythmus so wichtig. Vergleichsweise einfach zu planende Aspektpflanzungen bieten eine weitere und besonders prägnante Möglichkeit, allzu bunte, den Betrachtern die Orientierung verweigernde, mindestens erschwerende Pflanzungen zu vermeiden.

Ein Aspekt: was ist das?

Der aus der Vegetationskunde stammende Begriff des Aspektes kennzeichnet einen Zeitabschnitt, in dem das Erscheinungsbild einer Pflanzengesellschaft durch eine oder wenige dominierende Pflanzenarten geprägt wird. Die Wirkung solcher "Aspektbildner" - denken wir an Teppiche von weißen Buschwindröschen oder sattgelbe Trollblumenwiesen - auch in der Pflanzplanung zu nutzen, liegt nahe. Das Ergebnis sind Aspektpflanzungen, die in gewünschten Jahreszeiten mit nur einer, umso verständlicheren Stimme sprechen, verkörpert durch jeweils eine, in großen Stückzahlen dominierende Pflanzenart. Diese Botschaft ist unübersehbar und mit einer besonderen Erlebnisqualität verbunden.

Eine Pflanzung befindet sich nicht im Frühlingsaspekt, weil eben Frühling ist. Voraussetzung sind Pflanzen, die aufgrund ihrer Färbung und hohen Stückzahl dominant genug sind, um der Pflanzung im entsprechenden Zeitabschnitt ihren Stempel aufzudrücken. In der Landschaft, die viele Vorbilder für Aspektpflanzungen bereit hält, sind es Wuchsbedingungen einschließlich jährlich ungleicher Witterungsverläufe und menschliche Eingriffe (etwa die Wiesenmahd), die die Konkurrenzkraft von Arten stärken oder schwächen. Die Konkurrenzkräftigen treten als Aspektbildner auf und sind gelegentlich so zahlreich, dass es schwer fällt, an die Existenz weiterer Arten zu glauben. Aber die sind da und prägen anschließende Jahreszeiten. Aufeinander folgende Aspekte zeigen sich in den "Farbwellen" artenreicher Wiesen. Oft folgt auf die "gelbe Welle" des massenhaft auftretenden Löwenzahns (mit anschließendem weißen Pusteblumen-Aspekt!) blauer Wiesen-Storchschnabel, weißer Wiesen-Bärenklau, später gelber Herbst-Löwenzahn. Sollte es tatsächlich nur eine Pflanzenart geben - Beispiele sind Brennnessel-Fluren, Schilfgürtel, Efeuteppiche und Getreidefelder - haben wir einen "Einartbestand" vor uns, entstanden durch extreme Standortbedingungen oder/und menschliche Einflussnahme.

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Gestaltete Aspektpflanzungen

Weil in der Landschaft so prägnant, liegt es nahe, Aspektpflanzungen gezielt zu gestalten. Tatsächlich vermag kaum jemand sich dem starken Eindruck zu entziehen, den solche Pflanzungen erzeugen. Sie sind in besonderem Maß und gerade in großen Gärten, im öffentlichen und halböffentlichen Wohngrün, in Freianlagen von Krankenhäusern und Altenheimen geeignet, Orientierung in Raum und Zeit zu bieten und Identität zu schaffen. Hier sind gewöhnlich auch große Flächen verfügbar. Die sind Voraussetzung, um Aspektpflanzungen ausreichend Geltung zu verschaffen.

Wenngleich für die Aspektbildung vorwiegend die Farbigkeit von Blüten genutzt wird, können auch Blütenstandsformen, besondere Blattfarben, Fruchtstände oder die Herbstfärbung eine Rolle spielen. Formprägnante Pflanzen - etwa richtungslos kugelige Baptisia oder straff aufragende Königskerzen, Fingerhüte oder Staudengräser sind besonders markant. Zwar können selbst schlichte Pflanzen aufgrund ihrer Verwendung in großen Stückzahlen dem Betrachter näher gebracht, vielleicht gar "aufgedrängelt" werden, aber das geschieht selten. Lieber wird auf die sichere Wirkung von Farben gesetzt, zumal Beispiele formbestimmter Aspektpflanzungen dünn "gesät" sind oder sich eher unbeabsichtigt außerhalb der kalkulierten Blühzeiten ergeben.

Gleichgültig, woher die ausgewählten Aspektbildner ihre Wirkung nehmen, immer ist es von Vorteil, wenn Farben und Formen möglichst lange präsent sind. Anders, wenn verschiedene Farbaspekte sich möglichst rasch ablösen sollen. Dann müssen die jeweiligen Vorläufer-Arten ebenso rasch abtreten. Entweder, indem sie einziehen (Geophyten) oder die höher wachsenden "Neuen" sich ein Stockwerk über ihnen einrichten.

Aspektfolgen

Hat ein Pflanzbild in einer Jahreszeit einen ausgeprägten, Besucher anziehenden Aspekt, kann das ausreichen. Ist die Anlage groß genug, wird sie saisonal zum Besuchermagneten. Beispiele sind Rhododendron- oder Dahliengärten. Darüber hinaus kann sich einer Aspektpflanzung hier anderenorts eine weitere anschließen. Bekanntes Beispiel sind die Pflanzungen um Schloss Sissinghurst (GB), dessen vielbewunderter "Weißer Garten" in anderen Gartenteilen andersfarbige Vorläufer hat. Im klassischen Japanischen Garten stellen die Blühereignisse von Kirschen und Azaleen neben den Herbstfarben der Ahorne räumlich und zeitlich getrennte Aspekte dar. Mit einer geschickten Artenauswahl können solche "Aspektfolgen" auch auf ein und derselben Fläche gelingen.

Der entstehende Farbrhythmus ergreift die gesamte Pflanzfläche über einen längeren Zeitraum und steigert ihre ästhetische Qualität deutlich. Die Farbfolgen artenreicher Wiesen belegen das. Aber: Wenn sich Arten nach ihrer Blüte nicht zurückziehen, vielmehr an Grünmasse zulegen und folgenden Aspektbildnern mit später einsetzendem Vegetationszyklus nicht Platz machen, wird es mit Aspektfolgen schwierig. Sollte es nicht möglich sein, auf andere Arten umzusteigen, müssen Folgeaspekte auf verschiedene Flächen verteilt werden. Damit verlagert sich der Schwerpunkt der optischen Aufmerksamkeit jahreszeitlich; unabhängig davon, ob die gleiche Farbe fortgesetzt wird oder eine andere an ihre Stelle treten soll. Die getrennten Pflanzflächen erfordern gewöhnlich große Gärten. Indes kommen die "Farbkastenbeete" in Monets Garten mit wenig Platz aus. Hier "wandern" die prägnanten Farben mit den Jahreszeiten über kleine, aneinandergrenzende Rechteckbeete ("Farbkästchen") hinweg.

Aspekte können sich dann auf einer Fläche ablösen, wenn Aspektbildner mit unterschiedlichen Vegetationszyklen ausgewählt werden. Einfach: Geophyten (Tulpen ,Anemone blanda u. a.), die sich nach der Blüte ohnehin zurückziehen und nachfolgenden Stauden auf gleicher Fläche Platz machen. Danach wird die Auswahl geeigneter "Vor- und Nachläufer" schwieriger. Ein praktikables Beispiel: Stauden-Mohn Papaver orientale in Sorten blüht im Vollfrühling und Frühsommer. Acanthus hungaricus ässt zu diesem Zeitpunkt die ersten grünen Blätter sehen, um nach dem "Abgang" des Mohns dessen Platz einzunehmen.

Eine andere Lösung, in der sich alle beteiligten Pflanzen ungehindert "ausleben" können, ist die Verteilung der Aspektbildner und Aspekte auf verschiedene räumliche Ebenen. Die Grundfläche ist die gleiche; das spart Platz. Für solche mehrschichtigen Pflanzungen werden Pflanzen unterschiedlicher Höhe und Blühzeit benötigt. Das funktioniert in Staudenpflanzungen gut, weil sich hier die Blühebene im Verlauf der Vegetationsperiode ohnehin überwiegend nach oben verschiebt. (Die größeren Stauden blühen gewöhnlich später, Geophyten - etwa Eremurus - machen Ausnahmen.) Sichtbar ist die jeweils aktuelle, höhere Blühebene; die vorangegangene ist hinfällig und wird verdeckt. Die "Stockwerke" sind temporär. Bei Verwendung von Stauden und darüber stehenden Gehölzen sind die Stockwerke der Pflanzung ganzjährig vorhanden. Die Aspekte - farbgleich oder farbverschieden - "klettern" im Jahresverlauf nach oben oder "springen" zwischen den Raumebenen. Die Gehölze oben müssen ausreichend hoch und "kahlfüßig" sein, damit den Bodenbereich offen lassen. Nur so bleiben die unteren Stockwerke gut sichtbar. Hochstämmige Kleinbäume, auch mehrstämmige Solitäre, Haselsträucher, Magnolien Magnolia x soulangeana, Kleeblatt-Strauch Ptelea trifoliata und Klappernüsse Staphylea sind kahlfüßig und ausreichend hoch; Schneebeeren, Hartriegel Cornus alba und Liguster nicht (Beispiele).

Da geht noch mehr

Aspektpflanzungen sind stark. Und doch kann, wer will, immer noch etwas draufsetzen. Ziel ist eine weitere Steigerung der Erlebnisqualität. Es sind Details zu beobachten, deren Entdeckung Freude bereitet, vielleicht auch provoziert. Hier einige Möglichkeiten:

•höhengleich in der Fläche:
– maßvolle Einstreu zeitgleich andersfarbiger (auch grüner, ggf. formprägnanter) Kontrapunkte
– Einstreu eines andersfarbigen, provokativen Kontrapunktes
•die Fläche überragend:
– maßvolle Einstreu formprägnanter, standfester Gerüstbildner (z .B. Gräser, etwa Calamagrostis x acutiflora ‘Karl Foerster‘)
– wirkungssteigernder Kontrast zwischen dynamisch wechselnden Aspekten und statischen, ganzjährig form- und farbstabilen Objekten (Stein, formgeschnittene Pflanzenskulptur)
•auf großen Flächen verschiedene, zeitgleiche Aspekte nebeneinander, die „weich“ aneinandergrenzen („Verlaufspflanzung“ großer Gruppen/Herden)

Hilfreiche Aspektkalender?

Um zu überzeugenden Aspektpflanzungen zu kommen, müssen Aspekt bildende Pflanzen ausgewählt werden, die entsprechende Jahreszeiten wie gewünscht „bedienen“. Zu Beginn steht eine Liste grundsätzlich geeigneter, standortgerechter und dem Gestaltungsziel verpflichteter Arten und Sorten.
Die Stückzahl ausgewählter Aspektbildner wird kräftig erhöht, um ihre Wirkung zu sichern. Einige Begleiter können in geringeren Stückzahlen gute Dienste leisten (Farben variieren, wirkungssteigernde Kontraste setzen oder einfach „nur grün“ sein), andere Arten werden konsequent gestrichen.

Achtung: Den Winter nicht vergessen und ausreichend standfeste „Gerüstbildner“ – hier vor allem geeignete Staudengräser – einplanen! Sie werden erst im Februar/März zurückgeschnitten; genau dann, wenn die zahlreich verwendeten Vorfrühlings-Geophyten grüne Spitzen zeigen („spitzen“). Sie
sorgen dafür, dass die nach dem Schnitt verbleibende Kahlfläche schnell wieder lebendig wird.

Weil die für Blütenstauden und -gehölze gewöhnlich angegebenen Blühmonate oft mit regionalklimatischen Besonderheiten und jährlich unterschiedlichen Witterungsabläufen kollidieren, werden hier beispielhaft „phänologische Jahreszeiten“ und ihre Zeigerpflanzen vorgestellt. Sie spiegeln ortsgenau den Ablauf der Jahreszeiten wieder („Phänopflanzen“, siehe www.dwd.de). Das erscheint künftig umso sinnvoller, je mehr die kalendarischen Blühmonate von den tatsächlichen abweichen (Ortsklima, globale Klimaänderungen). Es ist nicht so schwierig, sich die wenigen phänologischen Zeigerpflanzen einzuprägen.

Prof. Dr. Wolfgang Borchardt
Autor

Studiendekan der Fakultät Landschaftsarchitektur, Gartenbau und Forst, Fachhochschule Erfurt

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