Creditreform legt SchuldnerAtlas Deutschland 2017 vor

Die Überschuldung steigt vor allem in der Mittelschicht

Schulden Wirtschaft und Mittelstand
Vor zehn Jahren war fast der ganze Norden und Osten Deutschlands rot oder orange (hoher Schuldneranteil). Inzwischen dominiert dort das Gelb (mittlerer Schuldneranteil). Im Süden ist unverändert alles im grünen Bereich (geringer Schuldneranteil). Grafik: Creditreform/Boniversum/microm

Zum vierten Mal in Folge ist die Anzahl überschuldeter Verbraucher gestiegen, nicht so deutlich wie im letzten Jahr, aber stärker, als angesichts der stabilen Konjunkturlage zu erhoffen war. Zum Stichtag 1. Oktober wurde für die gesamte Bundesrepublik eine Überschuldungsquote von 10,04 Prozent gemessen. Damit sind über 6,9 Millionen Bürger über 18 Jahren überschuldet und weisen nachhaltige Zahlungsstörungen auf.

Das sind rund 65.000 Personen mehr als noch im letzten Jahr (+ 0,9 %). Das geht aus dem aktuellen SchuldnerAtlas der Creditreform hervor. Die Überschuldungsquote sinkt nur deshalb leicht, weil die Bevölkerung abermals spürbar zugenommen hat.

Harte Überschuldungsfälle sinken

Der aktuelle Anstieg der Überschuldungszahlen beruht im Gegensatz zu den letzten Jahren auf einer gleichzeitigen Zunahme der Fälle mit hoher und mit geringer Überschuldungsintensität. Die Zahl der Fälle mit juristischen Sachverhalten nahm in den letzten zwölf Monaten um rund 53.000 Fälle zu (+ 1,2 %), die Zahl der Fälle mit nachhaltigen Zahlungsstörungen um rund 12.000 Fälle (+ 0,5 %). Allerdings sinkt der Anstieg der harten Überschuldungsfälle im Vergleich zum Vorjahr deutlich. Hingegen nimmt die Zahl der Fälle mit geringer Überschuldungsintensität erstmals seit 2011/2012 wieder zu - und das ausschließlich in Westdeutschland. Derzeit sind rund 4,22 Millionen Menschen in Deutschland in einer dauerhaften Überschuldungsspirale (2006/2017: + 822.000 Fälle).

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Schulden Wirtschaft und Mittelstand
Die Schuldnerquote nach Bundesländern belegt eine überdurchschnittlich gute Lage in Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen, Sachsen und Hessen. Grafik: Creditreform/Boniversum/microm

Die Überschuldungsquote liegt aktuell in den neuen Bundesländern (10,42 %, 0,1 Punkte, ohne Berlin) zum sechsten Mal in Folge (wie auch bis 2008) über dem Vergleichswert im Westen (9,97 %; -0,03 Punkte). Insgesamt sind in diesem Jahr im Westen rund 5,79 Millionen Personen als überschuldet zu betrachten, im Osten Deutschlands sind es rund 1,12 Millionen Personen.

Überschuldungsspirale dreht im Westen

Alles in allem hat sich 2017 der Anstiegstrend im Vergleich zum letzten Jahr sowohl im Osten wie im Westen Deutschlands wieder verlangsamt. Die entsprechenden Vergleichswerte zeigen aber, dass sich die Überschuldungsspirale im Westen weiterhin schneller dreht als im Osten. Der Anstieg der Fälle mit hoher Überschuldungsintensität ist im Westen (+ 1,3 %) weiterhin stärker ausgeprägt als im Osten (+ 0,9 %). Zugleich nimmt auch in diesem Jahr die Zahl der Fälle mit nachhaltigen Zahlungsstörungen im Osten ab (-0,8 %), während sie im Westen erstmals seit 2011/2012 wieder zunimmt (+ 0,7%). Auch deshalb fällt die absolute Zunahme der Überschuldungsfälle im Westen Deutschlands (+ 62.000 Fälle) deutlich stärker aus als im Osten (+ 3000 Fälle).

Die weiterhin negative Entwicklung spiegelt sich auch im Vergleich der Überschuldungszahlen nach Bundesländern wider. So weisen zwar zwölf Bundesländer einen Rückgang der Überschuldungsquote auf, aber nur ein Bundesland weist auch einen Rückgang der Überschuldungsfälle auf (Brandenburg: 10,02 %; -0,12 Punkte; -1000 Überschuldungsfälle).

Die stärksten Anstiege verzeichnen Bayern (7,47 %; + 0,11 Punkte) und Sachsen (9,97%; + 0,08 Punkte).

Diese Bundesländer, zudem Baden-Württemberg (8,31 %; -0,03 Punkte), Thüringen (9,25 %; + 0,01 Punkte), Hessen (9,99 %; -0,08 Punkte) und Brandenburg bleiben damit unterhalb der Überschuldungsquote für ganz Deutschland. Bayern und Baden-Württemberg führen weiterhin fast traditionell das Ranking der Bundesländer an. Thüringen verbleibt seit 2013 auf Rang drei. Auffällig: Die Anstiege der Überschuldungsfälle liegen in Bayern seit 2015 über denen in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg.

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Die zehn Großstädte, deren Einwohner die höchste Überschuldung in Deutschland aufweisen. Grafik: Creditreform/Boniversum/microm

Mehr überschuldete Frauen registriert

In diesem Jahr können in Deutschland rund 7,61 Prozent der Frauen über 18 Jahre (2016: 7,55 %) als überschuldet und zumindest nachhaltig zahlungsgestört gelten. Bei Männern sind es aktuell 12,59 Prozent (2016: 12,72 %). Die Zahl der Überschuldungsfälle nahm in diesem Jahr bei den Frauen stärker zu (2,7 Millionen; + 39.000 Fälle) als bei den Männern (4,2 Millionen; + 26.000 Fälle).

Das Thema "Altersüberschuldung" bleibt virulent und zeigt einen weiter ansteigenden Trend. 2017 müssen rund 194.000 Menschen in Deutschland ab 70 Jahren als überschuldet eingestuft werden (+ 20.000 Fälle; + 12 %). Die entsprechende Überschuldungsquote (1,50 %; + 0,16 Punkte) liegt weiterhin deutlich unter den Vergleichswerten der anderen Altersgruppen. Der Anstiegstrend ist im Mehrjahresvergleich 2013/ 2017 mit plus 76 Prozent allerdings überdurchschnittlich. Im Gegensatz dazu ist die Überschuldungszahl und -quote in der jüngsten Altersgruppe in diesem Jahr nochmals zurückgegangen. Die Überschuldungsquote beträgt hier 14,06 Prozent (-0,45 Punkte). Allerdings müssen weiterhin rund 1,66 Millionen junge Menschen in Deutschland (unter 30 Jahre) als überschuldet eingestuft werden (-6000 Fälle).

Mittelschicht besonders überschuldet

Zudem zeigt eine Sonderauswertung nach Milieuzugehörigkeit, dass auch in diesem Jahr fast alle neuen Überschuldungsfälle aus der "Mitte der Gesellschaft" stammen (4,38 Millionen; +69.000 Fälle). Im Langzeitvergleich weist die Mittelschicht bereits seit 2010 den in absoluten Zahlen stärksten Anstieg von rund 237.000 Überschuldungsfälle bis zum Oktober 2017 auf (+ 6,6 %). Die Anzahl der Überschuldungsfälle aus den "gehobeneren Schichten" (1,76 Millionen; -3000 Fälle) hat in diesem Jahr ebenso wie in den "unteren Schichten" (Prekäre: 0,77 Millionen; -1000 Fälle) leicht abgenommen. Das diesjährige Sonderthema "Die angegriffene Mitte" befasste sich daher auch mit den Folgen von Überschuldung auf Mittelschichtfamilien in Deutschland. Im Rahmen eines Forschungsprojekts, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wurde, zeigt sich, wie sehr die Identität von Familien aus der Mittelschicht erschüttert wird, wenn diese in Überschuldung und Privatinsolvenz geraten. Überschuldung zeigt sich in jedem Fall als "massiver Einschnitt in das normale Leben" und führt die Betroffenen oft genug in eine "Schockstarre".

Für die nahe Zukunft ist trotz weiterhin sehr positiver konjunktureller Rahmenbedingungen nicht mit einer nachhaltigen Entspannung der privaten Überschuldungslage in Deutschland zu rechnen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Überschuldungszahlen weiter ansteigen werden. Creditreform Wirtschaftsforschung

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