Der Kommentar

Duales Studium? Klingt besser …

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Duale Studiengänge haben Hochkonjunktur und sind fast schon ein Muss in der deutschen Hochschullandschaft. Begonnen hat diese Entwicklung auf Drängen der Industrie, insbesondere der Maschinenbauindustrie. Das ursprüngliche Modell war, dass die Besten eines Abiturjahrganges mit hohen monatlichen Gehältern (auch für die Zeit an der Uni) und mit einer Jobgarantie an attraktive Unternehmen gebunden werden. Porsche, BMW und Siemens waren hier treibende Kräfte. Diese Unternehmen waren bereit, über 2000 Euro je Monat in einen guten Studenten zu investieren, damit die Leistungsträger überhaupt ein Ingenieurstudium antreten. Aus dieser Zeit stammt der hervorragende Ruf des dualen Studiums. Verstärkt wurde dies, weil die Firmen bereit waren, neben dem Studium nicht billige Arbeitskräfte zu beschäftigen, sondern zusätzlich weiter, also auch im Betrieb, massiv in die Ausbildung zu investieren und schon während des Studiums die unternehmensüblichen Trainees zu absolvieren. Damit kann es auch am ersten Tag nach dem Studium mit voller Kraft losgehen. Heute laden Kulturministerien die Vielzahl der Anbieter von dualen Studiengängen ein, um überhaupt zu einer systematischen Aussage zu kommen, was überhaupt "dual" bedeutet. Das Angebot ist vielfältig und unübersichtlich geworden. Es reicht von eingetragenen Berufsausbildungsverträgen mit ungeminderter Berufsschulpflicht bis hin zu fragwürdig kürzen Praktikumszeiten - alles was vorstellbar ist. Ob das duale Studium seinen guten Ruf verliert, ist nur eine Frage der Zeit, denn manche Studiengänge machen heute alles, um irgendwie "dual" als Zusatz führen zu können.

Das zeigt zum einen, dass sich Hochschulen im Wettbewerb befinden, was sicher positive Auswirkungen für alle Akteure hat. Zum anderen gehen die Hochschulen auch einer Modebewegung nach, ohne zu prüfen, ob "dual" wirklich besser ist. Je nach Modell hat "dual" auch Nachteile, insbesondere wenn das einzige Ziel eine Verkürzung der Studienzeit ist und ein duales Studium verglichen wird mit dem klassischen Weg der Ingenieurschulen (heute Fachhochschule oder Hochschulen für angewandte Wissenschaften).

Eine Verbesserung ist "dual", wenn sonst in dem bisherigen Studiengang keine oder nur unzureichende Zulassungsbedingungen an die (Vor-)Praxis gemacht werden. Wenn hingegen eine Berufsausbildung dem Studium vorangestellt wird, ist dual die schlechtere Wahl. Duales Studium ist im Grunde der Versuch, einen Fehler aus der Vergangenheit zu beheben, nämlich der Verzicht einer Berufsausbildung als Voraussetzung für einen Studienplatz an einer Fachhochschule.

Duale Studenten werden zumindest in unseren Berufsfeldern nicht wie bei Siemens vergütet und betreut. Im Gegenteil: Duale Studenten müssen mit dem Gehalt eines Auszubildenden das Studium finanzieren. Manche Betriebe weigern sich sogar (rechtswidrig), die Zeiten an der Hochschule zu vergüten. Duale Studenten sind in der Regel so voll mit Terminen, dass die Zeit für das, was wir studieren nennen - ausgedehnte Besuche in der Bibo, eigenständige Recherche von Sachverhalten, akademische Diskussion mit Kommilitonen - überhaupt nicht mehr vorhanden ist. Nach dem Turbo-Abi geht es direkt zum dualen Turbo-Studium.

Warum also nicht zurück zu dem, was sich bewährt hat, zur Berufsausbildung vor dem Studium?

Ihr Martin Thieme-Hack

NL-Stellenmarkt

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Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
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Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

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