Rechtswissenschaftliche Handreichung für Unternehmer

Dürfen Flüchtlinge in Deutschland arbeiten?

Recht und Normen
Viele Flüchtlinge würden gerne in Deutschland arbeiten. Das aber ist nur erlaubt, wenn sie eine Arbeitserlaubnis nachweisen. Foto: sebaso, CC0 1.0
Recht und Normen
Marion von Chamier, Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes der Westfälisch-Lippischen Land- und Forstwirtschaft, erläutert die rechtlichen Möglichkeiten. Foto: WLAV

Es sind weltweit viele Millionen Menschen auf der Flucht, so viele wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Bundesinnenminister Thomas de Maizière prognostiziert, dass rund 800000 Menschen in diesem Jahr nach Deutschland kommen. Das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge war bisher von etwa 450.000 Flüchtlingen ausgegangen.

Diese Möglichkeit ist jedoch in der ersten Zeit stark eingeschränkt beziehungsweise nicht möglich. So erhalten Flüchtlinge (Asylbewerber mit Aufenthaltsgestattung und Personen mit Duldung) in den ersten drei Monaten des Aufenthalts keine Arbeitserlaubnis. Nach dieser "Wartezeit" besteht für die folgenden zwölf Monate grundsätzlich ein "nachrangiger" Arbeitsmarktzugang.

Erlaubnis bei Ausländerbehörde beantragen

Das bedeutet, dass der Flüchtling für eine konkrete Beschäftigung eine Erlaubnis bei der Ausländerbehörde beantragen muss. Diese wiederum muss die ZAV (Agentur für Arbeit) um Zustimmung anfragen. Die Mitarbeiter der ZAV prüfen sodann, ob die konkrete Stelle ein bevorrechtigter Deutscher beziehungsweise anderer EU-Bürger haben möchte. Erst wenn feststeht, dass die angebotene Stelle nicht durch einen Inländer oder EU-Bürger besetzt werden kann und die Beschäftigungsbedingungen (Tariflohn oder ortsüblicher Lohn) garantiert sind, darf die Arbeitserlaubnis von der Ausländerbehörde erteilt werden.

Hierzu erhält der Flüchtling einen Vordruck, der vom Arbeitgeber auszufüllen ist. Dieses ausgefüllte Formular ist der Ausländerbehörde vorzulegen, die dann durch die ZAV die Vorrangprüfung und die Prüfung der Arbeitsbedingungen durchführen lässt und je nach Ergebnis der Beschäftigung zustimmt. Bei Zustimmung wird die Arbeitserlaubnis in die Aufenthaltsgestattung beziehungsweise Duldung eingetragen. In der Praxis wird jedoch aufgrund der Vorrangprüfung die Arbeitserlaubnis in der Regel abgelehnt.

Deshalb ist diese Prüfung meistens ein bürokratischer Akt, der nur Zeit und Geld kostet, ohne dass die Flüchtlinge davon profitieren. Deshalb fordern Arbeitgeber und Kommunen, dass diese Vorrangprüfung entfällt. Bisher verweigerte die Politik jedoch eine grundsätzliche Gesetzesänderung.

Eine erste Reaktion erfolgte jedoch am 29. Juli 2015, als das Bundeskabinett einer entsprechenden Neuregelung von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zustimmte. Dabei ging es um eine Änderung der Beschäftigungsverordnung mit dem Ziel, "junge Asylsuchende und Geduldete bei der beruflichen Orientierung und der späteren Aufnahme einer Ausbildung zu unterstützen".

Asylbewerber und Geduldete konnten bisher schon Praktika absolvieren, jedoch musste auch hier eine Vorrangprüfung durchgeführt werden. Diese Vorrangprüfung entfällt nunmehr für dreimonatige Praktika, nicht jedoch die Wartezeit von drei Monaten. Die Erleichterung gilt für dreimonatige Pflicht- und Orientierungspraktika, die oft eine Voraussetzung dafür sind, ein Studium oder eine Ausbildung zu beginnen, für ausbildungs- oder studienbegleitende Praktika. Außerdem wird die Teilnahme an einer Einstiegsqualifizierung oder Berufsausbildungsvorbereitung erleichtert. Der Flüchtling muss lediglich das Praktikum bei der Ausländerbehörde anzeigen, die dieses in der Regel genehmigt beziehungsweise erlaubt. In solchen Fällen muss der Arbeitgeber aufgrund der zeitlichen Befristung (drei Monate) nicht den gesetzlichen oder tariflichen Mindestlohn zahlen.

Ausnahmen sind möglich

Keine Zustimmung der ZAV ist erforderlich, wenn der Flüchtling eine betriebliche Ausbildung aufnehmen will. Hierfür ist lediglich eine Erlaubnis der Ausländerbehörde erforderlich, die im Regelfall aber erteilt wird. Die oben genannte Wartezeit von drei Monaten gilt jedoch auch hier. Eine aufgenommene Berufsausbildung schützt jedoch nicht vor einer drohenden Abschiebung.

Andere Ausnahmen, wonach jemand mit einem Hochschul- oder Ausbildungsabschluss in Deutschland nach drei Monaten eine Arbeitserlaubnis ohne Vorrangprüfung erhält, setzen immer voraus, dass es sich um einen Mangelberuf handelt (Naturwissenschaftler, Mathematiker, Ingenieure, Ärzte u.a.). Dies betrifft die Branche des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus nicht. Nach Ablauf der 15 Monate entfällt die Vorrangprüfung durch die ZAV für alle Fälle. Eine Prüfung der Beschäftigungsbedingungen durch die ZAV wird dennoch durchgeführt (ob etwa Tariflohn 9,23 Euro bezahlt wird). Aus diesem Grund wird es auch nicht möglich sein, nach 15 Monaten auf den Aufenthaltstitel die Nebenbestimmung "jede Beschäftigung ist gestattet" zu erhalten, sondern es ist für jeden Einzelfall eine Arbeitserlaubnis bei der Ausländerbehörde zu beantragen. Dies ändert sich erst nach Ablauf von 48 Monaten. Hier entscheidet ausschließlich die Ausländerbehörde über die Arbeitsaufnahme.

Ass. jur. Marion von Chamier, Quelle: Wochenblatt für Landwirtschaft & Landleben

Wie sollten Sie reagierten, wenn auf ihrem Betrieb plötzlich ein unbekannter Flüchtling auftaucht und nach Arbeit fragt? Kann der junge Ausländer/die Ausländerin keine Arbeitserlaubnis nachweisen, dürfen Sie die Person nicht beschäftigen. Bei einer Anzeige müssen Sie mit einem Straf- oder Bußgeldverfahren rechnen.

Als Arbeitgeber könnten Sie aber auch Folgendes versuchen: Hält sich etwa der junge Mann bereits seit 15 Monaten oder länger in Deutschland auf, fällt die Vorrangprüfung der Arbeitsagentur (ZAV) weg. Die ZAV prüft dann nur noch im Auftrag der Ausländerbehörde, ob Sie als neuer Arbeitgeber Ihrem Beschäftigten den Tariflohn von 9,23 Euro zahlen und weitere Bedingungen einhalten.

Der Haken an der Sache: Trotz erteilter Arbeitserlaubnis darf die Behörde den Flüchtling in sein Heimatland abschieben, sofern sein Asylantrag abgelehnt oder die Duldung aufgehoben wird. Eine Abschiebung ist aber sehr unwahrscheinlich, wenn der Flüchtling aus einem Kriegsgebiet kommt.

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