GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Dumm gelaufen! Fallstricke im Baurecht

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In meiner täglichen Anwaltspraxis muss ich immer wieder feststellen, dass Vertragsparteien wegen Unkenntnis von Gesetzen oder fachspezifischer Rechtsprechung hereinfallen, obwohl sie glauben, eigentlich alles richtig gemacht zu haben. Mit diesem Beitrag möchte ich auf einige häufige Fallstricke hinweisen, die immer wieder Verwunderung und/oder Kopfschütteln hervorrufen.

1. Bürgschaftsurkunde, für die der Bürge häufig nicht haftet

Im Text von Gewährleistungsbürgschaften diverser im Baubereich als Bürgen anzutreffender Banken und Kreditversicherer findet sich oft eine Formulierung, man hafte dem Auftraggeber im Rahmen der übernommenen Gewährleistungsbürgschaft "für bereits fertiggestellte und ohne Auflagen abgenommene Leistungen" des Auftragnehmers. Dieser Bürgschaftstext war mehrfach Gegenstand von Rechtsstreiten, so zum Beispiel bei den Oberlandesgerichten Frankfurt am Main, Hamm oder auch Rostock. Der Bürgschaftstext knüpft die Haftung des Bürgen an eine "fertiggestellte und ohne Auflagen abgenommene Leistung". Nimmt ein Auftraggeber eine Unternehmerleistung ab und enthält das Abnahmeprotokoll diverse Mängelrügen, so sind nach dem Wortlaut der Gewährleistungsbürgschaftsurkunde die Voraussetzungen nicht erfüllt, wonach der Bürge wegen Mängeln in Anspruch genommen werden kann. Nur ein mängelfreies Abnahmeprotokoll würde die Voraussetzungen des Bürgschaftstextes erfüllen.

Da ein Bürge immer nur für das haftet, wofür er sich gegenüber dem Auftraggeber in der Bürgschaftsurkunde ausdrücklich verpflichtet hat, sind nach Meinung des OLG Frankfurt und mit ähnlicher Begründung auch andere Gerichte bei einem derartigen Text Bürgen selten in der Haftung. Dies selbst dann, wenn der Auftraggeber in gutem Glauben auf den Erhalt der Bürgschaftsurkunde den vereinbarten 5-prozentigen Sicherheitseinbehalt ausgezahlt hat. Der Auftraggeber hat in einem solchen Fall nur die Wahl, seine Mängelansprüche direkt gegenüber dem Unternehmer geltend zu machen. Schlimm wird es nur, wenn der Unternehmer zwischenzeitlich in Insolvenz geraten ist. In einem solchen Fall bleibt der Auftraggeber zumeist endgültig auf seinem Schaden sitzen.

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Förmliche Abnahme muss zur Bürgenhaftung durchgeführt werden

Genauso fatal kann sich die Unachtsamkeit oder Gutmütigkeit für einen Auftraggeber auswirken. Haben die Vertragsparteien eine förmliche Abnahme der Unternehmerleistung vereinbart, so obliegt es den Parteien, die förmliche Abnahme auch tatsächlich durchzuführen. Gibt sich der Auftraggeber auch so mit der Leistung des Auftragnehmers zufrieden, indem er die Schlussrechnung bezahlt und stillschweigend auf eine förmliche Abnahme verzichtet, schadet er sich unter Umständen wesentlich mehr als er sich hätte träumen lassen. Oft verzichten zufriedene Auftraggeber im privaten Bereich auf die ursprünglich im Vertrag vereinbarte förmliche Abnahme, ohne dass sie wissen, was sie damit nach der Rechtsprechung möglicherweise an Rechtsverlusten erleiden. Unterlassen Vertragsparteien eine eigentlich vereinbarte förmliche Abnahme, so halten eine ganze Reihe von Oberlandesgerichten die Voraussetzungen der Bürgenhaftung für nicht erfüllt (zum Beispiel OLG Rostock, Urteil vom 31.08.2006, Az. 7 U 2/06). Eine einmal unterlassene förmliche Abnahme sei nach Meinung der Gerichte bezüglich der Bürgenhaftung auch nicht mehr zu heilen. Die Bürgschaft ist dann für den Auftraggeber nichts wert.

Da gerade im Baubereich viele Leistungen durch Subunternehmer erbracht werden, kann die ungünstige Rechtsprechung jederzeit auch einen Hauptunternehmer im Verhältnis zu seinem Subunternehmer treffen. Jedem Empfänger einer Gewährleistungsbürgschaftsurkunde kann nur dringend empfohlen werden, sich den Text der Bürgschaftsurkunde genau anzusehen und gegebenenfalls eine untaugliche Bürgschaft zurückzuweisen.

2. Befristete Bürgschaft als Sicherheit gemäß § 648 a BGB

Zur Absicherung wirtschaftlicher Risiken verlangen immer mehr Unternehmen am Bau vom Auftraggeber eine Sicherheit gemäß § 648 a BGB. Wer nicht ausreichend Erfahrung mit dieser Vorschrift hat, sollte sich unter Umständen rechtzeitig juristischen Rat einholen, bevor man nicht reparable Fehler begeht. Als inzwischen allgemein bekannt dürfte den Beteiligten sein, nach § 648 a BGB zur Absicherung des unternehmerseitigen Vergütungsanspruchs vom Auftraggeber keine Bürgschaft, sondern immer nur eine Sicherheit verlangen zu können. In welcher Form der Auftraggeber die Sicherheit zu stellen beabsichtigt, bleibt ihm allein überlassen.

Oft werden statt einer Bürgschaft zum Beispiel als Sicherheit auch Wertpapiere verwendet oder Sperrkonten eingerichtet. § 232 BGB enthält eine Reihe Möglichkeiten, was alles als Sicherheit akzeptiert werden muss. Verlangt ein Auftragnehmer vom Auftraggeber statt einer Sicherheit eine Bürgschaft, so hat er hierauf keinen Anspruch, so dass er die Konsequenzen tragen muss, wenn er wegen Nichterhalt der Bürgschaft seine Leistungen einstellt oder sogar den Vertrag kündigt. Einen solchen Fall hat zum Beispiel das OLG Koblenz zu Lasten eines GaLaBau-Unternehmers entschieden.

Gibt ein Auftraggeber als Sicherheit eine Bürgschaft nach § 648 a BGB, sei dem Unternehmer dringend angeraten, sich mit dem Text der Bürgschaft etwas näher zu beschäftigen. Besonders riskant sind immer wieder von Kreditinstituten oder Kreditversicherern vorgelegte Texte, die die übernommene Bürgschaft zeitlich beschränken. Eine befristete Bürgschaft ist im Falle des § 648 a BGB zumeist nichts Wert, da bei Fristablauf fast nie bereits der Haftungsfall für die Bürgschaft eingetreten ist. Der Begünstigte aus einer solchen befristeten Bürgschaft zieht bei Fristablauf fast immer den Kürzeren, da der Zeitpunkt für die Inanspruchnahme einer Bürgschaft nach § 648 a BGB stets recht spät gegeben ist (Voraussetzung: Vorlage eines vollstreckbaren Titels beziehungsweise ein ausdrückliches Anerkenntnis des Auftraggebers).

Anders als bei Gewährleistungsbürgschaften, bei denen die Inanspruchnahme der Bürgschaft zur Wahrung der Rechte zumeist schon ausreicht, ist dies bei einer befristeten Bürgschaft nach § 648 a BGB nicht der Fall. Nach herrschender Meinung reicht die Inanspruchnahme der Bürgschaft nicht aus. Auch lässt sich der Anspruch nicht dadurch retten, dass man rechtzeitig vor Fristablauf die Bürgschaftsurkunde klagweise in Anspruch nimmt. Nach dem eindeutigen Text des § 648 a BGB kann eine gemäß § 648 a BGB gestellte Bürgschaft nur durch Anerkenntnis des Auftraggebers oder durch Vorlage eines vollstreckbaren Titels gegen den Auftraggeber verwertet werden. Beides lässt sich durch eine Klage weder erreichen noch lassen sich Rechte retten, die bei Fristablauf endgültig verloren gehen.

3. Reinfall durch falsche Bedenkenanmeldung

Ein Auftragnehmer hat gegen eine vom Auftraggeber in Auftrag gegebene Ausführungsart erhebliche Bedenken. Entgegen § 4 Abs. 3 VOB/B meldet er aber beim Auftraggeber seine Bedenken nicht schriftlich an, sondern wendet sich mit seinem Anliegen an den regelmäßig auf der Baustelle befindlichen Bauleiter des Auftraggebers. Dieser sieht die Bedenken des Auftragnehmers als begründet an und verspricht, Abhilfe zu schaffen. Tatsächlich unternimmt er allerdings nichts, so dass ohne vorherige Ausräumung der Bedenken und entsprechende Änderungen das Objekt weitergebaut wird. Wie schon vom Auftragnehmer befürchtet, kommt es in der Folgezeit zu Schäden an dem Gebäude, die der Auftraggeber nicht hinzunehmen bereit ist. Der Auftragnehmer beruft sich auf die mündlich gegenüber dem Bauleiter des Auftraggebers angemeldeten Bedenken und auf die ihm vom Bauleiter gegebene Zusage, Abhilfe zu schaffen.

Dies alles hat das Oberlandesgericht Düsseldorf nicht als ausreichend angesehen. Das Gericht nahm den Auftragnehmer entsprechend in die Haftung, da er keine ordnungsgemäße Bedenkenanmeldung vorgenommen habe. Insbesondere hätte er sich nach Meinung des Gerichts auf die mündliche Zusage des Bauleiters des Auftraggebers nicht verlassen dürfen und dennoch den Weg der schriftlichen Bedenkenanmeldung nach § 4 Abs.3 VOB/B gegenüber dem Auftraggeber selbst beschreiten müssen. Im vorliegenden Fall hat sich der Auftragnehmer auf die glaubwürdige Zusage des Bauleiters verlassen und hat mit seiner Gutgläubigkeit den Kürzeren gezogen.

4. Unverzügliche Prüfungspflicht auch im Anlagenbau

Ein Auftraggeber in der Rechtsform eines Kaufmanns bestellt bei einem Anlagenbauer für ein Müllheizkraftwerk ein Müllförderband zum Transport von Müll, insbesondere haushaltsüblichem Müll. Das Förderband wurde für das Müllheizkraftwerk konzipiert. Der Anlagenbauer liefert die Förderbandanlage, die der Auftraggeber erst einige Zeit später im Müllheizkraftwerk in Betrieb nimmt. Wochen später rügt der Auftraggeber, dass immer wieder Müll vom Förderband herunterfällt und sich im Übrigen der beförderte Müll im Förderband verhakt und es deshalb immer wieder zu erheblichen Betriebsstörungen und Beschädigungen komme. Der Auftraggeber erklärt daraufhin den Rücktritt vom Vertrag und macht gegen den Anlagenbauer entsprechende Rückgewähr- beziehungsweise Schadenersatzansprüche geltend.

Der Anlagenbauer verteidigt sich unter anderem damit, dass das Vertragsverhältnis mit dem Auftraggeber als Werkliefervertrag anzusehen sei und dementsprechend nach § 651 BGB beurteilt werden müsse. Diese Vorschrift verweise im Werklieferrecht auf Kaufrecht. Danach sei der Auftraggeber verpflichtet gewesen, die gelieferte Anlage unverzüglich in Betrieb zu nehmen und zu überprüfen, ob und welche Mängel vorhanden sind. Der Auftraggeber hätte diese Mängel sodann unverzüglich rügen müssen. Der Anlagenbauer ist der Meinung, sämtliche Rügen des Auftraggebers seien verspätet, so dass die Förderbandanlage als vom Auftraggeber genehmigt angesehen werden müsse.

In einem noch nicht rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Wuppertal gibt das Gericht dem Anlagenbauer Recht. Es verweist im Hinblick auf § 651 BGB auf die Anwendbarkeit von Kaufrecht und ist der Meinung, dass demnach auch § 377 HGB anwendbar sei. Nach dieser Vorschrift hat der Auftraggeber bei Erhalt der Ware eine unverzügliche Prüfpflicht. Kommt er dieser nicht unverzüglich nach und rügt er erkennbare Mängel nicht unverzüglich, sieht das Landgericht Wuppertal die Anlage in der gelieferten Form als genehmigt an und weist wegen der vom Auftraggeber verspätet gerügten Mängel, die Gegenstand des Rechtsstreits sind, die Klage ab. Das Urteil begründet die Klageabweisung in erster Linie damit, dass der Auftraggeber die erkennbaren Mängel nicht unverzüglich gerügt habe.

Viel zu wenig Auftraggeber sind sich des Risikos des geänderten § 651 BGB für Werklieferverträge bewusst, wonach in den allermeisten Fällen statt dem vermuteten Werkvertragsrecht tatsächlich Kaufrecht zur Anwendung gelangt. Sind beide Vertragsparteien Kaufleute und findet Kaufrecht Anwendung, wird viel zu wenig darauf geachtet, dass der in weiten Kreisen der Wirtschaft leider unbekannte § 377 HGB zur Anwendung kommt. Im Kaufrecht sind deshalb zur Wahrung der Rechte des Auftraggebers unverzügliche Überprüfungen der gelieferten Ware erforderlich. Unterbleiben seitens des Auftraggebers Mängelrügen für bei der Lieferung erkennbare Mängel, so gilt § 377 HGB mit der ernsten Konsequenz, dass bei einer verspäteten Rüge die Leistung des Auftragnehmers vom Auftraggeber als genehmigt angesehen wird. Auch Mängel, die erst später zu Tage treten, müssen nach der Vorschrift des § 377 HGB auch unverzüglich gegenüber dem Auftraggeber zur Wahrung der Rechte gerügt werden. Andernfalls kann es bei verspäteten Mängelrügen zu unliebsamen Überraschungen für den Auftraggeber kommen. Die Anwendung des § 377 HGB auf Werklieferverträge, die oft auch ein großes Leistungsvolumen beinhalten, birgt für den Auftraggeber Risiken, deren er sich in den wenigsten Fällen überhaupt bewusst ist.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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