Junge Landschaft

Ein alter Hut: Die Kräuterspirale

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140. folge Unsere Serie für den Nachwuchs erläutert das wichtigste GaLaBau-Grundlagenwissen vom Abstecken bis zum Zaunbau: Diesmal geht es um das Thema Kräuterspiralenbau.

In den vergangenen Jahren hat sich in den Hausgärten in puncto Gartendesign sehr viel getan. Die Bandbreite der Veränderungen geht von neuen Wegebelägen über neue, noch bessere Pflanzenzüchtungen, über moderne Garteneinrichtungen und -innovationen beim Sonnenschutz und Lichtinstallationen an Terrassen, über Gartenmöbel aus modernen Materialien und anderen Accessoires bis hin zu einer "angeblich" neuen Beetkultur - den Hochbeeten. Ganz vorn an dieser Stelle übrigens die Hochbeetbauer aus der "Europalettenliga". Ganz in Vergessenheit geraten bei dieser Entwicklung hin zu den recyclingstrotzenden Monstergartenmöbeln alte, traditionelle Formen der Hochbeetgestaltung - Bauten aus Naturstein, wie etwa die Kräuterspirale. Wer jetzt die Augen verdreht, sollte einmal nach dem Lesen des Beitrages kurz nachdenken und alle Möglichkeiten und Spielarten dieser Form der "Hochgärtnerei" überdenken.

Weit vor unserer Zeit …

… waren Hochbeete schon en vogue! Wer im Internet recherchiert, findet dort folgende Angaben zur Geschichte von Kräuterspiralen:

"Die Kräuterspirale geht auf den Australier Bill Mollison zurück, der 1981 für sein Konzept der Permakultur den Right Livelihood Award bekam. Im gleichen Jahr beschrieb er in einem Vortrag, wie er 1978 die Kräuterspirale erfand und sich dabei von den Sandmustern der Aborigines inspirieren ließ. In seinem 1988 erschienenen Buch Permaculture: A Designers' Manual ging er ausführlich auf die universelle Präsenz der symbolträchtigen Spiralform in der Natur und bei verschiedenen Naturvölkern ein und fügte eine Zeichnung seiner Kräuterspirale bei. Von allen Elementen der Permakultur war die Kräuterspirale von Anfang an besonders erfolgreich." (Zitat Wikipedia)

Dieses Rechercheergebnis befriedigt vielleicht die heutige Google-Generation - aber es ist entspricht nicht den Tatsachen. Sicher hat der obengenannte Kollege einen maßgeblichen Anteil an der Entwicklung gerade dieser Form der Kräuterspirale, aber der Ursprung liegt viel weiter zurück. Stellen wir uns die Frage, was eine Kräuterspirale ist! Sie ist eine terrassierte Anbaufläche, die mit Natursteinmauern (meist im Trockenmauerbau) eingefasst ist. Na, klingelt's? Schaut man in die südlichen Regionen von Europa, ringen die Weinbauern den Bauern genau mit dieser Methode in den Bergen Pflanzflächen ab. In Asien werden so Reisfelder an völlig unzugänglichen Stellen geschaffen und bewirtschaftet, und in Südamerika waren die Ureinwohner gezwungen, ihre Felder genau in diesem Baustil den Anden abzutrotzen. Gut, ich gebe zu: Eines waren diese Felder nicht - spiralförmig. Wenn man den Faden weiter spinnen wollte, könnte man solche Hochgartenkonstruktionen bis zurück weit über die Zeit der "Gärten des Semiramis" verfolgen - doch das wollen wir nicht und schweifen an dieser Stelle nicht weiter in die Geschichte ab.

Für und Wider

Alles auf der Welt hat seine Befürworter und seine Gegner - und das ist auch gut so. Das macht unsere Vielfalt und unsere Entwicklung aus. Trotzdem sollte man sich die Frage stellen, was damals in den Menschen gefahren ist, dass er begonnen hat, solche Beetkonstruktionen zu erschaffen. Jedem ist klar, dass die Form einer kreisrunden, spiraligen Konstruktion in der Kategorie "Raumeffektivität" nicht die volle Punktzahl erhält - sie ist sehr sperrig und hat viele schlecht zu nützende Stelle im Umfeld. Der Bauaufwand ist auch etwas umfangreicher als bei einer ebenerdigen Pflanzfläche und die Kosten schlagen auch gewaltig zu Buche. Damit haben wir die negativen Aspekte angesprochen. Was gibt es "Gutes" zu berichten? Die Kräuterspirale im klassischen Baustil ist sehr langlebig und bietet durch ihre stetig ansteigende Höhe eine große Anzahl von Standortvarianten an. Die Standortbandbreite geht dabei von einem Wasserstandort in voller Sonne, über Pflanzbereiche mit verschiedenen Feuchtigkeitsgraden und unterschiedlichen Licht- und Wärmebedingungen, bis hin zu extremen Trockenstandorten. Auch bei der Pflege ist die Spirale bei richtigem Bau gut zu handhaben. Man kommt an die unteren Etagen gut ran, muss sich nicht so sehr bücken und mit einigen Hilfsmittel (Trittplatten oder ähnlichem.) kann man die oberen Bereiche auch ohne Bergsteigerausrüstung erreichen. Gleichzeitig unterstützt man eine ökologische Schädlingsbekämpfung und die Bestäubung der Blüten durch die Schaffung von Lebensraum und hat die Möglichkeit, durch die gezielte Verwendung von Nisthilfen einen artgerechten Lebensraum für Tiere zu schaffen. Ein bekanntes Problem ist, dass diese durch den Landschaftsverbrauch gerade im urbanen Bereich immer weniger natürlichen Lebensraum zur Verfügung haben. Der Insektennistkasten, in die Südseite der Spirale gesetzt, bietet Hautflüglern wie Wildbienen und Grabwespen einen Lebensraum. Sie sind sehr wärmeliebend und werden diesen Standort dankbar annehmen. Viele Insekten finden aber auch bei guter Materialauswahl einen direkten Platz in den Mauern der Spirale. Auch Kleinsäuger (wie etwa Spitzmäuse) oder Vögel (wie Hausrotschwanz und Zaunkönig) werden sich mit der Vertilgung von Schadinsekten und Schnecken für den Wohnraum revanchieren.

Nutze die Möglichkeiten

Wer sagt eigentlich, dass diese Spirale immer rund sein muss? Und wer hat eigentlich festgelegt, dass in einer Kräuterspirale nur Kräuter wachsen dürfen?

Keiner - trotzdem hier einige Bemerkungen zu den Bauanforderungen: Die Spirale windet sich um einen Steinhaufen und steigt dabei kontinuierlich an. Der aufgefüllte Boden wird nach oben hin zunehmend mit Sand durchmischt, um ihn durchlässiger zu machen. Von unten gesehen beginnt die Kräuterspirale mit einem kleinen Teich an der Südseite. Dieser schafft ein feuchtes Mikroklima. Im mittleren Teil, der Normalzone, entspricht der Boden typischen mitteleuropäischen Wachstumsbedingungen. Er ist aus Humus, jedoch durchlässiger als in der Feuchtzone. Hier findet man auch Bereiche, die im Halbschatten liegen. Der obere Bereich der Spirale dominiert eine Trockenzone. Der Boden ist durchlässig und mager. Der innere Aufbau der Kräuterspirale gewährleistet eine gute Drainage. Der Übergang zwischen diesen Zonen ist fließend, so dass ein großes Spektrum von Wachstumsbedingungen abgedeckt wird.

Keine Bauanleitung

An dieser Stelle soll keine Bastelanleitung für diese Form der Gartengestaltung abgedruckt sein, sondern vielmehr der Hinweis, was eine "Kräuterspirale" dem Garten - und Landschaftsbauer für Möglichkeiten bietet, sein Wissen und Können in die Waagschale zu werfen. Diese Kleinbauwerke sind im traditionellen Bau nicht nur lose aufeinander geschichtete Steinhaufen, sondern die Miniaturausgabe eines ganz alten Handwerkes - des Trockenmauerbaus.

Ich möchte hier an einem Beispiel, bei dem berufliche Laien unter Anleitung eine größere Kräuterspirale im Rahmen einer Projektarbeit gebaut haben, die Bauweise und die Funktionalität einer solchen Anlage beschreiben.

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Schritt 1:

Was fanden wir vor? Der Standort für die Anlage war günstiger nicht zu treffen. Uns stand eine Fläche von ca. 40 m² zur Verfügung, auf der schon eine Bepflanzung vorhanden war, die mehr oder weniger an eine Friedhofsbepflanzung erinnerte (Siehe Skizze). Auf einer gepflegten Rasenflächen standen am Rand drei riesige Säulenwacholder Juniperus communis (in gutem Zustand), mitten auf der Fläche stand in voller Sonne ein Rhododendron soulangiana (gefühlte 50 Jahre alt und nur einen 1?2 m hoch - Warum nur?) und locker verteilt waren noch zwei flachwachsende Wacholder Juniperus horizontalis vorhanden. Es musste Platz her, und so fielen der "Rhodo" und einer der "Flachen" der Säge zum Opfer. Die Säulenwacholder sollten eigentlich auch weichen, aber auf Grund ihres mediterranen Charakters waren wir gnädig und nutzten diese Pflanzen als Kulisse.

Schritt 2:

Die Spirale sollte einen Durchmesser von ca. 4,50 m bis 5 m haben. Die Umsetzung im Gelände war relativ einfach. In die Mitte der Fläche wurde ein Schnurnagel geschlagen und mit Hilfe eines Gartenschlauches der zukünftige Standort der Trockenmauer festgelegt. Danach wurde entlang des Schlauches in der Breite der zu bauenden Mauer die Rasensoden abgetragen. Unter dem Rasen befand sich ein Rasen-Schotter-Gemisch (was man sich dabei mal gedacht hat, ist mir völlig unklar, denn die Fläche war nie als Schotterrasen zum befahren vorgesehen). Das führte dazu, dass wir uns entschlossen auf eine Schotterfundamentierung der Mauer zu verzichten und diese gleich auf dieses Material zu versetzen.

Schritt 3:

Nach dem Setzen des ersten Steines, der in diesem Fall doch recht groß ausfiel und mit der Hand versetzt wurde, erfolgte die höhenmäßige Einmessung der untersten Steinreihe unter Zuhilfenahme einer Maurerschnur. Für den weiteren Verlauf verzichteten wir auf diese Variante, da die Spiralform der Vermessung Grenzen setzte. Die höhenmäßige Orientierung wurde mittels Wasserwaage und Richtscheid in die Tat umgesetzt. Die Größe und Form der Steine gab im Wesentlichen die Höhe vor. Um das später einzufüllende Material nicht durch die Fugen "entkommen" zu lassen, ist ein hinter der Mauer (also in Richtung Pflanzfläche) eingebautes Vlies sehr von Vorteil. Es lässt Wasser durch und hält den Boden dort, wo er hingehört.

Schritt 4:

Die "Urbauweise" einer Kräuterspirale basiert auf der Idee, um einen Steinhaufen eine Bepflanzung herum zu trappieren. Dieser Idee sind wir nicht gefolgt und haben uns für eine komplett durchgehende Trockenmauer entschieden. Das bedeutet zwar einen Mehraufwand an Arbeit und Material, bringt aber für die Zukunft den Vorteil der erheblichen Erleichterung der Nutzung der Pflanzflächen. Man ist nicht auf eine Bepflanzung festgelegt, sondern kann variieren, da das eingetragene Material eine erhebliche Pflanztiefe ermöglicht. Ich weiß, dass die Bewahrer der "reinen Lehre" jetzt die Augen verdrehen, aber die Zeit wird uns Recht geben.

Der Miniteich wurde mit Folie ausgeschlagen, die ihren Halt an den vorhandenen Kantensteinen und einer Natursteinkante fand. Er hat nur eine geringe Tiefe und ist zusätzlich noch mit Kies gefüllt um die Unfallgefahr zu bannen, da sich die Anlage in einem für Kinder zugänglichen Bereich befindet.

Schritt 5:

Für die Befüllung der Spirale wurde ein nährstoffarmer sandiger Boden genutzt, der je nach Bepflanzung mit Humus angereichert werden kann. Dekoelemente, wie eine große Wurzel, dienen als zusätzliche Möglichkeit Pflanzen (Sempervivum o. ä.) zu platzieren.

Begrünung muss her!

Für die Bepflanzung einer traditionellen Spirale sind, wie der Name schon andeutet, Kräuter aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen vorgesehen. Sie bietet Kräutern die perfekten Rahmenbedingungen für vitales Wachstum und ein aromatisches Erntegut. Als idealer Pflanzzeitpunkt für die Kräuterspirale hat sich das Frühjahr herauskristallisiert. Vor allem bei frostempfindlichen, mediterranen Kräutern ist nach einer Herbstpflanzung eine hohe Ausfallquote zu beklagen. Nach Befüllen der Anlage sollte man unbedingt noch etwa zwei Wochen abwarten, damit sich das Substrat setzen kann. Die Ausrichtung nach Süden behagt den Kräuterpflanzen an der Basis der Spirale sehr. Der kleine Teich liefert Wasser, und an Sonnenschein mangelt es ebenfalls nicht. Da der Übergang zwischen Wasserzone und Feuchtbereich fließend ist, kommen für diesen Standort beispielsweise folgende Pflanzen in Frage:

Weiterhin ist schon bei der Planung darauf zu achten, dass zwischen hoch wachsenden und niedrigen Kräutern ein ausreichender Abstand besteht, damit kein Schattenwurf entsteht. Dieser wirkt sich im Wachstumsverlauf als Hemmnis aus.

In der sogenannten Normalzone, also im mittleren Bereich, sorgen frische, nahrhafte und lockere Gartenerde und angenehme halbschattige Lichtverhältnisse für sehr gute Standortbedingungen für eine Vielzahl von aromatischen Kräutern. Dazu gehören:

Die Sonnenanbeter aus dem Kräuterreich finden in der oberen Zone ihren idealen Standort. Hier wachsen Pflanzen, die einen sandigen, trockenen Boden zu schätzen wissen.

Viele Gärtner sind der Meinung, dass für Großblättrige Pflanzen oder Großstauden in einer Kräuterspirale kein Platz ist. Diese Verallgemeinerungen sind mir ein wenig suspekt! Ist die Anlage groß genug - die oben beschriebene Spirale deckt mühelos 12 m² ab - sollte man auch auf Liebstöckel (Levisticum officinale) und Beinwell (Symphytum) nicht verzichten. Auch Kräuter mit einem sehr invasiven Wurzelwachstum oder ungünstigen Wurzelausscheidungen, wie Estragon (Artemisia dracunculus) und Wermut (Artemisia absinthum) finden hier ihren Platz. Einen Pflanzstandort sollte man nicht vergessen - die Trockenmauer. Da beim Bau die Natursteine zusammengefügt ohne Mörtel werden, entstehen kleine Lücken. Mithilfe von Pflanztaschen können Sie diese Hohlräume als zusätzliche Pflanzfläche nutzen. Zwerg-Kräuter oder Ringelblumen fühlen sich hier gut aufgehoben und werten das Erscheinungsbild auf.

Nebenbei gesagt sind in unserer Kräuterspirale auch Pflanzen zum Einsatz gekommen, die kaum einer so richtig auf dem Schirm hat. So haben wir uns beispielsweise für eine Erdbeere als Bodendecker entschieden (Fruchtlieferant und ein Tee aus den Blättern ist köstlich). Aber auch Gemüse, wie Blattsalat oder Rhabarber besiedelt Standorte, die andere Pflanzen nur kurze Zeit im Jahr nutzen.

"FFH - ein interessantes Arbeitsgebiet"

Uwe Bienert

 Uwe Bienert
Autor

Landschaftsgärtner-Meister und Ausbilder

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