Ein Baummythos: Ginkgo biloba

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101. folge Unsere Serie für den Nachwuchs erläutert das wichtigste GaLaBau-Grundlagenwissen vom Abstecken bis zum Zaunbau: Diesmal geht es um das Thema Ginkgo.

Ginkgo biloba gibt es vermutlich bereits 300 Millionen Jahre. Noch vor den Sauriern besiedelten seine Vorfahren großflächig die Erde. Schon in der Kreidezeit zog sich die Art nach Ostasien zurück. Dort überlebte der Ginkgo die Eiszeiten. Aber auch in der Neuzeit hatte er eine spannende Geschichte.

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Wissenswertes über die Gattungen

Als im 18. Jahrhundert in den Fürstenhäusern Europas das Verlangen, exotische Pflanzen und Bäume nach den Vorbildern englischer Landschaftsparks anzupflanzen, wuchs, fand auch der Ginkgobaum eine sichere Bleibe in den Gärten und Parks. Man übertreibt nicht, wenn man bemerkt, dass gerade der Osten Deutschlands (hier speziell Thüringen um Weimar und Jena) als Hochburg des Ginkgos in Deutschland gelten muss. An dieser Stelle sei ein kleiner Geschichtsexkurs gestattet:

Seit etwa 1000 n. Chr. wurde der Baum in weiten Teilen Ostasiens aufgrund seiner Langlebigkeit verehrt und als Tempelpflanze kultiviert. Seinen heutigen Namen verdankt der Ginkgobaum auch einem Zufall: Der deutsche Forscher Engelbert Kaempfer bereiste Japan Ende des 17. Jahrhunderts und beschrieb dort den Tempelbaum. Er wurde auch Silberaprikose genannt, was auf Japanisch gin kyo heißt. Durch einen Druckfehler soll aus dem y ein g entstanden sein - Ginkgo. Später verlieh der Botaniker Carl von Linné dem Namen seinen Zusatz und bezeichnete mit biloba den typischen, zweilappigen Umriss des Blattes.

Es muss gute Gründe dafür geben, dass der Ginkgo als lebendes Fossil gilt und ein Baum bis zu 1000 Jahre alt werden kann. Inzwischen weiß man, dass ihn seine Pflanzeninhaltsstoffe extrem widerstandsfähig gegen Schädlinge und Umweltgifte machen. Er ist beliebt für die Alleen- und Straßenbepflanzung. Selbst radioaktive Strahlung kann dem Ginkgo kaum etwas anhaben: Während am Explosionsort der Atombombe von Hiroshima jegliche Natur verbrannt und ausgerottet war, schlug der Ginkgo einer nahen Tempelanlage als einziges Grün im folgenden Frühjahr erneut aus.

In Asien wurden mehrere Zuchtreihen des Ginkgobaumes mit verschiedenen Qualitäten als Nahrungspflanze gezüchtet. Genutzt wird der Kern des Samens, dieser muss jedoch gegart werden. In Japan dienen die geschälten Ginkgosamen als Beilage zu verschiedenen Gerichten. Sie werden teilweise im Reis mitgekocht, als Einlage in einem Eierstich-Gericht verwendet oder geröstet und gesalzen als Knabberei verzehrt. Ein Übermaß an Ginkgosamen kann zu Vergiftungen führen.

In der Medizin finden Spezialextrakte aus den Ginkgoblättern Verwendung. Diese werden bei folgenden Erkrankungen zur symptomatischen Behandlung angewendet:

- hirnorganisch bedingten Leistungsstörungen. (Gedächtnisstörungen, Konzentrationsstörungen, Schwindel, Ohrensausen und Kopfschmerzen, Demenz)

- arteriellen Durchblutungsstörungen;

- Schwindel und Ohrgeräuschen (Tinnitus).

Das Holz eignet sich gut für Schnitzerarbeiten und findet als Paneel Verwendung. Es werden kaum Bestände zur reinen Holzgewinnung angebaut. Zum Jahrtausendwechsel erklärte das deutsche Kuratorium "Baum des Jahres" Ginkgo biloba zum Mahnmal für Umweltschutz und Frieden und zum Baum des Jahrtausends.

Wissenschaftliches über die Gattungen

Der Ginkgo ist ein sommergrüner Baum, das heißt, er wirft im Herbst seine Blätter ab. Er kann 1000 Jahre und älter werden und Wuchshöhen von bis zu 40 m und einen Durchmesser im Brusthöhe von 1 bis 4 m erreichen. Ausnahmeexemplare, wie ein Baum in Korea, können Höhen von 64 m und einen Durchmesser von 4,45 m erreichen. In jungen Jahren wächst der Baum schlank und gerade in die Höhe. Sein Krone ist pyramidenförmig und licht beastet. Mit zunehmendem Alter verändert der Baum seine Gestalt. Ab dem 25. Standjahr bewegen sich dessen Äste immer mehr in die Waagerechte um eine ausladende, mächtige Baumkrone zu bilden.

Das weiche und leichte Holz des Baumes ähnelt in der Textur dem der Koniferen, ist aber harzfrei. Das hellbraune Kernholz lässt sich nur schwer vom hellgelben Splintholz unterscheiden. Im Gegensatz zu Nadelhölzern sind beim Ginkgo Tracheiden (Das sind zur Wasserleitung und Festigung gebildete, meist stark verholzte, in axialer Richtung langgestreckte Zellen. Sie befinden sich im Xylem der Leitbündel der Sprossachse von Pflanzen) in verschiedenen Größen vorzufinden. Die Borke von ausgewachsenen Ginkgos ist dunkelgrau, rau, tief gefurcht und schwer entflammbar. Bei jüngeren Stämmen ist sie graubraun und weist hellbraune Risse auf.

Jungbäume bilden eine bis zu 1 m lange Pfahlwurzel aus. Bei Altbäumen sind später die Seitenwurzeln dominierend. Extrem auffällig sind die relativ dicken Feinwurzeln (Durchmesser 0,5 mm) mit ihren sehr vielen Wurzelhaaren. Die hellbraunen Terminalknospen haben einen Durchmesser von 2 bis 5 mm und sind von kleinen Blättern ohne Achselknospen umgeben, wobei sich die Knospenschuppen schuppenartig anordnen.

Das Highlight des Baumes stellen die sehr charakteristischen fächerförmigen, breiten Laubblätter dar. Sie sind in der Mitte mehr oder weniger stark eingekerbt. Blätter von jungen Bäumen sind deutlich anders geformt als die von alten Bäumen. An Kurztrieben und an der Basis von Langtrieben erreichen die Blätter eine Breite von 4 bis 8 cm und sind entweder ungeteilt oder durch Einschnitt zweilappig. Die Blätter an den Spitzen von Langtrieben besitzen deutlich tiefere Ausbuchtungen, welche die Blätter in zwei oder mehr Lappen teilen. An den Langtrieben werden die Blätter zwischen 6 und 10 cm breit. Der Blattstiel wird zwischen 4 und 10 cm lang. Alle Blätter sind gabelnervig. Sie sind zu Beginn ihres Wachstums im Frühjahr hellgrün und dunkeln über den Sommer nach, im Herbst färben sie sich auffallend hellgelb bis goldgelb und fallen schließlich etwa Anfang November ab.

Die Äste bilden Langtriebe und Kurztriebe aus. Die Langtriebe können je nach Bedingungen zwischen 20 und 100 cm im Jahr wachsen. Aus den Langtrieben wachsen versetzte (wechselständige) Blätter, aus deren Blattstielansätzen wiederum achselständige Knospen wachsen. Kurztriebe sind sehr langlebig. Sie werden bis 60 Jahre alt und wachsen häufig nur ein paar Millimeter im Jahr, weshalb sie kaum eine Länge von 20 cm erreichen. Kurztriebe können sich ganz unerwartet zu Langtrieben entwickeln. Der Ginkgo ist ein Windbestäuber und blüht im März, er ist zweihäusig getrenntgeschlechtig (es existieren also männliche und weibliche Pflanzen).

Verrückt ist, dass gelegentlich einhäusig getrenntgeschlechtige Bäume auftreten. Die Bäume, deren Geschlechtsreife erst im Alter zwischen 20 und 35 Jahren eintritt, sind äußerlich kaum voneinander zu unterscheiden. Weibliche und männliche Blüten wachsen an den Achseln von Laub- und Niederblättern aus mehrjährigen Kurztrieben heran. Männliche Blüten haben das Aussehen von 2 bis 3 cm langen Kätzchen. Die 2 bis 3 mm großen weiblichen Blüten stehen zu zweit an einem sich gabelnden 1 bis 1,5 cm langen Stiel. Der nach der Befruchtung aus der Samenanlage entstandene Ginkgosamen ähnelt äußerlich den Mirabellen. Der Keimling ist von drei Schichten umgeben: der dünnhäutigen Innenschicht, einer harten verholzten Mittelschicht und einer dicken Samenschale. Die Samenschale ist bis zur Reife im Herbst grün, bei Kälteeinbruch wird sie gelb. Die Samenschale entwickelt im ausgereiften Zustand einen unangenehmen Geruch nach ranziger Butter.

Kurioses zur Baumbiologie

Ginkgo besitzt die Fähigkeit, bei schlechten Umweltbedingungen über dem Boden "aereal chichi" und unter dem Boden "basal chichi" zu bilden. Ich sehe jetzt förmlich die Fragezeichen in Ihrem Gesicht. Zugegeben, ich dachte auch an etwas Anderes. Zur Äufklärung:

- "Aereal chichi" sind einem Tropfstein ähnelnde verholzte, über einen Meter lange Anschwellungen, die bei sehr alten Ginkgobäumen an den Ästen oder am Stamm in Asthöhe aus überwallten Sprossknospen entstehen. Berühren diese verholzten Anschwellungen den Boden, entstehen unter günstigen Bedingungen zahlreiche vegetative Sprosse, die sich zu einer eigenständigen Pflanze entwickeln können.

- "Basal chichi" sind verholzte, rhizomähnliche Anschwellungen, aus denen meist Sekundärstämme und Adventivwurzeln hervorgehen. Auch hier kann eine eigenständige Pflanze entstehen, die aber meist mit der Mutterpflanze verbunden bleibt.

Hokuspokus, oder nicht?

Der Ginkgo wird seit Langem als kraftspendend und lebensverlängernd verehrt. Die Chinesen und Japaner etwa verehren den Ginkgo seit Jahrhunderten als heilig. Frauen erbitten unter ihm Milch zum Stillen für ihre Kinder; Bauern erflehen Regen für eine reichhaltige Ernte. Ginkgos sind dadurch in verschiedenen Formen in Mythen, Volkserzählungen und Geschichten wiederzufinden: In Japan werden die geschälten Ginkgosamen beim Hochzeitsmahl als Glückssymbol verzehrt. In vielen Geschichten und Erzählungen wird der Baum auch als Wohnort von Geistern beschrieben und deshalb hoch geschätzt und gleichermaßen gefürchtet. Das in der Pflanzenwelt einzigartige, zweigeteilte Blatt und seine Zweihäusigkeit wurde zudem schon früh mit dem Symbol des Yin-Yang in Verbindung gebracht.

Uwe Bienert

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Literatur

Quellen: Taschenlexikon der Gehölze (Schmidt/Hecker, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim 2009), International standard ENA 2010-2015 (M.H.A. Hoffmann, ENA's European Plant Names Working Group), Die Nadelgehölze (Krüssmann, Paul Paray Verlag Berlin/Hamburg 1955), Wikipedia, www.baumkunde.de

 Uwe Bienert
Autor

Landschaftsgärtner-Meister und Ausbilder

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