Baustoffrecycling im Garten- und Landschaftsbau

Ein neuer Garten aus zweiter Hand

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Wer bei Wiederverwertung im GaLaBau nur an den Einsatz von kompostierten Grünabfällen denkt, liegt falsch. Auch das kreative Upcycling, das gestalterische Aufwerten von gebrauchten Baustoffen, sorgt in der Gartengestaltung für spannende Überraschungen. Wie Landschaftsgärtner das Potential der Altbaumaterialien nutzen können und dabei wertvolle Rohstoffe sparen, zeigt das Beispiel einer Planung für einen Freiburger Familiengarten.

Für den Neubau ihres Einfamilienhauses in Freiburg ließ Familie Eibner das alte, baufällige Gebäude des Vorbesitzers abreißen. Ohne konkrete Vorstellung wozu, lagerten sie die massiven Sandsteinblöcke aus dem Fundament und einige größere Terrassenplatten aus Naturstein für spätere Zeiten in einer ungenutzten Ecke des Grundstücks. Das Steinmaterial war ausreichend für einen kleinen Raumteiler am Eingang zur Wohnung. Gerade die unterschiedlichen Formen und Größen der Steine geben der Mauer ihren besonderen Charakter. Für Lina, die 13-jährige Tochter des Hauses, ist die kleine Sitzmauer einer ihrer Lieblingsplätze. Sie schwört darauf, dass es auf sie eine ganz besonders beruhigende Wirkung hat, auf den alten Fundamentsteinen eines längst verschwundenen Gebäudes zu sitzen.

Es bedarf keiner übersinnlichen Fähigkeiten, um den Reiz historischer Gegenstände nachvollziehen zu können. Eine gut erhaltene Antiquität ist vielen Kunden ihren Preis wert. Auch für den Gartensektor gibt es mittlerweile ein breites Angebot an antiquarischen Objekten, das seine Abnehmer findet. Besonders der im Gartenbau vielfach verwendete Naturstein eignet sich ideal für den Wiedereinsatz. Je nach Gesteinsart fast unverwüstlich, sieht er erst nach langem Gebrauch so richtig gut aus. Besonders geeignet sind harte Gesteine wie Granit oder Gneis. Der alltägliche Einsatz und die Witterungseinflüsse schließen die Oberflächen und geben so dem Stein seine unverwechselbare Patina. Schöne Stücke findet man auch im Bereich Zäune und Gitter. Durch ihre geringe Masse sind sie bei einer Abbruchmaßnahme leicht zu sichern und anschließend einfach zu transportieren. Nicht nur alte Schmiedeeisengitter sind frisch aufpoliert ein wertvolles Kunstobjekt. Auch Zaunobjekte aus den 70er und 80er Jahren, wie sie besonders in der alten DDR in vielfältigsten Variationen entstanden, können im richtigen Kontext zum schicken Element werden.

Recycling im Baugewerbe

Unter dem Begriff "nachhaltiges Bauen" werden Gebäude von Hochbauarchitekten und Baustoffindustrie schon seit längerem unter dem Aspekt des wirtschaftlichen Kreislaufes betrachtet. Die Baustoffdatenbank Ökobaudata vom Bundesministerium für Umweltschutz, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit bietet eine Basis für die Ökobilanzierung von Bauwerken, allerdings kaum von Freiflächen. Dabei wäre ein solches Wissen über die Anschaffungs-, Unterhalts- und Lebenszykluskosten auch für den Garten- und Landschaftsbau interessant. So ließe sich der Einsatz von teureren, aber dafür langlebigeren und im Endeffekt wirtschaftlicheren Produkten auch für den Landschaftsgärtner leichter begründen.

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Historische Baustoffe finden

Früher war es für die Landschaftsbaubetriebe und ihre Kunden Glückssache, an alte Schmuckstücke zu gelangen. "Wenn zufällig auf der Deponie neben uns ein Abbruchunternehmer sein Zeug abgekippt hat und wir haben dabei was Schönes gesehen, dann haben wir es ihm für ein kleines Taschengeld direkt vom LKW abgekauft", erinnert sich Klaus Binder, Landschaftsbauer in Freiburg seit 30 Jahren, "heute ist das ja gar nicht mehr erlaubt."

Auch heute ist der Zugang zu gebrauchten Baumaterialien immer noch dem Zufall unterworfen und daher für den Gartenbauer eine schwer zu kalkulierende Größe. Zum einen braucht es gute Verbindungen zu Abbruchunternehmen, die um die spezielle Vorliebe ihres Abnehmers wissen und ihn über interessante Baustellen informieren. Dann muss auf dem Bauhof ausreichend Platz vorhanden sein, um das Material auf unbestimmte Zeit zu lagern. In den meisten Fällen wird deshalb mit Material gearbeitet, dass sich schon im Besitz des Bauherren befindet.

Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Händlern, die sich auf das Geschäft mit den historischen Baustoffen spezialisiert haben. 1992 schlossen sich die ersten von ihnen im Unternehmerverband Historische Baustoffe zusammen. Die Mitglieder sind deutschlandweit verteilt, was kurze Wege zum Käufer ermöglicht. Über eine detaillierte Suchanfrage auf der Website kann sich der Kunde über geeignete Baustoffe informieren. Der Großteil der angebotenen Exponate, wie alte Türen, Kachelöfen oder Bleiverglasungen, sind nur für den Innenbereich geeignet. Für den Außenbereich werden hauptsächlich frostsichere Natursteine, gebrauchtes Pflaster und Eisengitter angeboten. Durch ausgiebiges Stöbern im Internet sind aber auch immer wieder ganz besondere Einzelstücke zu finden, etwa ein abgewetzter Sandsteintrog oder sogar alte Berliner Straßenlaternen. 2006 förderte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) den Aufbau des Netzwerkes Bauteilnetz Deutschland e. V. Diese bundesweite Projektkooperation mit Sitz in Bremen hat sich den nachhaltigen Umgang mit Baustoffen auf die Fahnen geschrieben. Neben dem Bewahren alter Schätze geht es den Mitgliedern ausdrücklich darum, Abfall zu vermeiden, Energie einzusparen und den CO2 zu mindern. Wichtig ist dabei auch, ob ein Werkstoff problemlos rückgebaut werden kann. Schwierig wird die Wiederverwendung von Baustoffen nämlich, wenn am Bau geklebt, geschäumt und vergossen wurde. Im Bauteilnetz finden sich deutschlandweite Anbieter von historischen Materialien, spezialisierte Planer und Handwerker sowie eine Reihe von Bauteilbörsen in Norddeutschland.

Kreative Hilfe vom Fachmann

Eibners wählten für ihr neues Haus eine moderne Formensprache mit viel Grau und Glas. Aber auch eine architektonische Gartengestaltung kann mit ungewöhnlichen Altbauteilen veredelt werden. So setzt die rötliche Sandsteinmauer im dem eher formalen Garten den nötigen Akzent. Der gegensätzliche Stil erzeugt eine besonders lebhafte Spannung.

Und es müssen durchaus nicht immer antike Bauteile sein, die für manchen zu rustikal und romantisch wirken. Am Zollhallenplatz in Freiburg hatten die Landschaftsarchitekten von Atelier Dreiseitl am Bodensee die zündende Idee. Für die Gestaltung des neuen Quartierplatzes war verpflichtend, Abbruchmaterial aus dem stillgelegten angrenzenden Güterbahngelände zu verwenden. Die Landschaftsarchitekten kombinierten für den neuen Stadtteilplatz altes Sandsteinpflaster mit zwei auf zwei Meter großen Schwerlastplatten aus Beton. Eine starke Wirkung: die rauen, industriell gefertigten Großflächen mit den rostigen Stahlkanten im Gegensatz zum handbehauenen, kleinteiligen Sandstein in warmen Rottönen.

Wer die gebrauchten Baustücke für seine Gartengestaltung nutzen will braucht selber kreatives Gespür oder einen geeigneten Partner. Das kann eine Landschaftsarchitektin oder ein Gartenplaner mit Sinn für originelle Zusammenhänge sein. Auch bei den Landschaftsgärtnern finden sich Betriebe, die Spaß am Entwickeln und Umsetzen von ungewöhnlichen Lösungen haben. Den Unterschied sieht man bereits beim Webauftritt: Firmen und Büros, mit Sinn für nachhaltiges Bauen stellen dies auch klar in ihrem Portfolio dar. Für sie bedeutet der Einsatz von historischen Bauteilen mehr als das Aufstellen des üblichen Sandsteintrogs als Pflanzkübel. So ist bei der Firma Baumrausch aus Bremen schon bei den Referenzprojekten zu sehen, dass hier Individualisten am Werke sind. Hier wird mit alten Mühlsteinen als Brunnenköpfe gearbeitet oder sogar mit Quadern aus Abbruchbeton als Mauersteine. Den runden Sitzplatz im Garten wollten Eibners ursprünglich mit einem auf alt getrimmten Betonstein pflastern. Aber die rustikale Optik schlägt sich auch beim Betonstein im Materialpreis nieder. Da war die Idee, ein gebrauchtes Kopfsteinpflaster zu verwenden, gar nicht mehr so abwegig. "Ich habe es erst Mal mit den üblichen Suchmaschinen wie ebay.de, quoka.de oder dhd24.com versucht, da wird einiges angeboten. Gut war auch gebrauchtpflaster24.com und natursteinhandel.com. Aber was soll ich mit einer Tonne Steine, die ich von Bremen oder Brandenburg hierher bringen lassen muss?"

Der Tipp, beim örtlichen Bauhof oder im lokalen Kleinanzeigenmarkt nachzusehen, brachte mehr Erfolg. Weil die alten Pflastersteine keiner DIN-Norm entsprechen und alle unterschiedlich ausfallen ist es wichtig, die Ware vor dem Kauf zu begutachten. Dabei zeigt sich der Anteil an unbrauchbaren Steinen oder Verunreinigungen. Bezahlt wird nach Tonne und der Schmutz- und Fremdanteil sollte deshalb nicht über zehn Prozent liegen. Die passenden Pflastersteine haben Eibners beim Abbruch des örtlichen Güterbahngeländes gefunden. Durch die kurzen Wege waren die Transportkosten so gering, dass der Preis am Ende sogar unter dem des Betonsteins lag.

Wer eine bunt gemixte Belagsfläche haben möchte, sollte sich unbedingt einen auf solche Arbeiten spezialisierte Fachbetrieb aussuchen. Weil es beim Steinmix immer unterschiedliche Steindicken gibt, kann so eine Fläche nicht einfach in ein gleichmäßig abgezogenes Splittbett verlegt werden. Für das Verbauen historischer Baustoffe bedarf es neben dem handwerklichen Können auch Fingerspitzengefühl für die Individualität der oft ungewöhnlichen Bauteile. Dazu braucht es viel Übung und eigener Tricks, die nur die alten Hasen haben. Der Preis einer mit Recyclingmaterial gemischten Fläche liegt bis zu unter 50 Prozent einer reinen Natursteinfläche. Und das Ergebnis ist auf jeden Fall einzigartig.

Der Einsatz gebrauchter Baustoffe im Landschaftsbau endet aber nicht beim liebevollen Sammeln alter Schönheiten. Seit Mitte der 1980er Jahre arbeiten Entsorgungsfachbetriebe Abbruchmaterial systematisch wieder auf. Aus Bauschutt entsteht sogenanntes Schottertragschichtmaterial, das als Trennschicht zwischen Erdreich und sichtbarer Belagsfläche unter jede Wegedecke eingebaut werden muss, um dauerhaft ein Heben und Senken der Fläche zu verhindern.

Über diesen Kreislauf gelangt auch das abgerissene Vorgängerhaus bei Eibners wieder auf dem Grundstück: Die Abbruchfirma fährt den groben Schutt zur örtlichen Schuttaufbereitungsanlage. Metallteile werden aussortiert, ebenso organisches Material wie alte Türen, Fensterrahmen oder andere Holzteile. Riesige Mahlwerke zerkleinern die Bruchstücke aus Beton, Mauersteine, Fliesen, Mörtel und Putz. Nach Korngrößen sortiert bringt der Landschaftsgärtner das preiswerte Schüttgut unter allen befestigten Flächen rund um das Haus wieder ein. Die Tragschicht wird mit Rüttelplatten bis zur statisch unbeweglichen Standfestigkeit verdichtet und verschwindet anschließend unter dem fertigen Pflasterbelag.

Dieselbe Bauweise wird im Straßenbau eingesetzt. So verschwinden mittlerweile jährlich über 70 Prozent des in Deutschland anfallenden Bauschutts als Recycling-Tragschicht unter Autobahnen, Landstraßen und anderen Pflasterflächen.

Altglasverwertung

Die Marienfelder Firma Reiling vertreibt noch ein anderes ungewöhnliches Produkt für den Außenbereich: Glasnuggets und Glasgranulat in wunderbar reinen Farben. Das Altglas wird sortenrein gesammelt und zu gebrochenem Granulat oder runden Nuggets in unterschiedlichen Größen weiter verarbeitet. Das Endprodukt Revito kann aus acht verschiedenen Farben zwischen braun und blau gewählt werden. Frau Eibner hat sich in das gletscherfarbene Sasso aqua verliebt und 3 cm große Nuggets mit gleichgroßem Rollkies in der Traufkante und auf dem Garagendach gemischt. Für kleines Geld ist ein starker Hingucker entstanden. Bei Sonnenschein reflektieren die blauen Glassteine so effektvoll das Licht, dass sich immer wieder Vorbeikommende nach dem ungewöhnlichen Kies erkundigen. Im öffentlichen Bereich sind gerade die Nuggets nur unter Vorbehalt einzubauen, rät Frau Köttig, die Disponentin der Firma Reiling aus Erfahrung: "Der Schwund ist hier ganz beträchtlich und die Schätze wandern bestimmt nicht nur in Kindertaschen!"

Zuletzt fand sich auch noch eine Verwendung für die Natursteinplatten der ehemaligen Terrasse. Der Stein stellte sich als hochwertiger Maggia-Gneis heraus. Da die Menge für die neue Terrasse nicht ausreichend war und Eibners das polygonale, unregelmäßige Format altbacken fanden, wurde dem Stein eine gänzliche neue Funktion gegeben: Locker aufgeschichtet und mit einem beleuchteten Wassersprudler versehen, ziert jetzt ein japanisch anmutendes Wasserspiel eine meditative Gartenecke. Was noch so alles aus einem alten Stein werden kann!

Dipl.-Ing. Katja Richter
Autorin

grünwerk - Büro für Landschaftsarchitektur und Fachjournalismus

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