Ein Mustergarten zum Thema Recycling

Ein zweites Leben

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Mustergärten Gartengestaltung
1. Pflanzung mit Kontrast-Wirkung. Foto: Nina Hogeback

Der Park der Gärten in Rostrup/Bad Zwischenahn hat einen neuen Mustergarten: "Ein zweites Leben", der das Thema Recycling repräsentiert. Dort wird ein Beispiel gezeigt, wie alte und/oder gebrauchte Materialien (von Grabsteinen bis Viehrosten) und Pflanzen wiederverwendet werden - oder sogar neu erfunden werden können. Außerdem werden neben dem Thema "Recycling" im Bereich der Vegetationstechnik klimaangepasste Projekte vorgeführt.

Die Grundidee war, einen Garten zu kreieren, der möglichst ökonomisch und klimafreundlich zu bauen ist. Dieser Hauptgedanke findet sich nicht nur in der Entwurfsphase, sondern auch in der Umsetzung und in der stetigen Weiterentwicklung wieder.

Von der Idee zum Entwurf

Es war nicht das Ziel, einen komplett fertigen Garten als feststehendes Werk zu gestalten und herzustellen. Der Garten wächst aus der Ausgangsituation heraus weiter und bleibt im Wandel, um flexibel auf alte und neue Situationen zu reagieren. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die ganzheitliche Betrachtung: Nicht nur die Parkbesucher kommen auf ihre Kosten, auch zahlreiche Tiere finden durch bewusst gesetzte Elemente und Pflanzen einen neuen Lebensraum.

Der Entwurf (s. Grafik S. 24) zeigt einen groben Überblick der Gestaltung. Während der Bauphase sind Gegebenheiten aufgetreten, die zu Veränderungen geführt haben; unter anderem der Verlauf der Trockenmauer und die Wegeführung. Alle bautechnischen Elemente (Weg, Trockenmauer, Pflasterflächen) sind in Form von Patch-Work gestaltet und sind mit Materialien gebaut worden, die beispielsweise anderen Zwecken dienten. Das Thema "Recycling" spiegelt sich hauptsächlich in den Bauwerken wieder. Geplant war, möglichst viele vorhandene Pflanzen wiederzuverwenden und durch Zukauf zu ergänzen. Passende Über- oder Ausschussware in Baumschulen und Staudengärtnereien wurden bevorzugt mit eingeplant. Langfristig sollen im Mustergarten Alternativen zum trockenheitsempfindlichen Rasen aufgezeigt werden: Thymian-Rasen und spezielle Kräuterrasenmischungen.

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Bautechnische Elemente und die verwendeten Materialien

Ein besonderer Reiz liegt in der Herausforderung, nur mit vorhandenen Material zu arbeiten und diese kreativ einzusetzen. Die zum Teil bunte Mischung muss ausgewogen verwendet werden und trotz des Alters und/oder Gebrauchsspuren als ein neues Bauwerk erkennbar sein. Alle sichtbaren Teile der Bauwerke bestehen zu 100 Prozent aus gebrauchten Materialien beziehungsweise Materialien aus Lagerbestand. Vom vorherigen Mustergarten war noch reichlich oberbodenfreier Schotter und Splitt vorhanden, der bauseits gelagert und für die Tragschichten der Pflasterungen und die Trockenmauer, sowie dessen Hinterfüllung wiederverwendet wurde. Fehlendes Material wurde aus dem eigenen Lager, sowie aus dem Fundus vom Park der Gärten ergänzt.

Die Trockenmauer ist ein Hauptelement im Garten und repräsentiert am deutlichsten das Thema "Recycling". Die Mauer besteht überwiegend aus gebrauchtem, gelben Sandstein, der schon vorher im ehemaligen Garten als Mauerstein verarbeitet worden war. Alte Tonrohre, die früher als Drainage auf Feldern verbaut worden waren, Tonflaschen und Ziegelsteine geben mit ihrer rötlichen Farbe zum gelben Sandstein einen schönen Kontrast.

Zusätzlich finden alte Granitsteine, hier unter anderem ein ehemaliger Grabstein und Quellstein, Verwendung. Zum Teil sind dort Materialien verbaut worden, die im Lager aus kleinen Restbeständen bestehen, die sonst üblicherweise nach einer gewissen Zeit entsorgen worden wären.

Die Wegeführung durch den Mustergarten ist im einheitlichen Grau gehalten, da dieser als Pedant zur Mauer nicht herausstechen soll. Trotzdem wird der Recyclinggedanke deutlich. Die gängigen, auch hier wieder gebrauchte, Beton-Rechteck-Pflastersteine wirken durch ihre geschwungene Reihenverlegung interessanter, als zum Beispiel auf der Hofeinfahrt im L-Verband gelegt. Ein interessantes Augenmerk ist die zusätzliche Verlegung von alten Viehrosten (s. Abb. 4). Durch die großen Fugen der Viehroste ist die Verwendung von trittfesten Fugenpflanzen möglich.

Ein Anziehungsmagnet ist in diesem Garten die Schwebeliege, sie wurde vom vorherigen Mustergarten übernommen. Der Belag um die Schwebeliege besteht aus einem Naturstein-Mix aus Klein- und Großpflaster (Abb. 5). Das Interessante an dieser Pflasterung ist das Kleinpflaster: Die Steine wurden aus nicht mehr benötigten Grabsteinen geschlagen. Daraus ergeben sich vielfältige Oberflächenstrukturen, die teilweise spaltrau, gestockt, sägerau oder sogar poliert sind. Der Anteil der polierten Steinoberfläche ist vergleichsweise gering, sodass durch die verschiedenen rauen Oberflächenstrukturen der Steine die Verkehrssicherheit weiterhin gegeben ist. Das Format der Grabstein-Natursteinpflaster ist unregelmäßig. Um ein schönes Pflasterbild zu erhalten, sind diese im wilden Verband gesetzt worden und mit einzelnen Granit-Großpflastergruppen aufgelockert.

Vegetationstechnik

Die Bepflanzung im Mustergarten, entspricht dem Namen "Ein zweites Leben" am besten. Einige Pflanzen aus dem vorherigen Garten wurden wiederverwendet, darunter verschiedene Stauden, Gräser und kleinere Gehölze, welche teilweise vor der Baumaßnahme im Einschlag gesichert wurden. Die Bepflanzung bietet bunte, durchgängige Blühaspekte, sowie verschiedene Kontraste. Als freiwachsendes Heckenelement war ursprünglich eine Kombination aus Crataegus und wilde Rose gedacht. Aufgrund von Lieferengpässen beim Weißdorn ist als Ersatz Viburnum gesetzt worden.

Das Pflanzkonzept in diesem Mustergarten erlaubt eine einfache Kombination von vorhandenen Pflanzen und neu erworbene Pflanzen. Die Beete und Rabatten sind als Mischpflanzung angelegt. Die Auswahl der neuen Pflanzen orientiert sich an den bereits vorhandenen Pflanzen und sind je nach Gattung/Art in kleinen Gruppen oder einzeln gesetzt worden. Die Farbauswahl beschränkt sich nicht auf eine bestimmte Farbpalette - es darf bunt sein. Mit gezielten Einsetzen der Pflanzen, zum Beispiel bewusst gesetzte, starke Farb- und Formkontraste (Beispiel: Origanum vulgare 'Thumbles' und Geranium maculatum 'Schokoprinz', vgl. Abb. 1) bleibt der Blick in der Pflanzung hängen und kann lange betrachtet werden, um immer wieder was Neues zu entdecken.

Während der Bauphase wurde deutlich, wie stark der vorhandene Boden gestresst und ausgelaugt war. Durch die öfters wechselnden Mustergärten und die damit verbundenen Baumaßnahmen mit schwerem Gerät war der Boden stark verdichtet und mit Resten von Schottertragschichten durchsetzt.

In Abbildung 6 wird die Problematik deutlich. Anstehendes Wasser kann durch die Bodenverdichtung nicht versickern und Reste von Schottertragschichten sind durch das tiefengründige Auflockern zum Vorschein gekommen. Aber auch dafür fanden sich wieder Lösungen passend zum Thema: Der ausgegrabene Schotter wurde aufgeteilt und brauchbarer Schotter, also der, der nicht mit Oberboden verunreinigt war, wurde zur Wederverwendung bauseits gelagert. Dennoch sind einige Tonnen Schotter-Mischboden zusammengekommen, der entsorgt werden musste. Was an Boden entsorgt wurde, musste natürlich wieder rein. Auf einer parallel laufenden Baustelle kam einiger Oberboden zusammen, der dann zur gegebenen Zeit hier aufgefahren wurde. Damit der Boden sich regenerieren kann, braucht es Zeit und etwas Unterstützung, die der Boden mithilfe einer Gründüngung erfährt. Die Gründüngungsmischung ist speziell für diese Situation zusammengestellt worden. Sie besteht unter anderem aus: Lupinus, Helianthus, Trifolium, Sinapis und Linum. Durch die Gründüngung lassen sich neue Schlüsse über den Zustand des Bodens ziehen. Jetzt (Ende Mai 2020, ca. zwei Monate nach Ansaat) sind verschiedene Anwuchserfolge in den Teilbereichen erkennbar. Stellenweise hat auch starkes Wildkrautaufkommen (z. B. Melde) das Aufkeimen der Gründüngung gemindert. Durch das selektive Entfernen vom störenden Aufwuchs lässt sich dieses Problem beheben. Im folgenden Jahr kann dann, nach entsprechender Bearbeitung, eine Folgekultur aufgebaut werden.

Innerhalb der Bauphase ist ein weiteres Projekt, aufgrund der oben genannten Problematiken, entstanden: Ein "Sicker-Biotop". Das ist ein Bauwerk, das sich auf natürlichen Prinzipien stützt. Oberflächenwasser, das vor allem bei Starkregenereignissen unzureichend abfließen kann, wird in eine Sickermulde geführt und gesammelt. Durch die unterirdische Bodenverdichtung kommt es dort zu einer gewollten Stauwasser-Situation, wo das Wasser dann nach und nach an den umliegenden Bereich abgegeben wird. Diese Sickermulde wurde mit Stauden bepflanzt, die sowohl auf trockenem, als auch auf nassen Boden (im Wasser) stehen können. Damit ist eine Begrünung für den zeitweise überfluteten Bereich vorhanden. Das Sicker-Biotop ist in vier verschiedene Feuchtigkeitszonen (teilweise überflutet bis überwiegend trocken) eingeteilt worden. Je tiefer die Pflanze in der Mulde steht desto größer ist die Toleranz der Staude, mit einem feuchten und trockenen Boden zurecht zu kommen. Zu den eingesetzten Stauden gehören unter anderem: Juncus ensifolius, Valeriana officinalis, Thalictrum flavum, Geum rivale und Achillea ptarmica.

Außerdem ist das Sicker-Biotop ein schöner Lebensraum für Tiere und mit den zwei bis drei größeren Piesberger-Bruchsteinen ein schönes Gestaltungselement für naturnahe Gärten. Das Projekt "Sicker-Biotop" dient auch als Versuch, ob und wie mit dem Prinzip der Sickermulde optisch ansprechende und ökologisch sinnvolle Lösungen für Entwässerungen, speziell im Privatgarten gestaltet werden können.

Der Mustergarten zeigt trockenheitsresistentere Alternativen zu gängigen Rasenflächen auf: Eine Variante ist der Thymian-Rasen. Vier verschiedene Thymian-Sorten (T. doerfleri 'Bressingham Seedling', T. praecox 'Purpurteppich', T. serpyllum, T. serpyllum 'Albus') sind mit Ihren Eigenschaften (z. B. trittfest und flacher Wuchs) abhängig von der Nutzungsintensität als Rasenersatz geeignet. Im Mustergarten ist eine kleine Nische an der Mauer mit dem Thymianrasen etabliert worden. Durch eine Bank, die zum Sitzen und Verweilen einlädt, wird der Thymianrasen erlebbar: Trittsteine laden zum Betreten dieser Fläche ein und beim Sitzen kann man den aromatischen Duft des Thymians genießen. Zusätzlich bringen die verschiedenen Sorten verschieden farbige Blühaspekte.

Im kommenden Jahr soll ein Teil von der Gründüngungsfläche durch einen trockenheitsresistenten Kräuterrasen ersetzt werden. Mit dem Blumenanteil, circa 20 Prozent, soll die Rasenfläche aufgelockert werden. Ein Kräuterrasen ist pflegeleichter als der gängige Rasen. Durch gezielte Mahd einer solchen Fläche können "Blumeninseln" im Rasen entstehen, die vor allem für Insekten einen nützlichen und notwendigen Lebensraum bietet.

Fazit

Die wesentliche Botschaft des Mustergartens "Ein zweites Leben" ist der Recycling-Gedanke. In der Zeit, in der wir leben, sollte der Gedanke des Wiederverwendens und auch Resteverwertung allgegenwärtig sein. Auf vielen Höfen und in Gärten schlummern interessante und attraktive Schätze zum Verbauen. Eine Gartengestaltung muss nicht, wie in diesem Garten, zu 100 Prozent als Alt- und Restmaterialien bestehen. Auch die Kombinationen von neuem und altem Material bringen spannende Ergebnisse. Eine solche Gestaltung erfordert gute Kommunikation mit dem Kunden, da oft auch während der Bauphase gute Ideen entstehen, aber auch erfahrungsgemäß Probleme auftreten können, die neue Lösungen erfordern. Die praktische Umsetzung einer Gartengestaltung erfordert genauso viel Kreativität wie der Entwurf auf Papier. Denn der "Recycling-Bau" kommt nicht von der Stange. Nicht nur in naturnahen Anlagen finden solche Gestaltungselemente einen Platz. Auch in formal-architektonischen Gartengestaltungen können Recycling-Elemente eingesetzt werden. Es erfordert Gefühl für das Material, Inspiration und Kreativität und ästhetisches Empfinden bei Patch-Work-Bauwerken.

Es ist wichtig, dass nicht nur der Mensch sich wohlfühlt, sondern auch die Pflanzen und die Tiere. Eine gelungene Gartengestaltung, vor allem im naturnahen Bereich, kann durch eine ganzheitliche Betrachtung aller Dinge, die in einem Garten zusammenkommen, verwirklicht werden. Im Mustergarten im Park der Gärten sollen diese Gedanken sichtbar gemacht werden. Der Mustergarten fügt sich einerseits wunderbar in den Park ein, andererseits präsentiert er eine unkonventionelle Art der Gartengestaltung. Mit der Trockenmauer, dem Sicker-Biotop und mit der tier- und insektenfreundlichen Pflanzung finden die verschiedensten Tierarten einen Lebensraum. Dadurch können Parkbesucher den Garten mit allen Sinnen erleben und genießen.

Die Beobachtung und Betreuung der verschiedenen Gestaltungselemente in diesem Mustergarten sollen neue Erkenntnisse und Erfahrungen bringen. Wie gut hält sich ein Thymianrasen auf stark frequentierten Flächen? Erwartungsgemäß könnten die Stellen direkt vor der Sitzbank im Thymianrasen sichtbare Trittspuren hinterlassen. Daher sind Trittsteine mit eingebaut, um diesen Effekt zu mindern.

Wie reagiert die eingebrachte Pflanzengesellschaft im Sicker-Biotop auf Trockenheit und Staunässe? Welche Pflanzen sind in dieser Beziehung stresstoleranter? Welche Stauden etablieren sich langfristig in einem solchen Gestaltungselement, wenn die regelmäße Wassergabe mit der Zeit verringert wird? Inwiefern wird die Gedankenkonstruktion insgesamt in der Wirklichkeit funktionieren? Die Antworten werden sich mit der Zeit ergeben und der Zweck des Sicker-Biotops lässt sich sicherlich durch Änderungen und Korrekturen am Bau und der Pflanzung erhalten.

Die Nachfrage nach naturnahen, klimaangepassten Gärten steigt. Es heißt neue Wege zu gehen und auszuprobieren. Der Mustergarten im Park der Gärten dient als eines von vielen Beispielprojekten, wie ein solcher Garten aussehen kann.
B.Eng. Nina Hogeback
Autorin

Gärtnerin und Ingenieurin, Inhaberin Naturwesen, Ökologisch-ganzheitliche Gartengestaltung

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