GaLaBau-Wissen

„Eine Art Eiche mit stacheligem Laube …“

von:
GaLaBau Wissen Ausbildung und Beruf
Grafik: Uwe Bienert

179. FOLGE: Unsere Serie für den Nachwuchs erläutert das wichtigste GaLaBau-Grundlagenwissen vom Abstecken bis zum Zaun bau: Diesmal geht es um das Thema Ilex (Stechpalme).Der Volksmund mit seinen unendlich vielfältigen Begriffen hatte dazu noch einiges mehr zu sagen.

In allen westgermanischen Sprachen ist der indogermanische Wortstamm "hul" (althochdeutsch hulis, huls > (Stech-)Hülsen; mittelniederländisch huls > niederländisch hulst; altenglisch hole?n > englisch holly, woraus auch Hollywood abgeleitet wurde) gebräuchlich. Im Gegensatz dazu behielten die meisten romanischen Sprachen das lateinische Wort acrifolium (lat. 'nadelblätterig, Stechpalme'; von lateinisch acris 'spitz' und lateinisch folium 'Blatt'). Als einzige unter den romanischen Sprachen hat die französische Sprache das germanische Wort *hulis als houx entlehnt.

Regional existieren viele Trivialnamen. In Deutschland sind etwa die Bezeichnungen Hülse oder Hölse und Hulstbaum gebräuchlich. Diesen verdanken die Orte Hülsede, Hüls, Hüllhorst, Hülsenbusch, Hülscheid ihren Namen. Aus der englischen Bezeichnung holly ist der Name des wohl berühmtesten Stadtteils von Los Angeles, Hollywood, abgeleitet.

In der Eifel und im Hunsrück gibt es die Bezeichnung als Walddistel. In Österreich wird die Pflanze auch als Stechlaub, Schralab, Schradl oder Schradlbam bezeichnet. In Teilen Altbayerns wird die Pflanze auch als Wàxlàwà bezeichnet.

Eine Frage noch: Warum Stechpalme?

Christen in Mitteleuropa griffen am Palmsonntag vor Ostern mangels Palmen auf immergrüne Pflanzen zurück: Buchsbaum oder Ilex. Daraus entstand der Name "Stechpalme", obwohl Ilex weder eine Palme ist noch so aussieht. Indessen erfanden die Christen auch die passende Legende zu ihren "Stechpalmen" am Palmsonntag. So sollte der Ilex von den Palmen abstammen, die Juden in Jerusalem benutzten, um Jesus zuzujubeln. Danach hätten sie ihn jedoch ans Kreuz schlagen lassen, worauf den Palmblättern Dornen gewachsen seien, wie in der Dornenkrone des leidenden Erlösers. Die roten Früchte stellten seine Blutstropfen dar und die dunkelgrünen Blätter, die den Winter überdauerten, das Ewige Leben. Aus diesem Mythos entstand der Name "Christdorn". Ach so!

Wissenschaftliches über die Gattung

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Vegetative Merkmale

Die Ilex-Arten sind sommer- oder immergrüne Bäume und Sträucher, die Wuchshöhen von 2 bis 25 m erreichen. Die Ilex-Arten enthalten kein Harz.

Die meist wechselständig und zweizeilig, selten gegenständig an den Zweigen angeordneten Laubblätter sind häufig gestielt. Bei manchen Arten liegt Heterophyllie vor. Die oft ledrigen, manchmal pergamentartigen bis häutigen Blattspreiten sind einfach, die Blattränder glatt oder gesägt bis dornig. Die relativ kleinen Nebenblätter sind haltbar oder früh vergänglich und hinterlassen eine schwielige Narbe.

Generative Merkmale

Ilex-Arten sind zweihäusig getrenntgeschlechtig. Die seitenständigen Blütenstände sind meist verzweigt. Die funktional eingeschlechtigen Blüten sind relativ klein, unscheinbar, meist kreisförmig um eine zentrale Achse angeordnet und meist vier- bis sechszählig mit doppelter Blütenhülle; es können auch bis zu 23 Blütenblätter in einem Kreis sein. Die Kelchblätter sind haltbar. Die Kronblätter sind nur an ihrer Basis oder bis zur Hälfte ihrer Länge verwachsen, und die Kronlappen überlappen sich dachziegelartig.

Die Kronblätter sind oft weiß oder cremefarben, selten grün, gelb, rosafarben bis rot. Bei den männlichen Blüten sind meist je vier bis acht Kelch- und Kronblätter vorhanden. Es ist nur der äußere Kreis mit vier bis acht Staubblättern vorhanden. Die länglich-eiförmigen Staubbeutel öffnen sich der Länge nach. Bei den männlichen Blüten ist ein rudimentärer Fruchtknoten vorhanden. Bei den weiblichen Blüten sind meist je vier bis acht Kelch- und Kronblätter vorhanden.

Vier bis acht oder zehn Fruchtblätter sind zu einem oberständig, eiförmigen, vier- bis acht- oder selten zehnkammerige Fruchtknoten verwachsen; er ist selten flaumig behaart. Ein Griffel ist selten entwickelt. Die Narbe ist kopf-, scheiben- oder säulenförmig.

Die bei Reife roten, braunen bis schwarzen, selten grün bleibenden (bspw. Ilex chapaensis), meist kugeligen Steinfrüchte enthalten vier bis sechs, einen bis zehn oder sogar bis zu 23 Steinkerne (manchmal Samen genannt). Bei den Steinfrüchten ist die äußere Fruchthülle oder pergamentartig und das Fruchtinnere fleischig. Bei den Steinkernen ist die Oberfläche glatt, ledrig, holzig oder steinhart, gerillt, gerillt-gefurcht oder runzelig und/oder grubig.

Systematik und Verbreitung

Die Gattung Stechpalmen (Ilex) ist weltweit in allen Klimazonen verbreitet; die meisten ihrer Arten gedeihen in den Tropen und Subtropen, Zentren der Verbreitung sind Ostasien und Südamerika. Im tropischen Afrika gibt es nur eine, nur zwei Arten kommen im nördlichen Australien vor. In Nordamerika gibt es 17 Arten, in Europa vier, in der Volksrepublik China 204, von denen 149 nur dort vorkommen. Nur wenige Arten der Gattung dringen in Nordamerika und Ostasien auch in die gemäßigten Gebiete vor. In Mitteleuropa ist nur eine Ilex-Art heimisch, die Europäische Stechpalme (Ilex aquifolium); sie ist in Westeuropa und im Mittelmeerraum verbreitet.

Die Gattung Ilex umfasst rund 400 Arten und wird in drei Untergattungen gegliedert:

  • Untergattung Byronia enthält nur eine Art: Ilex polypyrena. Dieser Endemit gedeiht in Wäldern in Höhenlagen von etwa 1000 m nur auf dem Berg Shiwan Dashan im südlichen Teil des chinesischen Autonomen Gebiets Guangxi.
  • Untergattung Prinos (L.)
  • e enthält etwa zwölf Arten.
  • Untergattung Ilex L.: Sie enthält die restlichen über 400 Arten.

Pflanzenschutz für den Ilex

Die Stechpalme gilt als sehr robuste Pflanze, die nicht nur extremen Temperaturen gut widerstehen kann, sondern auch eher selten von Krankheiten oder Schädlingen befallen wird. In unseren Breiten sind nur drei (wenn überhaupt) Schädlinge von Bedeutung:

Gegenüber Krankheiten zeigt sich der Ilex als sehr resistent, sodass er von diesen weitgehend verschont wird.

Wissenswertes über die Gattung

Was weiß man so über die Stechpalme? Jedem Gärtner sollte bekannt sein, dass sie als Zierstrauch und -baum aus unseren Gärten und Parks nicht mehr wegzudenken ist. Das ist nicht unbedingt ihrer Attraktivität geschuldet, sondern mehr ihrer Robustheit. Von der Japanischen Stechpalme (Ilex crenata) wird die Sorte 'Convexa', auch Löffel-Ilex genannt, als Ersatz für den durch den Buchsbaumzünsler in Europa gefährdeten Buchsbaum verwendet. Die Zweige mit den roten Früchten werden in Großbritannien, in Frankreich und Nordamerika als Weihnachtsdekoration verwendet und werden zunehmend auch in Mitteleuropa populär.

Medizin und Heilkunde

Aus dem südamerikanischen Mate-Strauch (Ilex paraguariensis) wird Mate-Tee hergestellt. Es werden auch die Laubblätter verschiedener anderer Ilex-Arten als Tee verwendet, darunter Ilex guayusa (Guayusa-Tee), Ilex kaushue (Kuding-Tee) und Ilex vomitoria (Yaupon-Tee) sowie der bittere und Brechreiz erregende Tee aus Ilex glabra. Im Allgemeinen ist relativ wenig über den Unterschied im Giftgehalt der verschiedenen Ilex-Arten bekannt, sodass nicht klar ist, welche Arten sich für die Zubereitung von Tee eignen.

Als Mittel gegen Gelenkschmerzen erwähnte bereits der Römer Plinius der Ältere im ersten Jahrhundert vor Christus die Stechpalme. Überliefert ist aus dem Mittelalter des südlichen Mitteleuropas, dass der "Christdorn" als Arznei gegen "Gelbsucht" eingesetzt wurde, womit sowohl Ikterus aufgrund von Erkrankungen der Gallenblase als auch Hepatitis gemeint gewesen sein kann.

Die Früchte sollten gegen Epilepsie helfen (wissenschaftlich gibt es darauf keinen Hinweis) und waren ein Hausmittel gegen Verstopfung. Allerdings ist der abführende Effekt nach dem Verzehr schon ein Symptom der Vergiftung.

Die getrockneten Beeren galten als Mittel gegen Menstruationsbeschwerden, Magenkoliken, Darmkoliken und Flatulenz.

In der Volkstiermedizin wurden die Zweige von Schlehe, Weißdorn oder Stechpalme im Kälberstall aufgehängt, um der Rinderflechte, einer Pilzerkrankung, vorzubeugen und sie zu behandeln. Zwar zeigte sich in der oben genannten Studie, dass ein Extrakt aus der Pflanze gegen pathogene Pilze wirkt, eine Wirkung rein über die Luft kann aber aus medizinischer Sicht ausgeschlossen werden. Trotzdem wird diese Methode auch heutzutage zum Teil noch praktiziert.

Ein Wort zur Giftigkeit

Ilex ist definitiv giftig, dabei enthalten die Früchte einen wesentlich höheren Anteil an Giftstoffen als die Blätter. Zu den toxischen Komponenten gehören die Alkaloide, die Terpenoide und die Phenolsäure. Eine Dosis von 20 bis 30 Beeren gilt bei Erwachsenen als tödlich. Symptome einer Vergiftung zeigen sich vor allem im Magen-Darm-Trakt: Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Hinzu kommen Schläfrigkeit, Bewusstseinsveränderungen, Durchfall und Störungen des Herzrhythmus.

Erste Hilfe: Wenn die Betroffenen nur wenige Beeren gegessen haben, sollte man ihnen reichlich Flüssigkeit geben und immer wieder Erbrechen auslösen. Bei höheren Dosierungen muss umgehend ein Arzt beziehungsweise eine Ärztin aufgesucht werden.

Bleibt nur noch Vogelfutter?

Nicht nur bei Menschen, auch bei anderen Säugetieren wirken die Steinfrüchte toxisch. Nicht so bei Vögeln: Die im Herbst rot gefärbten Früchte sind eine wertvolle Nahrung für Gartenvögel im Winter und die Pflanze breitet sich aus, indem Vögel die Früchte fressen und die Kerne ausscheiden. Amseln, Wacholder-, Mistel-, Rot- und Singdrosseln profitieren ebenso von Stechpalme im Garten wie Rotkehlchen und Mönchsgrasmücken.

Stechpalme in Mythos und Esoterik

Sie galt als Symbol der Druiden für Tapferkeit und war und ist Symbol einer der Kardinaltugenden der Menschen seit jeher. Zweige der Stechpalme hatten lange vor dem christlichen Weihnachten eine Bedeutung in den Feiern zur Wintersonnenwende. Kelten und Germanen hängten sie während dieser Zeit in und um ihre Häuser auf, damit sie dieses immergrüne Symbol des Lebens vor den dunklen Dämonen des Winters schütze. Dass Ilex-Dickichte ganz realen Schutz boten, um sich zum Beispiel vor marodierenden Soldaten zu verstecken, verstärkte die mythische Bedeutung noch. In den römischen Saturnalien, den winterlichen Feiern des Gottes Saturn, tauschten die Menschen Ilexzweige aus, die dem Wintergott geweiht waren. Das übertrug sich auf das christliche Weihnachten, in dem Geschenke mit Zweigen des "Christdorns" dekoriert wurden.

Verrückt, aber . . .

Bis weit in die Neuzeit war Kaffee in Mitteleuropa ein Luxusgetränk und so dienten neben Zichorienwurzel (Wegwarte) auch die gerösteten Samen des Ilex als Kaffee-Ersatz. Ilex aquifolium enthält zwar, im Unterschied zu anderen Arten der Gattung, kein Koffein, jedoch wie Tee, Kakao und Kaffee Antioxidantien.

Im Elsass wird aus den Beeren ein Obstbrand, Baie de Houx, hergestellt. Dabei werden die Beeren einer Mazeration in Weinbrand unterzogen, danach erfolgt eine Destillation.

Das dichte, schwere, gut polierbare grünliche Holz[wurde früher zu Intarsien oder Druckstöcken für Holzschnitte verarbeitet, auch zu Messerfurnieren oder Spazierstöcken. In der Feintischlerei diente es als Ebenholzersatz, da es dunkle Lacke gut annimmt. Ein bekanntes Stück Hülsenholz ist Goethes Spazierstock; er steht im Goethehaus in Weimar.

Und zum Schluss . . .

Auch in der Literatur wird die Stechpalme behandelt. J. R. R. Tolkien hatte ein Faible für den Hulstbaum; in seinem Roman Der Herr der Ringe ist das Land Hulsten (Hollin im englischen Original) Herkunftsland der Elbenringe. Und sogar der Zauberstab von Harry Potter war aus Stechpalmenholz gefertigt.

Uwe Bienert


Quellen:
  • Gütebestimmungen für Gehölze (FLL e. V.) und den Gütebestimmungen für Stauden (FLL e. V.) (Forschungsanstalt Landesentwicklung Landschaftsbau e. V.)
  • Der Gärtner 1 (Martin Degen, Karl Schrader; Ulmer-Verlag)
  • Grundkurs Gehölzbestimmung (Lüder, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim)
  • Taschenlexikon der Gehölze (Schmidt/Hecker, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim)
  • International standard ENA 2010-2015 (M.H.A. Hoffmann, ENA’s European Plant Names Working Group)
  • DIN 18916 „Vegetationstechnik im Landschaftsbau–- Pflanzen und Pflanzarbeiten“


Nächsten Monat lesen Sie: „Knospenkunde – unsere Ziersträucher im Winter“

 Uwe Bienert
Autor

Landschaftsgärtner-Meister und Ausbilder

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