GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Eine Bestimmung, die man kennen sollte

von:
GaLaBau und Recht GaLaBau
Bei der Streitvermeidung im GaLaBau-Bereich hilft §18 Abs. 2 VOB/B. Foto: ?????? ????????, Adobe Stock

Streitvermeidung ist gerade im Bau- und GaLaBau-Bereich eine wichtige Aufgabe der Vertragsparteien. Ein Bauprozess kann allzu leicht für beide Prozessparteien zu einem Unglücksfall werden, der viel Zeit und vor allem auch Geld kosten kann, ohne dass man mit dem Prozess am Ende etwas erreicht hat.

Im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt, hat mein längster Prozess knapp 20 Jahre gedauert. Die Zinsen waren zum Schluss höher als die Hauptforderung und die Gerichts-, Anwalts- und Sachverständigenkosten recht erheblich. Auf Seiten meiner Partei hatte in der Zeit mehrfach die Geschäftsleitung gewechselt. Die ursprünglichen Sachbearbeiter des Bauvorhabens standen bei meiner Mandantin längst nicht mehr zur Verfügung. Bei langjährigen Rechtsstreiten musste ich mehrfach die Erfahrung machen, dass im Verlauf des Verfahrens eine Partei in Insolvenz geriet und "außer Spesen nichts gewesen" ist. Auch sollte man stets daran denken, dass ein gewonnener Prozess nicht automatisch dazu führt, die eingeklagte Vergütung tatsächlich zu erhalten. Immer wieder flüchten sich nach Prozessende unterlegene Gegner in die Insolvenz. Als Kläger bleibt man dann nicht nur auf seinen eigenen Kosten sitzen, sondern zahlt trotz eines gewonnenen Rechtsstreits auch noch die angefallenen Gerichtskosten.

Außergerichtliche Streitbeilegung

Wegen der oft überlangen Prozessdauer sollte man sich gut überlegen, ob man nicht von vornherein einer außergerichtlichen Streitbeilegung den Vorzug gibt, hierzu gehören Mediation, Schlichtung, Adjudikation, Schiedsgutachten, Schiedsvergleich und die Anrufung der vorgesetzten Stelle nach § 18 Abs. 2 VOB/B. Welches Mittel für eine außergerichtliche Streitbeilegung im Einzelfall in Betracht kommt, sollte stets ein erfahrener Jurist entscheiden. Oft ist beispielsweise ein Schiedsgericht nur bedingt die erste Wahl, weil es nach der zugrunde gelegten Schiedsgerichtsordnung viel teurer als die ordentliche Gerichtsbarkeit sein kann. Wenn bei einer Rechtsstreitigkeit beispielsweise ein Dritter (z. B. Subunternehmer) in die Streitigkeiten mittels einer Streitverkündung mit einbezogen werden muss, ist die Vereinbarung eines Schiedsgerichts ungeeignet, weil eine Streitverkündung im Schiedsgericht nicht möglich ist beziehungsweise keine Bindungswirkung für den Streitverkündeten gegeben ist.

Die Anrufung der vorgesetzten Stelle nach § 18 Abs. 2 VOB/B

Bei öffentlichen Auftraggebern sieht die VOB bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Auftragnehmer, die nach Vertragsabschluss entstehen, die Möglichkeit der Anrufung der vorgesetzten Dienststelle vor. Die Bestimmung des § 18 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B lautet wie folgt:

"Entstehen bei Verträgen mit Behörden Meinungsverschiedenheiten, so soll der Auftragnehmer zunächst die der auftraggebenden Stelle unmittelbar vorgesetzte Stelle anrufen. Diese soll dem Auftragnehmer Gelegenheit zur mündlichen Aussprache geben und ihm möglichst innerhalb von zwei Monaten nach der Anrufung schriftlich bescheiden und dabei auf die Rechtsfolgen des Satzes 3 hinweisen. Die Entscheidung gilt als anerkannt, wenn der Auftragnehmer nicht innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Bescheides schriftlich Einspruch beim Auftraggeber erhebt und dieser ihn auf die Ausschlussfrist hingewiesen hat."

Allerdings ist umstritten, ob diese Regelung auf Gemeinden, Landkreise und Kommunalverbände anwendbar ist, da es dort keine echte "Vorgesetztenstelle" im Sinne des § 18 Abs. 2 VOB/B gibt. Das Recht der Anrufung der Vorgesetztenstelle ist sowohl während der Bauzeit, als auch noch in der Gewährleistungszeit möglich. In einem solchen Fall soll der Vorgesetztenstelle die Gelegenheit zur Überprüfung gegeben werden. Es soll zwischen der Vorgesetztenstelle des öffentlichen Auftraggebers und dem Auftragnehmer eine Aussprache angestrebt werden, um möglichst eine gütliche Regelung zu erzielen. Nach der Durchführung dieser Aussprache soll der Auftragnehmer möglichst in zwei Monaten nach Anrufung durch die Vorgesetztenstelle schriftlich beschieden werden. In diesem Bescheid muss die Vorgesetztenstelle ausdrücklich auf dessen Rechtsfolgen hinweisen. Die Entscheidung der Vorgesetztenstelle gilt als anerkannt, wenn der Auftragnehmer nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Eingang des Bescheides hiergegen schriftlich Einspruch beim Auftraggeber erhoben hat. Der Auftragnehmer muss allerdings vom Auftraggeber ausdrücklich auf die Ausschlussfrist hingewiesen worden sein. Aus meiner Erfahrung kann ich berichten, dass in einer ganzen Reihe Verfahren nach § 18 Abs. 2 VOB/B bei der Vorgesetztenstelle eine Einigung erzielt werden konnte, wodurch ein langjähriger kostenaufwendiger Rechtsstreit vermieden wurde.

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Projektleiter*in (m/w/d) gesucht!, Gronau-Epe  ansehen
Gärtnermeister*in bzw. Fachagrarwirt*in / ..., Köln  ansehen
Bauleitung (a) im Bereich Grünplanung, Freiburg  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
GaLaBau und Recht GaLaBau
Ist der Auftragnehmer mit demBescheid der Vorgesetztenstelle nichtzufrieden, muss er innerhalb von dreiMonaten nach Eingang Einsprucheinlegen. Foto:contrastwerkstatt,Adobe Stock

Wie steht es mit der Verjährung von Ansprüchen?

Auch bezüglich der Verjährung von Ansprüchen wird der Auftragnehmer in § 18 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B geschützt. Mit dem Eingang des schriftlichen Antrags auf Durchführung eines Anhörungsverfahrens wird die Verjährung des mit dem Antrag geltend gemachten Anspruchs gehemmt. Diese Hemmung endet erst drei Monate nach Zugang des schriftlichen Bescheides beim Auftragnehmer. Es bleibt also wegen der eingetretenen Verjährungshemmung bei einer fehlenden Einigung auf alle Fälle ausreichend Zeit, die Sache beim ordentlichen Gericht anhängig zu machen, ohne dass man den Eintritt der Verjährung befürchten muss.

Wie geht es nach dem Bescheid weiter?

Ist der Auftragnehmer mit dem Bescheid der Vorgesetztenstelle nicht zufrieden, muss der Auftragnehmer innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Bescheides beim öffentlichen Auftraggeber Einspruch einlegen. Dies gilt allerdings nur, wenn der Auftragnehmer auf eine dreimonatige Ausschlussfrist ausdrücklich hingewiesen wurde.

Nachdem in den letzten Jahren immer wieder öffentliche Auftraggeber Aufträge direkt an GaLaBau-Unternehmen vergeben haben, ist die Bedeutung des § 18 Abs. 2 VOB/B gestiegen. Die Anrufung der Vorgesetztenstelle ist allerdings nur dann möglich, wenn der GaLaBau-Betrieb selbst Auftragnehmer des öffentlichen Auftraggebers ist und nicht nur Subunternehmer, wie das auch oft der Fall ist. Die von der VOB vorgesehene Verfahrensweise führt oft im Anhörungstermin dazu, dass sich die Parteien vergleichen und die Sache damit zeitnah ihren Abschluss gefunden hat.

Ist der Auftragnehmer mit der Entscheidung der Vorgesetztenstelle nicht einverstanden und unternimmt der Auftragnehmer gegen die Entscheidung der Vorgesetztenstelle nichts, so gilt die Entscheidung unwiderruflich als anerkannt. Auftragnehmer sollten deshalb besonders auf den Ablauf von Fristen achten. Will der Auftragnehmer die Entscheidung der Vorgesetztenstelle nicht akzeptieren und hat der Auftragnehmer auch fristgerecht Einspruch innerhalb der Dreimonatsfrist nach Eingang des Bescheides eingelegt, so muss der Auftragnehmer zur weiteren Durchsetzung seiner Forderung den Klageweg beim zuständigen Gericht (zumeist beim Landgericht) beschreiten.

Wann ist ein Verfahren nach § 18 Abs. 2 VOB/B sinnvoll?

Aus meiner Erfahrung heraus kann ich berichten, dass ein solches Verfahren zumeist sinnvoll ist, wenn sich Auftraggeber und Auftragnehmer nicht über die Berechtigung von Nachträgen einig sind. Wie ich immer wieder feststellen musste, hat die vorgesetzte Stelle, die zuvor zumeist nichts oder nur wenig mit der Sache zu tun hatte, hinsichtlich der Nachträge oft eine andere Sichtweise, so dass es mir in der Vergangenheit häufig gelungen ist, im Anhörungstermin Nachträge durchzusetzen. Weniger Erfolg hat man mit der Frage, ob ein Mangel an der Werkleistung des Auftragnehmers vorliegt oder nicht. Hier kommt es fast immer auf die Fachkunde eines Sachverständigen an, so dass man bei der Vorgesetztenstelle wohl kaum eine endgültige Entscheidung erlangen kann. Es ist mir aber auch mehrfach gelungen, bei der Vorgesetztenstelle sich im Anhörungstermin auf einen Sachverständigen zu einigen, der verbindlich die Entscheidung über die Mängel beurteilen soll. Eine solche Verfahrensweise ist für die Beteiligten wesentlich billiger und auch schneller, als in einem Rechtsstreit, bei dem man nach einer mündlichen Verhandlung erst mal auf einen Beweisbeschluss warten muss.

Ist ein Unternehmer für einen öffentlichen Auftraggeber tätig, bei dem es eine Vorgesetztenstelle gibt, sollte man erst einmal den Weg des § 18 Abs. 2 VOB/B gehen. Mit diesem preisgünstigen Weg, vergibt sich der Auftragnehmer nichts und kann beim Scheitern des Verfahrens jederzeit noch voll seine Rechte bei Gericht wahrnehmen.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen