Eine kleine grüne Stadtinsel

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Stadtgärten Gartengestaltung
1. Ausgangssituation – ein Sammelsurium an großen und kleinen Schätzen, im Hintergrund die Nachbar-Baustelle (links). Foto: Nina Hogeback

Die Stadtlandschaft ist, je näher man dem Stadtkern kommt, zunehmend durch Straßen und Gebäude bebaut. Auch die Größe von Gärten und anderen grünen Pflanzflächen nehmen ab und weisen oft wenig Biodiversität auf. Umso wichtiger sind Gärten in Innenstadtnähe, die durch ihre Architektur Artenvielfalt bewahren und fördern. Im Folgenden wird ein neu gestalteter Stadtgarten vorgestellt, der aufgrund der direkten Umgebung schon als kleine grüne Stadtinsel bezeichnet werden kann.

Der Stadtgarten liegt ca. 700 m Luftlinie vom Stadtkern entfernt. Die Gartenfläche umfasst nur 125 m². Das Grundstück liegt direkt an einer vielbefahrenen Hauptstraße, der Garten liegt hinter dem großen Altbau. Eine hohe, schon fast historische Mauer grenzt den Garten zum rechten Nachbarn ab, auf der gegenüberliegenden Seite wurde während der Bauphase ein Mehrparteienhaus gebaut und zur linken Seite ist die Auffahrt für die Bewohner, welche direkt an das nächste große Wohngebäude stößt. Die Auftraggeberin ist neu eingezogen und hat aus ihrem vorherigen Garten einige Pflanzen und Dekorationsartikel mitgenommen, die überall im Garten erstmal eingepflanzt beziehungsweise platziert worden sind.

Kleiner Einblick in die Entwurfsphase und Pflasterarbeiten

Während der Entwurfsphase entstand am Altbau ein größerer Balkonanbau mit einer Treppenlange, die vom ersten Geschoss in den Garten führt. Infolge dessen wurde die Treppe, die vom Garten in den Keller führte, verlängert. Die Pflasterflächen sollten auf das Nötigste reduziert werden: Sitzplatz zwischen zwei Kopflinden, Wegeführung zwischen den Zu- und Abgängen vom Haus und Balkon und Fläche für Mülltonnen, Kaminholz und Fahrräder der Bewohner. Es erforderte, aufgrund der kleinen Gartengröße und dem Wunsch der Kunden, Fingerspitzengefühl, wieviel Fläche nun gepflastert werden sollte. Je kleiner der Garten, desto weniger Spielraum im Verhältnis zwischen versiegelter Fläche und Vegetationsflächen.

Der Garten hatte einige Baumaterialien, die wiederverwendet wurden: eine alte Stufe von der ehemaligen Kellertreppe, zwei Sandsteinskulpturen, die von einem Bekannten des Kunden selbst hergestellt wurden, und alte Torfbrandklinker.

Die Lage der Terrasse zwischen den Lindenbäumen war schon vom vorherigen Besitzer gepflastert worden. Beim Aufnehmen der Fläche stellten wir fest, dass die Baumwurzeln sehr oberflächennah entlangliefen. Kurzerhand haben wir die Terrasse um eine Stufe höher gesetzt, damit der Wurzelbereich der Bäume mehr geschont wird. Dort wurde mit alten vorhandenen Materialien (Torfbrandklinker, Stufe der ehemaligen Kellertreppe und Sandsteinskulpturen) gearbeitet (Abb. 2).

Die größere Pflasterfläche, die alle Gartenbereiche verbindet, nimmt einen verhältnismäßig großen Platz ein: ca. 33 m². Hier wurde mit neunen Klinkersteinen, die sich in das Gesamtbild gut einfügen, gearbeitet. (Abb. 3) Kleinere Höhenunterschiede im Garten wurden mit den alten Torfbrandklinkern als eine Art Trockenmauer abgefangen.

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Die Baustelle nebenan war noch voll im Gange, während der bautechnische Part der Umgestaltung beendet war. Da die Grundstücksgrenze zur Nachbarsbaustelle noch schwammig verläuft und das Grundstück der Kundin teilweise von der Baustelle (zwangsläufig) mitbenutzt wurde, musste eine Zwischenlösung her, damit die Bewohner den Graten im Sommer erleben konnten und zumindest optisch die Nachbarsbaustelle in den Hintergrund tritt. Gemeinsam haben wir uns für einen einfach montierten Sichtschutz entschieden, der leicht zu versetzen ist. Da der Bauherr des Nachbargrundstücks selbst einen hohen Sichtschutzzaun setzt, entscheidet sich später, ob und wie der gesetzte Zaun letztendlich eingesetzt wird.

Wie die Pflanzen den Garten beleben

Die geplante Rasenfläche besteht nicht nur aus Gräsern, sondern hat einen Blumenanteil von 30 Prozent. Eine reine Gräsermischung für eine klassische Rasenfläche war nicht nötig, da eine Rasenfläche nicht genutzt werden würde (z. B. als Spiel- oder Liegefläche). So war es in diesem kleinen Stadtgarten möglich, eine kleine Blumenwiese anzulegen. Nach der Anwachsphase, wenn die Fläche genutzt werden kann, wurde beobachtet, wo Laufwege entstehen. Diese wurden dann gemäht und kurzgehalten.

Wie schon erwähnt, hatte der Garten ein buntes Potpourri an mitgenommenen Pflanzen aus der alten Heimat. Daher galt es in der Planung und Umsetzung der vegetationstechnischen Arbeiten, für diese Pflanzen den Platz zu finden und im Anschluss sinnvoll zu ergänzen. So entstand dort eine Mischung aus heimischen und überwiegend insektenfreundlichen Stauden. Im Umfeld der Blumenwiese entstand also eine Staudenpflanzung, die auf der einen Seite zwar bunt blüht, die verschiedenen Farbnuancen sich aber über die Vegetationsperiode verteilen: Im Frühjahr überwiegend Gelbtöne, im Sommer erblühen violette und blaue Farben und im Herbst gib es mehr rot-rosa Farbaspekte. Die zeitliche Verteilung der Blühfarben wurde bewusst so gesetzt, damit die gesamte Bepflanzung nicht zu unruhig wirkt, da die Blumenwiese schon einen bunten Blühaspekt bildet. In den Garten wurden keine zusätzlichen Gehölze gepflanzt, da hier neben den Kopflinden unter anderem noch einige alte Flieder-Sträucher, eine Eibe und mitgebrachte Johannisbeersträucher und Rosen standen.

Während sich durch die Bepflanzung an der Sitzecke ein Raum ergibt, in dem man sich zurückziehen kann, gibt der Blick vom Balkon aus eine gewisse Weite; man kann von hier aus den Garten beobachten und entdecken.


Während der Pflanzung war gut zu beobachten, wie einige Insekten Einzug in den kleinen Stadtgarten fanden. Je mehr Pflanzen ihren Platz gefunden haben desto vielfältiger wurde auch die Insektenwelt. Es schien fast so, als hätten die Hummeln, Schmetterlinge und Wildbienen in ihren kleinen Schlupflöchern nur darauf gewartet, bis endlich die Pflanzen kommen.

Auch die Pflege der Pflanzung ist naturnah und tierfreundlich. Über den Winter werden abgestorbene Pflanzenteile von den Stauden stehen gelassen. Hier finden viele Insekten ein Winterversteck oder können ihre Eier zum Beispiel in hohle Stängel ablegen. Letztendlich profitieren auch die Vögel im Winter von diesem Prinzip. Die Beete und Rabatten in diesem Garten werden im Frühjahr zeitig aufgeräumt.

Während der Vegetationszeit wird selektiv das unerwünschte Beikraut entfernt, ohne den Boden aufzuhacken. Dynamisches Selbstaussamen der Stauden ist dabei aber auch erwünscht.

Kleinere Gestaltungselemente für mehr Biodiversität

Gerade in kleinen Stadtgärten sind Lebensräume und Nischen für Tiere und Insekten wichtig. Es reicht nicht aus, nur durch Pflanzung das Nahrungsangebot zu steigern. Gleichzeitig müssen Orte geschaffen werden, an denen sich die Tiere zurückziehen und nisten können. Daneben müssen auch Wildkräuter einen Platz im Garten finden. Möchte man zum Beispiel den Schmetterling Tagpfauenauge im Garten beobachten, müssen in der näheren Umgebung Brennnesseln zu finden sein, denn die Raupen des Tagpfauenauges bevorzugen nun mal die Brennnessel als Nahrungsquelle.

In dem vorgestellten Stadtgarten wurden kleinere Gestaltungselemente integriert, die den Tieren nutzen: Ein kleiner Steinhaufen in Sonnenlage, der an einer Mini-Wasserstelle anliegt. Im Garten wurden auch kleine "Bienenwohnungen" verteilt: Lochsteine, gebohrte Holzklötze, Lehmziegel und Bambusröhrchen, die zu einem Bund zusammengebunden wurden. Diese Bienenwohnungen sind im Garten verteilt und nicht als ein Bauwerk, wie beim gängigen Bienenhotel, zusammengefasst; Somit rückt die Unterstützung für Wildbienen und Co. in den Hintergrund.

Außerdem gibt es in diesem Garten einen kleinen Laub- und Reisighaufen. Kleinere Gartenabfälle können so bequem gesammelt und allmählich von der Natur abgebaut werden. Alles in Allem ist ein wertvoller Garten für Mensch und Tier entstanden. Durch das Miteinbeziehen der direkten Umgebung entpuppte sich der Garten letztendlich sogar als eine "grüne Stadtinsel".

Darin liegt auch der besondere Wert des Gartens: Tiere und Insekten können dort einen neuen Lebensraum finden und zeitgleich hatder Mensch eine grüne Oase als Rückzugsort zur Entspannung und die Möglichkeit zur Beobachtung der Natur. Hier wurde der Garten zu einer Kombination vom Wohnraum und Schutzgebiet für Tiere. Der Garten lebt und erzählt seine Geschichte.Denn viele erhaltene Elemente im Garten sind hinterlassene Spuren von vorherigen Besitzer. Da wären der alte Baum- und Strauchbestand, die Gartenmauer und verschiedene Baumaterialien, wie die alten Tonbrandklinker. Heute erzählt der Garten von den neuen Charakteren, die in das Haus eingezogen sind.
B.Eng. Nina Hogeback
Autorin

Gärtnerin und Ingenieurin, Inhaberin Naturwesen, Ökologisch-ganzheitliche Gartengestaltung

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