Initialbohrungen in Totholz für bestimmte Wildbienen und Solitärwespen

Einfache Maßnahme für mehr Biodiversität in Gärten

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Totholz bietet Lebensraum für unzählige Lebewesen. Dazu gehören auch manche solitäre, d. h. einzeln lebende und somit keine Völker bildende Wildbienen und Wespen, die zum Beispiel verlassene Fraßgänge von Käfern und andere Löcher in abgestorbenen Baumstämmen nutzen, um dort ihre Brutkammern zu bauen.

Solche in vorhandenen Totholzlöchern nistende Wildbienenarten wie sie sich unter den Mauer- (Gattungen Hoplitis und Osmia), Masken- (Gatt. Hylaeus), Blattschneider- (Gatt. Megachile), Scheren- (Gatt. Chelostoma) und Löcherbienen (Gatt. Heriades) finden (vgl. Zurbuchen und Müller 2012, 121), begeben sich auf die Suche nach einem für sie geeigneten Nist-Loch. Wenn sie eine in Frage kommende Behausung gefunden haben, was unter Umständen einige Zeit in Anspruch nehmen kann, wird sie häufig zunächst genau inspiziert. Nachdem die Auswahl für ein Loch gefallen ist, sammeln diese Wildbienen Pollen und Nektar von Blüten in der näheren Umgebung und legen in den Löchern Brutkammern an, in denen sie in der Regel jeweils ein Ei und eine Art Paket aus Nektar (zur Energieversorgung) und Pollen (zur Eiweißversorgung) ablegen, von dem sich die jeweils aus dem Ei schlüpfende Larve dann später ernährt bis sie sich - im selben oder nach einer Winterstarre im Kokon im nächsten Jahr - verpuppt und schließlich als adulte, d.h. fertig entwickelte Biene die Wände und den Verschluss durchbricht und die Brutröhre verlässt.

Es gibt unter den Wildbienen jedoch auch Arten, die ihre Eier gezielt in die Brutzellen anderer Arten legen und deren Larven sich dann vom fremden Pollen- und Nektarpaket ernähren. (vgl. Zurbuchen und Müller 2012; Mühlen 2012; Janko et al. 2020).

Neben den Wildbienen finden sich auch unter den Solitärwespen zahlreiche Arten, die solche Holzlöcher als Brutkammern nutzen, wobei sich deren Larven - im Unterschied zu den Bienen - auch tierisch ernähren. Wie bei den Wildbienen sind auch unter den entsprechenden Solitärwespen Arten, die ihre Eier in fremde Brutzellen legen.

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Die Wände zwischen den Brutkammern der Bienen und Wespen und der Verschluss am Ende der Brutröhren werden je nach Art mit lehmhaltigem Boden oder Sand, Blüten- oder Blattteilen, Baumharz, diversen Gemischen oder speziellen "Häutchen" gebaut (vgl. Zurbuchen und Müller 2012; Mühlen 2012; Janko et al. 2020). Durch äußere Nestverschlüsse lässt sich gut erkennen, dass eine Niströhre vollständig angelegt und besetzt ist. Manchmal liegen die Verschlüsse jedoch auch weiter innerhalb der Löcher.

In Gärten und Grünanlagen sind jedoch häufig keine abgestorbenen Stämme und Stammteile mit geeigneten, natürlichen Löchern für Wildbienen und Solitärwespen vorhanden. An stehendem Totholz, Baumstubben oder Baumtorsos von größeren, Hartholz bildenden Laubbäumen ohne solche Löcher oder wenn bei Fällungen solcher Bäume dicke Stammteile als liegendes Totholz anfallen, die längerfristig an sonnigen Stellen offen und trocken belassen werden können, kann eine effektive Maßnahme zur Förderung der Biodiversität in Initialbohrungen für bestimmte Wildbienen und Solitärwespen bestehen.

Hinsichtlich der Holzart sollte darauf geachtet werden, das Hartholz geeigneter Laubbäume zu verwenden, beispielsweise von Esche (wegen geringer Rissbildung besonders gut geeignet), Buche, Eiche, Ahorn, Hainbuche, Kastanie und Ulme sowie von Obstbäumen wie Apfel und Pflaume (vgl. David 2020; Janko et al. 2020). . Die Stämme sollten zunächst ausreichend trocknen. Liegendes Totholz kann dazu an einer sonnig-exponierten Stelle ein bis zwei Jahre gelagert werden. Gegebenenfalls sollten die Stämme entrindet werden. An der sonnenzugewandten, östlichen bis süd-östlichen Seite werden dann in die Außenseite des getrockneten Stammes horizontale Löcher mit verschiedenen Lochstärken im Bereich von etwa 2 bis 10 mm gebohrt. Dazu kann beispielsweise ein Akkubohrer mit Holzbohrern in entsprechenden Stärken (z. B. Bohrstärken 2, 4, 6, 8, 10 mm) verwendet werden. Die unterschiedlichen Lochstärken sind auf Grund der sehr unterschiedlichen Größen der Wildbienen und Solitärwespen und der dementsprechend spezifisch bevorzugten Lochgrößen notwendig. Überwiegend sollten die Lochstärken etwa 3 bis 6 mm betragen (vgl. David 2020, 37).

Die Bohrtiefe sollte insgesamt etwa zwischen 5 und 10 cm betragen und in Relation zur Lochgröße mehr oder weniger tief sein, wobei sich ein entsprechendes Verhältnis in der Regel schon aus der Bohrerlänge ergibt, wenn in der gesamten Länge bis zum Anschlag des Bohrers eingebohrt wird. Auch bei liegendem Totholz sollte grundsätzlich in die äußere Längsseite und nicht in das Stirnholz gebohrt werden, da sich im Stamm mit der Zeit Risse zum Kern hin bilden, durch die Löcher im Stirnholz für Brutröhren ungeeignet werden. Nach dem Bohren sollten die Löcher geglättet werden, damit sich die Tiere beim Herein- und Herauskriechen nicht ihre empfindlichen häutigen Flügel verletzen. Dazu kann beispielsweise der Bohrer beim Wechseln der Bohrstärken umgedreht in das gebohrte Loch gesteckt und mehrmals gedreht werden. Kleinere abstehende Holzfaserstückchen am äußeren Ende des Lochs können herausgezogen werden. Zudem können die Bohrlöcher mit Schmirgelpapier oder einer Rundfeile geglättet werden. Zum Entfernen der beim Bohren und Schmirgeln beziehungsweise Feilen anfallenden Holzspäne aus den Bohrlöchern können zum Beispiel entsprechend große umgedrehte Schrauben, Bürstchen oder Pfeifenreiniger verwendet werden.

Zwischen den Löchern sollte je nach Lochweite ausreichend Abstand vorhanden sein. Zwischen größeren Bohrlöchern sollte der Abstand mindestens etwa 2 cm betragen (Mühlen 2012, 28), bei kleineren Löchern erscheint etwa 1 cm ausreichend. Damit die Brutröhren genügend trocken bleiben, kann es - insbesondere bei feuchtem Boden - sinnvoll sein, große Steine oder Ähnliches unter die Stämme zu legen. Gerade bei Stammteilen auf Böschungen kann es zudem sinnvoll sein, diese beispielsweise mit Stecken oder Erdnägeln im Boden zu fixieren, damit die Stammteile nicht ins Rollen oder Rutschen kommen, wodurch die Brutröhren zerstört werden könnten.

Durch solche Initialbohrungen können mit relativ wenig Aufwand und ohne zusätzliches Material auf naturnahe Weise potenzielle Lebensstätten für bestimmte Wildbienen und Solitärwespen geschaffen werden. Um den entsprechenden Arten über die Nistangebote hinaus insgesamt einen Lebensraum zu bieten, empfiehlt es sich, auf ein vielfältiges Blütenangebot mit vielen verschiedenen Nektar und Pollen bildenden Pflanzen und auf einen möglichst durchgehenden Trachtzeitraum, d. h. eine lange Blütezeit vom Frühjahr bis in den Herbst, in der Nähe der Nistangebote zu achten. Das kommt auch vielen anderen Tieren zu Gute - einschließlich etlichen anderen Wildbienen und Solitärwespen, die solche Holzlöcher nicht besiedeln. Denn es sollte auch berücksichtigt werden, dass mit solchen Initialbohrungen nur bestimmte Wildbienen und Solitärwespen gefördert werden. Im Hinblick auf die Wildbienen etwa nutzen unter den circa 585 in Deutschland vorkommenden heimischen Wildbienenarten (TK-AKWK 2017 i.V.m. Scheuchl und Schwenninger 2015) nur etwa ein Fünftel bestehende Hohlräume, wovon auch nur ein Teil Brutröhren in solchen Holzlöchern anlegt (Zurbuchen und Müller 2012, 57 ff.).

Andere Wildbienen benötigen zum Beispiel morsches Totholz, in das sie ihre Gänge für die Brutröhren selbst nagen, markhaltige Stängel, Hohlräume in Fels- oder Steinstrukturen oder zum Beispiel leere Schneckenhäuser (ebd.). Etwa die Hälfte der bei uns heimischen Wildbienenarten wiederum graben Gänge im Boden und benötigen hierzu offene Bodenstellen (ebd.). Zusätzlich zu Totholz mit Löchern und moderndem Totholz sind insofern neben einem umfassenden Blütenangebot möglichst vielfältige weitere Kleinstrukturen wie insbesondere offene Bodenstellen, Steinstrukturen, extensiv gepflegte Flächen und Gehölzsäume mit Pflanzenstängeln und leeren Schneckenhäusern wichtig (vgl. auch ebd., 68).

Literatur

David, W. (2020): Fertig zum Einzug: Nisthilfen für Wildbienen. Leitfaden für Bau und Praxis - so gelingts. Darmstadt.

Janko, C.; Kilian, S.; Mayer, F.; Mitschke, J.; Schmidt, C.; Schweiger, E.; Volz, H. (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft); Berg, S.; lllies, I.; Keil-Vierheilig, I.; Marzini, K. (Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau) (2020): Bienen in der Kulturlandschaft. Wild- und Honigbienen und ihr Lebensraum. LfL-Information. Freising.

Mühlen, W. (Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen) (2012): Wildbienen. Biologie - Bedrohung - Schutz. Münster.

Scheuchl, E. und Schwenninger, H.R. (2015): Kritisches Verzeichnis und aktuelle Checkliste der Wildbienen Deutschlands (Hymenoptera, Anthophila) sowie Anmerkungen zur Gefährdung. Stuttgart.

Taxonomie-Kommission des Arbeitskreises Wildbienen-Kataster (TK-AKWK) im Entomologischen Verein Stuttgart (2017): Checkliste der Wildbienen Deutschlands. Stuttgart.

Westrich, P. (2019): Die Wildbienen Deutschlands. 2. Auflage. Stuttgart.

Zurbuchen, A. und Müller, A. (ETH Zürich) (2012): Wildbienenschutz - von der Wissenschaft zur Praxis. Zürich.

M.Sc. Jonas Renk
Autor

Umweltplaner und Ingenieurökologe, Projektmanager beim Bündnis Kommunen für biologische Vielfalt

Freiberuflicher Fachautor und Berater für Naturschutz und Biodiversität

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