Farbelemente im Garten: Rot sehen, Blau machen

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Die Auswirkung von farbigen Elementen wie Pergolen, Sichtschutzgläser, Kübel und Markisenstoffen auf den Gesamteindruck eines Gartens ist nicht zu unterschätzen. Der farblichen Abstimmung kommt daher eine besondere Aufmerksamkeit zu. Bei der Auswahl von Farbtönen ist die klassische RAL-Karte aber längst nicht mehr ausreichend. Mit dem RAL-Design-System und dem NCS gibt es zwei Systeme, mit denen sich weit über 1600 Farbtöne international und vor allem branchenübergreifend kommunizieren lassen.

In der professionellen Gartengestaltung spielt die Verwendung von Farben eine große Rolle. Laien und Anfänger diskutieren über Formen und Stile, der fortgeschrittene Amateur vermag die dritte Dimension und das Verarbeiten von Höhen zu beherrschen, aber erst der Einsatz von Farben und deren Wirkungen im Rahmen einer gewollten Harmonie zeichnet den professionellen Gartengestalter aus.

Zunächst besteht die Möglichkeit, bestimmte Materialien zu verwenden, da diese eine bestimmte, der gewünschten Ästhetik entsprechende Farbigkeit haben. So entfalten Klinker oder bestimmte Natursteinmaterialien wie Porphyre, Granite oder Sandsteine die ihnen eigene gewünschte farbige Wirkung. Weiter gibt es erfolgreiche Verfahren, Betonen oder Asphalten Farbpigmente zuzusetzen, welche eine dauerhafte Farbigkeit gewährleisten. Dabei ist allerdings die Palette der verwendbaren Farben vergleichsweise klein.

Auch der Pflanzenverwender beachtet neben der Blütenfarbe, die allerdings nur wenige Wochen einen Aspekt bildet, auch die Blattfarbe, die sich ebenfalls im Wandel der Jahreszeiten verändert.

Allerdings besteht auch die Möglichkeit, bestimmten Materialien mit einer definierten Farbe zu beschichten, um sie in eine Farbharmonie einzupassen. Allgegenwärtiges und dominierendes Element der Farbgestaltung ist hier die Hausfassade, bei deren Einfärbung in der jüngeren Vergangenheit immer mehr Mut bewiesen wird.

Für den Gartengestalter ergeben sich eine ganze Reihe von Elementen, die in eine farbige Gestaltung des Gesamtkonzeptes Garten nicht nur einbezogen werden können, sondern auch einbezogen werden sollten. Hierunter fallen zum Beispiel Zaunanlagen und Sichtschutzelemente, Mauern und Beläge, Pergolen und Metallkonstruktionen, Blumenkübel und Hochbeete, Glaselemente, Markisen-Stoffe und Schirmbespannungen oder Gartenmöbel. Auch wenn diese Elemente zum Teil nur einen sehr geringen sichtbaren Flächenanteil der Gesamtgartenfläche ausmachen, kann der farbliche Fehlgriff die Gesamtwirkung der Gartenanlage empfindlich stören. In jüngerer Zeit wurden sogar Rasenflächen farbig angelegt.

Emotional werden mit Farben auch immer wieder Stimmungen verbunden. Nicht selten schlägt das farblose Grau der Herbst- und Wintermonate negativ auf das Gemüt. Warme Farben aus dem Bereich rot oder braun bis hin zu gelb gelten als wohnlich. Kühle Farben aus dem Bereich blau bringt man mit unverbindlicher Distanz in Verbindung. Der Übergang von blau-violett nach rot kann unangenehm reizend wirken und grün wird als ausgleichender und beruhigender Farbton empfunden. Selbstverständlich werden Farben auch eingesetzt, um Emotionen zu erzeugen: So schmeckt ein und derselbe Wein im untergehenden Sonnenlicht einer mediterranen Terrasse ganz anders als zuhause im Abendlicht einer kaltweißen LED. Auch Unternehmen identifizieren sich so intensiv mit einem Farbton, dass dies sogar zu Rechtsstreitigkeiten führt.

Physikalisch wird im Gehirn einer bestimmten Wellenlänge von Strahlung eine Farbe zugeordnet. Das menschliche Auge kann allerdings nur fünf Möglichkeiten der Farbwahrnehmung unterscheiden: Rot, Gelb, Blau, Hell, Dunkel. Dabei liegt an einem Ende des sichtbaren Farbspektrums das ultraviolette Licht mit einer Wellenlänge um 350 nm, welches über Blau, Grün, Gelb und Rot in den unsichtbar werdenden infraroten Bereich mit einer Wellenlänge um 750 nm übergeht. Etwa in der Mitte der sichtbaren Farbskala liegt Grün mit einer Wellenlänge um 500 nm. Grün ist allerdings für das menschliche Auge eine Mischung aus Gelb und Blau.

In der Farbtheorie werden die beiden unsichtbaren Enden des Farbspektrums aneinandergesetzt und damit entsteht der Farbkreis. Die Bezeichnung dieser Farben unterliegt der jeweiligen Empfindung des Betrachters. Das verwendete Vokabular transportiert möglicherweise Stimmungen, welche vom Empfänger ganz oder teilweise anders aufgefasst werden. Regionale Unterschiede im Verständnis oder gar die Übersetzung von Farbennamen in andere Sprachen machen eine exakte Bezeichnung eines Farbtons praktisch unmöglich.

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Farbensammlung RAL-Classic und DB

Somit ist es unerlässlich, dass man für die Bestellung von farbigen Elementen oder Farben auf ein standardisiertes System zurückgreifen kann, welches die Fernkommunikation über Farben ermöglicht, ohne Muster austauschen zu müssen. In Deutschland wurde diese Kommunikation mit dem RAL-Farbensystem ermöglicht. 1927 wurde vom Reichsausschuss für Lieferbedingungen (RAL) eine Tabelle von zunächst 40 Farben begründet, die zeitlos sind und einem übergeordneten öffentlichen Interesse entsprechen. Inzwischen beinhaltet der RAL-Classic-Farbfächer 213 Farbtöne. Dabei wird eine Farbe definiert über die Bezeichnung RAL mit einer vierstelligen Zahl. RAL 1xxx sind Töne aus dem Bereich Gelb; RAL 2xxx Töne aus dem Bereich Orange; RAL 3xxx aus dem Bereich Rot; RAL 4xxx aus dem Bereich Violett; RAL 5xxx aus dem Bereich Blau; RAL 6xxx aus dem Bereich Grün; RAL 7xxx aus dem Bereich Grau; RAL 8xxx aus dem Bereich Braun und RAL 9xxx besondere Töne aus dem Bereich Schwarz und Weiß.

RAL Classic ist jedoch kein vollständiges Farbsystem sondern lediglich eine Farbensammlung bestimmter, im Laufe der Zeit wichtig gewordener Farben. So können zum Beispiel nach RAL keine hellen Grün- oder Blautöne bestellt beziehungsweise hergestellt werden.

Ähnlich der Sammlung der RAL-Classic-Farben besteht die Reihe der DB-Farben aus insgesamt 14 Tönen der Bereiche Grau, Grün, Blau und Rot jeweils mit dem Effekt-Zusatz Eisenglimmer. Hierbei handelt es sich um eine eigene Produktreihe, welche durch die eingestreuten Glitzerpigmente weder in RAL-Classic, noch im RAL-Design-System oder im NCS erfasst ist.

RAL-Design-System

Um praktisch jeden Farbton definieren zu können, wurde vom RAL 1993 das RAL-Design-System entwickelt. Dieser Farbfächer beinhaltet 1625 Farbtöne und drückt neben der Buntheit (Reinheit) der Farbe auch die Helligkeit mit Schwarz- und Weiß-Anteilen aus. Die Definition einer Farbe orientiert sich am Farbkreis, der auf 360° bezogen wird. Dabei liegt der Übergang zwischen Violett und Rot bei der Maßzahl 360; 90 bezeichnet Gelb, 180 den Übergang von Grün nach Blau; und 270 den Übergang von Blau nach Violett. Der Farbkreis nach RAL beinhaltet damit 36 grundsätzliche Töne in zehn Einheiten beziehungsweise Schritten. Die nächste zweistellige Zahl bezeichnet die Helligkeit, sodass der Wert 10 fast Schwarz darstellt und 90 schon fast Weiß. Die letzte zweistellige Zahl bezeichnet die Buntheit (Chromazität). Je höher dieser Wert ist, desto reiner beziehungsweise intensiver ist die Farbe. Ein Wert von 10 ist somit ein Grauton mit leichter Farbnuance und ein Wert von zum Beispiel 80 bezeichnet die (schon sehr) reine Farbe. Eine Farbe RAL 110 70 77 ist somit ein Farbton mit 110 (°) zwischen Gelb und Grün, mit 70 sehr hell und mit dem Wert 77 sehr intensiv farbrein.

Das RAL-Design-System versteht sich nicht als ein System, welches nur im deutschsprachigen Raum oder in den nationalen Grenzen Anwendung findet, sondern hat durchaus den Anspruch, auch international Verwendung zu finden.

Natural Colour System

In jüngerer Zeit wird allerdings auch im deutschsprachigen Raum immer häufiger auf ein internationales System zurückgegriffen. Das Natural Colour System (NCS) geht zurück auf die Gründung des Scandinavian Colour Institute im Jahr 1946 und der Verbindung dieses Institutes mit weiteren schwedischen Institutionen. Hier wurde ein Farbatlas mit 500 Farben aus den 1930er Jahren in bis heute 1950 Farben erweitert. 1979 wurde das NCS öffentlich vorgestellt und zunächst als nationaler schwedischer Farbstandard eingeführt.

Das NCS basiert auf den Grundfarben Grün, Gelb, Rot und Blau, die bei empirischen Untersuchungen von den meisten Menschen als frei von anderen Farben gesehen werden. Diese Farben werden auf dem Farbkreis in gleichen Abständen zueinander aufgetragen. Alle Mischungen zwischen den Farben werden als prozentuale Anteile dargestellt. Der Farbkreis beinhaltet 40 verschiedene Farben. Zusätzlich wird noch der Buntanteil und der Schwarzanteil definiert. Alle Mischungen sind in 10-Prozent-Schritten beziehungsweise Abstufungen angegeben.

Eine Farbbezeichnung NCS S 1070 G40Y ergibt sich zunächst aus dem Buntton des Farbkreises. Hier ist es ein Grün (G) mit 40-prozentigem Gelbanteil (Y). Darüber hinaus sind in dieser Farbe 10 Prozent Schwarzanteil enthalten - also recht hell. Der ebenfalls definierte Buntanteil ist mit 70 Prozent recht hoch. Das alleinstehende S bezieht sich auf eine Standardfarbe, die in der zweiten Ausgabe von 1995 niedergelegt wurde.

In den offiziellen Farbkarten werden die Einzelfarben in jeweils 10-Prozent-Schritten dargestellt. Das System bietet den Vorteil, dass nicht dargestellte Farben in jedem beliebigen Verhältnis eingemischt werden können, welche dann einen Ein-Prozent-Schritt oder vielleicht auch einem 0,5-Prozent-Schritt entsprechen.

Hinweise für die Praxis

Nicht berücksichtigt wird im RAL-Farbfächer und im NCS, dass Farben im Laufe der Zeit bleichen, besonders unter UV-Strahlung. Insbesondere bei Rot- und Blautönen wird es nicht immer möglich sein, den Farbton über die Dauer der Gewährleistungszeit konstant zu halten. Besonders augenfällig wird dies bei Stoffen, die als Markisen oder Sonnenschirme intensiv der Sonne ausgesetzt sind. Fahnen, die ganzjährig der Bewitterung ausgesetzt sind, billigt man ohnehin nur eine Lebensdauer des Stoffes von bis zu drei Jahren zu.

Auch Marmorierungen, strukturierte Oberflächen oder Perlmutt-Effekte dürften über standardisierte Farbkarten schwer zu beschreiben sein, da Wolkengröße und Intensität des Farbübergangs nur schwer zu beschreiben sind.

Besonders schwierig dürfte es sich erweisen, Blütenfarben nach standardisierten Farbkarten zu bestimmen, da diese in der Regel nicht reinfarbig sind und je nach Sonnenbestrahlung natürlich auch einer Veränderung unterliegen. Immerhin dürfte ein Farbbezeichnung nach RAL oder NCS präziser sein, als eine Handelsbezeichnung wie feuerrot oder karminrot, insbesondere deshalb, weil Farbennamen und deren Übersetzungen schon in anderen Regionen oder auch in anderen Ländern durchaus anders verstanden oder interpretiert werden.

Trotzdem können mit beiden Systemen vernünftige Bezeichnungen kommuniziert werden, wenn beispielsweise für eine Stoffbespannung für eine Holzpergola und für ein Metallmöbel drei unterschiedliche Lackgrundlagen notwendig werden, aber trotzdem derselbe Farbton erzielt werden soll.

Standardlacke und -farben diverser Hersteller folgen in der Regel immer noch malerischen Bezeichnungen wie Enzianblau oder Bahamabeige. Allerdings ist es heute jedem durchschnittlich ausgestattetem Farbstudio möglich, praktisch jeden RAL- oder NCS-Ton einzumischen.

Die entsprechenden Farbmusterkarten der 1950 NCS-Farben beziehungsweise der 1625 RAL-Design-Farben lassen sich NCS wie auch RAL allerdings kostspielig vergüten.

Literatur

www.ncscolour.com

www.ncscolour.de

www.ral-farben.de

www.gaertner-von-eden.de/de/traumgaerten/design-gaerten.html

Rausch, Helmut (2003): Farbe im Garten - Effekte, Wirkung und Stimmung mit Pflanzen und Material, in Veitshöchheimer Berichte Heft 68, Januar 2003

Autor

Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau

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