Fertigstellungstermin verschoben - Was wird aus der Vertragsstrafe?

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Fristen Recht und Normen
Oberlandesgericht Düsseldorf. Foto: CC BY-SA 3.0

Es kommt in der Baupraxis häufig vor, dass vertraglich vereinbarte Fertigstellungstermine aus den unterschiedlichsten Gründen zum Beispiel wegen zusätzlicher Leistungen, fehlender Vorleistungen oder aus anderen Gründen, die zumeist aus der Sphäre des Auftraggebers stammen, verschoben werden. An die ursprünglich vereinbarte Vertragsstrafe denken die Vertragsparteien dabei entweder nicht oder der Auftraggeber sieht es als selbstverständlich an, dass auch der neue Fertigstellungstermin wieder vertragsstrafenbewehrt sein soll. Irgendwelche Regelungen im Zusammenhang mit der Verschiebung des Fertigstellungstermins werden bezüglich der Vertragsstrafe zwischen den Parteien zumeist nicht getroffen.

Derartige Fälle sind häufiger, als man denkt. So gibt es praktisch nahezu in jedem Jahr Entscheidungen von Oberlandesgerichten zu diesem Thema. So zuletzt in Urteilen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 07.04.2016 (Az. 5 U 81/15) und des Oberlandesgerichts Hamm vom 12.07.2017 (Az. 12 U 156/16). Zu den Sachverhalten der beiden vorgenannten Urteile: Bei dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf kam es, abweichend von dem ursprünglich vereinbarten Fertigstellungstermin, drei Mal wegen erheblicher Zusatzaufträge zu neuen Fertigstellungsterminen, ohne dass bezüglich dieser Termine auf die ursprüngliche Vertragsstrafenregelung Bezug genommen wurde. Bei der genannten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm kam es zu nicht unerheblichen Behinderungen, die die Auftraggeberseite zu vertreten hatte. Hinzu kamen noch unstreitige Zusatzarbeiten, die zu einem wesentlich späteren Fertigstellungstermin geführt hatten. Nach Auffassung des Landgerichts als Vorinstanz soll dennoch die Vertragsstrafe verwirkt gewesen sein, wohingegen das Oberlandesgericht Hamm den Auftraggeber zur Auszahlung der unberechtigt in Abzug gebrachten Vertragsstrafe verurteilt hat. Beide Gerichte betonen zwar, dass es bei den Entscheidungen, ob eine Vertragsstrafe endgültig verwirkt ist oder nicht, stets auf die Umstände des Einzelfalls ankomme.

Einig sind sich beide Gerichte allerdings, dass eine Vertragsstrafenvereinbarung allzu leicht hinfällig wird, wenn die Parteien den Fertigstellungstermin einvernehmlich verschoben haben, ohne zugleich eine Vereinbarung darüber zu treffen, dass die Vertragsstrafe auch für den Fall der Überschreitung des neuen Fertigstellungstermins gelten soll. Wenn die Parteien trotz der geänderten Umstände, den Behinderungen und Nachträgen bei einem neuen Fertigstellungstermin nicht mehr auf die Vertragsstrafe zurückkommen, sollen sie nach Meinung der Gerichte der Vertragsstrafenregelung die Grundlage entzogen haben. Dies gelte sogar dann, wenn im ursprünglichen Vertrag eine Vertragsstrafe "terminneutral" vereinbart worden sei, das heißt ohne kalendermäßige nähere Bezeichnung sondern bauzeitabhängig.

Je nachdem, ob man bei einem Vertrag Auftraggeber oder Auftragnehmer ist, wird man aus den beiden Entscheidungen bezüglich der Vertragsstrafe seine Schlüsse ziehen müssen. Ein Auftraggeber wird bei jeder Vereinbarung eines neuen Fertigstellungstermins vorsorglich die vereinbarte Vertragsstrafe ansprechen müssen. Ein Auftragnehmer hingegen sollte dieses Thema nach Möglichkeit meiden und im Falle einer späteren Inanspruchnahme wegen einer Vertragsstrafe auf die überwiegend zu seinen Gunsten ergangene Rechtsprechung verweisen.

Rainer Schilling, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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 Rainer Schilling
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