GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Feststellen von Tatsachen: Gerichtliches Beweisverfahren als geeignetes Mittel?

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Baummängel: Bei einem Rechtsstreit wird meist ein neuer Sachverständiger mit den streitigen Feststellungen beauftragt, so dass man sich in vielen Fällen das Geld für einen Privatgutachter sparen kann. Foto: Peter Atkins, Adobe Stock

Weil man als Auftraggeber - insbesondere als privater Auftraggeber - zu wenig Fachkenntnis hat, bedient man sich häufig eines Sachverständigen, der vermutete Mängel feststellen soll. Wie die Praxis zeigt, werden Sachverständigengutachten, die von einem sogenannten Privatgutachter und nicht von einem durch ein Gericht beauftragten Sachverständigen festgestellt werden, oft in Zweifel gezogen. Kommt es zwischen den Vertragsparteien zum Streit vor Gericht, zeigt die Erfahrung, dass man außergerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten nicht unbedingt eine allzu große Bedeutung beimisst und deren Inhalt lediglich als Parteivortrag ansieht. In einem gerichtlichen Rechtsstreit wird zumeist ein neuer Sachverständiger mit den streitigen Feststellungen beauftragt, so dass man sich in vielen Fällen das Geld für einen Privatgutachter sparen kann.

Beweisverfahren im GaLaBau

In meiner Rechtsanwaltskanzlei muss ich gerade auf dem Gebiet des Garten- und Landschaftsbaus eine ganz erhebliche Zunahme von gerichtlichen Beweisverfahren feststellen. Diese werden nahezu ausschließlich von Auftraggebern betrieben, die Mängel an den Leistungen der Unternehmer rügen. Die Verfahren werden vor allem dann betrieben, wenn die Unternehmer den Mängelrügen keine Beachtung schenken und Mängelbeseitigungsaufforderungen negieren. Insbesondere, wenn Unsicherheit besteht, ob und in welchem Umfang eine mangelhafte Leistung des Unternehmers vorliegt, bedient man sich häufig der in der ZPO vorgesehenen Möglichkeit (§ 485 ff ZPO) eines gerichtlichen Beweisverfahrens. Zu einem solchen Verfahren kann ich allerdings nicht in allen Fällen raten. Besonders wenn man als Auftraggeber sicher ist, dass Mängel an der Unternehmerleistung vorliegen und man diese ausreichend präzise benennen kann, kann man sich in vielen Fällen Zeit und Geld sparen, anstatt eines gerichtlichen Beweisverfahrens direkt ein Klageverfahren in die Wege leiten. Die Erfahrung zeigt, dass ein gerichtliches Beweisverfahren vor dem eigentlichen Rechtsstreit oft viel Zeit und Geld beansprucht, ohne dass es zum Ziel führt.

Ist ein gerichtliches Beweisverfahren sinnvoll?

Ein gerichtliches Beweisverfahren ist in der Zivilprozessordnung in den §§ 485 ff ZPO geregelt. Es stellt zwar keinen Rechtsstreit dar, wird aber in weiten Bereichen ähnlich wie ein Rechtsstreit vom Gericht abgewickelt. Man spricht dann allerdings nicht von Kläger und Beklagten, sondern von Antragsteller und Antragsgegner. Zum Ende des Verfahrens erhält man hoffentlich ein eindeutiges Sachverständigengutachten, aber keine gerichtliche Entscheidung, wer für die festgestellten Mängel verantwortlich ist. Man bekommt insbesondere kein Urteil, aufgrund dessen man gegen den Mängelverursacher vorgehen kann. Wenn der Verursacher nicht freiwillig bereit ist, die Mängel zu beseitigen, bedarf es in vielen Fällen noch eines weiteren Rechtsstreits.

Wie wird ein Gutachter vom Gericht beauftragt?

Auf Antrag der Antragstellerseite wird zumeist ein Sachverständiger mit der schriftlichen Begutachtung einer Leistung beauftragt, ob und welche Mängel vorliegen und wie hoch die Kosten für die Mängelbeseitigung sein werden. Es ist deshalb für die Vertragsparteien von großer Wichtigkeit, dass in einem Beweisbeschluss des Gerichts der Auftrag an den Sachverständigen so präzise wie möglich erteilt wird. Hält eine Partei den Auftrag für nicht ausreichend, sollte sie rechtzeitig auf eine Ergänzung oder Berichtigung des Auftrags durch das Gericht bestehen.

Beweisauftrag bei gekündigtem Vertrag

Sinnvoll ist zumeist dann ein gerichtliches Beweisverfahren einzuleiten, wenn ein Vertrag vorzeitig beendet wird und die beauftragte Leistung noch nicht endgültig fertiggestellt ist. Der gerichtlich beauftragte Sachverständige hat dann den Leistungsumfang der erbrachten Arbeiten festzustellen, damit aufbauend auf diesen Feststellungen später eine Abgrenzung der Leistungen vorgenommen werden kann. Diese Feststellungen sind dann möglicherweise gerichtsentscheidend, welche Vergütung der Auftragnehmer für seine bereits erbrachten Leistungen erhält und welche Leistungen nicht mehr zu vergüten sind.

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Die Zuständigkeit der Gerichte

Ist zwischen den Parteien noch kein Rechtsstreit anhängig, so ist für das Beweisverfahren das sogenannte Prozessgericht zuständig, d. h. das Gericht, bei dem man den Hauptprozess führen müsste. In Eilfällen ist daneben auch jeweils das örtliche Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk das Bauvorhaben gelegen ist.

Dauer des Beweisverfahrens

Leider hört man immer wieder von Beschwerden, dass gerichtliche Beweisverfahren viel zu lange dauern und deshalb ineffizient sind. Leider verkennen Richter oft die Bedeutung der Verfahren für die Parteien und handeln nicht mit der gebotenen Eile. In einem Verfahren, das ich derzeit betreibe, hat das zuständige Gericht ein halbes Jahr benötigt, um überhaupt einen Beweisbeschluss zu erlassen. Das Liegenlassen von Antragsschriften durch die Gerichte sollte auf alle Fälle verhindert werden. Auch sollte man als Partei möglichst Einfluss auf die Person des zu bestimmenden Sachverständigen nehmen. Wenn bekannt ist, dass der Sachverständige nicht über die genügende Fachkunde verfügt oder derart überlastet ist, dass man in absehbarer Zeit überhaupt kein Gutachten bekommen wird, sollte man dafür sorgen, dass ein anderer Sachverständiger bestellt wird. Was nutzt es bei einer Kündigung des Vertrages und anschließend beabsichtigter Ersatzvornahme durch einen neuen Unternehmer, wenn der Beweisbeschluss und der Beauftragung eines kompetenten Sachverständigen zur Feststellung des Leistungsstandes nicht zeitnah erfolgt.

Leider werden Anträge auf Einleitung eines gerichtlichen Beweisverfahrens seitens der Richter an den Gegner mit einer Frist von zwei oder drei Wochen zur Stellungnahme übersandt. In einem Fall aus diesem Jahr musste ich sogar erleben, dass der Gegner eine Frist von acht Wochen erhielt. Zu lange Stellungnahme-Fristen gibt es leider immer wieder, auch wenn sich die Eilbedürftigkeit aus der Antragschrift ergibt. Zumeist ist die Baustelle schon längst von einem neuen Unternehmer fortgeführt und beendet, so dass ein Sachverständiger den Zustand zum Zeitpunkt der Kündigung des Vertrages überhaupt nicht mehr feststellen kann. Bei einem in Millionenhöhe drohenden Großschaden, bei dem es auch um Leib und Leben von Personen ging, hatte ich eigens das Gericht verständigt, dass unser Antrag mit Kurier aus Süddeutschland spätestens bis 13 Uhr im Norden des Landes bei Gericht eingehen würde. Dennoch war die zuständige Vorsitzende des Gerichts gegen Mittag nach Hause gegangen anstatt auf den angekündigten Eilantrag auf Sicherung des Beweises zu warten.

Vorurteile gegen Beweisverfahren

Wer einmal ein nicht funktionierendes Beweisverfahren erlitten hat, vertritt nicht ganz zu Unrecht die Meinung, dass gerichtliche Beweisverfahren a.) zu lange dauern, b.) die Gefahr der mangelhaften Qualität des vom Gericht ausgesuchten Sachverständigen besteht und c.) die Verfahren zu teuer sind. Es entstehen schließlich Sachverständigen-, Gerichts- und Rechtsanwaltskosten. Trotz dieser Kritik ist das gerichtliche Beweisverfahren geeignet, Sachen festzustellen, die zu einem späteren Zeitpunkt ansonsten unwiederbringlich verloren sind. Richtig eingesetzt ist das gerichtliche Beweisverfahren durchaus sinnvoll und hat seine Bedeutung in der Streitkultur.

Muss ein gerichtlich zugestellter Antrag beachtet werden?

Jedem Unternehmer sei dringend angeraten, gerichtlich zugestellte Beweisanträge nicht zur Seite zu legen, sondern sich intensiv um die Sache zu kümmern. Insbesondere sollte man die in der Antragsschrift gestellten Fragen genau prüfen und gegebenenfalls ergänzende Fragen stellen. Es kommt immer wieder vor, dass in den Anträgen bereits Sachverständige vorgeschlagen werden. Manche Gerichte tendieren dazu, diese Sachverständige auch zu benennen, wenn der Antragsgegner nicht unverzüglich hiergegen einschreitet. Ich erlebe es in meiner Praxis immer wieder, dass vorgeschlagene Sachverständige bereits im Vorfeld mit der antragstellenden Partei gesprochen haben und sich in einer Weise verhalten, dass eine Befangenheit des Sachverständigen nicht ausgeschlossen werden kann.

Einbeziehung von Subunternehmern in das Verfahren

Werden Mängel an Leistungen gerügt, die nicht der Antragsgegner selbst, sondern dessen Subunternehmer betreffen, sollte man unbedingt den Subunternehmer oder gegebenenfalls auch einen Lieferanten in das gerichtliche Beweisverfahren mittels Streitverkündung miteinbeziehen. Das sollte auf alle Fälle rechtzeitig geschehen, damit der Subunternehmer sich noch an dem Verfahren entsprechend beteiligen kann und seine Meinung zu den an seiner Leistung gerügten Mängeln kundtun kann. Die Erfahrung zeigt, dass Subunternehmer durchaus bereit sind, sich an dem Verfahren zu beteiligen, wenn es um ihre Leistung geht.

Die Bindungswirkung des Beweisverfahrens

Die im Beweisverfahren getroffenen Feststellungen sind bis auf wenige Ausnahmen für alle Beteiligten endgültig und verbindlich. Dies gilt auch für die am Verfahren beteiligten Subunternehmer und Lieferanten, die durch die Streitverkündung in das Verfahren miteinbezogen wurden. Obwohl für das gerichtliche Beweisverfahren kein Anwaltszwang besteht, sei jedem GaLaBau-Unternehmer doch dringend angeraten, von Anfang an einen kompetenten Rechtsanwalt zur Wahrnehmung der Interessen hinzuzuziehen. Im Beweisverfahren Versäumtes lässt sich in einem späteren Rechtsstreit kaum noch reparieren. Leider mussten dies in meiner Kanzlei schon mehrfach Unternehmer mit schmerzhaften finanziellen Folgen verspüren, weil sie sich um das eigentliche gerichtliche Beweisverfahren nicht oder nur unzureichend gekümmert hatten und jetzt im eigentlichen Rechtsstreit meinten, noch beliebig vortragen zu können.

Jeder Partei sei dringend angeraten, vom Gericht zugestellte Beweisanträge unverzüglich rechtlich prüfen zu lassen. Wenn auch nur das geringste Risiko besteht, sollte man im Zweifel sich an dem gerichtlichen Beweisverfahren beteiligen und nach Kräften auf seine Rechte beharren.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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