Junge Landschaft

Freilandkakteen: Hasta la vista, Baby

von:
Junge Landschaft Ausbildung und Beruf
Grafik: Uwe Bienert

122. Folge: Unsere Serie für den Nachwuchs erläutert das wichtigste GaLaBau-Grundlagenwissen vom Abstecken bis zum Zaunbau: Diesmal geht es um das Thema Kakteen.

Im folgenden Artikel soll es um Freilandkakteen gehen. Der Begriff allein ist schon gewöhnungsbedürftig da auch Kakteen, wie alle Pflanzen, irgendwo auf der Welt natürlich im Freiland stehen - man sagt ja auch nicht "Freilandtanne". Aber genug der Wortklauberei, wir beschäftigen uns jetzt mit winterharten Kakteen, welche bei uns mühelos im Freiland den Winter überstehen und nicht gleich bei jedem Minusgrad in die ewigen Jagdgründe übergehen. Ein schönes Bild, verbindet man doch immer Kakteen mit einer Art von Western.

Zu dem Artikel habe ich mich entschlossen, weil: Erstens der Kunde immer etwas sucht, was der Nachbar noch nicht in seinem Garten hat. Zweitens der Landschaftsgärtner diesen Wunsch erfüllen will und Drittens ich mich beim Unkrautjäten im Kakteenbeet so gestochen habe, dass ich den "Dingern" mit Veröffentlichung in der Fachpresse gedroht habe. (kleiner Spaß)

Sag mir wo du herkommst und ich sage dir ob du ein winterharter Kaktus bist

Die magische Linie für das Vorkommen von Kakteen ist auf der Nordhalbkugel der 57. Breitengrad. Bis zu dieser Linie sind die Klimaverhältnisse für die Pflanzen erträglich. Ihr natürliches Hauptverbreitungsgebiet liegt in Nordamerika und dort vor allem in Neumexiko, Arizona, Utah, Colorado, Oklahoma, Nevada, Texas, Kansas, Kalifornien, Nebraska, Montana und Wyoming. Sie erobern Höhenlagen zwischen 1500-2500 m über NN (Normal Null) anzutreffen. Die Wetterbedingungen am Naturstandort sehen aber doch etwas anders aus als bei uns in Deutschland:

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Tabelle: Uwe Bienert

Wir pflanzen unsere eigene Sierra Madre

Der Boden der Sierra - ein besonderes Substrat: Die Sierra madre del sur ist eine Art Halbwüste bis Wüste mit sehr kargen Bodenverhältnissen und wenig Niederschlag. Daraus resultiert die Zusammensetzung des Substrates für unsere Winterharten. Wichtig für das gute Gedeihen der Kakteen ist ein schnelles Abtrocknen der Oberfläche. Für einen Kakteengarten ohne Regenschutz sollten 50 bis 80 Prozent mineralische Anteile verwendet werden. Bei Töpfen, Kübeln und Beeten die nicht dem natürlichen Regen ausgesetzt sind, reichen 50 Prozent mineralischer Anteil. Die Erde in den Gefäßen trocknet mit diesem Substrat schneller ab.

Eine Drainageschicht im Unterbau in einer Stärke von 10 bis 30 cm Höhe sorgt dafür, dass keine Staunässe auftreten kann. Abgedeckt wird das Ganze mit einer rund 5 cm dicken Schicht aus Steinen oder Kies mit einer Korngröße von ca. 5 bis 30 mm. Diese sollten eine glatte Oberfläche haben, die kein oder wenig Wasser aufnehmen kann. Dazu gestaltet man eine schöne hügelige Landschaft mit vielen größeren Steinen, abgestorbenen Wurzeln und anderen Gestaltungselementen.

"Rezeptvorschlag" vom Kakteen-Gärtner

1/3 Erde - bestehend aus gutem nicht zu schweren Gartenboden, Kompost, guter Blumenerde und sandigem Humus

1/3 feine mineralische Materialien (0,1-3 mm) - gewaschener Sand, Ziegelgrus, Quarzsand, feiner Bimskies oder andere Materiale.

1/3 grobe mineralische Bestandteile (3-20 mm) - Gesteinsschotter mit glatter Oberfläche, Bimskies, Blähton, Ziegelsplitt, Blähschiefer, Kies oder andere Materiale.

Wie pflanzt man einen Kaktus? Vorsichtig

Aus eigener, sehr schmerzlicher Erfahrung kann ich an dieser Stelle nur zu dicken Handschuhen beim Umgang mit Kakteen raten.

Im Pflanzzeitpunkt unterscheiden sich die stacheligen Gesellen nicht von anderen Pflanzen - der ist nämlich auch im März-August. Und auch bei ihnen gilt: Eine Pflanzung von Kakteen mit Topfballen ist das ganze Jahr möglich, solange der Boden nicht gefroren ist. Beim Pflanzen werden die Kakteen mit der Grillzange (kein Witz - Arbeitsschutz) aus dem Topf gezogen und der Wurzelballen nur ca. 5 cm tief eingepflanzt. Die restlichen Wurzeln (5-10 cm), welch noch über der Erdoberfläche zu sehen sind, werden Steinen und Schotter abdecken. Dadurch trocknet die Pflanzung schneller ab und es entsteht eine Mulchschicht, die gleichzeitig den Unkrautbefall minimiert.

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Der Kaktus - ein Pflegefall?

Die Pflege von Kakteen unterscheidet sich eigentlich nicht von anderen Pflanzen im Garten. Die Grundprozesse sind die gleichen: Düngen, Gießen, Verjüngen, Unkraut entfernen.

Das "Wie" ist allerding etwas anders. Wie oben schon erwähnt, sollte man dabei auf dicke Handschuhe und eine Zange (eine alte Grillzange leistet hier schon ganz vernünftige Dienste) nicht verzichten. Beschädigte oder angefaulte Triebe und alte Früchte werden am besten bei trockenem Wetter, da dann die Wunden besser abtrocknen und verheilen, entfernt. Nach langen Schnee- und Frostperioden, eventuell im Frühjahr sollte schattiert werden, um Verbrennungen (die wie Rostpilze aussehen) zu vermeiden.

Kakteen und Wasser - eine Fall für sich

Ein Wasserüberschuss ist der Feind jedes Kaktus. Durch zu viel Wasser, vor allem im Winter, entsteht durch Pilze verursachte Fäulnis. Deshalb kann im Winter und regenreichen Perioden ein Regenschutz von Nutzen sein. Das Gegenteil wäre sicher auch nicht von Vorteil! Wenn in den Monaten April bis Juni zu wenig Feuchtigkeit vorhanden ist, resultiert daraus unerwünschter Zwergwuchs. Von Oktober bis Ende Februar wird nicht gegossen!

"Pflegetipp" vom Kakteen-Gärtner

Bei der Verwendung eines Substrates mit einem hohen mineralischen Anteil (70 bis 80 %), trocknen die Beete schnell aus. Deshalb die Pflanzen im März, April und Mai bei Trockenheit einmal pro Woche kräftig zu gießen.

Frei ausgepflanzte Kakteen sollten nur in seltenen Fällen gegossen werden - außer bei Trockenheit im April und Mai, dann einmal pro Woche kräftig gießen. Sonst geringe Wuchsfreudigkeit und frühzeitiges Vertrocknen der Blüten.

Pflanzen die im Regenschatten stehen, müssen von März bis Juni einmal pro Woche kräftig gegossen werden.

Mit Kakteen bepflanzte große Gefäße (Kübel) von Anfang März bis Ende Juli alle fünf bis zehn Tage kräftig gießen. Bei längeren Regenperioden das Gießen aussetzen.

Töpfe oder kleinere Kübelpflanzen mit Kakteen von Anfang März bis Anfang September alle vier bis sieben Tage kräftig gießen, außer bei längeren Regenperioden.

Einige Arten vertragen Wasser im Frühjahr und lieben es aber danach trocken wie z. B. Sclerocactus, Pediocactus, Echinocereus engelmannii und fendleri sowie Escobaria.

Düngung

Wer denkt Kakteen brauchen weniger Düngung, dem muss man sagen: Hier irrt der Gärtner! Obwohl sie aus kargen Lebensräumen kommen, benötigen sie relativ viel Aufmerksamkeit in der Düngung. Überrascht war ich beim Besuch einer Opuntienplantage in Puebla (Mexiko), das dort ähnlich viel Dünger benötigt wurde, wie bei uns in der Gemüseproduktion. Allerdings gibt es tatsächlich wenige Pflanzen, die den Boden so auslaugen wie Opuntien im Freiland.

Düngermangel führt dazu, dass die Pflanzen nach wenigen Jahren unansehnlich werden oder durch Kümmerwuchs eingehen. Nur richtig und gut ernährte Pflanzen können sich regenerieren und sehen schön und gesund aus. Sie überstehen die Winter meist besser. Mit der Verwendung von durchlässiger Erde mit wenig Humusanteil wird verhindert, dass es zu einer starken Düngeranreicherung im Boden kommen kann. Diese Düngeranreicherung wäre besonders von August-Oktober schlecht, da sich die Pflanzen schlechter auf den Winter vorbereiten können. Eine zeitige Düngung im März hingegen bewirkt, dass die Pflanzen früher mit dem Wachstum beginnen und viele neue Treibe und Blüten bilden. Die Folge davon: Früher Austrieb führt zu einem zeitigen Triebabschluss. Der Kaktus kann dadurch besser ausreifen. Damit der Stickstoffvorrat im Juni aufgebraucht ist, sollte man möglichst auf organische Dünger (Hornspäne) und Langzeitdünger verzichten.

"Düngetipp" vom Kakteen-Gärtner

März, April und Mai jeweils 20-50 g/m² eines Volldüngers

0,1 bis 0,2-%ig regelmäßige Flüssigdüngung mit einem Vollnährsalz ist sinnvoll bei Kübelpflanzen. Wichtig ca.14-tägig von März bis Anfang Juni (0,1-0,2-%ig).

Wenn der Kaktus einmal krank ist

Wer jetzt denkt: So ein stacheliger Kamerad, wer kann dem schon gefährlich werden? Der wird sich wundern. Die mit Abstand übelste Plage für unsere winterharten Kakteen sind die Schnecken. Sie schädigen junge Triebe und Knospen im Mai und Juni (Stichwort: Gurkensalat). In Griff bekommt man sie durch Schneckenkorn. Erstaunlicher Weise spielen Blattläuse als Schädling bei Kakteen eine untergeordnete Rolle. Wahrscheinlich ist die dicke Epidermis der Kakteen ein Problem für die Tierchen.

Rostfarbige Flecken treten meist nach langen und schneereichen Wintern auf. Dabei handelt es sich um Verbrennungen. Die Schädigung sieht aus wie ein Pilz und ist meist nur auf der Sonnenseite der Pflanzen zu sehen. Dies kann am besten verhindert werden, wenn die Pflanzen in der gefährlichen Zeit im Februar und März leicht schattiert werden.

Wurzelhalsfäule wird meist durch Phytophthora hervorgerufen, die Fäulnis beginnt von der Basis am Wurzelhals her. Innerhalb von zwei bis drei Wochen können die Pflanzen absterben. Neben Phytophthora sind auch Fusarium für ihre Schäden an Kakteen bekannt. Auch wenn die Spitzen der Pflanze noch vital aussehen sollten - Wegwerfen (und zwar in den Restmüll)! Verwendet man die vermeintlich vitalen Spitzen zur Vermehrung hat man in zwei bis drei Jahren das gleiche Problem. Deshalb: Ideale Standortbedingungen und Hygiene ist die beste Vorsorge. Verwendungsmöglichkeiten für winterharte Kakteen, Yucca und Begleitpflanzen: Gute Voraussetzungen für ein Freilandbeet mit winterharten Kakteen sind in Deutschland Regionen mit 500 bis 800 mm Niederschlag. Hier kann man viele Arten und Sorten auch ohne Regenschutz in den Garten setzen bei guter Bodenvorbereitung. Dagegen sind der gesamte nördliche Alpenraum, das Ruhrgebiet sowie der Nordwesten von Deutschland regenreich, deshalb ist in diesen Gebieten Regenschutz häufig sinnvoll.

Kakteengarten ohne Regenschutz

Die Größe spielt für einen Kakteengarten keine Rolle - vom 1 bis 2 m² Beet bis zum über 100 m² Garten ist alles drin. Ideale Begleitpflanzen sind winterharte Pflanzen, beispielsweise Yucca, Delosperma, Sedum, Sempervivum, Orostachys, Rosularia, Penstemon, Hopfenblütiger-Oreganum, Eremurus, Allium, Asclepias, trockenheitsverträgliche Stauden, langsam wachsende Koniferen und so weiter.

Kakteengarten mit Regenschutz

Die Kakteen sollten im Regenschatten eines Hauses oder unter einem Dachvorsprung an der Hauswand gepflanzt werden. Denkbar ist außerdem eine überdachte Pergola, -Terrasse und ein unbeheiztes Gewächsnhaus (bei dem die Lüftung ganzjährig offen bleibt).

Eine ideale Kombination von winterharten Kakteen zum Beispiel Opuntien, Echinocereus, Escobarien, Sclerocactus, Pediocactus, Gymnocalycium, Mammilarien und andere frostharte Kakteen die einen Regenschutz benötigen. In Kombination mit stammbildenden- und kleinwüchsigen Yucca, Dasylirion, Nolina, Agaven, Delosperma und andere Freilandsukkulenten wird das Ganze zum "Hingucker".

Noch ein Satz für Feinschmecker und solche, die sich dafür halten

In Südamerika ist es alltäglich und keiner wundert sich: Kakteenfrüchte werden gegessen. Schon die Indianer schätzten die Früchte einiger Echinocereus Arten als Wild-Obst. Die Früchte sind reif, wenn die Dornen abfallen. Unter dem Begriff "Erdbeerkaktus" sind folgende Echinocereus bekannt: E. engelmannii, E. fendleri, E. coccineus, E. triglochidiatus und E. stramineus. Die dekorativen Früchte der Opuntien sind in den Spätsommermonaten bis in den Herbst eine wunderschöne Zierde, da diese sich über einige Wochen an den Pflanzen halten.

Im nächsten Monat lesen Sie: "Bangemachen gilt nicht".

Uwe Bienert


Quellen:

  • Farbatlas Krankheiten und Schädlinge an Zierpflanzen, Obst und Gemüse,
    (Bernd Böhmer, Walter Wohanka; Ulmer-Verlag)
  • Der Gärtner 1 (Martin Degen, Karl Schrader; Ulmer-Verlag)
  • Schädlinge & Krankheiten (Pippa Greenwood, Andrew Halstead; Dorling Kinderley Verlag)
  • Einheimische Laubgehölze (Hecker, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim)
  • Grundkurs Gehölzbestimmung (Lüder, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim)
  • Taschenlexikon der Gehölze (Schmidt/Hecker, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim)
  • International standard ENA 2010-2015 (M.H.A. Hoffmann, ENA's European Plant Names Working Group)
 Uwe Bienert
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