Frisch gestreut ist halb gewonnen: Die Idee mit der Matrix

Wirkmächtige Streupflanzungen

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Pflanzenverwendung Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Seerosen und Teichsimse. Foto: Wolfgang Borchardt
Pflanzenverwendung Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Helle Feldspatminerale in Porphyrgrund-masse(-matrix). Foto: Wolfgang Borchardt
Pflanzenverwendung Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Silbergras in Sandflur. Foto: Wolfgang Borchardt
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Mohn in Gerste. Foto: Wolfgang Borchardt
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Kasteeltuinen in Arcen/NL(Projekt von William Sweetlove2020). Foto: Wolfgang Borchardt
Pflanzenverwendung Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Matrix Kies.
Pflanzenverwendung Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Matrix Kies. Foto: Wolfgang Borchardt
Pflanzenverwendung Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Überragt die Streupflanze die Grundpflanzung nicht, muss der Farbkontrast deutlicher sein. Foto: Wolfgang Borchardt
Pflanzenverwendung Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Die Matrix/Grundmasse: einförmig/gleichartig (links), (formal) gegliedert (Mitte), Mischmatrix/Millefleurs (rechts). Zeichnung: Wolfgang Borchardt

"Kleckern" und "Streuen": In der Küche bewirkt beides viel. Ob Kräuter auf dem Butterbrot oder blauer Boretsch auf Quark und Kartoffeln - mit lockerer, aber fachkundiger oder intuitiver Hand gestreut, ist das Ergebnis perfekt und der Appetit da. Wie wirkungsvoll das Streuen von Gerüchten sein kann, ist bekannt. Ob Staudenpflanzung, Wechselflor oder Baumgruppierung - auch in der Pflanzenverwendung ist mit "gestreuten" Pflanzungen Überraschendes und Wesentliches erreichbar.

Streuen ist ein unregelmäßiges, zufällig und natürlich erscheinendes Verteilungsmuster von Pflanzen über eine einheitliche Grundfläche hinweg, die sie erfassbar und gegensätzlich mit ästhetischem Mehrwert strukturieren. Diese "Streupflanzen" - auch Gruppen davon - sind jeweils artgleich, damit sie trotz im Einzelfall größerer Abstände als zusammengehörig wahrgenommen werden können. Dazu gehört auch, dass sie sich von der Grundpflanzung deutlich unterscheiden (Höhe, Farbe: Figur-Grund-Kontrast). Die der zu besetzenden Fläche angemessene Zahl der Pflanzen darf nicht dem Zufall überlassen bleiben und wird die Balance zwischen zu voll und zu leer zu halten haben.

Mit dem Ziel einer spannungsvollen, trotzdem ausgewogenen Verteilung sind in der Pflanzplanung und später meist noch einmal vor Ort Korrekturen der Pflanzenverteilung nötig. Dabei geht es auch um das Ausspannen der Pflanzfläche: Die Pflanzen aktivieren die gesamte Fläche nur, wenn einzelne bis in die Ecken reichen. Auch hier muss gerückt werden, die Zufallsverteilung wird meist nicht zufrieden stellen. Streupflanzen dürfen keine Ausläufer haben, wenn das sorgfältig komponierte Pflanzbild nicht durcheinandergeraten soll. Schlanke, kahlfüßige oder transparente Streupflanzen sind erste Wahl, weil sie die Grundpflanzung sichtbar halten. Hält die ausgewählte Streupflanze nur eine begrenzte Zeit durch, braucht es die Ablösung und Fortsetzung durch andere Arten. Hier können auch Frühjahrsgeophyten einbezogen werden. Eremurus robustus oder größere Allium, die wenigstens ungefähr auf der zugedachten Stelle bleiben, sind gut geeignet (z. B. Allium 'Summer Drummer').

Alternative zu Streupflanzungen sind in lebendigem Rhythmus über die Pflanzfläche gestellte Rankpyramiden für Kletterrosen und andere Spreizklimmer und Schlinger. Selbst farbige Stangen, mit oder Stelen können als "Streupflanzungen" fungieren.

Auf Streupflanzungen können wir in der Landschaft dort treffen, wo die Vegetation zunächst nur punktuell von Brachen, Schotterfeldern und Felsfluren, Dünen oder Sandfluren Besitz ergreift. Typischer Pflanzenpionier ist hier das Silbergras (Corynephurus canescens). Die roten Mohntupfer in Getreidefeldern bieten ein weiteres Beispiel. Das sind Anregungen, die auf ihre kreative Umsetzung in Pflanzbildern warten.

Die Matrix

Die von Streupflanzen besetzte Grundfläche wird gern als Matrix bezeichnet. Der Charakter dieser Matrix muss definiert werden, denn nur von einer geeigneten Grundfläche können sich die Streupflanzen ausreichend abheben. Sie soll nicht ablenken, daher möglichst gleichförmig sein.

Der Begriff der Matrix wird nicht einheitlich gebraucht. Aber stets handelt es sich um eine Grundmasse, in die etwas deutlich Anderes eingebettet ist. In der Geologie kann der rote Porphyr eine Matrix sein, in die helle Feldspatminerale eingestreut sind. Medizinisch steht die Matrix für die Gebärmutter, in die wir alle einmal eingebettet waren. Auch die die Erbträger/Chromosomen einschließende Hülle wird als Matrix bezeichnet.

Wozu brauchen Streupflanzungen eine Matrix? Eine bodendeckende Pflanzung würde vermisst werden. Es sei denn, es handelt sich offensichtlich um ein Pflanzbild, das Offenflächen enthält. Da auf Böden immer etwas wächst, überzeugt nur ein vegetationsfeindliches Substrat (offene Sand-, Schotter-, Gesteinsfluren, etwa in Heidegärten). Zudem kann die Matrix mit ihrer Textur und Farbigkeit den Streupflanzen ein wichtiger, gegensätzlicher oder wiederholender Partner sein. Gerophyten, die nur kurzzeitig da sind, tauchen nach der Blüte in die Matrix ein, ohne Löcher zu hinterlassen. Das gilt auch für Oenothera macrocarpa oder Gypsophila paniculata. Beide am Ende der Vegetationszeit voluminös, aber zwischen November und Mai nicht da. In Schotterfluren gepflanzt oder in Gesteinsfugen platziert, werden sie nicht vermisst. Streupflanzen, die aufgrund ihrer Wuchseigenart Platz brauchen ("Bogengräser"!), sich daher für eine dichte Pflanzung wenig eignen und als Einzelpflanze zu wenig Masse mitbringen, stehen auf Abstand besser. Dazwischen die Matrix. Und - gerade im flächig gepflanzten Wechselflor gern praktiziert - die andersfarbige Punkte setzende Streupflanze - wirkungssteigernd gegensätzlich und Teilflächen verbindend. Für Seerosen ist die Wasserfläche Matrix.

Bei genauerer Betrachtung lassen sich unterscheiden:

  • Gleichförmige Matrix (artgleiche Grundpflanzung; Schotterbeet; die spiegelnde, bewegte oder stille Wasserfläche): Hier setzen Streupflanzungen ablesbare, rhythmisch gliedernde Akzente, die die Pflanzung lebendiger machen. Die Streupflanzen sind deutlich verschieden, aber nicht zwingend höher als die Matrix.
  • Gegliederte Matrix (Wechsel verschiedener, für sich gleichförmiger, aber zum Beispiel farbverschiedener Flächen): Die Streupflanzen verbinden die Teilflächen optisch miteinander. Ihre Anordnung - frei oder gerastert - kann die Gliederung der Matrix - ebenfalls frei oder formal - gegensätzlich unterstreichen. Die Wirkung ist klar, wenn die Streupflanze über die Höhe hinaus von allen Farbflächen unterscheidbar ist. Sind die Streupflanzen mindestens so hoch wie die höchsten Teilflächen, können sie in diesen nicht ersticken und ragen aus den niedrigeren heraus. Ein zusätzlicher interessanter Aspekt. In großformatigen Plattenflächen stellt das Fugenbild eine formal gegliederte Matrix dar, die zur gegensätzlichen, spannungsvoll freien Überstellung mit "Streubäumen" auffordert.
  • Mischmatrix ("Millefleurs"-Pflanzungen verschiedener Arten, die - gleich hoch und regelmäßig gemischt - als einheitliche Fläche wahrgenommen werden): Diese Pflanzungen werden gewöhnlich farbtongleich (kühle oder warme Farbtöne) oder bunt geplant. Nehmen die Streupflanzen - wenngleich höher und von besonderem Wuchscharakter- die Farbe der Grundpflanzung auf, bleibt der Kontrast gering ("Wiederholung und Steigerung") und umgekehrt. Überragt die Streupflanze die Grundpflanzung nicht, muss der Farbkontrast zu ihr deutlich genug sein. Die Farbe der Streupflanze darf dann in der Matrix nicht vertreten sein.

Abschließend bleibt folgende Überlegung: Sorgen die miteinander vernetzten Streupflanzen für ein Stockwerk über der Matrix und für Rhythmus und Rangordnung, wird möglicherweise die über allem stehende Dominante als "Schwerpunkt der optischen Aufmerksamkeit" vermisst.

Für diesen Fall gibt es zwei Lösungen:

- Einordnung einer Solitärpflanze in angemessener Höhe, die kahlfüßig wachsend den Bodenbereich offen lässt - das kann auch eine Skulptur sein

- Verdichtung der Streupflanzen auf einen Punkt als auffälligen Hingucker (Blickziel):

Pionierpflanzen, die Offenflächen besiedeln, tun das gewöhnlich von einem Startpunkt aus. Mit wachsender Entfernung vom Ursprung ihrer Ausbreitung dünnen sie aus und verlaufen in die Matrix. Das ist eine umsetzungswerte Anregung, die Streupflanzung "über alles" durch die Bildung von Schwerpunkten zu ersetzen. Punktuell verdichtete Streupflanzen bieten dem Auge Halt und der Matrix mehr offene Wirkungsfläche.

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Wird die Matrix "wild", müssen Streupflanzen Ordnungshüter sein

Löst sich die gleichförmige rrMatrix in einer artenreichen, höhengestuften Pflanzung auf, wird die Streupflanze zu einem wichtigen Mittel der Rangordnung. Soll der Überblick nicht verlorengehen, braucht eine "wildgewordene" Pflanzung mehr als nur andersfarbige Tupfer. Jetzt muss die Streupflanze auch "Gerüstbildner" sein: Überragend hoch, farbverschieden, standfest; am besten eine prägnante vertikale oder geschnittene Form. Hier sind vor allem Gräser zu nennen (Calamagrostis 'Karl Foerster', Panicum 'Northwind' oder 'Heavy Metal' u. a.). Hohe Rittersporne und Stockrosen gehören zu den bekanntesten dieser "Pfeilerstauden". Geschnittene Gehölzkugeln oder -würfel eignen sich neben Säulenformen auch für eine regelmäßig gerasterte, die Grundpflanzung disziplinierende Verteilung.

Verschiedene Streupflanzen?

Schon zwei verschiedene Streupflanzen stören die Rangordnung und machen die Pflanzung schwerer erfassbar. Wird die Zahl der Streupflanzen insgesamt zu hoch, kann die Matrix darunter über Gebühr verdeckt oder im Wuchs beeinträchtigt werden. Aber: Zwei verschiedene Streupflanzen können das Pflanzbild bereichern, wenn sie sich das Revier teilen und damit nicht gegenseitig den Rang ablaufen. Hierfür setzen wir in der Fläche Schwerpunkte, wo jeweils eine der Arten dominiert (das müssen nicht die Ränder sein). Die Streupflanzen gehen ineinander über; wenige dringen bis in die Tiefe der Gegenseite vor, wo der ästhetische Gegensatz zwischen beiden Arten wirksam werden kann. Für diese "Verlaufspflanzung" zweier Streupflanzen ist die Auswahl geeigneter Kontrahenten wichtig.

Gleiches gilt für Bäume, die über eine Rasenfläche, Wiese, Grundpflanzung oder Platzfläche "gestreut" werden. Näher, aber nicht dicht zum "Massiv" zusammenrückend, bilden sie - im Gegensatz zum gerasterten Baumblock - einen Hain. Neben ihrer freien Anordnung unterstützen lichtkronige, hochstämmige Bäume die aktive Flächennutzung darunter (Birke, Lärche, Kiefer, Gleditsie . . . ). Auch hier verwirrt es gewöhnlich, wenn mehrere Arten gemischt werden. Ein gegensätzlicher Reiz kann sich entfalten, wenn sich verschiedene Arten in Gruppen begleiten oder einander ablösen. Stets ist es nützlich, visuelle Schwerpunkte zu bilden, die für Klarheit und einen ablesbaren Rhythmus sorgen.

Auch verschiedenartig zusammengesetzte Gruppen, deren Partner sich wirkungsvoll ergänzen sind möglich. In solchen über die Flächen wiederkehrenden "Kerngruppen" sollte die Zahl der verwendeten Pflanzen differenziert werden (Gestaltungsprinzip "Rhythmus und Differenzierung"). Hier geht leicht der Überblick verloren. Den Gruppen zur Seite gestellt, sorgen höhere Pfeilerstauden oder kahlfüßige Großsträucher für dominante Blickziele und Rangordnung. Größere Bäume können als geschneitelte Kopfbäume ("Pollards") eingesetzt werden.

Damit ergeben sich folgende wesentliche Möglichkeiten der Streuung:

  • Einzelpflanzen (schlank, transparent, kahlfüßige Gehölze)
  • Gleichartige Pflanzengruppen (schlank)
  • Verschiedenartig zusammengesetzte, in den Stückzahlen variierte Gruppen, die durch höhere Gerüstpflanzen zusammengehalten werden.

In Form gebracht: Das Raster

Die Streupflanzung lebt eine Dynamik, die sich aus ihrer unregelmäßig spannungsvollen Verteilung speist. Die gleichartigen Streupflanzen spannen ein Netz, das die sonst gleichförmige Grundpflanzung (Matrix) erfassbar strukturiert. Sind alle Streupflanzen auf gleichen Abstand gebracht und im Raster fixiert, ist die Dynamik dahin. Das Raster ist nicht mehr die freundlich präsente Betreuung, sondern ein disziplinierendes Muster. In einer gleichförmig ruhigen Matrix wirkt das gleichmäßige Raster weniger stark als in einer bunten Grundpflanzung, zu der es einen starken und ranghöheren Gegensatz bildet, der das Nebeneinander von Chaos und Ordnung, Disziplin und Spontanität verkörpert. Das gilt insbesondere bei Verwendung straff aufragender oder halbkugelig wachsender Pflanzen (Baptisia!) oder Schnittformen.

Ist die Matrix selbst gerastert, bildet die Streupflanzung einen spannenden Gegensatz. Beispiel sind in formalen Belagsgliederungen oder über gerasterten Einzelbeeten frei platzierte Bäume.

Es ist ungewöhnlich, Stauden zu rastern. Um sie punktgenau verorten zu können, sind Ausläuferstauden ungeeignet. Möglichst ganzjährige Präsenz und militärische Haltung sind wichtig (Yucca ,Calamagrostis 'Karl Foerster u. ä.). Verwendungsmöglichkeiten bieten Vorflächen staatlicher Einrichtungen und kommunaler Verwaltungen. Frei schwingende "Bogengräser" (Helictotrichon, Festuca mairei, Muhlenbergia rigens u. a.) sind in dieser regulierten Gemeinschaft nur mit ausreichendem Abstand glücklich, denn Bewegung braucht Raum. Es gibt ein einfaches Rezept, das die Situation verbessern kann: Bleiben einzelne Rasterplätze unbesetzt, wird die regelmäßige Form aufgebrochen und ein Stück Dynamik zurückgeholt.

Ähnliches gilt für Baumraster: Sie werden durch regelmäßig-kompakte, besser noch deckungsgleich geschnittene Baumkronen unterstrichen. Malerisch aufgelockerte, auch mehrstämmige und schiefe Kronen sind nicht rasterkonform. Bleiben einzelne, geschickt ausgewählte Punkte unbepflanzt, wird die Disziplin nicht ganz aufgehoben, aber deutlich gelockert. Das kommt den Bäumen entgegen, die aufgrund ihrer freien Kronenform mehr Wirkungsraum benötigen; etwa Betula nigra, B. pendula 'Dalecarlica', Acer saccharinum 'Laciniatum Wieri'. Nein:Gestreut ist nicht gekleckert, wie die Überschrift provokativ verheißt.Wir arbeiten trotz lockerer Verteilung mit klar erkennbaren Pflanzeneinheiten, die den Betrachter unübersehbar mit den beschriebenen Wirkungen konfrontieren. Die Streupflanzung ist ein Beispiel, wie mit hoher Effizienz, d. h. vergleichsweise wenigen Pflanzen ein überzeugendes Pflanzbild gestaltet und eben doch "geklotzt" werden kann.

Prof. Dr. Wolfgang Borchardt
Autor

Studiendekan der Fakultät Landschaftsarchitektur, Gartenbau und Forst, Fachhochschule Erfurt

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