GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt
Neue für den GaLaBau interessante Entscheidungen
von: Rainer Schilling
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Privatmann (Verbraucher) erteilt einem Unternehmer den Auftrag, bei seinem Einfamilienhaus eine Wandscheibe mit einem speziellen Material zu verkleiden. Nach Durchführung der Arbeiten übersandte der Unternehmer dem Verbraucher die Schlussrechnung, die nicht bezahlt wurde. In dem anschließenden Rechtsstreit ging es darum, ob der Verbraucher die Leistung des Unternehmers durch Schweigen auf die Schlussrechnung abgenommen hat. Der Auftraggeber hatte allerdings an der Leistung des Unternehmers Mängel gerügt.
Der Unternehmer ist der Meinung, die Übersendung der Schlussrechnung sei eine Fertigstellungsanzeige im Sinne von § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B, so dass seine Leistung deshalb innerhalb von 12 Werktagen als abgenommen gelte. Für die Frage, ob die Forderung des Unternehmers fällig ist, kommt es darauf an, ob dessen Leistung vom Verbraucher abgenommen wurde oder nicht.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Oberlandesgericht Brandenburg meint, die Leistung des Unternehmers sei nicht abgenommen. Eine ausdrückliche Abnahme durch den Auftraggeber habe es nicht gegeben. Der Auftraggeber habe die Leistung auch nicht konkludent gebilligt, zumal er Mängel an der Leistung des Unternehmers gerügt habe. Zwar könnte die Übersendung einer Schlussrechnung eine Fertigstellungsanzeige im Sinne von § 12 Abs. 5 VOB/B darstellen, dennoch sei hier aber nicht von einer Abnahme der Leistung des Unternehmers auszugehen. Das Gericht nimmt keine Abnahme gemäß § 12 Abs. 5 VOB/B als fiktive Abnahme an, weil die Bestimmung der Inhaltskontrolle gemäß § 308 Nr. 5 BGB nicht Stand halte. Dies gelte selbst dann, wenn die VOB ohne jegliche Abänderung als Ganzes vereinbart worden sei. Eine isolierte Inhaltskontrolle der Vorschrift finde beim sogenannten Unternehmensverkehr, nicht aber bei Verbraucherverträgen statt. Daran ändere auch nichts, wenn der Verbraucher bei Vertragsabschluss durch einen Architekten vertreten war, von dem man eine entsprechende Fachkenntnis voraussetzen kann. Ich halte die Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg für bedenklich, wenn wirklich die VOB unverändert als Ganzes im Vertrag vereinbart worden war, zumal § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB die VOB privilegiert, wenn sie als Ganzes vereinbart worden ist.
Der Verfasser möchte nochmals ausdrücklich darauf hinweisen, dass es sich hier um die Meinung des Oberlandesgerichts Brandenburg handelt. Soweit ersichtlich hat der Bundesgerichtshof sich mit der Frage noch nicht abschließend beschäftigt, so dass im Augenblick keine Rechtssicherheit herrscht.
Die Regelung im BGB
Bei der Gelegenheit sei auf die in § 640 BGB vorgesehene fiktive Abnahme hingewiesen. Dort muss allerdings der Unternehmer nach Fertigstellung dem Auftraggeber eine angemessene Frist zur Abnahme setzen. Die Leistung gilt dann nach Ablauf der Frist als abgenommen, wenn der Auftraggeber nicht mindestens einen Mangel gerügt bzw. die Leistung verweigert hat. Ist der Auftraggeber ein Verbraucher reicht dies nach BGB allerdings noch nicht aus. In einem solchen Fall muss der Unternehmer mit der Forderung auf Abnahme im Text auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Bezugnahme auf Mängel verweigerten Abnahme ausdrücklich hinweisen. Im Hinblick auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg sei den Parteien empfohlen, möglichst eine förmliche Abnahme durchzuführen. Dann können die im Fall des Oberlandesgerichts Brandenburg entstandenen Unklarheiten über die Wirksamkeit einer fiktiven Abnahme gar nicht auftreten.
NL-Stellenmarkt


2. Verlangen einer Bauhandwerkersicherheit im Nacherfüllungsstadium
In einer neuen Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig (Urteil vom 24.07.2024, Az. 12 U 75/23) befasst sich das Gericht mit der Frage, wie lange ein Unternehmer vom Auftraggeber eine Bauhandwerkersicherheit verlangen kann.
Dem Urteil des Gerichts lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Auftraggeber beauftrage einen Handwerker mit der Herstellung von Betonflächen im Außenbereich. Mit der Klage macht der Unternehmer restlichen Werklohn in Höhe von 13 970,79 Euro geltend. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger stellt am Gewerk des Unternehmers Mängel fest, deren Beseitigung der Sachverständige mit 36 533,00 Euro beziffert. Trotz seiner unstreitig mangelhaften Leistung macht der Unternehmer gegenüber dem Auftraggeber eine Bauhandwerkersicherheit gemäß § 650 f BGB geltend und setzt dem Auftraggeber zum Beibringen der Sicherheit eine Frist. Der Auftraggeber bestellt innerhalb der Frist keine Sicherheit, worauf der Unternehmer das Vertragsverhältnis kündigt.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Gericht stellt fest, dass ein Auftragnehmer vom Auftraggeber nach § 650 f BGB noch eine Sicherheit verlangen kann, solange die Vergütungsforderung des Unternehmers noch nicht voll erfüllt ist. Auf die Frage, ob eine Leistung des Auftraggebers bereits abgenommen ist oder nicht, kommt es dabei überhaupt nicht an. Jedem Unternehmer ist zu raten, sich genau zu überlegen, ob man von einem Auftraggeber, der die Schlussrechnung wegen Mängeln nicht bezahlt, eine Bauhandwerkersicherheit verlangt. Es könnte ansonsten so kommen, dass man als Unternehmer die gerügten Mängel – soweit die berechtigt sind – nachbessert und danach doch keine Bezahlung erhält. Nach § 650 f BGB gilt die Besonderheit, dass man als Unternehmer eine Sicherheit in Höhe der offenen Forderung zuzüglich 10 Prozent für Nebenforderungen verlangen und gegebenenfalls auch einklagen kann. Bei der Ermittlung der Höhe der Bauhandwerkersicherheit, besteht für den Auftraggeber kein Recht auf Zurückbehaltung, Aufrechnung oder ähnliches wegen Mängeln. Man kann prinzipiell die volle Restforderung für die verlangte Sicherheit zugrunde legen. Der Wert behaupteter Mängel bleibt stets außer Acht. Stellt der Auftraggeber die verlangte Sicherheit nicht, weil er meint, gegengerechnet zu haben, ist der Unternehmer nach Fristablauf berechtigt, das Vertragsverhältnis zu kündigen. Nach der Kündigung gilt ein Abrechnungsverhältnis, bei dem sich der Unternehmer den an seiner Leistung vorhandenen mangelhaften Minderwert anrechnen lassen muss. Dies geschieht beispielsweise durch entsprechende Minderung des Vergütungsanspruchs. Ist ein Unternehmer unsicher, ob er im Falle der Mängelbeseitigung anschließend seinen restlichen Werklohn erhält, sollte er in Erwägung ziehen, ob er vor der Mängelbeseitigung eine Sicherheit gemäß § 650 f BGB vom Auftraggeber verlangt. Zumindest minimiert er damit sein Risiko, mit der restlichen noch nicht bezahlten Vergütung auszufallen.

3. Beginn und Ende der Verjährungsfrist bei arglistig verschwiegenem Mangel
Das Oberlandesgericht Bamberg musste sich in einem Rechtsstreit (Entscheidung vom 10.10.2022, Az. 3 U 61/22), durch den BGH bestätigt mit Beschluss vom 08.11.2023 (Az. VII ZR 200/22), mit der Frage befassen, wann bei arglistig verschwiegenen Mängeln die Verjährung beginnt und wann sie endet.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Auftraggeber lässt 2010 das Satteldach seines Hauses sanieren und 2011 hierauf eine Photovoltaikanlage montieren. 2014 kommt es bei heftigen Regenfällen zu einem erheblichen Wassereintritt. Die Schadensursache konnte von einer Fachfirma damals nicht festgestellt werden. 2016 kommt es erneut zum Wassereintritt. Ein von der Haftpflichtversicherung eingeschalteter Sachverständige stellt 2017 erhebliche Ausführungsfehler des Auftragnehmers fest, beispielsweise nicht zugelassenes Material, Beschädigung der Konterlattung und Verlegung von Strom- und Erdkabel ohne Abdichtungsmanschetten zwischen Dachstein und Schalung. Die Kosten in Höhe von 75.000 Euro klagt der Auftraggeber bei dem Unternehmer ein. Dieser beruft sich auf Verjährung.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Oberlandesgericht Bamberg sieht den Anspruch des Auftraggebers als nicht verjährt an und spricht ihm den ganz überwiegenden Teil des eingeklagten Schadenersatzes zu. Das erstinstanzliche Gericht hatte ein arglistiges Verschweigen der Mängel angenommen (Organisationsverschulden). Obwohl es eigentlich allen Anlass hierzu bestand, hatte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten diese Feststellungen mit seiner Berufung nicht angegriffen (Anwaltsfehler?), so dass das Gericht hiervon ausgehen konnte, ohne weitere Untersuchungen anzustellen. Das Gericht befasste sich dementsprechend nur noch mit der Frage, wann die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den Unternehmer zu laufen beginnt und wann diese Frist sodann auch abläuft. Für einen Laien ist es etwas schwierig, die entsprechenden Paragrafen im BGB zu finden. Das Gericht beruft sich auf § 634 a Abs. 3 Satz 1 BGB. Dort heißt es, dass arglistig verschwiegene Mängel in der sogenannten regelmäßigen Verjährungsfrist verjähren. Die regelmäßige Verjährungsfrist ist jedoch nicht in § 634 a BGB geregelt, sondern in § 195 BGB, wonach die regelmäßige Verjährungsfrist nur drei Jahre beträgt.
In § 199 BGB wird dann der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist näher bestimmt. Die Frist beginnt erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den, den Anspruch begründeten Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Von dem Schaden, seiner Verursachung und demjenigen, der für den Schaden verantwortlich ist, hatte der Auftraggeber erstmals 2017 durch den beauftragten Sachverständigen Kenntnis erlangt. Erst von diesem Zeitpunkt an läuft die Frist von drei Jahren mit Kalenderjahresendrechnung, so dass bei Klageerhebung im Jahr 2019 noch keine Verjährung eingetreten war.
Entgegen landläufiger Meinung verjähren Ansprüche wegen arglistiger Täuschung nicht nach 30 Jahren, sondern nach den "normalen" Verjährungsfristen, die das BGB vorsieht. Das Oberlandesgericht Bamberg hat unter der Prämisse, dass es sich tatsächlich um ein arglistiges Verschweigen des Mangels beziehungsweise Organisationsverschulden handelt, den Unternehmer damit zurecht für den Schaden haftbar gemacht.












