GaLaBau-Unternehmer Johannes M. Jeutter über seine Erfahrungen

"Geflüchtete haben eine überdurchschnittlich hohe Motivation"

Wie sind die Erfahrungen mit der Beschäftigung geflüchteter Auszubildender im Garten- und Landschaftsbau? GaLaBau-Unternehmer Johannes M. Jeutter aus Göppingen, Regionalbotschafter des Netzwerks Unternehmen integrieren Flüchtlinge für Baden-Württemberg, zieht eine vorläufige Bilanz. Er berichtet über die Motivation der Geflüchteten, über Chancen und Schwierigkeiten für die Betriebe, die sie beschäftigen. Die Fragen stellte Christian Münter.

Wie bereit sind Geflüchtete, sich über Arbeit und Ausbildung in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren?

Johannes M. Jeutter: Wir haben im Garten- und Landschaftsbau in Baden-Württemberg momentan 86 Flüchtlinge und Migranten in der Ausbildung. Bei fast allen erkennen wir eine überdurchschnittlich hohe Motivation. Sie haben keinerlei Schwierigkeiten bei der Bewältigung körperlicher Arbeiten. Ein Hauptproblem ist die Unsicherheit bei der Personalplanung wegen Abschiebung, aber auch die Sprache. So hakt es bei den Sprachkursen. Manche Geflüchtete erhalten keine Zulassung oder ihnen wurde der dafür nötige Aufenthaltsstatus bislang noch nicht gewährt.

Welche Chancen erwachsen GaLaBau-Unternehmen aus der Motivation der Geflüchteten?

Johannes M. Jeutter: Zunächst einmal: Ohne die Geflüchteten sähe es um unseren Branchennachwuchs schon heute schlecht aus. Aktuell absolvieren 44.000 Geflüchtete eine Ausbildung. Wenn nach den neuesten Statistiken die Ausbildungsplatznachfrage auf einen neuen Tiefstand von unter 600.000 gesunken ist, weil die Geflüchteten die rückläufige Schulabgängerzahl nicht mehr kompensieren können, werden manche Menschen ihre wirtschaftlich unverantwortliche Haltung zur Abschiebung von Flüchtlingen überdenken müssen.

Die wohl noch wichtigere Chance, die ich in der Beschäftigung von Geflüchteten sehe, ist die Entwicklung einer größeren Offenheit für Menschen mit Migrationshintergrund in den Unternehmen. Wir sichern uns mit Geflüchteten nicht nur neue Arbeitskräfte, sondern durchlaufen mit den Geflüchteten einen Prozess, der uns menschlich voranbringt, der uns offener und mutiger macht, uns mit Neuem auseinanderzusetzen. Geflüchtete und Menschen aus dem europäischen Ausland bergen, nicht nur für unsere Branche, ein ganz großes Entwicklungspotenzial für die Zukunft.

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Sie betonen öffentlich immer wieder, Geflüchtete seien überdurchschnittlich motiviert, höflich und strengten sich richtig an.

Johannes M. Jeutter: Das kann ich nur unterschreiben. Die jungen Leute aus Afghanistan, Irak, Syrien, Eritrea und Somalia wissen, welche einmalige Chance ihnen Deutschland bietet und wollen sie nutzen. Sie wissen, dass es nur ein kleines Zeitfenster gab, um von den Bedrängnissen der dritten in die erste Welt zu wechseln, und spüren, dass sich das Fenster langsam wieder schließt.

Was ist die Hauptschwierigkeit für Geflüchtete, eine Ausbildung zu beginnen und sie dann auch durchzustehen?

Johannes M. Jeutter: Im Allgemeinen stellt der Aufenthaltsstatus die Hauptschwierigkeit dar. Geflüchtete, die zwar arbeiten wollen, deren Aufenthaltsstatus aber unsicher ist, können den Duldungsstatus mit der Ausbildung bekommen. Den bekomme ich aber nicht, wenn er die entsprechende Sprachniveaustufe nicht erreicht hat. Ich brauche zwingend einen Azubi mit zertifizierter Stufe B2, um eine Ausbildung bestätigt zu bekommen. Zumindest ist das in Baden-Württemberg so. Beim Regierungspräsidium wird es nicht abgezeichnet, wenn das Sprachniveau B2 nicht dokumentiert ist.

Hat sich nach Ihrem persönlichen Eindruck die Sprachfertigkeit der Geflüchteten in den letzten Jahren verbessert?

Johannes M. Jeutter: Auf jeden Fall hat sie sich verbessert. Je länger diese Menschen bei uns sind, desto eher verbessert sich die Sprache. Vor allem, wenn sie viel mit den Deutschen zu tun haben. Wenn allerdings eine Ghettoisierung stattfindet, wird die Sprache nicht besser. Dann sprechen sie nur unter sich und es funktioniert nicht.

Es gibt viele Urteile über die Nationalitäten unter den Geflüchteten, die auch im GaLaBau kursieren. So zum Beispiel die Auffassung Eritreer am fleißigsten, Afghanen dagegen am wenigsten gebildet. Stimmt das?

Johannes M. Jeutter: Also ich kann das überhaupt nicht bestätigen. Es könnte sein, dass Afghanen weniger gebildet sind. Viele kommen von einer langjährigen Zwischenstation im Iran. Dort lebten sie schon unter dem Flüchtlingsstatus und durften offiziell keine Schule besuchen. Aber wir haben zwei ganz tolle Auszubildende aus Afghanistan: einer davon ohne Schulabschluss. Im letzten Jahresabschlusszeugnis bescheinigte ihm die Berufsschule in Wirtschaftskunde eine zwei, in Fachkunde eine drei und im Fach Rechnen eine zwei.

Was ist nach Ihrer Meinung jetzt am vordringlichsten zu tun?

Johannes M. Jeutter: Meiner Ansicht nach wäre es am vordringlichsten, die Dauer der Behördengänge zu verkürzen. Ich weiß, dass sich die Behörden unglaublich schwer tun. Ich weiß vom Chef der Berliner Ausländerbehörde in meinem gestrigen Workshop, dass eine Mitarbeiterin der Behörde etwa 50 bis 60 Flüchtlinge an einem Tag abhandeln muss. Es ist für diese Menschen ein Unding, schneller zu arbeiten oder gezielt auf die einzelnen Schicksale einzugehen.

Aber trotzdem liegt es einfach am System. Also sollten wir uns überlegen: Wie können wir dieses System auf der Grundlage des Asylgesetzes umkrempeln, damit die Leute schneller vorwärtskommen, schneller behandelt werden und uns Steuerzahlern durch übermäßige Wartezeiten nicht zu lange auf der Tasche liegen?

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