Trotz Anforderungen öffentlicher Ausschreibungen

Gravierende Hindernisse beim Einsatz von BIM

Der Planungsmethode Building Information Modeling (BIM), der sogenannten Bauwerksdatenmodellierung, gehört die Zukunft. Öffentlichen Ausschreibungen machen sie bereits zur verbindlichen Voraussetzung. Für die grüne Branchensoftware stehen BIM-Erweiterungsmodule zur Verfügung. Doch ihrem Einsatz stehen noch immer gravierende Hindernisse im Weg. Das wurde auf einem Fachkongress zur "Digitalisierung der Bauwirtschaft" im Rahmen der Berliner Fachmesse Bautec deutlich.

Seit acht Jahren sind wir BIM-ready", erzählt Dominik Steuer, Prokurist und Mitglied der Geschäftsführung der Firma Steuer Tiefbau. Der Gewinner des Bundeswettbewerbes "AufITgebaut" 2017 habe Büro und Abläufe auf den Baustellen bereits vollständig von Papier befreit. "Digitalisierung ist für mich zuerst Prozessoptimierung", so Steuer. Die Arbeit solle für seine Arbeiter einfacher, organisierter und transparenter werden. "Das haben wir geschafft. Die Mitarbeiter nehmen die Technik gut und gerne an", versichert Steuer. Die Qualität der Auftragsabwicklung und Dokumentation sei nie besser gewesen.

Dennoch habe das 16 Mitarbeiter starke Familienunternehmen aus dem baden-württembergischen Blumberg noch nicht ein BIM-Projekt tatsächlich umgesetzt. Die Hürden im Prozess der Digitalisierung im Bauwesen bleiben hoch. Als Hauptgrund dafür nennt der Jungunternehmer die fehlende Digitalisierung in der Verwaltung. "Stempel, Unterschrift und Papier sind der Standard in deutschen Bauverwaltungen." Zudem kritisiert er fehlendes digitales Know-how in den Amtsstuben sowie mangelnde Bereitschaft zur reibungslosen und zeitgemäßen Abwicklung von Aufträgen.

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Ohne Zettel und Unterschrift geht gar nichts

Von ähnliche Erfahrungen berichtete Margit Dietz, Kaufmännische Geschäftsführerin der Jean Bratengeier Baugesellschaft, mit Hauptsitz im hessischen Dreieich. Die Firmengruppe, zu der auch ein Garten- und Landschaftsbauunternehmen gehört, zählt in Hessen zu den größten mittelständischen Straßenbauunternehmen. Hier galt es 200 Mitarbeiter mit auf den Weg zur digitalen Baustelle zu nehmen. "Mit großem Erfolg", findet Dietz. Doch an der Barriere Verwaltung kommen auch ihre Bauleute nicht vorbei. "Der Bau ist stark von der öffentlichen Hand abhängig. Und da geht leider ohne Zettel und Unterschrift gar nichts", so Dietz. Selbst der Umgang mit PDF-Dateien sei noch nicht selbstverständlich. Verzögerungen sowie stark ausufernde Kommunikation seien die Folge, an denen nicht die Bauunternehmen Schuld haben. Viele Auftraggeber fordern bereits BIM-Standard, die von den Unternehmen auch erfolgreich umgesetzt werden. Nach Auffassung der Bauunternehmer herrsche in den meisten Verwaltungen allerdings ein regelrechtes Verweigerungsklima. "Wenn man die digitale Bearbeitung eines Vorgangs anfordert, bekommt man als Antwort die Ansage: 'Wir machen das so, wie wir es immer gemacht haben'", berichtet auch Hans-Christian Hölzel, technischer Geschäftsleiter der Malerwerkstatt Hölzel. Mangelndes IT-Wissen sowie eine bremsende und antiquierte Einstellung seitens der Behörden machen auch seinem Team das Leben schwer. Die Verwaltung zu digitalisieren, bedeute auch, ein überaltertes Behördensystem von Grund auf zu modernisieren und personell zu verjüngen.

"Die Genehmigungsverwaltung spielt derzeit keine Rolle innerhalb unseres digitalen Workflows. Es fehlen dort schlicht die Datengrundlagen", bestätigte auch Markus Piel, Landschaftsarchitekt und Projektleiter BIM bei RMP Lenzen Architekten in Bonn. Der Landschaftsarchitekt engagiert sich im Arbeitskreis "BIM in der Landschaftsarchitektur" der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) für das Vorankommen und die Vereinheitlichung bei der Digitalisierung.

Vereinheitlichung von Datenformaten dringend nötig

Beide Geschäftsführer sehen außerdem den Bereich Software als wichtigen Faktor für eine erfolgreiche Digitalisierung. Im Bereich der Software fordern sie neue Abonnements angepasst an die Firmengröße und die individuellen Bedürfnisse. Zu starre und zu teure Systeme seien für kleine Unternehmen kaum erschwinglich. Zudem sollte es möglich sein, eine Software für eine Vielzahl an Aufgaben nutzen zu können, und nicht unzählige Systeme für jeweils eine Funktion. Hier bestehe laut Steuer und Dietz viel Luft nach oben. Zudem sei über grundsätzliche Vereinheitlichungen beim Austausch von Daten nachzudenken. Die vielen Versionen von Datenformaten erzeugen Chaos und führen wieder zu weniger Digitalisierung, da man sie händisch beziehungsweise per Kommunikation lösen muss, was wiederum neue Arbeitsschritte erzeugt.

Eine besondere Bedeutung kommt der Aus- und Weiterbildung zu. "Jeder Chef muss seien Fokus auf den Bereich Personalentwicklung legen", empfiehlt Dietz. Das Vermitteln von technischem Wissen gehört viel stärker in die Lehrinhalte. Auch die Hochschulen müssten ihre Studieninhalte den neuen Gegebenheiten viel stärker anpassen. Neue Kooperationen mit den Bereichen Informatik/Bauinformatik sollten geschlossen werden. Hier sei die Politik ganz klar in der Pflicht. Die Digitalisierung der Bauwirtschaft könne nur gelingen, wenn alle beteiligten Akteure die Arbeitsprozesse verändern. Außerdem seien Bereitschaft und Mut auf allen Ebenen nötig, nicht nur auf Seiten der Unternehmen.

Hat Deutschland den Anschluss schon verpasst?

Dass das Hinterherhinken der Verwaltung kein Geheimnis mehr ist, zeigt die jüngste Initiative der Bundesregierung. Mit der Gründung des Nationalen BIM-Kompetenzzentrums stellen die Bundesministerien für Verkehr und Bau nun eine zentrale öffentliche Anlaufstelle zur Verfügung. Das Kompetenzzentrum soll die Digitalisierung auf allen Ebenen zusammenführen, "mit dem Ziel einer Ausarbeitung einheitlicher Standards, nationaler und internationaler Normen und Arbeitshilfen", erklärte Dr. Jan Tulke, Geschäftsführer der Firma planen-bauen 4.0. Tulke und seine Mitarbeiter wurden vom Bund mit dem Aufbau und dem Betrieb des Kompetenzzentrums beauftragt. Die Digitalisierung der Geschäftsprozesse im Bauwesen müsse engagiert vorangetrieben werden, damit Deutschland international wettbewerbsfähig bleibe, so der Bauexperte.

Für einige Teilnehmer des Fachkongresses ist es in Deutschland bereits fünf nach Zwölf. Lukas Olbrich, Gründer und Geschäftsführer der Firma Sablono, sah hierzulande keine Zukunft für seine Firma. Er hat inzwischen die Märkte in Großbritannien und im Nahen Osten erobert. Seine Firma entwickelt Software zur datengetriebenen Steuerung von Großbaustellen. Sablono entstand aus einen Projekt von Studenten der Technischen Universität Berlin und gehört inzwischen zu den Leuchttürmen der internationalen Branche. "Wären wir in Deutschland geblieben, wären wir pleite", sagt Olbrich. Der deutsche Markt sei nicht unbedingt innovationsfreudig. Der Bauingenieur und Bauinformatiker arbeitet bereits an neuen Visionen, eine integrierte Planung für die Produktion alles digital verknüpft. Da können deutsche Unternehmen nur staunen.

Ines Lauzat

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