Robert Habeck kündigt Solarbeschleunigungspaket an

Grüne Branche gegen Solardachpflicht ohne Pflanzen

Solardächer Dachbegrünung
Für gewerblichen Neubauten soll es eine Verpflichtung zum Bau von Photovoltaik-Anlagen geben. Ob dazu eine Dachbegrünung kommt, ist bislang noch völlig offen. Foto: BuGG

Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck will noch in diesem Jahr eine gesetzliche Regelung zur Nutzung geeigneter Dachflächen für Solarenergie vorlegen. Für gewerblichen Neubauten soll sie eine Verpflichtung zum Bau von Photovoltaik-Anlagen enthalten. Für private Neubauten soll Solarenergie auf Dachflächen zur Regel werden. Die Details sind noch offen. Doch die grüne Branche wittert einen Zielkonflikt zwischen Photovoltaik und Dachbegrünung.

Bis 2030 will die Ampelkoalition die Photovoltaik auf insgesamt rund 200 Gigawatt installierte Leistung ausbauen. Habeck kündigte dafür ein Solarbeschleunigungspaket an. Es soll "ein breites Bündel an Einzelmaßnahmen" beinhalten. Hemmnisse, die den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen derzeit beschränken, sollen beseitigt, die Bürokratie abgebaut und die Ausschreibungsmengen für Strom aus Sonne erhöht werden.

Ankündigungen ohne "Dachbegrünung" oder "Gründach"

Der Bundesminister betonte, dass eine kostengünstige Stromversorgung der Bürger sowie der Industrie nur dann gewährleistet sei, wenn die heimischen Erneuerbaren Energien massiv ausgebaut würden. Neue Wind- und Solaranlagen lieferten Strom zu vier bis fünf Cent je Kilowattstunde. Das entspreche etwa der Hälfte des aktuellen Niveaus der Börsenstrompreise.

Wie die geplanten Regelungen konkret aussehen werden, ist bislang noch völlig offen. In den Ankündigungen kommt die Worte "Dachbegrünung" oder "Gründach" jedoch nicht vor. Das lässt bei den Experten für das Stadtgrün die Alarmglocken schrillen.

Dr. Gunter Mann, Präsident des Bundesverbands GebäudeGrün (BuGG), warnt die Politik, auf den Dächern Photovoltaik-Anlagen ohne Dachbegrünungen zu errichten: "Es wird nicht reichen, ein paar Eimer weiße Farbe oder mehrere Ladungen Kies unter den Solarmodulen zu verteilen." Das wäre so als baute man auf Deutschlands Dächern Millionen neuer Schottergärten. Diesen Weg zu gehen, würde bedeuten, eine große Chance zur Klimaanpassung in den Städten zu vergeben.

Kühleffekt der Dachbe-grünung bringt mehr Ertrag

Und Mann hat Argumente: Solar-Gründächer hielten etwa 50 Prozent des Jahresniederschlags auf dem Dach zurück und das noch abfließende Überschusswasser werde zeitlich verzögert abgegeben. Beide Effekte entlasteten die Kanalisation erheblich. Auch ein Solar-Gründach stelle ein Lebensraum dar und könne einen Beitrag zum Artenschutz leisten.

Außerdem: Abhängig von der Sonneneinstrahlung könnten sich die Module im Sommer bis zu 90 °C aufheizen. Dadurch werde die Leistung um bis zu 25 Prozent im Vergleich zur Nennleistung gemindert.

Der Kühleffekt der Dachbegrünung könne dazu beitragen, die Aufheizung der Solarpanels zu mindern. Mit Solaranlagen kombinierte Dachbegrünungen brächten Ertragssteigerungen von 1 bis 4 Prozent.

Auch wenn extensive Dachbegrünungen relativ wenig CO2 speichern könnten, so Mann, nämlich rund 800 g/m², würden sie mit Verdunstungskühlung, Verschattung, Wärmedämmeffekt helfen, Energie einzusparen und damit den CO2-Ausstoß zu mindern.

Dachabdichtungen mit Grün halten viel länger

Der Bundesverband GebäudeGrün und der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) haben im September und Oktober 2021 eine Online-Umfrage bei etwa 6700 Mitglieder der ZVDH-Landesverbände durchgeführt, um zu ermitteln, wie die Dachdecker zum Thema Gebäudebegrünung stehen. Dabei kam heraus, dass sie die Lebensdauer einer unbegrünten Dachabdichtung mit Photovoltaik-Anlage bei 11 bis 15 Jahren sehen, bei einem begrünten Dach mit Solaranlage dagegen bei über 20 Jahren.

Die Betriebe des Dachdeckerhandwerks haben auch festgestellt, dass es bei unbegrünten Dächern mit Solaranlage am schnellsten zu Reparaturen kommt. Sobald aber eine Dachbegrünung dabei ist, dauert es länger, bis erstmals repariert werden muss.

Auch in Nachbarländern macht man sich Gedanken über eine Kombination von Solaranlagen und Dachbegrünung. Österreichs Bundeshauptstadt Wien, die sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2040 klimaneutral zu werden, fördert seit acht Monaten private Hauseigentümer, die eine Photovoltaik-Anlage auf Gründächern errichten wollen. Eine Photovoltaikanlage und eine Gebäudebegrünung ergänzten sich hervorragend, erläuterte Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky. Mit Hilfe der Synergie von Bauwerksbegrünungen und Solartechnologien könne die Effizienz und der Ertrag der vorhandenen Fläche gesteigert werden. Wien fördert Photovoltaikanlagen auf Gründächern deshalb jeweils mit bis zu bis zu 180.000 Euro.

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Solardächer Dachbegrünung
Haben eine Dachbegrünungs-Diskussion angestoßen (v.l.n.r.): Robert Habeck (Bundesklimaschutzminister), Gunter Mann (BuGG) und Lutze von Wurmb (BGL). Foto: BMWK/ Susanne Eriksson, Messe Berlin, BGL

von Wurmb schreibt an Bundestagsabgeordnete

Lutze von Wurmb, Präsident des Bundesverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL), ist bereits in Berlin vorstellig geworden. In einem Brief an verschiedene Bundestagsabgeordnete hat er auf den möglichen Zielkonflikt zwischen Photovoltaik und begrünten Dächern im geplanten Solarbeschleunigungspaket hingewiesen. Der Fokus sollte dort "nicht allein auf technischen Ansätzen liegen", so von Wurmb. Auch das Dach- und Fassadengrün müsse "entschieden gefördert" werden. "Bitte setzen Sie sich in den anstehenden Gesetzgebungsverfahren dafür ein, damit lebendiges Grün und Technik gemeinsam die Energieerzeugung und den Klimaschutz voranbringen können", schließt das Schreiben an die Abgeordneten.

"Man muss sich nur einmal vorstellen, auf Deutschlands Dächern würden Millionen Quadratmeter Bienenweiden entstehen", sagte Lutze von Wurmb. "Das ist doch wohl besser als Millionen Quadratmeter roher Beton." Die Landschaftsgärtner hätten dafür die notwendige Expertise.

Der BuGG hat inzwischen zwei Broschüren zum Solar-Gründach aufgelegt und sie an sämtliche Bundestags- und Landtagsabgeordneten versandt. Am 10. und 11. Mai gibt es einen BuGG-Fachkongress "Solar-Gründach" in Berlin, der auch online besucht werden kann. cm

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