Kommentar

Gute Entscheidungen mit der Beta-Version

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In den Betrieben des Landschaftsbaus werden mehr als in anderen Branchen jeden Tag auf allen Ebenen Entscheidungen getroffen. Geschäftsführer treffen Entscheidungen über Investitionen, Bauleiter über die Bauverfahren und den Umgang mit Kunden, Baustellenleiter über die Qualität der Leistung. Ebenso treffen Kalkulatoren, Einkäufer und viele andere im Betrieb laufend Entscheidungen, die Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben.

Sehr ausführlich mit der Streuung von Entscheidungen haben sich die Autoren Kahnemann, Sibony und Sunstein beschäftigt. Als Bias bezeichnen die Ökonomen, wenn eine Gruppe von Entscheidern in gleicher Richtung das Ziel verfehlt. Aktuelles Beispiel sind die einheitlich falschen Prognosen der Währungsbanken, was die Entwicklung der Inflationsrate betrifft -hier liegt eine systematische Abweichung vor.

Ein anderes Phänomen ist Noise, auf Deutsch Rauschen: Hierbei handelt es sich um Zufallsstreuung um ein unbekanntes Ziel. Ein beeindruckendes Beispiel dafür sind die intensiv erforschten Entscheidungen von Strafrichtern in den USA: Wenn für einen völlig identischen Fall ein Richter ein Jahr auf Bewährung, ein anderer aber 20 Jahre Haftstrafe festlegt. Die Forschung geht sogar so weit, dass man am Ende weiß, was die Entscheidungen der Richter beeinflusst hat. Neben der persönlichen Präferenz (harte und weiche Richter) waren dies beispielsweise der Wochentag, der Ausgang des Footballspiels am Wochenende, die Temperatur im Gerichtssaal, das Wetter, die Hautfarbe des Angeklagten. All dies hat einen statistisch nachweisbaren, signifikanten Einfluss auf die Entscheidung von Richtern.

Neben der Vielzahl von erschreckenden Beispielen, wo es überall Noise gibt, sind die Lösungsangebote der Autoren interessant. Nicht ganz überraschend sind Schulungen ein Schlüssel. Dabei richtet sich die Empfehlung nicht nur an Berufsanfänger, sondern vor allem auch an diejenigen, die mit weitreichender Erfahrung aufwarten können und oben der Hierarchie stehen.

Eine weitere Empfehlung sind "Entscheidungsbeobachter". Menschen unterliegen bei ihren Entscheidungen einer kognitiven Verzerrung, bemerken diese im Moment der Entscheidung aber nicht. Für andere ist eine solche Verzerrung in der Regel viel leichter zu erkennen, daher sollten Entscheidungen in "Echtzeit" überprüft werden. Üblicherweise findet das in Aufsichts- oder Beiräten statt. Größere Betriebe haben solche Beiräte. Manche haben sogar Satzungen, die festlegen, wofür der Beirat eine Zustimmung geben muss, genau wie bei einer Aktiengesellschaft. Dabei ist das Einholen der Zustimmung selber gar nicht das Korrektiv, sondern schon der Gedanke, dass die Idee auch bei Dritten auf Zustimmung stoßen muss. Einen ähnlichen Zweck können ERFA-Gruppen erfüllen, wenn dort die notwendige Offenheit und Bereitschaft zur kritischen Auseinandersetzung gegeben ist.

Das wiederum führt zur dritten Empfehlung: Besonders gute Entscheider sind nicht nur sehr intelligent, sondern können Entscheidungen aus einer Außensicht treffen und haben eine hohe Bereitschaft, sich ständig selbst zu hinterfragen. Kahnemann et.al. nennt diese Superentscheider Perpetual Beta, also Menschen die denken, sich noch verbessern zu müssen, so wie die Beta-Version eines Computerprogramms.

Ihr Martin Thieme-Hack

NL-Stellenmarkt

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Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

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