Leserbriefe

"Gute Lehrer kommen nur von der Uni"

Ausbildung und Beruf
Dr. Karl-Heinz Kerstjens, Leiter des Gartenbauzentrums Essen, kritisiert den Kommentar von Prof. Martin Thieme-Hack in der Ausgabe 9/2016 der Neuen Landschaft. Foto: Neue Landschaft

Dr. Karl-Heinz Kerstjens, Leiter des Gartenbauzentrums Essen, kritisiert den Kommentar "Gute Lehrer kommen nur von der Uni" in der Neuen Landschaft, Ausgabe 9/2016, S. 13. Kerstjens ist zugleich Präsident der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL).

Lieber Martin Thieme-Hack, Dein Kommentar in der Neuen Landschaft 9, 2016, S. 13, darf nicht unwidersprochen bleiben, wollen wir, wie bisher, gute junge Fachleute für unsere Berufs- und Fachschulen gewinnen. Aus jeder Deiner Zeilen spricht zunächst einmal der Frust, dass Master der Hochschulen, also auch aus Deinem geschätzten Wirkungsbereich, aktuell nicht zum Lehrerreferendariat zugelassen werden.

Hier hat es mit dem Wegfall der Spezial-Referendariate für unsere Grünen Berufe zunächst einmal tatsächlich einen Einschnitt gegeben. Allerdings wurden auch für die bisherige Form nur Universitäts-Absolventen zugelassen, die unseren aktuellen Lehrerstamm, sicherlich auch von Dir durchaus wertgeschätzt, bilden.

Natürlich kann man bisher und zukünftig auch an einer Universität Landespflege studieren, Berlin, Dresden, Hannover, Kassel und Weihenstephan seien in Erinnerung gerufen. Den Absolventinnen und Absolventen von dort pauschal die Fähigkeit zum Setzen eines Kantensteines abzusprechen, ist polemisch und in der Sache schlicht falsch.

Der abrupte Wegfall des Spezialreferendariates hat nun bis zum Aufbau eines neuen universitären Lehrer-Ausbildungs-Systems zu einer Lücke geführt, die wir Schulen mit Seiteneinsteigern bewältigen. Die Landwirtschaftskammer NRW hat sich im Landesbildungsministerium aktiv auch für die Zulassung von Hochschulmastern sehr stark gemacht, wurde aber abgewiesen. Ein Argument war, dass es eine Vereinbarung der Kultusministerkonferenz gibt, also bundesweit, wie von Dir angeprangert zu verfahren. Darüber hinaus wird der Seiteneinstieg als temporärer Notbehelf angesehen, bis die beabsichtigte Regelausbildung "rund" läuft.

Der BGL hat diese Situation schon vor sechs Jahren erkannt und in einer bundesweiten Arbeitsgruppe aller Beteiligten zunächst einmal geklärt, welcher Lehrerbedarf angesichts des bevorstehenden Generationswechsels überhaupt besteht. Ein jährlicher bundesweiter Bedarf von etwa 50 AbsolventInnen wurde mühsam, aber zuverlässig ermittelt.

Daraus ergeben sich zwei, allerhöchstens drei erforderliche Studienorte in Deutschland für die "Master of Education" im Garten- und Landschaftsbau. Mit Berlin und Geisenheim/ Darmstadt stehen diese Institutionen zur Verfügung. Interessant ist Deine Aussage, dass Pädagogik lediglich dem Wohlfühlen dient. Einerseits bedeutet dies ja, dass Bildungsteilnehmer, die keinem Pädagogen gegenübersitzen, sich möglicherweise nicht wohlfühlen. (Lehrer sind wie Fixer, Sie denken nur an ihren Stoff!). Andererseits müssen Lernende sich wohlfühlen, denn nur gute Pädagogik kann heute, wie früher, den Funken für die Fakten und Zusammenhänge in Handlungssituationen überspringen lassen.

Nach dem Abitur entscheiden sich junge Leute vielleicht Deutschlehrer zu werden, aber nicht Gartenbaulehrer zu werden. Das ist so. Richtigerweise nimmt daher Geisenheim und demnächst auch Berlin Bachelor aller Hochschulen in Deutschland in die "Master of Education"-Ausbildung auf - gut so! Zweitfach muss übrigens nicht eine Fremdsprache sein, Du nennst "Deutsch", sondern auch eine Kombination mit Wirtschaft, Mathematik, Geodäsie oder Bauwirtschaft ist praktikabel. Hier haben die Verbände sicherlich noch Aktionsbedarf, solche Kombinationen in die Universitäten zu tragen. Damit ist unser aller Aufgabe klar: motivieren wir junge Landschaftsgärtnerinnen und Landschaftsgärtner, nach einer Ausbildung und einem qualifizierendem Bachelorstudium, oder nach einer Meister- oder Technikerausbildung mit Zusatzqualifikation, den "Master of Education" anzustreben und so ihren Weg zu machen. Das ist allemal zielführender, als das Kind mit dem Bade auszuschütten, lieber Martin!

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Dipl.-Ing. Dieter Reinking, Reutlingen, schließt sich der Kritik im Kommentar "Gute Lehrer kommen nur von der Uni" in der Neuen Landschaft, Ausgabe 9/2016, S.13. an. Er ist Fachlehrer an der Landwirtschaftlichen Schule in Stuttgart-Hohenheim und Geschäftsführer des Verbands Ehemaliger Hohenheimer Schüler e.V.

Prof. Thieme-Hack spricht in seinem Kommentar ein wichtiges Thema an, die Ausbildung unserer Berufs- und Fachschullehrer. Er legt den Fokus auf eine fachbezogene Berufsausbildung und ein praxisgerechtes Studium.

Was könnte denn wichtiger sein für Lehrer, als Ahnung davon zu haben, was sie unterrichten. Das sollte man meinen. Nun lesen wir, dass zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen allein Uni-Absolventen noch zum Lehramt zugelassen werden. Praxis scheint nicht gefragt zu sein. In Baden-Württemberg werden immerhin aus Mangel an Uni-Absolventen zum Beispiel auch Fach- bzw. Hochschulabsolventen (Universities of Applied Sciences) eingestellt, allerdings zunächst nur im gehobenen Dienst. Meine Erfahrung zeigt auch, dass bei Funktionsstellen die wissenschaftliche Qualifikation mehr zählt, als die Praxisnähe, so werden Promovierte den Praktikern vorgezogen. Es scheint so zu sein, dass die einzigen, die die fachlichen Defizite bemerken, unsere Auszubildenden sind. Aber die finden ja kein Gehör. Warum die staatlichen Institutionen immer noch in diesen alten Kategorien denken, erschließt sich mir nicht? Meine Überzeugung ist, dass in erster Linie die fachlichen, pädagogischen und didaktischen Fähigkeiten eines Lehrers zählen sollten.

Nun fehlen laut BHGL (Bundesverband Hochschulabsoventen/Ingenieure Gartenbau und Landschaftsarchitektur e. V., 2014) in den nächsten zehn Jahren in Deutschland allein im Bereich GaLaBau 500 Berufsschullehrer. Sollte nicht nur deshalb ausgewiesenen Praktikern der Weg an die gärtnerischen Schulen erleichtert werden?

Noch eine Anmerkung: An der damaligen Fachhochschule Osnabrück durfte ich Gehölzkunde bei Prof. Hans-Dieter Warda hören, eine fachliche und menschliche Offenbarung, die mich nachhaltig geprägt hat. Und man glaubt es nicht, Prof. Warda hatte nach einer Lehre zum Baumschulgehilfen "nur" an der Fachhochschule in Berlin-Dahlem studiert.

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